BGer 2C_17/2019
 
BGer 2C_17/2019 vom 31.10.2019
 
2C_17/2019
 
Urteil vom 31. Oktober 2019
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Seiler.
 
Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Marc Spescha,
Beschwerdeführer,
gegen
Migrationsamt des Kantons St. Gallen,
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen.
Gegenstand
Nichterteilung einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen, Abteilung II, vom 18. November 2018 (B 2018/191).
 
Sachverhalt:
 
A.
A.A.________ (geboren am 12. April 1981 oder am 12. April 1982 in U.________, Kosovo, oder in Slowenien) ist slowenischer Staatsangehöriger. Am 30. Oktober 2004 heiratete er in Ljubljana die slowenische Staatsangehörige E.________ (geboren am 1. Oktober 1984 in V.________, Kosovo; nachfolgend: die Ehefrau oder Ehegattin). Aus der Ehe gingen die Kinder B.A.________ (geboren im 2005), C.A.________ (geboren im 2010) und D.A.________ (geboren im 2018) hervor, die alle die slowenische Staatsangehörigkeit besitzen. Ab August 2016 respektive 15. Oktober 2016 wohnte die Familie in der Schweiz. Mit Verfügung vom 23. Februar 2017 wies das Migrationsamt St. Gallen ein Gesuch der Ehefrau vom 29. November 2016 / 9. Dezember 2016 um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA ab und ordnete ihre Wegweisung an. Seit dem 26. Juni 2017 verfügen sie und ihre Kinder über eine bis 25. Juni 2022 gültige Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA. A.A.________ reichte am 29. August 2016 ein Gesuch um Aufenthaltsbewilligung ein, wobei er fälschlicherweise angab, nicht vorbestraft zu sein. Diese falsche Angabe wiederholte er an seiner Einvernahme am 29. Oktober 2016. Mit Verfügung vom 18. Januar 2017 wies das Migrationsamt dieses Gesuch ab und wies A.A.________ aus der Schweiz weg. Am 17. Februar 2017 verliess er die Schweiz.
A.A.________ ist folgendermassen strafrechtlich in Erscheinung getreten:
- Mit Urteil des Gerichts von Mailand vom 22. Juni 2010, bestätigt durch das Berufungsgericht Mailand mit Urteil vom 3. Mai 2011, wurde er wegen Drogenhandels, begangen vom 3. Juli 2006 bis 18. Juli 2006 in Albanien und Italien, zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und einer Geldstrafe von EUR 18'000.-- verurteilt. Als Nebenstrafe wurde unter anderem die Ausweisung aus Italien angeordnet.
- Mit Urteil vom 16. März 2011 des Ermittlungsrichters des Gerichts von Ravenna, teilweise abgeändert durch das Urteil des Berufungsgerichts Bologna vom 3. Februar 2012, wurde er wegen unerlaubter Veräusserung (begangen am 19. November 2005 in Ravenna) und unerlaubter Einfuhr von Drogen (begangen in einem früheren Zeitraum und kurz vor dem 24. Juli 2006 in Ravenna) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und einer Geldstrafe von EUR 30'000.-- verurteilt.
- Mit Strafbefehl des Untersuchungsamtes Gossau vom 3. Februar 2017 wurde er wegen versuchter Täuschung der Behörden mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je Fr. 30.--, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren und einer Busse von Fr. 250.--, ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von drei Tagen, verurteilt.
Ein Strafverfahren gegen ihn wegen Einfuhr von mutmasslich 11 kg Heroin nach Italien im Jahr 2007 ist am Gericht von Pescara angeblich noch hängig. Mit Beschluss vom 28. Juni 2016 sah die Überwachungsstaatsanwältin von Triest von der Vollstreckung der mit Urteil vom 22. Juni 2010 angeordneten Ausweisung aus Italien ab. Am 31. Juli 2016 wurde A.A.________ eigenen Angaben zufolge vorzeitig aus dem Strafvollzug entlassen.
Am 1. August 2017 reiste A.A.________ wieder in die Schweiz ein.
 
B.
Am 17. August 2017 stellte A.A.________ ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA. Mit Verfügung vom 16. April 2018 verweigerte das Migrationsamt St. Gallen die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und ordnete die Wegweisung unter Ansetzung einer Ausreisefrist von 30 Tagen nach Rechtskraft der Verfügung an. Nachdem der Rekurs beim Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen erfolglos geblieben war, führte A.A.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen. Dieses wies die Beschwerde mit Entscheid vom 18. November 2018 ab.
 
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 7. Januar 2019 beantragt A.A.________, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 18. November 2018 aufzuheben und die Vorinstanz bzw. das Migrationsamt anzuweisen sei, ihm eine Aufenthaltsbewilligung B EU / EFTA zu erteilen. Ausserdem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Vorinstanz und das Sicherheits- und Justizdepartement beantragen Abweisung der Beschwerde.
Mit Verfügung vom 8. Juni 2019 erkannte das Bundesgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Bewilligungen ausgeschlossen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Ob die jeweiligen Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt sind, ist eine Frage der materiellen Beurteilung; für das Eintreten genügt, dass ein entsprechender Anwesenheitsanspruch in vertretbarer Weise geltend gemacht wird (vgl. BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179). Dies tut der Beschwerdeführer, indem er sich als slowenischer Staatsangehöriger, der hier einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht, auf einen Anspruch aus dem Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) beruft.
1.2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht und richtet sich gegen einen Endentscheid einer letzten, oberen kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht prüft zwar grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Es ist allerdings weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 139 II 404 E. 3 S. 415). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft solche Rügen nur, wenn sie in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden sind (BGE 136 II 304 E. 2.5 S. 314).
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116). Der Beschwerdeführer kann die Feststellung des Sachverhalts unter den gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Er hat deshalb substanziiert darzulegen, weswegen diese Voraussetzungen gegeben sein sollen; wird er dieser Anforderung nicht gerecht, bleibt es beim vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18).
 
2.
Der Beschwerdeführer rügt, dass die Vorinstanz das Völkerrecht verletzt habe, indem sie ihm die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verweigerte.
2.1. Der Beschwerdeführer hat als slowenischer Staatsangehöriger, der als Arbeitnehmer im Sinne von Art. 6 Anhang I FZA in der Schweiz einer unbefristeten Erwerbstätigkeit nachgeht, grundsätzlich das Recht, sich hier aufzuhalten (Art. 4 FZA i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Anhang I FZA; vgl. BGE 131 II 339 E. 2 S. 344). Dieses Recht darf nur durch Massnahmen eingeschränkt werden, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind (Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA). Nach Art. 3 der Richtlinie 64/221/EWG - auf welche Art. 5 Abs. 2 Anhang I FZA verweist - darf bei Massnahmen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausschliesslich das persönliche Verhalten der betreffenden Person ausschlaggebend sein; strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne Weiteres diese Massnahmen begründen. Massnahmen, die alleine aus generalpräventiven Gründen angeordnet werden, lassen sich mit Art. 5 Anhang I FZA folglich nicht vereinbaren. Da die Gefährdung der öffentlichen Ordnung gegenwärtig sein muss, ist für die Beurteilung der Rückfallgefahr auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die aufenthaltsbeendende Massnahme verfügt wird, es sei denn, es läge zwischen ihrem Erlass und der Überprüfung ihrer Rechtmässigkeit in einem Gerichtsverfahren ein längerer Zeitraum (BGE 137 II 233 E. 5.3.1 S. 239; Urteil des EuGH vom 29. April 2004 C-482/01 und C-493/01 
2.2. Eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung liegt vor, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Ausländer auch künftig die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören wird (Rückfallgefahr; vgl. BGE 136 II 5 E. 4.2 S. 20; 130 II 176 E. 4.2 S. 185). Für die Beurteilung der Rückfallgefahr ist nach Art und Ausmass der möglichen Rechtsgüterverletzung zu differenzieren: Je schwerer die möglichen Rechtsgüterverletzungen sind, desto niedriger sind die Anforderungen an die in Kauf zu nehmende Rückfallgefahr (BGE 136 II 5 E. 4.2 S. 20; 130 II 176 E. 4.3.1 S. 186). Als schwerwiegend gelten etwa Beeinträchtigungen der physischen, psychischen und sexuellen Integrität Dritter, der qualifizierte Drogenhandel aus rein finanziellen Motiven und die organisierte Kriminalität sowie Terrorismus oder Menschenhandel (BGE 139 II 121 E. 6.3 S. 130 f.; Urteil 2C_634/2018 vom 5. Februar 2019 E. 4.1.2; vgl. auch Urteil des EuGH vom 29. April 2004 C-482/01 und C-493/01 
2.3. Nach der Praxis gibt es Delikte, die allein aufgrund ihrer Schwere und durch die Art und Weise ihrer Begehung eine spätere Rückfallgefahr - auch für weniger schwere Straftaten - möglich erscheinen lassen. Dies gilt etwa für Tötungsdelikte (vgl. Urteile 2C_270/2015 vom 6. August 2015 E. 7.3; 2C_406/2014 vom 2. Juli 2015 E. 5.4; 2C_53/2015 vom 31. März 2015 E. 5.2; 2C_236/2013 vom 19. August 2013 E. 6.4). Auch bei Betäubungsmitteldelikten verfolgt das Bundesgericht eine strenge Praxis (vgl. BGE 139 II 121 E. 5.3 S. 126; Urteile 2C_483/2018 vom 23. April 2019 E. 5.2; 2C_401/2012 vom 18. September 2012 E. 3.5.1). Von einer nicht mehr bloss geringen - und deshalb nicht hinzunehmenden - Rückfallgefahr ist deshalb auszugehen, wenn der Ausländer wiederholt über einen längeren Zeitraum Betäubungsmittel- und gegebenenfalls andere Delikte begangen hat und sich von straf- oder ausländerrechtlichen Verurteilungen und Massnahmen nicht hat beeindrucken lassen, mithin also bereits mindestens einmal rückfällig geworden ist (vgl. BGE 139 II 121 E. 5.5.2 S. 128; 2C_483/2018 vom 23. April 2019 E. 5.3; 2C_813/2018 vom 5. April 2019 E. 6.2; 2C_634/2018 vom 5. Februar 2019 E. 5.2.2.2; 2C_939/2017 vom 21. Dezember 2018 E. 7.3; 2C_740/2017 vom 6. März 2018 E. 3.2; 2C_112/2017 vom 14. September 2017 E. 3.2 und 3.3).
 
3.
3.1. Der Beschwerdeführer wurde in Italien wegen Drogenhandels, den er in den Jahren 2005 und 2006 begangen hatte, zu Freiheitsstrafen von vier bzw. sechs Jahren verurteilt. Er wurde Ende Juli 2016 nach ungefähr sechs Jahren aus dem Strafvollzug entlassen, wobei er einige Monate am Ende seiner Strafe in Form eines Hausarrests in Triest verbüsst hatte. Der Beschwerdeführer war nicht in der Schweiz, sondern in Italien straffällig geworden und die in Italien ausgesprochenen Strafen müssen in ihrer Höhe nicht unbedingt mit den Strafen übereinstimmen, die den Beschwerdeführer für vergleichbare Delikte hierzulande erwartet hätten. Etwas zu relativieren ist ausserdem die Feststellung der Vorinstanz, wonach keine Anzeichen dafür bestünden, dass der Beschwerdeführer nur auf einer niedrigen Hierarchiestufe tätig gewesen sei. Immerhin deuten die Akten darauf hin, dass sich die Rolle des Beschwerdeführers auf diejenige eines Kuriers beschränkt haben könnte (vgl. Bericht der Überwachungsstaatsanwältin vom 28. Juni 2016). Dies ändert aber nichts daran, dass der Beschwerdeführer mit seinen Straftaten hochwertige Rechtsgüter beeinträchtigte. Die Vorinstanz hat demnach im Lichte der Rechtsprechung (vgl. oben E. 2.2) zu Recht dafürgehalten, dass selbst eine nur mässige Rückfallgefahr des Beschwerdeführers nicht hingenommen werden müsse und für eine Einschränkung seines Anspruchs auf eine Aufenthaltsbewilligung ausreiche.
3.2. Die Vorinstanz hat die Rückfallgefahr als zumindest mässig eingestuft. Sie hat sich dafür unter anderem auf die relativ kurze Dauer seit der Entlassung aus dem Freiheitsentzug gestützt, die es dem Beschwerdeführer noch nicht erlaubt habe, sich in Freiheit zu bewähren und eine sogenannte "biografische Kehrtwende" zu vollziehen. Der Beurteilung der Überwachungsstaatsanwältin mass die Vorinstanz nur geringes Gewicht zu. Aufgrund der Weigerung des Beschwerdeführers, die Strafurteile aus Italien mit deutscher Übersetzung einzureichen, sei es nicht nachvollziehbar, wie die Überwachungsstaatsanwältin zum Schluss kommen konnte, dass gegenwärtig keine Beweise für Kontakte des Beschwerdeführers zum organisierten Verbrechen bestünden. Ausserdem hätten weder die Heirat am 30. Oktober 2004 noch die Geburt seiner ältesten Tochter am 10. September 2005 den Beschwerdeführer davon abgehalten, die Drogendelikte zu begehen.
Der Beschwerdeführer rügt an dieser Beurteilung, dass die Vorinstanz die Einschätzung der Überwachungsstaatsanwältin in Triest, Italien, zu Unrecht ausser Acht gelassen habe. Diese habe am 28. Juni 2016 erkannt, dass von ihm keine Gefahr für die Gesellschaft mehr ausgehe und deshalb auch davon abgesehen, die Verweisung aus Italien zu vollziehen, welche das Strafgericht sechs Jahre zuvor angeordnet hatte.
3.2.1. Grundsätzlich gilt, dass das Straf- und das Ausländerrecht unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen: Ausländerrechtlich steht der Sicherheitsaspekt im Vordergrund, strafrechtlich die verschuldensabhängige Sanktionierung verpönten Verhaltens und die Reintegration des Täters oder der Täterin (Urteile 2C_410/2018 vom 7. September 2018 E. 5.4.5 und 2C_935/2017 vom 17. Mai 2018 E. 3.4). Die Ausländerbehörden sind nicht an die Einschätzung der Strafbehörden hinsichtlich der Rückfallgefahr gebunden, da das Ausländerrecht zum Schutz der Gesellschaft hinsichtlich des noch hinzunehmenden Risikos strengere Anforderungen stellt als das Strafrecht (BGE 140 I 145 E. 4.3 S. 150; 137 II 233 E. 5.2.2 S. 536 f.).
Zu Recht weist der Beschwerdeführer aber darauf hin, dass die Verfügung der Überwachungsstaatsanwältin vom 28. Juni 2016 der Sache nach nicht die verschuldensabhängige Sanktionierung für verpöntes Verhalten oder die Reintegration des Täters zum Gegenstand hatte. Vielmehr beurteilte die Überwachungsstaatsanwältin, ob vom Beschwerdeführer per 28. Juni 2016 noch eine Gefahr für die Gesellschaft ausging und die vom Strafgericht angeordnete Landesverweisung vollzogen werden musste. Diese Beurteilung erfolgte demnach aus schweizerischer Sicht nach ausländer- und nicht nach strafrechtlichen Gesichtspunkten. Es wäre deshalb grundsätzlich angezeigt gewesen, der Beurteilung der Überwachungsstaatsanwältin Beachtung zu schenken, auch wenn die Schweizer Behörden an solche Einschätzungen ausländischer Behörden nicht gebunden sind.
3.2.2. Die Vorinstanz mass der Beurteilung der Überwachungsstaatsanwältin auch deshalb kaum Gewicht bei, weil sie darin inhaltliche Mängel ausgemacht hatte. Namentlich hätten die angeblich starken Familienbande den Beschwerdeführer nicht abgehalten, die Straftaten zu begehen, für die er verurteilt wurde.
Die Kritik der Vorinstanz an der Einschätzung der Überwachungsstaatsanwältin überzeugt nicht. Wohl trifft es zu, dass der Beschwerdeführer schon im Zeitpunkt der Straftaten in den Jahren 2005 und 2006 verheiratet und Vater einer Tochter gewesen war und die damaligen Familienbande die Straftaten des Beschwerdeführers nicht verhindert hatten. Die Überwachungsstaatsanwältin beurteilte aber nicht die Verhältnisse in den Jahren 2005 und 2006, sondern jene zum Zeitpunkt der Entlassung aus dem Strafvollzug rund ein Jahrzehnt später. Es ist ohne Weiteres plausibel, dass die Familienbande nach der Geburt der zweiten Tochter enger geworden waren und sich auch während des Strafvollzugs noch intensiviert hatten, sodass sie im Sommer 2016 mehr zur Stabilisierung des Beschwerdeführers beitrugen, als dies zehn Jahre früher der Fall gewesen war.
3.2.3. Im Unterschied zu den Fällen, in denen das Bundesgericht die Rückfallgefahr des wegen Betäubungsmitteldelikten verurteilten Vertragsausländers als nicht mehr bloss gering einstufte (vgl. oben E. 2.3), hatte der Beschwerdeführer seine Straftaten über einen relativ kurzen Zeitraum von ungefähr acht Monaten (19. November 2005 bis 24. Juli 2006) begangen. Gemäss den Akten war seither kein Rückfall zu verzeichnen. Zwar bestrafte das Untersuchungsamt Gossau den Beschwerdeführer für die falsche Angabe, die er gegenüber den Migrationsbehörden über seine Vorstrafen gemacht hatte. Dieses Verhalten erreicht aber nicht die Qualität eines Rückfalls und wurde von der Vorinstanz zu Recht auch nicht in diese Richtung gewertet. Der Status des angeblich noch laufenden Strafverfahrens betreffend die Einfuhr von 11 kg Heroin im Jahr 2007 ist derweil unklar. Das dem Beschwerdeführer in diesem Verfahren angeblich zur Last gelegte Verhalten könnte für die Beurteilung der Rückfallgefahr aber ohnehin nur berücksichtigt werden, soweit es unbestritten ist oder aufgrund der Akten feststeht (BGE 130 II 176 E. 4.3.3 S. 189). Weder die eine noch die andere Voraussetzung sind hier erfüllt. Sollte dieses Verfahren dereinst zu einer weiteren Verurteilung des Beschwerdeführers führen, könnte zum gegebenen Zeitpunkt immer noch geprüft werden, ob der Aufenthalt des Beschwerdeführers zu beenden ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es aber nicht angebracht, im Zusammenhang mit diesem Verfahren Schlüsse zum Nachteil des Beschwerdeführers zu ziehen.
3.2.4. Der Beschwerdeführer hatte sich somit im relevanten Zeitpunkt seit ungefähr zwölf Jahren kein relevantes Fehlverhalten mehr zu Schulde kommen lassen. Zwar kann der Beschwerdeführer aus seinem Wohlverhalten in den Jahren des Strafvollzugs praxisgemäss nichts Entscheidendes zu seinen Gunsten ableiten (BGE 139 II 121 E. 5.5.2 S. 128; Urteil 2C_740/2017 vom 6. März 2018 E. 3.3). Ins Gewicht fällt hingegen die Zeit, die der Beschwerdeführer nach seinen Straftaten bis zum Antritt des Strafvollzugs in Freiheit verbracht hatte. Dem Bericht der Überwachungsstaatsanwältin zufolge trat der Beschwerdeführer den Strafvollzug am 26. März 2010 an. Die Vorinstanz hat nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer zuvor während längerer Zeit in Untersuchungshaft gewesen wäre. Auch aus den Akten ergeben sich keine entsprechenden Hinweise. Folglich ist nach der allgemeinen Beweislastregel (Art. 8 ZGB analog) zulasten des Migrationsamts davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer zwischen den Straftaten und dem Antritt des Strafvollzugs während mehrerer Jahre in Freiheit befunden hatte. Ebenso zu berücksichtigen ist die Zeit seit der Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Strafvollzug, zumal die Vorinstanz nicht festgestellt hat, dass der Beschwerdeführer nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug einer Bewährungsfrist unterlegen hätte.
3.2.5. Die Vorinstanz hat nicht nur keinen Rückfall des Beschwerdeführers, sondern auch keine sonstigen Indizien feststellen können, die auf eine zumindest mässige Rückfallgefahr und damit eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit schliessen liessen. Ohne solche Indizien gibt es in der vorliegenden Konstellation aber keine Grundlage für die Annahme, dass der Beschwerdeführer zumindest mässig rückfallgefährdet ist und von ihm trotz der positiven Prognose der Überwachungsstaatsanwältin eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht.
3.3. Nach dem Gesagten fehlt es an einer gegenwärtigen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch den Beschwerdeführer. Folglich vermag Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA die Einschränkung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf eine Aufenthaltsbewilligung nicht zu rechtfertigen. Das gegenteilige Urteil der Vorinstanz ist mit dem FZA nicht vereinbar.
Unter diesen Umständen braucht nicht geklärt zu werden, ob die Vorinstanz dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Mitwirkungspflicht nach Art. 90 Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG; SR 142.20; Titel bis 31. Dezember 2018: Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, AuG) vorhalten durfte, er habe es versäumt, die italienischen Strafurteile samt deutscher Übersetzung einzureichen, oder es angesichts der einschlägigen Bestimmungen des Freizügigkeitsrechts nicht an ihr selbst bzw. am Migrationsamt gewesen wäre, diese Informationen im Rahmen der Untersuchungspflicht der Migrationsbehörden bei den italienischen Behörden einzuholen (Art. 3 Abs. 3, Art. 6 Abs. 3 und Art. 5 Abs. 2 Anhang I FZA i.V.m. Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 64/221/EWG).
 
4.
Die Beschwerde erweist sich als begründet und ist gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA auszustellen. Bei diesem Verfahrensausgang werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton St. Gallen hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Die Vorinstanz wird die Kosten des kantonalen Verfahrens ausgangsgemäss neu zu verlegen haben (Art. 67 BGG e contrario).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 18. November 2018 wird aufgehoben. Das Migrationsamt St. Gallen wird angewiesen, dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung B EU/EFTA zu erteilen.
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3. Der Kanton St. Gallen hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
4. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.
5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung II, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 31. Oktober 2019
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Seiler
Der Gerichtsschreiber: Seiler