BGE 105 Ib 314
 
49. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. November 1979 i.S. Knoppers c. Regierungsrat des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
Regeste
Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland; Art. 7 Abs. 1 lit. a und b BewB; Art. 12a Abs. 1 und 2 BewV.
2. Wenn sich nach der Arrondierung eine Grundstücksfläche von mehr als 1000 m2 ergibt, so sind für die Erteilung der Bewilligung "zwingende Gründe" erforderlich. Die Erstellung eines privaten Schwimmbades stellt keinen solchen Grund dar (E. 3).
 
Sachverhalt


BGE 105 Ib 314 (314):

Der in Monte-Carlo wohnhafte holländische Staatsangehörige Willem Knoppers ist seit 1970 Eigentümer der 1117 m2 haltenden und mit einem Ferienchalet überbauten Parzelle Nr. 5353 in Schönried. Am 10. Oktober 1978 stellte Knoppers beim Regierungsstatthalter von Saanen das Gesuch, es sei ihm zum Zweck der Arrondierung seiner Liegenschaft der Zukauf der angrenzenden Parzelle Nr. 4918 im Halt von 200 m2 zu bewilligen. Dem Gesuch wurde nicht entsprochen. Mit Entscheid vom 20. Februar 1979 wies der Regierungsrat des Kantons

BGE 105 Ib 314 (315):

Bern die dagegen erhobene Beschwerde ab, im wesentlichen mit der Begründung, dass Schönried der Bewilligungssperre unterliege und dass die nachgesuchte Bewilligung schon aus diesem Grunde verweigert werden müsse.
Das Bundesgericht weist die gegen den Entscheid des Regierungsrates erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.
 
Erwägungen:
    "a. wenn das zu erwerbende Grundstück ausserhalb einer Bauzone im Sinne des Bundesrechts liegt;
    b. im Falle des Artikels 6 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer 3, wenn das zu erwerbende Grundstück an einem Ort liegt, an dem das ausländische Grundeigentum einen erheblichen Umfang erreicht."
Art. 12a Abs. 1 und 2 der Verordnung über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 21. Dezember 1973 (BewV) bestimmt hinsichtlich der zulässigen Fläche eines dem persönlichen Aufenthalt des Erwerbers dienenden Grundstücks folgendes:
    "1. Die Fläche eines Grundstücks, das dem persönlichen Aufenthalt des Erwerbers dient (Art. 6 Abs. 2 Bst. a BB), darf insgesamt den für diesen Zweck und nach der Art des Grundstücks angemessenen Umfang nicht übersteigen.
    2. Handelt es sich um Bauland, so gelten als angemessener Umfang in der Regel höchstens 1000 m2; dieser Umfang darf ausnahmsweise mehr als 1000 m2 betragen, wenn der Erwerber für den Mehrbedarf zwingende Gründe nachweist und keine öffentlichen Interessen entgegenstehen."
b) Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass sich die Zukaufsparzelle in einer Bauzone befindet, dass sie jedoch in einem der Bewilligungssperre unterliegenden Ort - Schönried bildet Teil der Gemeinde Saanen - gelegen ist (Art. 3 Abs. 5 und Anhang 2 der Verordnung über den Erwerb von Grundstücken in Fremdenverkehrsorten durch Personen im Ausland vom 10. November 1976).
2. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Regierungsrat nehme zu Unrecht an, dass die nachgesuchte Bewilligung aufgrund von Art. 7 Abs. 1 lit. b BewB (Lage des Grundstücks an einem Ort, an dem das ausländische Grundeigentum einen

BGE 105 Ib 314 (316):

erheblichen Anteil erreicht) zwingend verweigert werden müsse. In der Rechtsprechung sei nämlich in bezug auf Art. 7 Abs. 1 lit. a BewB (Lage des Grundstücks ausserhalb der Bauzone) anerkannt worden, dass der Zukauf einer Arrondierungsparzelle unter bestimmten Voraussetzungen gestattet werden könne, selbst wenn die Arrondierungsparzelle im Gegensatz zum Stammgrundstück nicht im Baugebiet liege. Wenn die Rechtsprechung hinsichtlich des Verweigerungsgrundes von Art. 7 Abs. 1 lit. a BewB eine Ausnahme für den Zukauf einer Arrondierungsparzelle zugelassen habe, so könne hinsichtlich des Verweigerungsgrundes von Art. 7 Abs. 1 lit. b BewB nicht anders entschieden werden.
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der Zukauf einer Parzelle zu einer bereits im Eigentum des Käufers stehenden Liegenschaft nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Zwar ist gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. a BewB ein berechtigtes Interesse am Erwerb zu verneinen, wenn der Erwerber, sein Ehegatte oder seine minderjährigen Kinder bereits ein anderes dem Aufenthalt der Familie in der Schweiz dienendes Grundstück erworben haben. Wie das Bundesgericht indes mehrfach entschieden hat, steht diese Bestimmung der Arrondierung eines schon im Eigentum des Erwerbers stehenden Grundstücks nicht zwingend entgegen. Die in Art. 6 Abs. 2 lit. a BewB aufgestellte Vorschrift will verhindern, dass Personen mit Wohnsitz im Ausland mehrere selbständige Liegenschaften in verschiedenen Gegenden oder am gleichen Ort in der Schweiz erwerben. Es ist aber nicht der Sinn dieser Bestimmung, den Zukauf einer Parzelle zur Abrundung eines Grundstücks, das bereits im Eigentum des Erwerbers steht, unter allen Umständen auszuschliessen. Ein solcher Zukauf ist im Lichte von Art. 6 Abs. 2 lit. a BewB als zulässig zu erachten, wenn ihn besondere Gründe als notwendig erscheinen lassen (Abrundung der Parzelle; Vergrösserung der Parzelle, um das darauf errichtete Haus im Hinblick auf die Bedürfnisse der Familie erweitern zu können; Ausstattung einer kleinen Hausparzelle mit bisher fehlendem Umschwung) und wenn die Gesamtfläche der Liegenschaft das übliche Mass nicht übersteigt (BGE 101 Ib 141 mit Hinweisen auf die frühere Praxis der Eidg. Rekurskommission; nicht veröffentlichte Urteile Rödler vom 14. Februar 1975, E. 2, und Griffin vom 24. Februar 1977, E. 2c).


BGE 105 Ib 314 (317):

Am 11. Februar 1976 wurde die Bewilligungsverordnung ergänzt und in Art. 12a näher umschrieben, welches die zulässige Fläche eines dem persönlichen Aufenthalt des Erwerbers dienenden Grundstücks sei. Darauf wird in E. 3 noch näher einzugehen sein.
c) Erweist sich eine Arrondierung im Lichte von Art. 6 Abs. 2 lit. a BewB als zulässig, so ist sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts auch dann zu bewilligen, wenn die Zukaufsparzelle nicht zum Baugebiet gehört. Art. 7 Abs. 1 lit. a BewB, wonach die Bewilligung ohne Rücksicht auf ein berechtigtes Interesse zu verweigern ist, wenn das zu erwerbende Grundstück ausserhalb einer Bauzone des Bundesrechts liegt, findet unter diesen Umständen keine Anwendung. Sinn des in Art. 7 Abs. 1 lit. a BewB umschriebenen Verweigerungsgrundes ist nämlich, den Erwerb von Grundstücken zu verunmöglichen, die wegen fehlender Überbaubarkeit zum vornherein ungeeignet sind, die in Art. 6 BewB aufgezählten Interessen (Aufenthalt des Erwerbers in der Schweiz; Errichtung einer Betriebsstätte, usw.) zu befriedigen. Handelt es sich beim zu erwerbenden Grundstück indes nicht um eine selbständig nutzbare Liegenschaft, sondern lediglich um eine Arrondierungsparzelle zu einem bereits überbauten Grundstück, so kann Art. 7 Abs. 1 lit. a BewB der Erteilung einer Bewilligung nicht entgegenstehen (Urteil Rödler, E. 3b, Griffin, E. 3b). Der Beschwerdeführer macht deshalb zu Recht geltend, der zwingende Verweigerungsgrund von Art. 7 Abs. 1 lit a BewB schliesse nicht aus, dass eine Liegenschaft durch den Zukauf von Nichtbauland arrondiert werde.
d) Daraus kann indes nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass in analoger Weise der Verweigerungsgrund von Art. 7 Abs. 1 lit. b BewB keine Anwendung finde, wenn der Zukauf einer Parzelle, die an einem Ort liegt, an dem das ausländische Grundeigentum einen erheblichen Umfang erreicht, lediglich zur Arrondierung einer bereits im Eigentum des Erwerbers befindlichen Liegenschaft erfolgen soll. Art. 7 Abs. 1 lit. b BewB will verhindern, dass der Anteil des ausländischen Grundeigentums in den fraglichen Orten weiter ansteigt. Diese Zielsetzung wird auch dann durchkreuzt, wenn das bereits bestehende ausländische Grundeigentum durch Arrondierungen zusätzlich vergrössert wird. Es ist freilich einzuräumen, dass in Einzelfällen trotz dieses Umstandes gewichtige Interessen

BGE 105 Ib 314 (318):

daran bestehen können, eine Arrondierung zuzulassen. So kann es sich namentlich verhalten, wenn eine im Baugebiet gelegene, für sich allein nicht überbaubare Restparzelle sinnvollerweise nur einem Grundstück angegliedert werden kann, dessen Eigentümer seinen Wohnsitz im Ausland hat. Erweist sich eine Arrondierung auch im Hinblick auf die Bedürfnisse dieses Eigentümers als notwendig (vgl. die in E. 2b angeführten Gründe), so lässt sich in der Tat die Auffassung vertreten, dass Art. 7 Abs. 1 lit. b BewB einer derartigen Arrondierung nicht entgegenstehe. Wie es sich damit und mit allfälligen weiteren Fällen verhält, braucht hier indes nicht abschliessend erörtert zu werden, da im vorliegenden Fall für eine Arrondierung der Liegenschaft des Beschwerdeführers keine hinreichenden Gründe bestehen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe nicht darzutun, dass "zwingende Gründe" für die Arrondierung seiner Liegenschaft sprächen. Da sein Grundstück bereits überbaut sei, sei für die Zulässigkeit des Zukaufs lediglich erforderlich, dass an der Arrondierung gemäss Art. 12a Abs. 1 BewV ein berechtigtes Interesse bestehe und dass die nach Zweck und Art des Grundstücks angemessene Fläche nicht überschritten werde.
b) Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Wie in E. 2b dargelegt wurde, ist für jede Arrondierung - ausgenommen sind aufgrund von Art. 12a Abs. 3 lit. a BewV nur einmalige Grenzbereinigungen von höchstens 50 m2 - erforderlich, dass sie als "notwendig" erscheine. Ergibt sich unter

BGE 105 Ib 314 (319):

Zurechnung der Zukaufsparzelle eine Grundstücksfläche von mehr als 1000 m2, so ist die Bewilligung gemäss der in Art. 12a Abs. 2 BewV enthaltenen Regel nur zu erteilen, wenn die für die Arrondierung sprechenden Gründe geradezu als "zwingend" erachtet werden können. Die Vorschrift von Art. 12a Abs. 2 BewV bezieht sich nach ihrem Wortlaut freilich nicht ausdrücklich auf den Fall, dass eine bereits überbaute Liegenschaft durch Zukauf einer nicht überbauten Parzelle vergrössert werden soll. Sie ist darauf jedoch in analoger Weise anwendbar. Während Art. 12 Abs. 1 BewV nämlich diejenigen Bewilligungsfälle regeln will, bei welchen die Fläche der zu erwerbenden Liegenschaft vom Käufer gewöhnlich nicht mehr beeinflusst werden kann (bereits überbaute Grundstücke), soll sich Art. 12a Abs. 2 BewV auf diejenigen Fälle beziehen, bei denen der Erwerber die Grösse des Grundstücks noch weitgehend selber bestimmen kann. Das trifft beim Kauf von unüberbautem Bauland zu. Dieser letzteren Konstellation lässt sich der Fall der Arrondierung einer überbauten Liegenschaft durch eine nicht bebaute Parzelle ohne weiteres gleichstellen. Dass die Vorschrift von Art. 12a Abs. 2 BewV für derartige Fälle gelten soll, ergibt sich zudem aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung. Art. 12a wurde in die Bewilligungsverordnung eingefügt, nachdem sich in einem Arrondierungsfall gezeigt hatte, dass das bisherige Recht keinerlei Vorschriften über die zulässige Grundstücksgrösse enthielt (BGE 101 Ib 138; vgl. Antrag des EJPD an den Bundesrat zu Änderung der BewV vom 23. Januar 1976, S. 12). Es kann deshalb keinem Zweifel unterliegen, dass die Vorschrift auch auf den Fall der Arrondierung einer bereits überbauten Liegenschaft Anwendung finden soll (vgl. auch Urteil Griffin, E. 3a am Ende).
c) Die jetzige Liegenschaft des Beschwerdeführers hat eine Fläche von 1117 m2. Diese ist demnach reichlich bemessen, selbst wenn berücksichtigt wird, dass ca. 100-200 m2 von der Hauszufahrt beansprucht werden. In der Beschwerde wird geltend gemacht, dass das auf der Parzelle Nr. 5353 errichtete Ferienchalet keine genügende Wohnfläche mehr aufweise, da die Kinder des Beschwerdeführers eigene Familien gegründet hätten. Der Beschwerdeführer beabsichtige deshalb, das Haus zu vergrössern. Diesem Umstand kommt für das vorliegende Beschwerdeverfahren keine Bedeutung zu. Es ist nämlich unbestritten, dass eine bauliche Erweiterung des Chalets nach der

BGE 105 Ib 314 (320):

geltenden Bauordnung auch ohne Zukauf von Land möglich ist, da die höchstzulässige Ausnützung im heutigen Zeitpunkt nicht erreicht wird. Wie sich aus den Akten ergibt, soll der Zukauf der 200 m2 haltenden Parzelle Nr. 4918 in Wirklichkeit erfolgen, um auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers ein privates Schwimmbad errichten zu können. Das kann indes nicht als zwingender Grund für eine Erweiterung der Parzelle erachtet werden. Da die Fläche der Liegenschaft mehr als 1000 m2 beträgt, gilt das gleiche auch für den zusätzlich geltend gemachten Grund, das Grundstück solle mit einer grösseren Gartenanlage versehen werden. Bei dieser Sachlage erweist sich die Beschwerde als unbegründet.