BGer 6B_985/2019
 
BGer 6B_985/2019 vom 03.10.2019
 
6B_985/2019
 
Urteil vom 3. Oktober 2019
 
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichter Rüedi,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Departement Volkswirtschaft und Inneres, Amt für Justizvollzug,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Verweigerung der bedingten Entlassung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 7. August 2019 (WBE.2019.244 / sf / jb).
 
Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer befindet sich im Bezirksgefängnis Kulm im Strafvollzug. Zwei Drittel der Strafe waren am 5. Juli 2019 erstanden. Das Amt für Justizvollzug des Kantons Aargau verweigerte am 25. Juni 2019 die bedingte Entlassung. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau am 7. August 2019 ab.
Der Beschwerdeführer wendet sich an das Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des Urteils. Er sei unter Auferlegung einer angemessenen Probezeit bedingt aus dem Strafvollzug zu entlassen.
2. Gegenstand des angefochtenen Urteils und des Verfahrens bildet alleine die Verweigerung der bedingten Entlassung auf den Zwei-Drittel-Termin. Soweit der Beschwerdeführer mit seinen Vorbringen und Ausführungen über den Verfahrensgegenstand hinausgeht und u.a. die Haftbedingungen und das Haftregime kritisiert, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
3. Hat der Gefangene zwei Drittel seiner Strafe, mindestens aber drei Monate verbüsst, so ist er durch die zuständige Behörde bedingt zu entlassen, wenn es sein Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, er werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen (Art. 86 Abs. 1 StGB). Die zuständige Behörde hat den Gefangenen anzuhören (Art. 86 Abs. 2 StGB).
Die (Legal-) Prognose über das künftige Wohlverhalten ist in einer Gesamtwürdigung zu erstellen, welche nebst dem Vorleben, der Persönlichkeit und dem Verhalten des Gefangenen während des Strafvollzugs vor allem dessen neuere Einstellung zu seinen Taten, seine allfällige Besserung und die nach der Entlassung zu erwartenden Lebensverhältnisse berücksichtigt (BGE 133 IV 201 E. 2.3 S. 204; 125 IV 113 E. 2a S.115; je mit Hinweisen).
Beim Entscheid über die bedingte Entlassung steht der zuständigen Behörde ein Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht greift in die Beurteilung der Bewährungsaussicht nur ein, wenn die Vorinstanz ihr Ermessen über- oder unterschritten oder missbraucht und damit Bundesrecht verletzt hat (BGE 133 IV 201 E. 2.3 S. 204 mit Hinweisen).
4. Der Beschwerdeführer bezeichnet die Anhörung vom 19. Juni 2019 als reine Formsache; das Ergebnis (ihn nicht bedingt zu entlassen) sei bereits festgestanden. Indessen zeigt er in seiner Beschwerde vor Bundesgericht nicht auf, welche konkreten Vorbringen seinerseits unberücksichtigt bzw. ungewürdigt geblieben sein sollen und inwiefern die Art der Umsetzung seiner Mitwirkungsrechte den Einbezug der betreffenden Standpunkte verhindert haben soll. Auf die Beschwerde kann insoweit nicht eingetreten werden (Art. 106 Abs. 2 BGG).
 
5.
5.1. In der Sache rügt der Beschwerdeführer, die Legalprognose sei allein aufgrund der Vorstrafen erstellt worden. Würde man der Argumentation der Vorinstanz folgen, wäre eine bedingte Entlassung für jeden einschlägig vorbestraften Täter von vornherein ausgeschlossen.
5.2. Die Vorinstanz hält dem Beschwerdeführer ein gutes Vollzugsverhalten zugute. Das sei aber nur ein Kriterium. Die mehrfachen Vorstrafen bzw. Verurteilungen, die Einreisesperre und die angebliche berufliche Integration hätten ihn nicht davon abgehalten, einschlägig zu delinquieren und rückfällig zu werden. Er sei mit insgesamt 13 Verurteilungen im Schweizerischen Strafregister verzeichnet. Zwölf Verurteilungen würden alleine oder mit anderen Delikten die illegale Einreise bzw. den illegalen Aufenthalt in der Schweiz betreffen. Obwohl er seit Jahren kein Bleiberecht mehr habe und ihm gegenüber seit 13. März 2006 ein unbeschränktes Einreiseverbot bestehe, reise er immer wieder illegal in die Schweiz ein. Auch der Umstand, eine Freiheitsstrafe von 12 Monaten aus dem Urteil des Gerichtspräsidiums Aarau vom 5. November 2015 noch verbüssen zu müssen, habe ihn nicht von einer illegalen Einreise abhalten können. Der Beschwerdeführer sei bei seinen letzten beiden Verhaftungen im März 2015 und August 2018 in der Schweiz aufgegriffen worden. Offensichtlich sei er nicht gewillt, das Einreiseverbot zu beachten. Die bisherigen Verurteilungen wegen Verweisungsbrüchen und auch der neueste Verweisungsbruch deuteten klar auf seine Uneinsichtigkeit und Unbe-lehrbarkeit hin. Bezüglich der neueren Einstellung zu seinen Taten gehe aus dem Führungsbericht des Gefängnisses nichts hervor. Er selbst mache geltend, den Ernst der Lage nicht hinreichend erkannt zu haben. Seine angebliche Einsicht sei indessen nicht glaubhaft; es sei nicht ersichtlich, weshalb er nach der zwölften Verurteilung einsichtiger sein soll als nach der elften. Dass er sich angeblich beruflich integriert habe, sei an sich positiv in Bezug auf die nach der Entlassung zu erwartenden Lebensverhältnisse zu werten. Allerdings sei weder dargelegt noch ersichtlich, inwiefern ihn die erfolgreiche berufliche Integration von der Begehung weiterer Straftaten abhalten solle. Die behauptete berufliche Integration habe ihn auch bislang, nämlich insbesondere in 2018, nicht davon abgehalten, weshalb er daraus nichts für sich ableiten könne. Es sei nach wie vor von einem sehr hohen Rückfallrisiko auszugehen. Bei dieser schlechten Legalprognose falle eine bedingte Entlassung ausser Betracht.
5.3. Die Vorinstanz hat eine Gesamtwürdigung der relevanten Faktoren zur Beurteilung der Prognose vorgenommen. Offenkundig ist, dass sich der Beschwerdeführer von den bisherigen Strafverfahren und Verurteilungen in keiner Weise hat beeindrucken lassen. Er bestreitet nicht, dass er in der Schweiz über kein Bleiberecht verfügt, ihm gegenüber ein Einreiseverbot besteht und er daher nicht mehr in die Schweiz einreisen darf. Er bestreitet auch nicht, immer wieder illegal eingereist zu sein. Die Vorinstanz durfte ausgehend hievon auf seine Uneinsichtigkeit und Unbelehrbarkeit schliessen und ohne Verletzung von Bundesrecht annehmen, der Beschwerdeführer würde sich im Falle einer bedingten Entlassung erneut nach Art. 115 AuG strafbar machen, zumal ihn auch die angebliche berufliche Integration nicht von der Begehung weiterer Straftaten hat abhalten können. Dass die Vorinstanz sich zur Frage, ob das Rückfallrisiko bei einer bedingten Entlassung höher sei als bei Vollverbüssung der Strafe (sog. Differenzialprognose) nicht geäussert hat, ist nicht entscheidend, zumal sie bereits aus den übrigen Umständen willkürfrei und ohne Verletzung von Bundesrecht auf eine ungünstige Prognose schliessen durfte. Die vorinstanzliche Beurteilung der Bewährungsaussicht ist damit im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer vermag keinen Ermessensfehler oder -missbrauch der Vorinstanz zu belegen. Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
6. Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist abzuweisen, da die Beschwerde von vornherein aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Seiner finanziellen Lage ist mit herabgesetzten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 3. Oktober 2019
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill