BGer 8C_736/2019
 
BGer 8C_736/2019 vom 21.01.2020
 
8C_736/2019
 
Urteil vom 21. Januar 2020
 
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
Gerichtsschreiber Nabold.
 
Verfahrensbeteiligte
Helsana Unfall AG, Recht & Compliance, Postfach, 8081 Zürich Helsana,
Beschwerdeführerin,
gegen
B.________,
vertreten durch Advokatin Raffaella Biaggi,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung (Wiedererwägung),
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 12. September 2019 (725 19 113 / 229).
 
Sachverhalt:
A. Für die bleibenden Folgen eines am 1. April 1989 erlittenen Unfalls sprach die Patria Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Patria) der 1966 geborenen B.________ mit Verfügung vom 26. Juni 1995 und Einspracheentscheid vom 28. Dezember 1995 unter anderem ab 1. Januar 1994 eine Rente bei einem Invaliditätsgrad von 50 % zu. Eine von der Versicherten hiegegen erhobene Beschwerde wies das damalige Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft mit Entscheid vom 9. April 1997 ab.
Neben der Invalidenrente der Unfallversicherung bezog die Versicherte auch Leistungen der Invalidenversicherung. Diese holte in einem Revisionsverfahren eine polydisziplinäre Expertise beim Ärztlichen Begutachtungsinstitut (ABI) ein. Nach Vorliegen dieses Gutachtens vom 21. April 2015 hob die Helsana Unfall AG (nachfolgend: Helsana) als Rechtsnachfolgerin der Patria die laufende Rente mit Verfügung vom 13. Februar 2017 und Einspracheentscheid vom 21. August 2017 per 31. Mai 2017 revisionsweise auf. Eine hiegegen erhobene Beschwerde der Versicherten hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 11. Januar 2018 gut und stellte fest, dass entgegen den Ausführungen der Versicherung keine anspruchserhebliche Verbesserung des Gesundheitszustandes eingetreten sei. Dieser Entscheid blieb unangefochten.
Nachdem das Bundesgericht mit Urteil 9C_346/2018 vom 14. August 2018 die renteneinstellende Verfügung der IV-Stelle für Versicherte im Ausland vom 16. Dezember 2016 bestätigt hatte, zog die Helsana mit Verfügung vom 11. Dezember 2018 und Einspracheentscheid vom 21. März 2019 die ursprüngliche Rentenzusprache in Wiedererwägung und stellte ihre Leistungen per Ende Januar 2019 ein.
B. Die von B.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 12. September 2019 gut und verpflichtete die Helsana unter Aufhebung des Einspracheentscheides, die bisherige Invalidenrente weiterhin auszurichten.
C. Mit Beschwerde beantragt die Helsana, es sei unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides ihr Einspracheentscheid zu bestätigen, eventuell sei die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Während B.________ auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
1. 
1.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sind grundsätzlich gegeben (Art. 82 lit. a, Art. 83
1.2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).
1.3. Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden (Art. 105 Abs. 3 BGG).
2. Gemäss Art. 99 Abs. 2 BGG sind neue Begehren im bundesgerichtlichen Verfahren unzulässig. Soweit die Beschwerdeführerin daher in ihrer Beschwerde erstmals geltend macht, das kantonale Gericht wäre verpflichtet gewesen, seine Entscheide vom 9. April 1997 bzw. vom 11. Januar 2018 in prozessuale Revision (Art. 61 lit. i ATSG) zu ziehen, ist darauf nicht einzutreten.
3. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht den Einspracheentscheid der Beschwerdeführerin, mit welcher diese die laufende Rente der Versicherten per Ende Januar 2019 wiedererwägungsweise eingestellt hat, aufgehoben hat.
 
4.
4.1. Ist eine versicherte Person infolge des Unfalles mindestens zu 10 % invalid, so hat sie gemäss Art. 18 Abs. 1 UVG Anspruch auf eine Invalidenrente.
4.2. Ändert sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente gemäss Art. 17 Abs. 1 ATSG von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben. Der Versicherungsträger kann zudem nach Art. 53 Abs. 2 ATSG auf formell rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. Die Verwaltung ist auch mehr als zehn Jahre nach Erlass der zweifellos unrichtigen Verfügung noch befugt, auf diese wiedererwägungsweise zurückzukommen (BGE 140 V 514 E. 3 S. 516 ff.).
 
5.
5.1. Die Versicherte bezieht seit 1. Januar 1994 eine Invalidenrente und damit eine Dauerleistung der Unfallversicherung. Auf Dauerleistungen findet die von der Beschwerdeführerin angerufene Rechtsprechung, wonach der Unfallversicherer ohne Wiedererwägungs- oder Revisionsgrund auf eine Leistungszusprache ex nunc et pro futuro zurückkommen kann (vgl. Urteil 8C_22/2019 vom 24. September 2019 unter Hinweis auf BGE 130 V 380 E. 2.3.1 S. 384), keine Anwendung (Urteil 8C_457/2014 vom 5. September 2014 E. 2.2; vgl. auch BGE 144 V 418 E. 3.2 S. 421).
5.2. Die Beschwerdeführerin begründete ihren Einspracheentscheid vom 21. März 2019 damit, dass die ursprüngliche Rentenzusprache zweifellos unrichtig erfolgt sei, womit ein Wiedererwägungsgrund im Sinne von Art. 53 Abs. 2 ATSG vorliege. Wie das kantonale Gericht indessen zutreffend dargelegt hat, können Verfügungen nur dann von der Verwaltung in Wiedererwägung gezogen werden, wenn sie nicht Gegenstand materieller richterlicher Beurteilung waren (BGE 138 V 147 E. 2.1 S. 148 f.; Urteil 8C_588/2017 vom 22. Dezember 2017 E. 3.1; vgl. auch THOMAS FLÜCKIGER, Basler Kommentar zum ATSG, 2020, N 77 zu Art. 53 ATSG). Die Unfallversicherung bringt nichts vor, was eine Überprüfung dieser Rechtsprechung rechtfertigen würde (vgl. zu den Voraussetzungen für eine Praxisänderung: BGE 141 II 297 E. 5.5.1 S. 303). Anzumerken ist in diesem Zusammenhang lediglich, dass selbst bei einer analogen Anwendung von Art. 53 Abs. 2 ATSG auf Gerichtsentscheide das Recht zur Wiedererwägung dem Gericht, welches den zweifellos unrichtigen Entscheid gefällt hat, und nicht der Verwaltung als damals unterlegenen Partei, zukommen würde.
5.3. Zwar mag es als unbefriedigend erscheinen, dass die Invalidenversicherung im Gegensatz zur Unfallversicherung ihre Rentenzahlungen an die Versicherte einstellen durfte (vgl. zur Revision der IV-Rente: Urteil 9C_346/2018 vom 14. August 2018). Da die Beschwerdeführerin den kantonalen Entscheid vom 11. Januar 2018, in welchem ein Revisionsgrund nach Art. 17 Abs. 1 ATSG für die UV-Rente verneint wurde, nicht vor Bundesgericht angefochten hat, liegt der unterschiedlichen Beurteilung eine prozessuale Unterlassung der Unfallversicherung zu Grunde und nicht eine rechtsungleiche oder willkürliche Behandlung der Beschwerdeführerin durch das kantonale Gericht im Verfahren, welches mit dem vorliegend angefochtenen Entscheid seinen Abschluss fand.
5.4. Die offensichtlich unbegründete Beschwerde ist daher im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
6. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin hat der Versicherten überdies eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1000.- zu entschädigen.
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 21. Januar 2020
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Maillard
Der Gerichtsschreiber: Nabold