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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
1B_200/2019
Urteil vom 22. Oktober 2019
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Kneubühler,
Bundesrichter Muschietti,
Gerichtsschreiber Härri.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl,
vertreten durch die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Gegenstand
Strafverfahren; amtliche Verteidigung,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 29. März 2019 (UP190009-O/U/BEE).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl führt ein Strafverfahren gegen A.________ wegen des Verdachts des Fahrens in fahrunfähigem Zustand. Sie wirft ihm vor, am 5. Oktober 2018, um 00.24 Uhr, in Zürich einen Personenwagen mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,64 mg/l, was einem Blutalkoholgehalt von 1,28 Gewichtspromille entspricht, gelenkt zu haben.
Mit Strafbefehl vom 12. November 2018 erkannte die Staatsanwaltschaft A.________ schuldig des Fahrens in fahrunfähigem Zustand (Art. 91 Abs. 2 lit. a SVG). Sie auferlegte ihm eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je Fr. 30.--, bedingt bei einer Probezeit von zwei Jahren, und eine Busse von Fr. 300.--. Für den Fall der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse sprach sie eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen aus.
Dagegen erhob A.________ am 8. Dezember 2018 Einsprache.
B.
Am 18. Februar 2019 ersuchte A.________ um Bestellung eines amtlichen Verteidigers.
Mit Verfügung vom 20. Februar 2019 wies die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich das Gesuch ab.
Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich (III. Strafkammer) am 29. März 2019 ab. Es auferlegte ihm die Gerichtsgebühr von Fr. 500.--.
C.
A.________ führt beim Bundesgericht Beschwerde mit dem Hauptantrag, es sei ihm die amtliche Verteidigung zu gewähren. Zudem stellt er Eventualanträge zu den Kosten des bundes- und obergerichtlichen Verfahrens.
D.
Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft haben auf Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen:
1.
1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid ist gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG die Beschwerde in Strafsachen gegeben. Ein kantonales Rechtsmittel steht nicht zur Verfügung. Die Beschwerde ist somit nach Art. 80 BGG zulässig. Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Der angefochtene Entscheid stellt einen Zwischenentscheid dar, der dem Beschwerdeführer einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken kann (BGE 140 IV 202 E. 2.2 S. 205 mit Hinweis). Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass.
1.2. Die Begründung der Beschwerde muss in dieser selber enthalten sein. Der einleitende Verweis des Beschwerdeführers auf "die bislang im Verfahren vorgebrachten Begründungen" ist unzulässig (BGE 145 V 141 E. 5.1 S. 144; 143 II 283 E. 1.2.3 S. 286; je mit Hinweisen).
2.
2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Voraussetzungen für die Beigabe eines amtlichen Verteidigers seien erfüllt.
2.2. Gemäss Art. 132 StPO ordnet die Verfahrensleitung eine amtliche Verteidigung an, wenn die beschuldigte Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und die Verteidigung zur Wahrung ihrer Interessen geboten ist (Abs. 1 lit. b). Zur Wahrung der Interessen der beschuldigten Person ist die Verteidigung namentlich geboten, wenn es sich nicht um einen Bagatellfall handelt und der Straffall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, denen die beschuldigte Person allein nicht gewachsen wäre (Abs. 2). Ein Bagatellfall liegt jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als 4 Monaten oder eine Geldstrafe von mehr als 120 Tagessätzen zu erwarten ist (Abs. 3).
Wie sich aus dem Wortlaut von Art. 132 Abs. 3 StPO ("jedenfalls dann nicht mehr") ergibt, kann ein Bagatellfall unter Umständen auch zu verneinen sein, wenn die zu erwartende Strafe die in dieser Bestimmung genannte Grenze nicht überschreitet (BGE 143 I 164 E. 3.6 S. 174).
2.3. Die Vorinstanz nimmt einen Bagatellfall an, da der Beschwerdeführer mit keiner Freiheitsstrafe von mehr als 4 Monaten und keiner Geldstrafe von mehr als 120 Tagessätzen zu rechnen habe. Der Beschwerdeführer wendet ein, zusätzlich zur Geldstrafe und Busse drohe ihm ein Führerausweisentzug von mindestens drei Monaten (Art. 16c Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 lit a SVG). Ob deshalb ein Bagatellfall zu verneinen sei, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn man keinen Bagatellfall mehr annehmen wollte, würde sich aus folgenden Erwägungen am Ergebnis nichts ändern.
2.4. Gemäss Art. 132 Abs. 2 StPO genügt für die Beigabe eines amtlichen Verteidigers die Verneinung eines Bagatellfalles nicht. Vielmehr muss der Straffall zusätzlich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bieten, denen der Beschuldigte allein nicht gewachsen wäre (BGE 143 I 164 E. 3.4 S. 173).
Bei der Beurteilung, ob Letzteres zutrifft, sind nach der Rechtsprechung die konkreten Umstände zu berücksichtigen (BGE 143 I 164 E. 3.6 S. 175 mit Hinweis). Rechtliche Schwierigkeiten können etwa gegeben sein, wenn die Subsumtion des Sachverhalts unter eine bestimmte Strafnorm diskutabel ist, wenn streitig ist, ob der Grundtatbestand oder ein qualifizierter Tatbestand zur Anwendung gelangt, oder wenn Rechtfertigungs- oder Schuldausschlussgründe zu prüfen sind. Bei der Beurteilung, ob der Beschuldigte den Schwierigkeiten des Falles gewachsen ist, ist namentlich seinem Alter, seiner Bildung, seinen Sprachkenntnissen und seiner Erfahrung mit Strafverfahren Rechnung zu tragen (Urteil 1B_12/2019 vom 14. Mai 2019 E. 2.4 mit Hinweis).
2.5. Der Beschwerdeführer anerkennt, in der Nacht des 5. Oktober 2018 alkoholisiert gefahren zu sein. Dabei handelt es sich um einen einfachen und überschaubaren Sachverhalt. In tatsächlicher Hinsicht bietet der Fall daher keine besonderen Schwierigkeiten. Dasselbe gilt in rechtlicher Hinsicht. Lässt sich der dem Beschwerdeführer vorgeworfene Sachverhalt, auch was den Grad der Alkoholisierung betrifft, beweisen, ist die rechtliche Würdigung einfach.
Der heute 60-jährige Beschwerdeführer ist Schweizer Bürger deutscher Muttersprache. Er ist Jurist und war, wie sich aus seiner Einvernahme vom 26. Februar 2019 ergibt, mindestens zwölf Jahre Richter an einem Divisionsgericht. Er hat somit Erfahrung mit Straf- und Gerichtsverfahren. Damit ist nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den vergleichsweise geringen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Falles allein gewachsen ist. Wenn die Vorinstanz die Bestellung eines amtlichen Verteidigers abgelehnt hat, verletzt das deshalb kein Bundesrecht.
3.
Der Beschwerdeführer beantragt, die ihm von der Vorinstanz auferlegte Gerichtsgebühr aufzuheben. Er legt jedoch nicht dar, inwiefern die Vorinstanz durch die Auferlegung der Gerichtsgebühr Bundesrecht verletzt haben soll. Damit genügt er seiner Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht, weshalb auf die Beschwerde in diesem Punkt nicht eingetreten werden kann (BGE 143 II 283 E. 1.2.2 S. 286 mit Hinweisen).
4.
Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht, auf die Auferlegung einer Gerichtsgebühr zu verzichten. Das ist als Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gemäss Art. 64 BGG auszulegen. Diesem kann nicht stattgegeben werden, da die Beschwerde aussichtslos war. In Anbetracht der längeren Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers wird jedoch lediglich eine reduzierte Gerichtsgebühr erhoben. Diese wird auf Fr. 500.-- festgesetzt.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der Oberstaatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Zürich (III. Strafkammer) schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. Oktober 2019
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Härri