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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
5A_1044/2018
Urteil vom 1. Juli 2019
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, von Werdt,
Gerichtsschreiberin Nyffeler.
Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
B.A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Rohrer,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Ehescheidung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, vom 13. November 2018 (ZOR.2018.11).
Sachverhalt:
A.
A.a. A.A.________ (geb. 1978; angolanischer Staatsangehöriger) und B.A.________ (geb. 1984) heirateten am 13. September 2002 in Frankreich. Sie sind die Eltern der Kinder C.A.________ (geb. 2009) und D.A.________ (geb. 2012). Die Eltern haben den gemeinsamen Haushalt aufgehoben; das Getrenntleben wurde gerichtlich geregelt.
A.b. Am 21. Dezember 2015 klagte B.A.________ beim Bezirksgericht Rheinfelden auf Scheidung der Ehe und Regelung der Nebenfolgen. Mit Entscheid vom 13. Dezember 2017 schied das Bezirksgericht die Ehe der Parteien und regelte die Nebenfolgen. Namentlich teilte es die elterliche Sorge über die Söhne allein der Mutter zu.
B.
A.A.________ führte Berufung beim Obergericht des Kantons Aargau und beantragte, die elterliche Sorge über die Söhne sei beiden Eltern gemeinsam zu belassen. Mit Entscheid vom 13. November 2018 wies das Obergericht die Berufung ab. Bereits während des Verfahrens hatte es auch das Gesuch des Vaters um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels abgewiesen (Verfügung vom 19. Februar 2018).
C.
Mit Eingabe vom 19. Dezember 2018 wendet sich A.A.________ ohne anwaltliche Vertretung an das Bundesgericht, dem er zahlreiche Begehren unterbreitet. Namentlich wiederholt er seinen Antrag auf Belassung der gemeinsamen elterlichen Sorge bei beiden Eltern. Ebenso beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das oberinstanzliche und für das bundesgerichtliche Verfahren.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht auf Rechtsmittel hin über eine nicht vermögensrechtliche Nebenfolge der Ehescheidung entschieden hat (Art. 72 Abs. 1, Art. 75 und Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich zur Beschwerde legitimiert (Art. 76 Abs. 1 BGG) und hat die Beschwerdefrist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Damit steht der Weg für die Beschwerde in Zivilsachen offen. Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels ("Einsprache") schadet dem Beschwerdeführer nicht.
Mit angefochten ist auch der Zwischenentscheid vom 19. Februar 2018 über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege für das oberinstanzliche Verfahren, dessen Rechtsweg der Hauptsache folgt.
1.2. Mit der Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem Bereich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und prüft mit freier Kognition, ob der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Das Bundesgericht befasst sich grundsätzlich nur mit formell ausreichend begründeten Einwänden (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2), was eine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid erfordert. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht (mehr) vorgetragen werden (BGE 142 III 364 E. 2.4 mit Hinweisen). In der Begründung ist deshalb in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Allgemein gehaltene Einwände, die ohne aufgezeigten oder erkennbaren Zusammenhang mit bestimmten Entscheidungsgründen vorgebracht werden, genügen nicht (Urteil 5A_963/2014 vom 9. November 2015 E. 2, nicht publ. in: BGE 141 III 513).
Die Eingabe des Beschwerdeführers ist grösstenteils schwer verständlich und erfüllt die genannten Begründungsanforderungen nicht. So genügt es namentlich nicht, aus Urteilen des deutschen Bundesverfassungsgerichtshofs zu zitieren, denn diese können von vornherein nicht im Zusammenhang mit den Entscheidgründen des Obergerichts stehen.
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann einzig vorgebracht werden, sie seien offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweis), oder sie würden auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG (z.B. Art. 29 Abs. 2 BV oder Art. 8 ZGB) beruhen. Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 141 IV 369 E. 6.3; 140 III 264 E. 2.3). Das bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt nicht eintritt (BGE 142 III 364 E. 2.4 mit Hinweis). Ausserdem muss in der Beschwerde aufgezeigt werden, inwiefern die Behebung der aufgezeigten Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 137 III 226 E. 4.2 mit Hinweis).
An zahlreichen Stellen kritisiert der Beschwerdeführer die Sachverhaltsfeststellungen des Obergerichts, wobei er sich darauf beschränkt, entweder seine eigene Sicht der Dinge darzulegen oder einfach das Gegenteil zu behaupten. Auf all diese Vorbringen kann nicht eingetreten werden.
1.4. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Sind sie nach Erlass des angefochtenen Entscheids entstanden (sog. echte Noven), so sind sie vor Bundesgericht unzulässig (BGE 143 V 19 E. 1.2; 139 III 120 E. 3.1.2; je mit Hinweisen). In der Beschwerde ist darzutun, inwiefern die Voraussetzung für eine nachträgliche Einreichung von Tatsachen und Beweismitteln erfüllt sein soll (BGE 143 I 344 E. 3).
Der Beschwerdeführer reicht mit seiner Beschwerde zahlreiche Beilagen ein. Soweit es sich dabei um echte Noven handelt, sind diese von vornherein unzulässig. Hinsichtlich der unechten Noven legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern die Voraussetzungen von Art. 99 Abs. 1 BGG erfüllt sein sollen. Sie bleiben deshalb ebenfalls unberücksichtigt.
1.5. Im Verfahren vor Bundesgericht sind neue Begehren unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG). Neu sind auch Begehren, die zwar vor der ersten Instanz, nicht aber vor der Vorinstanz des Bundesgerichts Streitgegenstand waren. Der Beschwerdeführer hatte vor Obergericht einzig die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge verlangt; nicht angefochten hatte er die Regelung der anderen Nebenfolgen der Scheidung. Damit kann auf sämtliche Begehren, die der Beschwerdeführer dem Bundesgericht über die Frage der gemeinsamen elterlichen Sorge hinausgehend unterbreitet, nicht eingetreten werden.
1.6. Gegenstand der Beschwerde in Zivilsachen ist der Entscheid der Vorinstanz (Art. 75 BGG), hier des Obergerichts des Kantons Aargau. Soweit der Beschwerdeführer auch das erstinstanzliche Verfahren beanstandet, ohne dies im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht zu haben, ist darauf nicht einzutreten.
2.
Streitgegenstand ist die alleinige Zuteilung der elterlichen Sorge an die Beschwerdegegnerin.
2.1. Aufgrund der am 1. Juli 2014 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle (AS 2014 357) bildet die gemeinsame elterliche Sorge den Grundsatz und die Alleinzuteilung derselben bzw. die Belassung der alleinigen elterlichen Sorge die eng begrenzte Ausnahme. In seiner Rechtsprechung hat das Bundesgericht Kriterien aufgestellt, die erfüllt sein müssen, um ein Abweichen vom Grundsatz des gemeinsamen elterlichen Sorgerechts zu rechtfertigen (BGE 141 III 472 E. 4.6 und 4.7; 142 III 1 E. 3.3; 142 III 56 E. 3; 142 III 197 E. 3.5 und 3.7; vgl. sodann die Rechtsprechungsübersicht in den Urteilen 5A_81/2016 E. 5, 5A_89/2016 E. 4 und 5A_186/2016 E. 4, je vom 2. Mai 2016). Diese können insbesondere bei einem schwerwiegenden elterlichen Dauerkonflikt oder bei anhaltender Kommunikationsunfähigkeit erfüllt sein. Dabei muss sich der Konflikt oder die Kommunikationsunfähigkeit auf die Kinderbelange als Ganzes beziehen; ein Konflikt oder eine Kommunikationsunfähigkeit hinsichtlich einzelner Fragen betreffend die Kinderbelange genügt nicht und schon gar nicht genügt, wenn sich der Streit ausschliesslich um die Regelung des Sorgerechts dreht. Ausserdem muss sich der Dauerkonflikt und/oder die Kommunikationsunfähigkeit negativ auf das Kindeswohl auswirken. Die abstrakte Feststellung, das Kind befinde sich in einem Loyalitätskonflikt, genügt nicht, denn dieser führt nicht in jedem Fall zu einer Beeinträchtigung des Kindeswohls, welche ein Eingreifen erforderlich erscheinen lässt. Vielmehr hängen die Auswirkungen des Loyalitätskonfliktes von der Konstitution des Kindes selbst (Ambivalenz- und Abgrenzungsfähigkeit) und vom Verhalten der Eltern diesem gegenüber ab. Erforderlich ist daher eine konkrete Feststellung, in welcher Hinsicht das Kindeswohl bei Belassung der gemeinsamen elterlichen Sorge beeinträchtigt ist bzw. sein würde. Schliesslich ist die Alleinzuteilung der elterlichen Sorge nur dann zulässig, wenn diese geeignet ist, die festgestellte Beeinträchtigung des Kindeswohls zu beseitigen oder zumindest zu lindern.
2.2. Der Beschwerdeführer bestreitet weder den vom Obergericht festgestellten schwerwiegenden elterlichen Dauerkonflikt noch die anhaltende Kommunikationsunfähigkeit der Eltern. Er meint indes, das angefochtene Urteil enthalte keine nachvollziehbaren Ausführungen zur Kindeswohlgefährdung. Zu Unrecht: Das Obergericht hat ausdrücklich festgestellt, dass die Söhne durch die Elternkonflikte stark verunsichert seien und deshalb Aggressionen gegen die Mutter richteten und dass der ältere Sohn C.A.________ wegen der Elternkonflikte auf die Unterstützung einer Psychologin angewiesen sei. Sodann sei davon auszugehen, dass die Söhne mit zunehmendem Alter das fehlende Einvernehmen der Eltern in den grundsätzlichen Kinderbelangen noch stärker wahrnehmen und vermehrt in die elterlichen Konflikte involviert werden würden, was mit ihrem Wohl nicht zu vereinbaren sei. Die Zuweisung der elterlichen Sorge an die Mutter vermeide diese Problematik und führe zu klaren Verhältnissen. Entsprechend könne die Mutter auch gegenüber Dritten (Schule, Ärzte, etc.) zeitgerecht klare bzw. eindeutige Situationen schaffen, was den Kindern zugute komme. Damit hat das Obergericht die Kindeswohlgefährdung hinreichend begründet. Der angefochtene Entscheid ist bundesrechtskonform.
3.
Darüber hinaus beanstandet der Beschwerdeführer die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege.
3.1. Nach Art. 117 ZPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (lit. a) und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (lit. b). Wer diese Bedingungen erfüllt, hat ausserdem Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand, sofern dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO). Mit diesen Bestimmungen wird der verfassungsrechtliche Anspruch nach Art. 29 Abs. 3 BV (BGE 129 I 129 E. 2.1) auf Gesetzesstufe gewährleistet (BGE 142 III 131 E. 4.1; 141 III 369 E. 4.1).
3.2. Das Obergericht hatte seine Verfügung damit begründet, das Rechtsmittel sei aussichtslos. Der Beschwerdeführer beschränkt sich in seiner Eingabe darauf, seine - an sich unbestrittene - Bedürftigkeit darzutun. Hingegen schweigt sich der Beschwerdeführer zur Frage der Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels aus. Damit kann auf diesen Punkt der Beschwerde nicht eingetreten werden (E. 1.2).
4.
Nach dem Ausgeführten erweist sich die Beschwerde als unbegründet; sie ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, war die Beschwerde von Anfang an aussichtslos. Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege ist demnach abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 1. Juli 2019
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Herrmann
Der Gerichtsschreiberin: Nyffeler