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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
2C_344/2019
Urteil vom 16. September 2019
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.
Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Fürsprech Jürg Walker,
gegen
Migrationsamt des Kantons Thurgau, Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, Regierungsgebäude.
Gegenstand
Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zur Vorbereitung der Heirat,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 6. Februar 2019 (VG.2018.111/E).
Sachverhalt:
A.
Der irakische Staatsangehörige A.________ (geb. 1988) reiste am 14. April 2013 illegal in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Mit Verfügung vom 25. September 2014 lehnte das Staatssekretariat für Migration dieses Gesuch ab und wies A.________ aus der Schweiz weg. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht ab. Daraufhin wurde A.________ vom Staatssekretariat für Migration (SEM) verpflichet, die Schweiz bis zum 15. Juni 2016 zu verlassen. Dieser Aufforderung kam er nicht nach, er hält sich seither weiterhin in der Schweiz auf. Am 16. März 2017 meldete sich die schweizerische Staatsangehörige B.________ (geb. 1972) beim Migrationsamt des Kantons Thurgau und teilte mit, sie werde A.________ demnächst heiraten. Am 21. September 2017 beantragte sie zusammen mit A.________, diesem sei eine Aufenthaltsbewilligung zur Vorbereitung der Heirat zu erteilen. Mit Entscheid vom 6. Dezember 2017 trat das Migrationsamt auf das Aufenthaltsbewilligungsgesuch nicht ein. Die hiegegen erhobenen Rechtsmittel blieben - jedenfalls in der Sache - erfolglos (Entscheid des Departements für Justiz und Sicherheit vom 17. August 2018, Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 6. Februar 2019).
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 10. April 2019 beantragen A.________ und B.________ beim Bundesgericht, die letztgenannten Entscheide seien aufzuheben und das Migrationsamt sei anzuweisen, auf das Gesuch von A.________ um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zur Vorbereitung der Heirat einzutreten, eventuell sei das Migrationsamt zu verpflichten, A.________ direkt eine solche Bewilligung zu erteilen. Gleichzeitig wird um unentgeltliche Rechtspflege und aufschiebende Wirkung sowie im Sinne einer vorsorglichen Massnahme um vorsorgliche Gestattung des Aufenthalts ersucht.
Das Migrationsamt, das Departement für Justiz und Sicherheit sowie das Verwaltungsgericht beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Mit Verfügung vom 15. April 2019 wies der Abteilungspräsident das Gesuch um aufschiebende Wirkung bzw. um vorsorgliche Massnahmen ab.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Abteilungen ist auf dem Gebiet des Ausländerrechts unzulässig gegen Entscheide betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundes- noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG), sowie betreffend die Wegweisung (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG). Mit dem angefochtenen Entscheid wird einem asylrechtlich weggewiesenen Ausländer die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zwecks Vorbereitung der Eheschliessung verweigert. Gegen einen derartigen Entscheid ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegeben, falls in vertretbarer Weise ein potenzieller Anspruch auf die beantragte Bewilligung geltend gemacht wird (Urteil 2C_117/2019 vom 17. Juni 2019 E. 1.1 und 1.2; s. auch BGE 139 I 37 E. 3.5.2 S. 48). Die Beschwerdeführer berufen sich in vertretbarer Weise auf einen Anspruch aus Art. 14 BV, welcher das Recht auf Ehe und Familie gewährleistet, sowie auf Art. 8 und 12 EMRK. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
1.2. Unzulässig ist der Antrag der Beschwerdeführer, die unterinstanzlichen Verfügungen bzw. Entscheide aufzuheben: Verfahrensgegenstand bildet im Hinblick auf den Devolutiveffekt nur das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 6. Februar 2019 (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG); die anderen kantonalen Entscheide gelten in diesem Rahmen lediglich inhaltlich als mitangefochten (BGE 136 II 101 E. 1.2 S. 104, 177 E. 1.3 S. 180 f. und Urteil 2C_1019/2018 vom 11. Dezember 2018 E. 1.2). Insoweit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Bei der Prüfung wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 142 1 155 E. 4.4.5 S. 157) und verfügt über volle Kognition (Art. 95 BGG; BGE 141 V 234 E. 2 s. 236).
Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten (einschliesslich der Grundrechte) und von rein kantonalem Recht prüft das Bundesgericht in jedem Fall nur, soweit eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG).
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt in diesem Sinn mangelhaft erscheint und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 42 Abs. 2 und 106 Abs. 2 BGG). Rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung genügt den Begründungs- und Rügeanforderungen nicht (vgl. BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen).
2.
2.1. Gemäss Art. 14 Abs. 1 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) kann eine asylsuchende Person ab Einreichung des Asylgesuches bis zur Ausreise nach einer rechtskräftig angeordneten Wegweisung, nach einem Rückzug des Asylgesuches oder bis zur Anordnung einer Ersatzmassnahme bei nicht durchführbarem Vollzug kein Verfahren um Erteilung einer ausländerrechtlichen Aufenthaltsbewilligung einleiten, ausser es bestehe ein Anspruch auf deren Erteilung. Für eine beabsichtigte Eheschliessung heisst das, dass ein Anspruch auf Aufenthaltsbewilligung nur gegeben ist, wenn der Bewilligungsanspruch klarerweise oder offensichtlich besteht (BGE 139 I 37 E. 3.5.2 S. 28, 138 I 41 E. 4 S. 46 f.), d.h. wenn feststeht, dass eine Bewilligung nach der Heirat erteilt werden kann (BGE 139 I 37 E. 3.5.2 S. 28, 138 I 41 E. 4 S. 46 f., Urteile 2C_887/2018 vom 4. Dezember 2018 E. 2.1, 2C_ 386/2018 vom 15. Juni 2018 E. 3.3, 2C_962/2013 vom 13. Februar 2015 E. 4.2), und wenn zudem die Eheschliessung unmittelbar oder in absehbarer Zeit bevorsteht (Urteil 2C_880/2017 vom 3. Mai 2018 E.4.3). Die Vorinstanz hat diese Rechtsprechung korrekt wiedergegeben.
2.2. Sodann stellte die Vorinstanz - für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich - fest, dass der Beschwerdeführer 1 keine Papiere hat und nichts unternommen hat, um solche zu besorgen und deshalb die Eheschliessung nicht unmittelbar bevorsteht. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Frage, dass er keine Papiere hat. Seine Begründung, er hätte Papiere erhalten, wenn er eine Aufenthaltsbewilligung bekommen hätte, leuchtet nicht ein: Es geht hier nicht um die Erteilung einer ordentlichen Aufenthaltsbewilligung.
Ebenso verbindlich stellte die Vorinstanz fest, dass die Beschwerdeführer nicht in einem gefestigten Konkubinat im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung leben, das ihnen eine Berufung auf Art. 8 EMRK erlauben würde (vgl. Urteil 2C_880/2017 vom 3. Mai 2018 E. 3 f). Zudem ist gemäss Vorinstanz - jedenfalls aus Sicht des Beschwerdeführers - von einer Scheinehe auszugehen (E. 5.3.3 des angefochtenen Entscheides). Die diesbezügliche Argumentation in der Beschwerde (S. 8 - 11) ist rein appellatorisch und stellt die Sachverhaltswürdigung der Vorinstanz nicht in Frage. Ebenso wenig beruht der angefochtene Entscheid diesbezüglich auf einer Rechtsverletzung.
2.3. Die Beschwerdeführer rügen auf breitem Raum eine Gehörsverletzung durch die unteren Instanzen. Das ist nicht Thema, streitig kann nur sein, ob das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, die unteren Instanzen hätten keine Gehörsverletzung begangen bzw. eine solche wäre geheilt. Dies trifft hier zu: Die Beschwerdeführer hatten in einem doppelten Schriftenwechsel vor der Vorinstanz Gelegenheit, ihren Standpunkt einzubringen und zu allen Vorbringen der kantonalen Behörden ausführlich Stellung zu nehmen.
2.4. Weiter rügen die Beschwerdeführer, das Migrationsamt hätte auf das Gesuch eintreten und es allenfalls materiell abweisen müssen. Im Ergebnis spielt es aber keine Rolle, ob das Migrationsamt im Rahmen des Eintretens die Voraussetzungen prüft oder ob es auf das Gesuch eintritt und materiell abweist. Entscheidend ist, ob die Vorinstanz mit Recht einen Anspruch auf Aufenthaltsbewilligung zwecks Eheschliessung verneint hat. Nach dem Gesagten trifft dies zu.
3.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Bei diesem Verfahrensausgang tragen die unterliegenden Beschwerdeführer die Gerichtskosten unter solidarischer Haftung (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 bzw. 5 BGG). Ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann nicht entsprochen werden, da ihr Begehren aussichtslos erschien.
Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt, unter solidarischer Haftung.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. September 2019
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Seiler
Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein