BGE 104 Ia 49
 
12. Auszug aus dem Urteil vom 25. Januar 1978 i.S. X. gegen Bezirksanwaltschaft Zürich und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
 
Regeste
Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen und ergänzender Staatsvertrag zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland.
2. Das massgebliche Staatsvertragsrecht verlangt nicht, dass die Schweiz vor Gewährung der Rechtshilfe vom ersuchenden Staat noch eine ausdrückliche Zusicherung der Wahrung des Spezialitätsgrundsatzes einholt (E. 5b).
 
Sachverhalt


BGE 104 Ia 49 (50):

Am 11. März 1977 stellte der Leitende Oberstaatsanwalt in Hannover bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich ein Gesuch um Rechtshilfe in einem gegen den deutschen Staatsangehörigen X. hängigen Ermittlungsverfahren wegen Untreue. Das Gesuch war darauf gerichtet, bei vier schweizerischen Banken Erhebungen über bestimmte, im Rechtshilfegesuch näher umschriebene Geschäfte des Angeschuldigten vorzunehmen, die an diesen Geschäften beteiligten Funktionäre der Banken als Zeugen zu vernehmen sowie die entsprechenden Kredit- und Kontounterlagen beizuziehen. Da der schweizerische Anwalt von X. befürchtete, die wegen eines gemeinrechtlichen Deliktes zu leistende Rechtshilfe könnte in der Bundesrepublik Deutschland auch in einem zur Strafuntersuchung parallel laufenden Fiskalverfahren Verwendung finden, stellte er den Antrag, die Einvernahmeprotokolle und allfällige weitere Erhebungen an die deutschen Justizbehörden nur unter der Bedingung weiterzuleiten, dass vorgängig formell zugesichert werde, sie würden nicht zum Zwecke der Geltendmachung von Ansprüchen in Steuersachen verwendet. Die Erhebungen in der Schweiz wurden daraufhin unterbrochen, und die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich ersuchte jene von Hannover am 9. Mai 1977, eine entsprechende, von ihr nach dem Antrag der Verteidigung formulierte Erklärung abzugeben. Der Leitende Oberstaatsanwalt beim Landgericht Hannover unterzeichnete die Erklärung sofort und stellte sie am 11. Mai 1977 der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich zu. Nach dem Eingang dieser Erklärung führte die Bezirksanwaltschaft Zürich entsprechend der Weisung der Staatsanwaltschaft die gewünschten Zeugenvernehmungen durch und erhob die verlangten Bankunterlagen zu den Akten.
X. stellte darauf bei der Bezirksanwaltschaft Zürich das Begehren, von der Weiterleitung der Einvernahmeprotokolle

BGE 104 Ia 49 (51):

und der übrigen Akten an die ersuchende Behörde der Bundesrepublik Deutschland abzusehen, bis geklärt sei, welche Behörde dieses Staates eine wirklich verbindliche Erklärung betreffend die Nichtberücksichtigung der Ergebnisse des Rechtshilfeverfahrens für fiskalische Zwecke abgeben könne, und bis eine solche Erklärung vorliege. Mit Verfügung vom 17. August 1977 wies die Bezirksanwaltschaft Zürich diese Anträge ab und verfügte die Weiterleitung der im Rechtshilfeverfahren erstellten Protokolle und erhobenen Belege an die ersuchende Behörde. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich wies den hiegegen erhobenen Rekurs am 28. September 1977 ab. Diesen Entscheid ficht X. mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Staatsverträgen (Art. 84 Abs. 1 lit. c OG) an.
 
Aus den Erwägungen:
Nach Art. 1 des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 (EÜR) sind die Unterzeichnerstaaten grundsätzlich zu gegenseitiger Rechtshilfe hinsichtlich strafbarer Handlungen verpflichtet, soweit die Behörden des ersuchenden Staates zu deren Verfolgung zuständig sind. Art. 2 lit. a lautet wie folgt:
"Die Rechtshilfe kann verweigert werden:
a) wenn sich das Ersuchen auf strafbare Handlungen bezieht, die vom ersuchten Staat als politische, als mit solchen zusammenhängende oder als fiskalische strafbare Handlungen angesehen werden;
b) wenn der ersuchte Staat der Ansicht ist, dass die Erledigung des Ersuchens geeignet ist, die Souveränität, die Sicherheit, die öffentliche Ordnung (ordre public) oder andere wesentliche Interessen seines Landes zu beeinträchtigen."
Die Schweiz hat im BB vom 27. September 1966 über die Genehmigung von sechs Abkommen des Europarates dazu ausgeführt (AS 1967 S. 809), sie behalte sich das Recht vor, "in besonderen Fällen Rechtshilfe auf Grund dieses Übereinkommens nur unter der ausdrücklichen Bedingung zu leisten, dass die Ergebnisse der in der Schweiz durchgeführten Erhebungen und die in herausgegebenen Akten oder Schriftstücken enthaltenen Auskünfte ausschliesslich für die Aufklärung und

BGE 104 Ia 49 (52):

Beurteilung derjenigen strafbaren Handlungen verwendet werden dürfen, für die Rechtshilfe bewilligt wird".
Ferner hat sie von der in Art. 5 vorgesehenen Möglichkeit, für die Erledigung von Gesuchen um Durchsuchung oder Beschlagnahme von Gegenständen zusätzliche Bedingungen zu stellen, in dem Sinne Gebrauch gemacht, als sie erklärte, jede Zwangsmassnahme sei der in Art. 5 § 1 lit. a des Abkommens erwähnten Bedingung unterworfen, d.h. es sei der Grundsatz der beidseitigen Strafbarkeit anzuwenden.
Der am 13. November 1969 abgeschlossene, am 1. Januar 1977 in Kraft getretene Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Ergänzung des EÜR vom 20. April 1959 und die Erleichterung seiner Anwendung enthält vorwiegend Einzelheiten technischer Natur. Erwähnung verdient indessen ein Abschnitt der dem Vertrag beigefügten, von den beidseitigen Delegationschefs unterzeichneten und in der Amtlichen Gesetzessammlung veröffentlichten "Bemerkungen" zu diesem Vertrag, die - ohne dass auf ihre rechtliche Tragweite näher eingegangen werden soll - jedenfalls zur Auslegung des übereinstimmenden Willens der vertragsschliessenden Parteien herangezogen werden können. Zu Art. 2 EÜR wird hier ausgeführt (AS 1977 I S. 105):
"Die Delegationen sind übereinstimmend davon ausgegangen, dass Artikel 2 des Übereinkommens nicht ausschliesst, die Leistung der verlangten Rechtshilfe an Bedingungen oder Auflagen zu knüpfen, und dass allfällige Bedingungen oder Auflagen von den Behörden des ersuchenden Staates zu beachten sind. Sie werden deshalb ihren zuständigen Behörden empfehlen, in den Fällen des Artikels 2 Buchstabe b des Übereinkommens nach Möglichkeit die Rechtshilfe unter Bedingungen oder Auflagen zu leisten anstatt das Ersuchen abzulehnen, wenn dadurch die Beeinträchtigung der Interessen des ersuchten Staates vermieden werden kann."
3. Im vorliegenden Falle ersucht die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hannover um Rechtshilfe in einem gegen den Beschwerdeführer hängigen Ermittlungsverfahren wegen Untreue. Der Sachverhalt, der jenem zur Last gelegt wird, wird im Rechtshilfegesuch einlässlich dargestellt. Untreue im Sinne von § 266 des deutschen Strafgesetzbuches ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bedroht. Es handelt sich somit im Sinne der schweizerischen Begriffsbestimmung

BGE 104 Ia 49 (53):

(Art. 9 StGB) um ein Verbrechen. Nach der Umschreibung des Tatbestandes fallen in der Bundesrepublik Deutschland unter den Begriff der Untreue sowohl Fälle, die in der Schweiz als Veruntreuung im Sinne von Art. 140 StGB zu betrachten wären, als auch solche, die unter den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsführung im Sinne von Art. 159 StGB fielen. Beide Tatbestände gehören zu den strafbaren Handlungen, für die das schweizerische Recht eine Auslieferung zulässt. Wollte man also annehmen, der von der Schweiz zu Art. 5 § 1 des EÜR angebrachte Vorbehalt finde hier grundsätzlich Anwendung, obschon keine Durchsuchung oder Beschlagnahmung erforderlich war, sondern die angeforderten Akten von den vernommenen Zeugen eingereicht worden sind, so stünde er der Rechtshilfe nicht entgegen. Der Beschwerdeführer erhebt denn auch gegen die Gewährung der Rechtshilfe im Verfahren wegen Untreue als solchem keine Einwendungen.
Richtig ist, dass die Schweiz in Fiskalsachen grundsätzlich keine Rechtshilfe gewährt. Dies steht im Zusammenhang mit dem durch Art. 47 BankG gesicherten Bankgeheimnis, das für die Entwicklung der schweizerischen Wirtschaft eine bedeutende Rolle gespielt hat. Indessen kommt dem Bankgeheimnis nicht der Rang eines geschriebenen oder ungeschriebenen verfassungsmässigen Rechtes zu, so dass es bei Kollision mit anderen Interessen stets den Vorrang beanspruchen könnte. Vielmehr handelt es sich um eine gesetzliche Norm, die gegebenenfalls gegenüber staatsvertraglichen Verpflichtungen der Schweiz zurückzutreten hat (vgl. BGE 99 Ia 89 und BGE 96 I 752). Zur historischen Entwicklung des Verhältnisses zwischen Bankgeheimnis und internationaler Rechtshilfe ist folgendes festzuhalten:


BGE 104 Ia 49 (54):

Während die umfassende Rechtshilfe in Strafsachen noch nicht Gegenstand eines Bundesgesetzes bildet und staatsvertragliche Regelungen auf diesem Gebiet erst im Laufe der letzten Jahrzehnte zustandegekommen sind, bestehen seit langem gesetzliche und staatsvertragliche Grundlagen für das Auslieferungsrecht, das einen Spezialfall der Rechtshilfe regelt. Art. 11 des Bundesgesetzes betreffend die Auslieferung gegenüber dem Ausland vom 22. Januar 1892 (AuslG) lautet:
"Wegen Übertretung fiskalischer Gesetze und wegen reiner Militärvergehen wird die Auslieferung nicht bewilligt.
Hat eine Person, die wegen einer die Auslieferung begründenden Handlung verfolgt wird, ausserdem ein fiskalisches oder ein militärisches Gesetz übertreten, so erfolgt die Auslieferung nur unter der Bedingung, dass diese Übertretung weder bestraft werden noch einen Strafverschärfungsgrund bilden darf."
Sinngemäss gleichartige Bestimmungen enthalten auch fast sämtliche von der Schweiz geschlossenen Auslieferungsverträge. In seinem 1953 erschienenen Werk "Das schweizerische Auslieferungsrecht" führt HANS SCHULTZ aus, die Schweiz verweigere die Auslieferung nur für das mit anderen Delikten zusammen verfolgte fiskalische Delikt; eine Erstreckung des Auslieferungsprivileges auf "konnex" oder "relativ" fiskalische Delikte lehne die schweizerische Praxis richtigerweise ab. Von den Behörden eines Staates, welchem die Schweiz das zur Begründung des Auslieferungsverkehrs erforderliche Vertrauen schenke, dürfe erwartet werden, dass sie die übrigen Delikte verfolgten und bestraften, ohne sich von dem ausserdem begangenen fiskalischen Delikt beeinflussen zu lassen (a.a.O., S. 467/468).
Nach der älteren, ständigen Praxis des Bundesgerichtes betreffend Auslieferung bei Konnexität zwischen gemeinrechtlichen und Fiskaldelikten (vgl. BGE 92 I 287, BGE 78 I 246 E. 4a mit Verweisungen; sowie THEODOR GUT, Die fiskalischen und militärischen Vergehen im schweizerischen Auslieferungsrecht, Zürich 1943, S. 85-110) wird dann, wenn ein Angeschuldigter im Ausland sowohl wegen auslieferungsgeeigneter Delikte des gemeinen Strafrechtes als auch wegen Fiskaldelikten verfolgt wird, bei Real- und Idealkonkurrenz die Auslieferung bewilligt unter der Bedingung, dass das Fiskaldelikt weder bestraft noch als Strafschärfungsgrund berücksichtigt werden darf. Ausgeschlossen ist die Auslieferung nur bei unechter Gesetzeskonkurrenz,

BGE 104 Ia 49 (55):

d.h. wenn der Tatbestand des Nichtauslieferungsdeliktes jenen des Auslieferungsdeliktes nach allen Richtungen umfasst. Auf die Frage, in welcher Form die Bedingung zu stellen ist, ist in anderem Zusammenhang zurückzukommen.
b) Die modernen zwei- und mehrseitigen Abkommen über Rechtshilfe in Strafsachen beruhen, gleich wie die Auslieferungsverträge, auf dem Grundgedanken des gegenseitigen Vertrauens in die Rechtspflege von Staaten des gleichen Kulturkreises. Sie sollen die Verbrechensbekämpfung über die Landesgrenzen hinaus weiter erleichtern, greifen aber weniger tief in die Interessen der Beschuldigten ein, da sie deren persönliche Freiheit nicht unmittelbar tangieren. Diese Gesichtspunkte sprechen dafür, bei der Auslegung von Rechtshilfeabkommen jedenfalls keine grössere Zurückhaltung zu üben als bei derjenigen von Auslieferungsverträgen. In seiner Botschaft an die Bundesversammlung über die Genehmigung von sechs Übereinkommen des Europarates vom 1. März 1966 (BBl 1966 I S. 482) hat der Bundesrat unter Hinweis auf einen von ihm am 23. September 1957 gefällten Entscheid (VEB 1957 Nr. 3, E. 6d) ausgeführt, die zur Abklärung einer gemeinrechtlichen Straftat gewährte Rechtshilfe berechtige den ersuchenden Staat nicht, die Ergebnisse der Erhebungen im ersuchten Staat für die Verfolgung und Bestrafung von Delikten auszuwerten, für die sie nicht geleistet worden sei. Im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung, die dieser Regel für die Wahrung des schweizerischen Bankgeheimnisses zukomme, könne darauf im Verkehr mit den Vertragsparteien des EÜR umso weniger verzichtet werden, als mit dem Beitritt zu diesem der Grundsatz der beidseitigen Strafbarkeit aufgegeben werde. Es sei deshalb gegenüber dem Generalsekretariat des Europarates eine entsprechende Erklärung abzugeben.
In neuester Zeit scheint sich eine etwas elastischere Haltung der Schweiz hinsichtlich der Rechtshilfe an ausländische Staaten abzuzeichnen. So ist etwa die Rechtshilfe in Steuersachen gegenüber den Vereinigten Staaten nach dem am 23. Januar 1977 in Kraft getretenen Rechtshilfevertrag unter genau umschriebenen Voraussetzungen möglich zur Bekämpfung des sogenannten "organisierten Verbrechens".
Die Frage, wie weit die Rechtshilfe der Schweiz bei Konnexität zwischen gemeinen Delikten und Fiskaldelikten gehen soll, ist zur Zeit Gegenstand der Beratungen der eidgenössischen Räte

BGE 104 Ia 49 (56):

im Rahmen der Ausarbeitung des BG über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 8. März 1976, BBl 1976 II S. 444 ff.; Sten. Bull. 1977 S. 622). Auch wenn das Ergebnis dieser Beratungen noch nicht feststeht, drängt sich doch keinesfalls in Grenzfällen eine restriktive Auslegung der geltenden staatsvertraglichen Bestimmungen über die Rechtshilfe auf.
a) Der Leitende Oberstaatsanwalt beim Landgericht Hannover hat bereits in seinem Rechtshilfebegehren vom 11. März 1977 unaufgefordert versichert, dass die Ermittlungsergebnisse aus dem Rechtshilfeersuchen nicht in einem Steuerstrafverfahren verwendet werden. Gleichwohl hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich auf Begehren des Beschwerdeführers eine einlässlichere Erklärung in dieser Richtung verlangt, wobei sie sich wörtlich an den vom zürcherischen Anwalt des Beschwerdeführers gestellten Antrag hielt. Diese Erklärung hat der Leitende Oberstaatsanwalt am 11. Mai 1977 abgegeben. Der Beschwerdeführer gab sich damit aber nicht zufrieden, sondern stellte in einer Eingabe vom 10. Juni 1977 die weiteren Begehren,
aa) es sei "durch Vermittlung der schweizerischen politischen Behörden, insbesondere des EJPD, abzuklären, welche Bundesbehörde der Bundesrepublik Deutschland zuständig ist zur Abgabe einer für sämtliche Behörden der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen Erklärung des Inhalts, dass die mittels Rechtshilfe in der Schweiz erlangten Informationen und Unterlagen ausschliesslich zur Verfolgung gemeinrechtlicher und nach schweizerischem Recht die Rechtshilfe rechtfertigender Delikte verwendet werden;
bb) "es sei sodann, gestützt auf Art. 2 (a) des EÜR, insbesondere gestützt auf den von der Schweiz dazu gemachten Vorbehalt zu Art. 2 (b) von den zuständigen deutschen Behörden die Abgabe einer schriftlichen Erklärung zu verlangen, worin die dafür zuständige deutsche Behörde formell zusichert, dass die deutschen Behörden,

BGE 104 Ia 49 (57):

einschliesslich alle Justiz- und Verwaltungsbehörden des Bundes und der Länder, die Ergebnisse der in der Schweiz durchgeführten Erhebungen und die in herausgegebenen Akten enthaltenen Auskünfte nicht verwenden werden zum Zwecke der Geltendmachung oder Erhebung von Ansprüchen, der Veranlagung von Steuern und Abgaben, Einleitung und Durchführung von Fahndungen, Untersuchungen und Strafverfahren, die auf Gesetzen oder Vorschriften fiskalischer Natur, wie Steuergesetze, Devisenvorschriften, Zollgesetze etc. beruhen."
Es stellt sich die Frage, ob diese Begehren mit Treu und Glauben vereinbar sind, nachdem der Vertreter des Beschwerdeführers schon an der Verhandlung vom 27. April 1977 vor der Bezirksanwaltschaft Zürich beantragt hatte, es seien die deutschen Justizbehörden um eine ausdrückliche schriftliche Erklärung zu ersuchen, die inhaltlich genau dem entspricht, was in der Eingabe vom 10. Juni 1977 gefordert wird. Auch fällt auf, dass der Beschwerdeführer, obschon er Deutscher ist und in der Bundesrepublik ansässige Anwälte beigezogen hat, nicht selbst die Behörde nennt, die er für die Abgabe der gewünschten Erklärung als zuständig betrachtet. Der Gedanke, dass es dem Beschwerdeführer nicht nur um Sicherung vor ungerechtfertigter Verfolgung in Fiskalsachen, sondern auch um Verzögerung der Rechtshilfe hinsichtlich des gemeinrechtlichen Tatbestandes geht, ist nicht im vornherein von der Hand zu weisen. Die Frage kann jedoch offen bleiben, da sich der Standpunkt des Beschwerdeführers in der Sache selbst als unbegründet erweist.
b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist keineswegs eindeutig, dass die Rechtshilfe im vorliegenden Falle von einer ausdrücklichen Erklärung irgend einer deutschen Amtsstelle abhändig gemacht werden muss. Weder das EÜR noch der ergänzende Staatsvertrag zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland sehen solche Erklärungen vor. Der Beschwerdeführer beruft sich allerdings auf den von der Schweiz zu Art. 2 EÜR angebrachten Vorbehalt. Allein dieser sagt nur, dass die Schweiz die Rechtshilfe unter der Bedingung der Beachtung des Grundsatzes der Spezialität gewähren könne, was nicht gleichbedeutend ist mit einer vom ersuchenden Staate zu verlangenden Erklärung. Zwar bemerkt ROBERT HAUSER (Das Bankgeheimnis im internationalen Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, in ZStR 87/1971, S. 153), es sei von der Schweiz eine Garantieerklärung des Inhaltes zu

BGE 104 Ia 49 (58):

verlangen, das durch die Rechtshilfe erhobene Material werde nicht zur Verhängung von Sanktionen des Steuer- oder Devisenstrafrechts verwendet; er führt jedoch keine gesetzliche oder staatsvertragliche Grundlage für diese Auffassung an. Er verweist auf Art. 11 AuslG und auf den erwähnten Vorbehalt im Beschluss betreffend Genehmigung des EÜR sowie weiterer europäischer Abkommen, doch ist an beiden Stellen lediglich von zu stellenden Bedingungen die Rede. Dasselbe trifft für den in der Fussnote zitierten Entscheid des Bundesrates in VEB 1957 Nr. 3 S. 12 ff. (insbesondere S. 35) zu, der übrigens vor Inkrafttreten der heute massgebenden Rechtsgrundlagen ergangen ist und dem deshalb nur noch beschränkte Bedeutung beigemessen werden kann. Geht man im Sinne der vorstehenden Darlegungen davon aus, dass die Rechtshilfe in Strafsachen eine Erweiterung des bisherigen Auslieferungsrechtes darstellt und dass sie den Einzelnen jedenfalls nicht schärfer trifft als jene, so liegt es vielmehr nahe, sich im Rechtshilfeverkehr bezüglich der zu stellenden Bedingungen an die gefestigte Praxis in Auslieferungsfällen zu halten.
Nach dieser wird bei Auslieferung wegen Delikten, die mit nicht zur Auslieferung berechtigenden Tatbeständen, insbesondere mit solchen fiskalischer Natur, real oder ideal konkurrieren, stets die Bedingung gestellt, dass eine Verfolgung wegen dieser Tatbestände zu unterbleiben hat, wobei gelegentlich statt des Ausdrucks "Bedingung" auch das Wort "Vorbehalt" verwendet wird. Dagegen wird nie eine Erklärung des ersuchenden Staates verlangt, wonach er sich an die gestellte Bedingung oder an den Vorbehalt halten, d.h. den Grundsatz der Spezialität beachten werde (vgl. z.B. BGE 101 Ia 64 f. E. 5b und Disp. 2; S. 423 E. 3d und 426 Disp. 2; S. 599 E. 6 und 601 Disp. 2, mit zahlreichen Verweisungen). Die innere Rechtfertigung dieser Praxis liegt darin, dass jeder Staat mit dem Abschluss eines Auslieferungsabkommens dem Vertragspartner das Vertrauen schenkt, er werde den Vertrag einhalten, d.h. den Grundsatz der Spezialität strikte beachten und das Auslieferungsdelikt ohne Rücksicht auf eventuell damit konkurrierende Nichtauslieferungsdelikte verfolgen (SCHULTZ, a.a.O. S. 288). Im Verkehr zwischen den demokratischen Staaten des westeuropäischen Kulturkreises sind denn auch Verletzungen dieser staatsvertraglichen, allgemein anerkannten Regel kaum je anzutreffen, umso weniger, als sie für den

BGE 104 Ia 49 (59):

betreffenden Staat die Folge nach sich ziehen könnten, dass in künftigen Fällen die Auslieferung verweigert würde. Es ist nicht ersichtlich, weshalb bei der allgemeinen Rechtshilfe hinsichtlich des Grundsatzes der Spezialität andere, strengere Anforderungen gestellt werden sollten als bei der für den Betroffenen schwersten Massnahme der Auslieferung. Die völkerrechtliche Frage des dem Partnerstaat entgegenzubringenden Vertrauens bleibt dieselbe, und die Tendenzen der jüngsten Zeit sprechen, wie dargelegt, jedenfalls nicht für eine Erschwerung der Rechtshilfe über den Vertragswortlaut hinaus.
Zwar ist es richtig, dass in anderen Fällen ausländische Behörden teils von sich aus Zusicherungen im Sinne des staatsvertraglichen Vorbehaltes abgegeben haben, teils von der ersuchten kantonalen Behörde hiezu aufgefordert worden sind (BGE 98 Ia 227; BGE 95 I 441). Eine solche Praxis entspricht der Vorsicht und wird in den meisten Fällen zweckmässig sein, eine Rechtspflicht vermag sie jedoch nicht zu begründen. Auch die Polizeiabteilung des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes führt in der vom Beschwerdeführer auszugsweise wiedergegebenen, dem Bundesgericht im übrigen aber nicht bekannten Note vom 30. Juni 1976 an die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland nicht aus, worauf sie ihr Ersuchen um eine formelle Zusicherung der deutschen Behörden stützt. Im übrigen scheint es sich in jener Sache um Durchsuchungen und Beschlagnahmungen, also um eigentliche Zwangsmassnahmen, gehandelt zu haben, während im vorliegenden Falle keine solchen erfolgt oder vorgesehen sind, sondern die Zeugen lediglich ersucht wurden, die mit ihren Aussagen im Zusammenhang stehenden Belege zu den Akten zu geben.
Schliesslich lässt sich auch aus dem in der Beschwerde zitierten BGE 103 Ia 206 ff. (insbes. E. 6 und 7) nichts für den Standpunkt des Beschwerdeführers ableiten. Es ging dort darum, dass - im Gegensatz zum vorliegenden Falle - der massgebende Sachverhalt im Rechtshilfebegehren nicht mit hinlänglicher Klarheit umschrieben war. In diesem Zusammenhang hat das Gericht festgestellt, es müssten die gemeinrechtlichen Tatbestände genau umschrieben werden, da sonst nicht abgeklärt werden könne, ob Rechtshilfe nicht nur für ein Fiskaldelikt und damit im Zusammenhang stehende Urkundenfälschungen

BGE 104 Ia 49 (60):

verlangt werde, in welchem Falle sie zu verweigern wäre. Wenn aus diesen Gründen erklärt wurde, die blosse Zusicherung der Nichtverwendung der erhobenen Unterlagen für fiskalische Zwecke genüge nicht, so ist dies für den vorliegenden Fall unerheblich, da hier nicht geltend gemacht wird, das Verfahren wegen Untreue als solches betreffe im Grunde genommen lediglich eine Fiskalsache. Indem die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hier über die bereits im Rechtshilfegesuch enthaltene Zusicherung hinaus eine ausdrückliche Erklärung der ersuchenden Behörde in dem vom Beschwerdeführer gewünschten Wortlaut eingeholt hat, ist sie somit bereits über das rechtlich unbedingt Erforderliche hinausgegangen. Mehr kann der Beschwerdeführer schon aus diesem Grund nicht verlangen.
c) Der Beschwerdeführer rügt nicht den Inhalt der vom Leitenden Oberstaatsanwalt beim Landgericht Hannover abgegebenen Erklärung, der wörtlich mit seinen Anträgen übereinstimmt, sondern er macht geltend, der Leitende Oberstaatsanwalt sei nach dem innerstaatlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland zur Abgabe der Erklärung mit Verbindlichkeit für alle andern gegebenenfalls in Fiskalsachen zuständigen Behörden nicht berechtigt. Da indessen nach den vorstehenden Ausführungen schweizerischerseits keine ausdrückliche Zusicherung der Wahrung des Spezialitätsgrundsatzes eingeholt werden muss, ist auf diesen Einwand nicht weiter einzugehen.