BGE 106 Ib 93
 
17. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. Januar 1980 i.S. Schweiz. Eidgenossenschaft gegen Schweiz. Bankverein und Glarner Kantonalbank (verwaltungsrechtliche Klage)
 
Regeste
Pflichtlagerhaltung. Sicherungsanspruch des Bundes für die von ihm garantierten Pflichtlagerkredite. BG über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge vom 30. September 1955 (KVG).
2. Begriff des Vermögensvorteils gemäss Art. 28 Abs. 1 KVG (E. 2).
3. Sicherungsanspruch des Bundes ausserhalb des Konkurses und des Nachlassverfahrens bei freihändiger Verwertung von Pfändern aus Pflichtlagerbeständen. Grundsätzliche Vorwirkung des Sicherungsanspruchs bejaht (E. 3), unter Vorbehalt eines gewissen Gutglaubensschutzes (E. 4, 6 u. 7a).
4. Herabsetzungsansprüche wegen mangelhafter Kontrolle durch die Organe der Aufsichtsbehörde? (E. 8).
 
Sachverhalt


BGE 106 Ib 93 (94):

Zwischen 1964 und 1976 schloss das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement (EVD), vertreten durch den Delegierten für wirtschaftliche Kriegsvorsorge (DWK), mit der Firma Schuler & Co., Inhaber W. Schuler-Kofel, Baumwollspinnerei und -weberei in Rüti (GL), acht Pflichtlagerverträge ab. Der erste Vertrag (1964) bezog sich auf 120 t Rohbaumwolle, deren Beschaffungswert Fr. ... betrug. Der Bund garantierte dafür einen Pflichtlagerkredit von Fr. ... In den folgenden Jahren wurde die Pflichtlagermenge in verschiedenen Etappen heraufgesetzt und der Pflichtlagerkredit entsprechend erhöht. Ende 1975 belief sich die Pflichtlagermenge auf 800 t und die Kreditlimite betrug Fr. ... (Pflichtlagervertrag Nr. 7 vom 7. November 1975). Als finanzierende Bank trat die Schweizerische Nationalbank auf. In der letzten Änderung des Pflichtlagervertrags vom 9. November 1976 wurde lediglich die Qualität der Ware anders festgelegt; Pflichtlagermenge und -kredit blieben sich gleich.
Die Schuler & Co. benötigte Ende der sechziger Jahre umfangreiche zusätzliche Mittel, um eine Modernisierung des Maschinenparks durchführen zu können. Sie hatte auch abgesehen davon mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. 1968 gewährte ihr der Schweizerische Bankverein (SBV) einen ersten Kredit von Fr. ... Gemäss Bilanz per 31. Dezember 1969 betrug dieser Kredit 1969 bereits Fr. ... Am 16. Dezember 1969 verpfändete die Schuler & Co. dem SBV mittels eines vorgedruckten

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Faustpfandvertrags seine gesamten Warenvorräte, die sich gegenwärtig und zukünftig im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz des SBV befanden. Dabei behielt sich die Bank das Recht vor, die Pfänder bei Fälligkeit der Schuld freihändig zu verwerten (Ziff. 7 des Faustpfandvertrags).
Auf dieselbe Weise verpfändete die Schuler & Co. am 15. April 1976 147,9 t Baumwolle der Glarner Kantonalbank (GKB). Diese behielt sich ebenfalls das Recht zur freihändigen Verwertung vor (Ziff. 6 des Faustpfandvertrags). Durch entsprechende Zahlungen wurde die an die GKB verpfändete Menge Baumwolle bis zum 12. November 1976 auf 65 t herabgesetzt.
Die Schuler & Co. bezog von 1969 bis 1976 beim SBV wachsende Kredite, wofür sie sich an dessen Agentur in Wetzikon wandte. Diese überschritt die vom SBV-Sitz in Zürich bewilligte Kreditlimite; zwischen 1971 und 1976 erfolgten immer grössere Kreditüberzüge, die 1976 über Fr. ... hinausgingen. Eine bankinterne Überprüfung offenbarte dann den Missstand, worauf gegen den Verwalter der Agentur sowie gegen W. Schuler Strafanzeige erstattet wurde. Angesichts der finanziellen Schwierigkeiten der Schuler & Co. nahm der SBV die Kündigung des Kredits und allenfalls eine freihändige Verwertung der Pfänder in Aussicht. Er erkundigte sich Ende November 1976 telefonisch beim DWK, ob das Baumwollager der Schuler & Co. im Umfang von ca. 600 t Baumwolle zum Pflichtlager gehöre, wobei er auf den Faustpfandvertrag und das freihändige Verwertungsrecht hinwies. Der DWK sprach ihm das Recht zur freihändigen Verwertung ab (Fernschreiben vom 9. Dezember 1976), was der SBV indessen nicht anerkannte. Vielmehr kündigte er am 10. Dezember 1976 der Schuler & Co. einen Teil des Kredits im Betrag von Fr. ... und forderte die Firma auf, bis zum folgenden Montag, den 13. Dezember 1976 den Betrag zurückzuzahlen, unter Androhung der freihändigen Verwertung, falls die Zahlung ausbleibe. Auf Verlangen des DWK verbot darauf der Präsident des Zivilgerichts Basel-Stadt im Sinn einer superprovisorischen Verfügung am 15. Dezember 1976, die im Lagerhaus SBB in Brunnen auf den Namen des SBV eingelagerten Tonnen Rohbaumwolle zur Verwertung zu bringen. In der nachfolgenden Verhandlung vom 22. Dezember 1976 wurde indessen das Verbot gestützt auf § 259 ZPO mangels eines sachenrechtlichen Anspruchs aufgehoben. Der SBV

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schritt danach zur freihändigen Verwertung der in seinem Pfandlager in Brunnen verbliebenen Waren von 595,01 t Rohbaumwolle und verkaufte diese am 24. Dezember 1976 an die Intermerkur AG in Zürich für Fr. ... Der DWK forderte anschliessend den SBV auf, ihm den Erlös bis höchstens Fr. ... auszuhändigen. Der SBV weigerte sich indessen und reagierte auch nicht auf die anschliessende Inverzugsetzung durch den DWK.
Am 13. Januar 1977 kündigte auch die GKB der Schuler & Co. einen Kredit von Fr. ..., ebenfalls unter Androhung der freihändigen Verwertung der ihr noch verpfändeten 65 t Rohbaumwolle. Da die Schuler & Co. nicht in der Lage war, den Betrag zu bezahlen, schritt auch die GKB am 28. Februar 1977 zur freihändigen Verwertung und verkaufte die 65 t Baumwolle an einen Dritten zu Fr. ... Wie der SBV weigerte sie sich in der Folge ebenfalls, den Erlös an den DWK herauszugeben.
Am 1. März 1977 bewilligte das Bezirksgericht Hinwil dem Inhaber der Schuler & Co., W. Schuler, eine Nachlassstundung. Nach Verfall des Pflichtlagerwechsels am 7. März 1977 liess die Schweizerische Nationalbank diesen mangels Zahlung protestieren und nahm den Bund für den Betrag von Fr. ... zuzüglich Fr. ... Protestkosten als Garantieschuldner in Anspruch. Am 3. August 1977 wurde über W. Schuler, der das Begehren um Nachlassstundung am 4. Mai 1977 zurückgezogen hatte, der Konkurs verhängt. Der DWK machte sein Aussonderungsrecht und die Ausfallforderung geltend. Anlässlich der 1. Gläubigerversammlung am 19. August 1977 gab der Konkursbeamte bekannt, die Überschuldung sei so gross, dass in den privilegierten Klassen und schon gar nicht in der 5. Gläubigerklasse, in der die Ausfallforderung des Bundes kolloziert wird, mit einer Dividende gerechnet werden könne.
Mit Eingabe vom 19. Oktober 1977 (Postaufgabe 25. Oktober) erhebt die Schweizerische Eidgenossenschaft gestützt auf das BG über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge vom 30. September 1955 (SR 531.01; KVG) Klage gegen den SBV und die GKB. Sie beantragt, der SBV sei zu verurteilen, dem Bund unrechtmässig erlangte und verfallene Vermögensvorteile im Betrag von Fr. ... zuzüglich Verzugszinsen von 5% pro Jahr seit dem 24. Dezember 1976 zu bezahlen; eventuell habe er Schadenersatz im gleichen Umfang zu entrichten. Ebenso sei die GKB zu verurteilen, dem Bund unrechtmässig erlangte und

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verfallene Vermögensvorteile von Fr. ..., zuzüglich 5% Verzugszinsen pro Jahr seit dem 28. Februar 1977 zu bezahlen. Einen Eventualantrag stellt sie hinsichtlich der GKB nicht.
Zur Begründung des Hauptantrags gegenüber dem SBV und des Antrags gegenüber der GKB macht die Eidgenossenschaft geltend, die beiden Banken hätten mit der freihändigen Verwertung der Pfandlager gegen Art. 11 Abs. 2 KVG verstossen. Die Forderungssumme entspreche im übrigen dem Verkaufserlös, abzüglich Fr. ... Lagerspesen. Für den Eventualantrag gegenüber dem SBV macht sie geltend, die Verpfändungen seien ungültig gewesen, da der SBV bzw. der Verwalter der Filiale in Wetzikon bereits 1969 gewusst habe oder zumindest damit gerechnet haben müsse, dass die verpfändete Baumwolle mindestens teilweise Pflichtlagerware darstelle und somit die Pfandnahme bösgläubig erfolgt sei, weshalb das Pfandrecht nicht entstanden sei.
Der SBV und die GKB beantragen in der Klageantwort die Abweisung der Klage, soweit darauf eingetreten werden könne.
Es wurde ein doppelter Schriftenwechsel durchgeführt, wobei die Parteien an ihren Anträgen festhielten. Eine Delegation des Bundesgerichts führte am 17. August 1979 mit den Parteien eine Instruktions- und Beweisverhandlung mit Zeugeneinvernahmen durch.
Das Bundesgericht heisst die Klage gegenüber dem SBV teilweise gut; gegenüber der GKB weist es sie ab.
 
Aus den Erwägungen:
b) Die Klägerin macht geltend, der SBV und die GKB hätten mit der freihändigen Verwertung der Pfandlager Art. 11 Abs. 2 KVG verletzt. Sie geht davon aus, der Bestimmung

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komme in diesem Umfang eine öffentlichrechtliche Wirkung zu. Die Klage hat somit nicht den Umfang des zivilrechtlichen Aussonderungsrechts im Rahmen des Konkurs- oder Nachlassverfahrens zum Gegenstand, worüber der Zivilrichter zu befinden hätte. Es geht demnach um einen öffentlichrechtlichen Anstand im Sinn von Art. 28 KVG. Ob im übrigen die Annahme der Klägerin zutrifft, Art. 11 Abs. 2 KVG komme eine über das Betreibungsrecht hinausgehende öffentlichrechtliche Tragweite zu, ist im Rahmen der materiellen Beurteilung der Klage abzuklären; ebenso, ob die übrigen Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 KVG gegeben sind. Auf die Klage ist daher insofern einzutreten, als sie das Begehren gegenüber der GKB und den Hauptantrag gegenüber dem SBV betrifft.
c) Über allfällige Schadenersatzansprüche des Bundes wegen angeblich ungültiger Pfandbestellungen ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden; denn solche Ansprüche wären zivilrechtlicher Natur, worüber ausschliesslich der Zivilrichter zu befinden hätte. Die Zuständigkeitsvorschrift von Art. 41 lit. c zweiter Satz OG ist nicht anwendbar, da das Einverständnis der Beklagten für die Anrufung des Bundesgerichts nicht vorliegt. Auf das Eventualbegehren hinsichtlich des SBV kann deshalb nicht eingetreten werden.
b) Der SBV und die GKB haben durch die freihändige Verwertung der Pfänder insofern einen Vermögensvorteil erlangt, als sie für eine unsicher gewordene Forderung zumindest teilweise gedeckt wurden. Diese Deckung ist mehr wert als die unsicher gewordene Forderung. Das Vorgehen der Banken bewirkte daher einen Vermögensvorteil im Sinn von Art. 28 Abs. 1 KVG.
3. a) Kommt ein Eigentümer eines Pflichtlagers in Konkurs oder begehrt er einen Nachlassvertrag, so hat der Bund nach Art. 11 Abs. 1 KVG an dem Pflichtlager ein Recht auf Herausgabe und ausschliessliche Befriedigung, wenn er die Kreditgeber im Rahmen seiner Haftung für einen allfälligen Ausfall aus der Finanzierung des Lagers deckt. Dabei sind gegen über dem Aussonderungsrecht des Bundes alle vertraglichen und gesetzlichen Pfand- und Retentionsrechte unwirksam,

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mit Ausnahme des Retentionsrechts der Besitzer von Lagerräumen für Forderungen gemäss Art. 485 Abs. 1 OR (Art. 11 Abs. 2 KVG). Aufgrund des Aussonderungsrechts gehen das Eigentum am Pflichtlager und allfällige Ersatzansprüche des Lagerpflichtigen auf den Bund über, sobald das Konkurserkenntnis oder die Bewilligung der Nachlassstundung rechtskräftig geworden sind (Art. 12 Abs. 1 KVG). Wird der Bund durch die Aussonderung der Waren und allfällige Ersatzansprüche für seine Forderung nicht voll gedeckt, so nimmt er für den Ausfall am Konkurs oder am Nachlassverfahren teil (Art. 12 Abs. 4 KVG).
b) Der SBV und die GKB haben die freihändige Verwertung der Pfandlager vorgenommen, bevor die Nachlassstundung und das Konkurserkenntnis gegenüber Schuler rechtskräftig wurden. Es fragt sich deshalb, ob der Sicherungsanspruch des Bundes bereits Auswirkungen hatte. Dies hängt davon ab, welche Tragweite dem Art. 11 Abs. 2 KVG zukommt; entscheidend ist dabei, ob sich die Vorschrift nur auf das rechtskräftig gewordene Konkurserkenntnis bzw. die rechtskräftige Nachlassstundung im Sinn von Art. 12 Abs. 1 KVG bezieht oder darüber hinausgeht. Aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung ergibt sich in dieser Beziehung nichts Schlüssiges. Art. 11 Abs. 2 KVG sagt ganz allgemein: "Gegenüber dem Aussonderungsrecht des Bundes sind alle vertraglichen und gesetzlichen Pfand- und Retentionsrechte unwirksam". Der Sinn der Gesetzesvorschrift ist daher durch weitere Auslegung zu ermitteln.
c) Aus der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Ordnung, die ihren Ursprung im Kriegsnotrecht des Bundes hat, lassen sich ebenfalls keine eindeutigen Schlüsse ziehen. Das Aussonderungsrecht wurde durch den Bundesratsbeschluss betreffend das Aussonderungsrecht des Bundes an zusätzlichen kriegswirtschaftlichen Vorräten vom 19. Januar 1940 (AS 1940,89) eingeführt, der sich auf den notrechtlichen Bundesbeschluss über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechterhaltung der Neutralität vom 30. August 1939 (AS 1939,769) stützte. Nach dem Krieg wurde die Regelung auf eine ordentliche gesetzliche Grundlage übergeführt (BG über die Ergänzung des BG über die Sicherstellung der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern vom 29. September 1949; AS 1949, 1799). Am Aussonderungsrecht wurde dabei materiell nichts geändert (vgl. Botschaft betreffend die Ergänzung des BG über die Sicherstellung der Landesversorgung mit

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lebenswichtigen Gütern vom 13. Mai 1949, BBl 1949 I S. 994 u. 997). Das zit. BG wurde dann vom KVG abgelöst, welches das Aussonderungsrecht unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen übernahm (Botschaft zum Entwurf eines BG über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge vom 29. April 1955, BBl 1955 I S. 833).
Art. 3 Abs. 1 des Bundesratsbeschlusses vom 19. Januar 1940 erklärte die Pfandrechte Dritter gegenüber einem allfälligen Herausgabeanspruch des Bundes für unwirksam. In der Botschaft zum KVG wird ausgeführt, dass die Bestellung von Pfandrechten dem Bund gegenüber unwirksam sei (BBl 1955 I S. 833). Indes lässt sich daraus nicht unzweifelhaft auf eine Vorwirkung schliessen. Es geht daraus aber auch nicht hervor, dass der Gesetzgeber eine solche Vorwirkung des Sicherungsanspruchs ausschliessen wollte.
d) Das System der kriegswirtschaftlichen Vorsorge beruht massgeblich auf der privaten Pflichtlagerhaltung. Als Gegenleistung sieht der Bund die Haftung für einen allfälligen Ausfall an Bankdarlehen sowie die Deckung unversicherter Risiken vor (Art. 10 Abs. 1 KVG) und gesteht unter bestimmten Voraussetzungen Steuererleichterungen zu (Art. 10 Abs. 2 KVG). Um die Anlegung von Pflichtlagern zu erleichtern, hat sich die Schweizerische Nationalbank gegenüber dem Bund verpflichtet, Eigenwechsel der Pflichtlagerhalter bis zu 90% des Einstandspreises des Lagers zum offiziellen Diskontsatz zu diskontieren. Zahlreiche Banken besorgen das gleiche Geschäft, ohne dazu verpflichtet zu sein. Die Banken können jedoch eine so weitgehende Bevorschussung zu niedrigem Zins nur vornehmen, weil der Bund sich neben den Pflichtlagerhaltern für die Erfüllung der Wechselverbindlichkeiten verbürgt (Art. 10 Abs. 1 KVG). Trotz des grossen öffentlichen Interesses an der Pflichtlagerhaltung soll der Bund aber nicht unnötige finanzielle Risiken eingehen müssen. Die weitgehende Haftung, die er gegenüber den Banken bei der Finanzierung der Pflichtlager übernimmt, ruft deshalb ihrerseits nach ein er Sicherung des Bundes gegen allfällige Verluste (vgl. Botschaft zum KVG a.a.O. S. 832).
Die Pflichtlager befinden sich im Besitz des Lagerpflichtigen; deshalb können daran keine Pfandrechte begründet werden (Art. 884 ZGB). Als Ersatz dafür wurde aus diesem Grund zugunsten des Bundes das erwähnte Aussonderungsrecht eingeführt. Dabei musste aber, solange der Pflichtlagerhalter Eigentümer

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der Ware blieb, verhindert werden, dass dieser am Pflichtlager Pfandrechte zugunsten Dritter begründete und so die Wirkung des Eigentumsübergangs auf den Bund im Zeitpunkt der Konkurseröffnung einschränkte oder gar illusorisch machte. Es genügte nicht, dem Pflichtlagerhalter vertraglich die Errichtung von Pfandrechten zu verbieten, weil nach Art. 884 Abs. 2 ZGB der gutgläubige Empfänger der Pfandsache das Pfandrecht auch dann erwirbt, wenn der Verpfänder nicht befugt war, über die Sache zu verfügen. Dementsprechend wurde die Vorschrift aufgenommen, dass allfällige Pfandrechte zugunsten Dritter an Waren, an denen der Eidgenossenschaft ein allfälliger Herausgabeanspruch zusteht, gegenüber der Eidgenossenschaft im Umfang ihres Aussonderungsrechts unwirksam sind. Das Aussonderungsrecht des Bundes muss somit als wesentliches Element der Pflichtlagerordnung betrachtet werden. Ohne diese Sicherheit wäre der Bund auch gar nicht in der Lage, die Haftung für die Rückzahlung der Pflichtlagerkredite zu übernehmen (vgl. Botschaft zum KVG a.a.O.; REDLI, Der Pflichtlagervertrag, Diss. Zürich 1953, S. 116).
e) Die private Verwertung von Pfändern stellt ebenso eine Exekutionsmassnahme dar wie das Verfahren der Zwangsvollstreckung nach SchKG. Sie tritt schlechthin an Stelle der Verwertung nach SchKG (OFTINGER, Zürcher Kommentar, Das Fahrnispfand, N. 55 zu Art. 891 ZGB). Die private Verwertung ist zwar nicht dadurch ausgeschlossen, dass dem verwertenden Gläubiger ein anderer vor- oder nachgeht. Der nachgehende Pfandgläubiger kann aber die Befugnis zur privaten Verwertung faktisch nicht durchsetzen, da er nicht gegen den auf seinem Recht zum Besitz beharrenden Gläubiger aufkommen kann (OFTINGER a.a.O.). Da der Bund wie ausgeführt am Pflichtlager keinen Besitz hat und deshalb kein Pfandrecht begründen kann, vermochte die Schranke des Besitzes hier die private Verwertung nicht zu verhindern. Wirkt also der Sicherungsanspruch des Bundes nach Art. 11 Abs. 2 KVG erst im Konkurs bzw. im Nachlassverfahren, so kann mit der Einräumung des Rechts zur freihändigen Verwertung das System der Pflichtlagerhaltung leicht unterlaufen werden. Dies widerspricht aber dem Zweck der Gesetzesvorschrift und der Pflichtlagerordnung insgesamt.
f) Eine analoge Lage besteht in den gesetzlichen Fällen der Spezialexekution, der Betreibung auf Pfandverwertung und der Pfändung, wenn sie von einem Dritten provoziert wird. Auf

BGE 106 Ib 93 (102):

Anregung des Bundesgerichts wurde deshalb mit Rücksicht auf den Zweck der gesetzlichen Ordnung seinerzeit in Art. 11 und 12 der Verordnung über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge vom 26. April 1963 (SR 531.105; Aussonderungsverordnung) die Realisierung des Aussonderungsrechts in diesen beiden Fällen gestattet. Dem Bund bleibt dabei sein vorrangiges Befriedigungsrecht unter allen Umständen vorbehalten. Gemäss Art. 11 Abs. 1 der Aussonderungsverordnung kommt ihm nämlich in einer gegen den Eigentümer eines Pflichtlagers angehobenen Betreibung auf Pfandverwertung, deren Gegenstand das Pflichtlager bildet, für die nach Art. 11 und 12 KVG durch Aussonderungsrecht gesicherten Forderungen die Stellung eines nicht betreibenden Pfandgläubigers zu. Diese Bestimmung gilt ferner sinngemäss für die Pfändung des Pflichtlagers (Art. 12 Aussonderungsverordnung).
g) Aus dem Zweck der Gesetzesvorschrift und der gesamten gesetzlichen Ordnung des Pflichtlagerwesens muss daher geschlossen werden, dass eine private Verwertung der Pfänder, soweit daran Pflichtlagerkredite des Bundes bestehen, nicht vorgenommen werden darf, ohne dass die vorgängigen Rechte des Bundes respektiert werden.
4. Gegenüber dem Aussonderungsrecht des Bundes im Konkurs oder im Nachlassverfahren haben alle an einem Pflichtlager begründeten Pfandrechte zurückzutreten. Auch der gutgläubige Pfanderwerb ist gegenüber dem Aussonderungsrecht nicht geschützt. Aus der Botschaft zum KVG geht hervor, dass man sich bei der Schaffung des Aussonderungsrechts bewusst war, dass die ganze Ordnung erheblich vom Sachenrecht und vom Betreibungsrecht abwich und dass diese Abweichungen grundsätzlich durch den Gesetzgeber selber festzulegen waren (BBl 1955 I S. 832 f.). Auch wenn nach dem Gesagten angenommen werden muss, dass der Sicherungsanspruch des Bundes und damit eine gewisse Eigentumsbindung bereits mit der Garantie des Bundes entsteht, so fällt es doch schwer anzunehmen, es komme, ohne dass dies ausdrücklich im Gesetz gesagt wäre, auch vor dem Konkurserkenntnis oder der bewilligten Nachlassstundung nicht darauf an, ob der Pfandgläubiger bei der Pfandbestellung gutgläubig war oder nicht. Eine solche Wirkung hätte der Gesetzgeber ebenso wie die Folgen des Aussonderungsrechts im Rahmen des Konkurses und der Nachlassstundung ausdrücklich im Gesetz festhalten müssen.


BGE 106 Ib 93 (103):

Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, hinsichtlich der im KVG nicht näher umschriebenen Vorwirkung des Aussonderungsrechts einen gewissen Schutz des guten Glaubens gelten zu lassen. In welchem Ausmass der gute Glaube dabei berücksichtigt werden kann, ist nachfolgend anhand der konkreten Umstände abzuklären. Dabei muss vorgängig untersucht werden, wie diese Pfandbestellungen konkret abgewickelt wurden.
b) Wie anlässlich der Instruktionsverhandlung vor dem Bundesgericht abgeklärt werden konnte, (vgl. auch Brief der Firma Parisi an den DWK vom 10. August 1979) wurden dabei die Direktimporte wie folgt abgewickelt: Die AG vormals Sigg & Co. verkaufte der Firma Schuler & Co. jeweils eine bestimmte Partie Baumwolle, die sich im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in der Türkei oder in Israel befand. Die Sigg AG liess dann die Ware per Schiff nach Venedig transportieren. Noch während die Ware auf See war, händigte sie dann die diese Baumwolle verkörpernden Konnossemente (bill of lading) an den Spediteur, die Firma Francesco Parisi, zur freien Verfügung der Firma Schuler & Co. aus ("im Auftrag und für Rechnung der Firma Schuler & Co."). Die Speditionsfirma Parisi übernahm die Ware in Venedig, verzollte sie in Chiasso auf den Namen Schuler und transportierte sie bis nach Brunnen. Dort übergab Parisi die Baumwolle dem Lagerhaus SBB wiederum auf den Namen Schuler & Co. Als die Ware im Lagerhaus eingelagert war, meldete dieses telefonisch die Ankunft der Firma Schuler & Co. und bat um Weisungen, auf wen die Lagerscheine auszustellen seien. Schuler erteilte darauf in den hier betroffenen Fällen die Weisung, die Lagerpapiere zugunsten des SBV auszustellen.
c) ... Die Abklärungen anlässlich der Instruktionsverhandlung vor dem Bundesgericht ergaben, dass die später von der GKB freihändig verwertete Partie Baumwolle... aus dem Pfandlager des SBV in dasjenige der GKB übergeführt worden war.


BGE 106 Ib 93 (104):

Die Ware war an jenem Tag vom SBV freigegeben worden und Schuler hatte das Lagerhaus der SBB angewiesen, die Baumwolle nunmehr auf den Namen der GKB einzulagern.
Das Aussonderungsrecht des Bundes beschränkt sich auf das Pflichtlager (BGE 104 III 115 E. 3). Es versteht sich, dass der Sicherungsanspruch sich ebenfalls nur auf das Pflichtlager beziehen kann.
Gemäss Art. 7 Abs. 1 KVG werden für die Errichtung von Pflichtlagern mit Firmen Verträge abgeschlossen, worin sich diese verpflichten, bestimmte Vorräte an einem vereinbarten Ort im Inland sachgemäss zu lagern und fortlaufend zu erneuern. Die Bestimmungen des Pflichtlagervertrags und der "Wegleitung und Bedingungen für die Finanzierung von Pflichtlagern", die dem sogenannten Verpflichtungsformular beigegeben sind, führen den in Art. 7 Abs. 1 KVG bereits enthaltenen Grundsatz noch weiter aus. Diesen Bestimmungen ist zu entnehmen, dass die Firma für sachgemässe Lagerung, Besorgung, Auswechslung und Beaufsichtigung der Pflichtlagerware verantwortlich ist. Die Auswechslung der Ware hat in der Weise zu erfolgen, dass stets das gesamte in Art. 1 des Vertrags umschriebene Pflichtlager an den erwähnten Einlagerungsorten mengenmässig sowie in handelsüblichen Qualitäten und Dimensionen vorhanden ist (Art. 3 Abs. 2 des Pflichtlagervertrags). Nach Ziff. 4 der Wegleitung dürfen die Pflichtlager ohne ausdrückliche schriftliche Bewilligung des Delegierten für wirtschaftliche Kriegsvorsorge und Rückzahlung des entsprechenden Teils des Bankkredits weder mengenmässig herabgesetzt noch qualitativ verschlechtert werden. Daraus ergibt sich für die lagerhaltende Firma die Pflicht, stets für eine genügende Menge der Pflichtlagerwaren in handelsüblicher Qualität und Dimension besorgt zu sein (BGE 104 III 116 f.).
Gemäss Art. 1 Abs. 1 der Aussonderungsverordnung wird der Gegenstand des Aussonderungsrechts des Bundes an Pflichtlagern im Einzelfall auf Grund des Pflichtlagervertrags und des Verpflichtungsformulars bestimmt. Abs. 2 präzisiert dazu: "Mengenmässig beschränkt sich das Aussonderungsrecht auf die im Verpflichtungsformular verzeichneten Waren; innerhalb dieses Rahmens unterliegen ihm sämtliche dem Lagerpflichtigen gehörenden Waren der im Pflichtlagervertrag

BGE 106 Ib 93 (105):

genannten Gattung, gleichgültig, ob diese Waren sich an dem im Pflichtlagervertrag vereinbarten Ort oder anderswo befinden, und gleichgültig, ob es sich um die im Verpflichtungsformular ursprünglich angeführten oder um andere Sorten, Qualitäten und Provenienzen handelt" (vgl. auch BGE 104 III 118 f. E. 5). Das Bundesgericht hat diese Umschreibung des Gegenstands als gesetzmässig erachtet (BGE 104 III 122).
b) Mit der Aushändigung der Konnossemente an den Spediteur Parisi gab die Verkäuferin, die Firma Sigg, ihren Besitz und damit das Eigentum an der Ware endgültig auf. Schuler wurde sodann Eigentümer der Baumwolle und übte den Besitz daran mittelbar durch seinen Spediteur aus, der die Ware in Venedig für ihn übernommen hatte und für den Transport in die Schweiz sorgte. Dabei verzollte er die Ware auf den Namen der Schuler & Co. und transportierte dann die Baumwolle bis nach Brunnen, wo er sie dem Lagerhaus SBB auf den Namen der Schuler & Co. übergab.
Die Baumwolle stand demnach schon bei ihrem Eintritt in die Schweiz im Eigentum Schulers. Dieser erteilte dann auf Anfrage der Verwaltung des Lagerhauses in Brunnen die Weisung an diese, die Waren auf den SBV einzulagern. Schuler hatte jedenfalls danach das uneingeschränkte Eigentum sogar noch im Zeitpunkt, als die Ware bereits in Brunnen, d.h. am Pflichtlagerort eingelagert war. Nach dem Gesagten trat demnach die Pflichtlagerbindung bis zur Höhe der Pflichtmenge grundsätzlich bereits ein, bevor die Lagerscheine auf den SBV ausgestellt wurden.
c) Auch die auf diese Weise direkt importierten Baumwollbestände sind demnach an sich als pflichtlagergebunden anzusehen. Indes muss hier nun der Gutglaubensschutz berücksichtigt werden. Es fragt sich deshalb, ob der Pfandgläubiger bei der Pfandbestellung allenfalls trotzdem davon ausgehen durfte, dass es sich nicht um Pflichtlagerwaren handelte. Dies beurteilt sich nach den allgemeinen Regeln, wie sie auf Grund des Art. 3 Abs. 2 ZGB gelten. Danach ist der Pfandgläubiger dann im guten Glauben, wenn keinerlei Umstände vorliegen, die bei Anwendung der Aufmerksamkeit, die von ihm verlangt werden darf, die Annahme ausschliessen, dass es sich um freie und nicht um pflichtlagergebundene Pfänder handelt (vgl. OFTINGER a.a.O. N. 355 zu Art. 884 ZGB; JÄGGI, Berner Kommentar, Einleitungsband, N. 114 f. zu Art. 3 ZGB).
In diesem Sinn und nicht zuletzt mit Rücksicht auf die

BGE 106 Ib 93 (106):

Verkehrssicherheit erscheint es gerechtfertigt, zwischen den Pfandbestellungen zu unterscheiden, die aus Direktimporten erfolgten und denjenigen, die als Überschreibungen aus dem Lager der Schuler & Co. gekennzeichnet waren. Bei den Direktimporten ist anzunehmen, dass der Pfandgläubiger grundsätzlich davon ausgehen konnte, dass es sich um freie und nicht um pflichtlagergebundene Waren handelte, die ihm verpfändet wurden; es wäre denn, es hätten ganz besondere Umstände vorgelegen, aus denen hervorginge, dass der Pfandgläubiger wusste, dass die direkt importierten Waren ins Pflichtlager gehörten.
Der DWK nimmt an, dass der Bankverwalter der SBV-Agentur in Wetzikon wusste, dass wahrscheinlich das Pflichtlager nicht aufgefüllt war. Er meint, es hätte diesem auf jeden Fall auffallen müssen, dass das in den Bilanzen der Schuler & Co. ausgewiesene Pflichtlager nur noch einen minimalen Spielraum für freie, verpfändbare Baumwollvorräte offenliess. Indes selbst wenn dies dem Bankverwalter aufgefallen war oder hätte auffallen müssen, so musste er daraus nicht schliessen, dass neu importiert Ware dem Pflichtlager hätte gutgeschrieben werden müssen, da damit nicht die bestehenden Betriebsvorräte verringert wurden. In bezug auf die erwähnten fünf verwerteten Lagerpositionen, die auf solche Direktimporte zurückgingen, sind daher die Pfandbestellungen als gültig anzusehen und demnach eine Verletzung des KVG zu verneinen. In diesem Umfang muss daher die Klage gegen den SBV abgewiesen werden.
d) Hingegen spricht der Rechtsschein gegen den Pfandgläubiger, soweit dieser die Pfänder aus einem bereits bestehenden Lager des Schuldners erhielt. In diesem Fall muss der Pfandgläubiger grundsätzlich damit rechnen, es könnte sich bei der Überschreibung aus dem Lager des Schuldners um Pflichtlagerwaren handeln. Dies gilt zumindest dann, wenn es sich beim Pfandgläubiger wie hier um eine Bank handelt, die über das Pflichtlagergeschäft im Bild ist. Der Pfandgläubiger muss daher die Lage vorher abklären und sich gegebenenfalls bei der Verwaltung (DWK) zuvor erkundigen. Eine Bank, die unbesehen Lagerbestände eines Importeurs zu Pfand nimmt, ohne irgendwelche Abklärungen vorzunehmen, kann sich deshalb nicht auf den guten Glauben berufen. Es ist ihr auch zuzumuten, das Bankpersonal entsprechend zu instruieren.


BGE 106 Ib 93 (107):

e) Daraus folgt, dass der Hinweis "Ex Lager Schuler" auf den drei Lagerscheinen der SBB hinsichtlich jener Positionen, die vom Lager der Schuler & Co. auf den SBV überschrieben worden waren, genügte, um den guten Glauben des SBV zu zerstören. Es ist deshalb abzuklären, inwiefern die drei Übertragungen aus dem Lager der Schuler & Co. vom 22. März, 15. Juni und 2. September 1976 Pflichtlagerbestände betrafen.
f) Hinsichtlich der GKB erübrigt sich eine Auseinandersetzung über den Gutglaubensschutz, da ihr gegenüber die Klage, wie nachfolgend zu zeigen ist, ohnehin abgewiesen werden muss (vgl. E. 7c).
7. a) ... Jene Pfandbestellungen zugunsten des SBV (E. 6 lit. e) sind als gültig anzusehen, soweit sie sich auf sog. freie Betriebsvorräte stützen konnten; hingegen unterliegen sie dem Herausgabeanspruch, soweit sie auf pflichtlagergebundenen Beständen errichtet wurden. Es ist deshalb für jede Position einzeln zu untersuchen, ob die von den Beklagten zu Pfand genommene Baumwolle im Zeitpunkt der Pfandbestellung aus solchen freien Vorräten stammte oder nicht. Dabei ergeben sich die betriebsfreien Vorräte aus der Differenz zwischen dem gesamten Lager der Schuler & Co. und dem Pflichtlager der Firma ... Soweit der Pfandlagerbestand grösser ist als die freien Betriebsvorräte, liegt hinsichtlich der Faustpfandbestellung eine Verletzung des Sicherungsanspruchs des Bundes und mithin des KVG vor. In diesem Ausmass ist die Klage dann begründet.
b) (... Die drei Pfandnahmen des SBV betrafen fast vollständig Pflichtlagerbestände.)
c) (Hinsichtlich der vom SBV auf die GKB überschriebenen Pfänder bestanden genügend betriebsfreie Vorräte.)


BGE 106 Ib 93 (108):

a) Beim Herausgabeanspruch nach Art. 28 KVG handelt es sich nicht um einen Schadenersatzanspruch, sondern um eine Verwaltungsmassnahme zur Vorteilsabschöpfung. Allfällige Herabsetzungsgründe, die möglicherweise im Schadenersatzrecht in Betracht fielen, kommen deshalb von vornherein nicht in Frage. Das KVG beschränkt im übrigen den Schutz bloss auf dritte Geschädigte und Berechtigte (Art. 28 Abs. 2 und 4 KVG), deren gesetzliche und vertragliche Ansprüche gegenüber dem zur Herausgabe Verpflichteten zu berücksichtigen sind.
b) Auch eine Verrechnung mit einem allfälligen Anspruch des SBV aus Verantwortlichkeitsgesetz ist nicht denkbar. Sie kann nicht gegen den Willen der Klägerin vorgenommen werden (Art. 125 Ziff. 3 OR, BGE 91 I 294 f.; IMBODEN/RHINOW, Verwaltungsrechtsprechung 5. Auflage, Bd. I, Nr. 22 S. 196 Ziff. III; GRISEL, Droit administratif suisse, S. 345) und scheidet deshalb bereits aus diesem Grund aus. Darüber hinaus wäre auch ein Anspruch nach Verantwortlichkeitsgesetz nicht gegeben. Nach Art. 3 Abs. 1 Verantwortlichkeitsgesetz haftet der Bund für den Schaden, den ein Beamter in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit Dritten widerrechtlich zufügt. Danach besteht eine Haftung des Bundes nur, wenn die dem Verantwortlichkeitsgesetz unterstehenden Personen eine Rechtsnorm verletzt haben, die zum Schutz des Geschädigten aufgestellt ist (BGE 94 I 642 ff. E. 5; vgl. auch BGE 103 Ib 68). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, Die Kontrollvorschriften des Bundes betreffend die Pflichtlager dienen ausschliesslich dem öffentlichen Interesse des Bundes, der im Hinblick auf die Kriegsvorsorge darauf angewiesen ist, dass die Vorräte tatsächlich vorhanden sind. Hingegen wollen die Kontrollvorschriften nicht auch den Pflichtlagerhalter selber schützen; noch viel weniger sind sie dafür eingerichtet, private Interessen der Gläubiger des Pflichtlagerhalters zu verfolgen.