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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
4A_516/2018
Urteil vom 8. Mai 2019
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Klett, May Canellas,
Gerichtsschreiber Curchod.
Verfahrensbeteiligte
St. Galler Amtsbürgschaftsgenossenschaft,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Schultz,
Beschwerdeführerin,
gegen
Kanton St. Gallen, vertreten durch das Bildungsdepartement,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Walter Locher,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Forderung
Beschwerde gegen den Entscheid des Handelsgerichts des Kantons St. Gallen vom 18. Mai 2018
(HG.2014.85-HKG).
Sachverhalt:
A.
A.a. Die St. Galler Amtsbürgschaftsgenossenschaft, St. Gallen, (Genossenschaft, Beklagte, Beschwerdeführerin) ist eine im Handelsregister des Kantons St. Gallen eingetragene Genossenschaft. Sie bezweckt namentlich das Erbringen von Sicherheitsleistungen nach Massgabe der kantonalen Gesetzgebung.
Nach Art. 1 ihrer Statuten ist sie eine Genossenschaft im Sinne von Art. 828 - 926 OR. Mitglied können gemäss Art. 3 der Statuten werden (a) der Kanton St. Gallen, (b) die öffentlich-rechtlichen juristischen Personen im Sinne von Art. 43 des Einführungsgesetzes zum ZGB und (c) die privatrechtlichen juristischen Personen und Stiftungen mit Sitz im Kanton St. Gallen, wenn sie vorwiegend öffentliche Aufgaben erfüllen. Die Genossenschaft leistet für ihre Mitglieder im Sinne der jeweiligen kantonalen Gesetzgebung Bürgschaft und Amtskaution, die für sog. eingeschlossene Personen gelten, nämlich für Behördenmitglieder, Beamte und Angestellte gemäss Art. 7 des Gesetzes des Kantons St. Gallen über die Haftung der öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten und die Verantwortlichkeit der Behörden und öffentlichen Angestellten (VG/SG; sGS 161.1). Nach Art. 7 Abs. 1 VG/SG sind Behördenmitglieder und Beamte für den Schaden verantwortlich, den sie der öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder Anstalt durch vorsätzliche oder grobfahrlässige Verletzung der Dienstpflicht zufügen.
Unter dem Titel "Bürgschaften" bestimmt Art. 11 Abs. 2 der Statuten der Genossenschaft:
"Die Genossenschaft ersetzt bis zur Höhe der Garantiesumme Vermögensschäden der Mitglieder, welche die eingeschlossenen Personen in Ausübung ihrer Amts- oder Dienstgeschäfte vorsätzlich oder grobfahrlässig verursachen."
Art. 11bis Abs. 3 der Statuten bestimmt sodann:
"Die Genossenschaft erbringt keine Leistung, wenn das Mitglied den Schaden selbst grobfahrlässig durch mangelhafte Kontroll- und Sicherheitsmassnahmen ermöglicht hat (vgl. auch Art. 503,2 OR)."
Der Kanton St. Gallen (Mitglied, Kläger, Beschwerdegegner) ist Mitglied der Genossenschaft. Die Genossenschaft verpflichtete sich gemäss Bürgschaftsurkunde vom 1. Januar 1999, dem Mitglied Solidarbürgschaft im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und nach Massgabe der Statuten für eine Garantiesumme von Fr. 1'000'000.-- zu leisten.
A.b. A.________ (Angestellter) war als Rechnungsführer im Amt für Berufsbildung des Kantons St. Gallen angestellt. Er hatte die Aufgabe, die Rechnungen ausserkantonaler Schulen zu überprüfen, welche diese im Zusammenhang mit der Ausbildung von im Kanton St. Gallen wohnhaften Studierenden stellten, und die erforderlichen Daten zu erfassen.
Der Angestellte schädigte zwischen September 1999 und April 2009 seinen Arbeitgeber. Er sammelte die Wohnsitzbestätigungen derjenigen Studierenden, die sich für ein ausserkantonales Studium gemeldet hatten, jedoch das Studium nicht aufnahmen. Aufgrund der Personalien in den Wohnsitzbestätigungen erstellte er auf offiziellen Formularen der Interkantonalen Fachschulvereinigung Meldelisten für ausserkantonale Studierende. Auf diesen Meldelisten trug er in den Jahren 1999 bis 2002 als Schulnamen jeweils "ABW Uster" ein, ab 2003 bis 2009 verwendete er die Bezeichnungen "Allgemeine Berufsschule Zürich" oder "Allgem. Gewerbliche Berufsschule". Unter den Bezeichnungen "ABW Uster" und "AGZ Zürich" eröffnete er zwei Postkonti, über die er selbst verfügte. Den mit der Unterschrift einer fiktiven Schulleiterin versehenen Meldelisten legte er die echten Wohnsitzbestätigungen bei. Sein Vorgesetzter erteilte daraufhin die Zahlungsfreigabe. Den vom Angestellten eröffneten Postkonti wurden so zwischen Fr. 19'000.-- und Fr. 255'000.-- jährlich gutgeschrieben. Die Geldbeträge verwendete der Angestellte für eigene Zwecke.
Am 16. November 2009 erstattete der Angestellte Selbstanzeige. Er wurde am 18. Mai 2011 vom Kreisgericht St. Gallen im abgekürzten Verfahren wegen mehrfachen gewerbsmässigen Betrugs und mehrfacher Urkundenfälschung im Amt verurteilt. Den Schadenersatzanspruch des Kantons St. Galllen anerkannte er im Umfang von Fr. 1'075'461.95.
A.c. Mit Schadensanzeige vom 2. März 2010 forderte das Mitglied von der Genossenschaft erstmals die Bezahlung der Garantiesumme aus Solidarbürgschaft. Die Genossenschaft verweigerte die Zahlung in der Folge mit der Begründung, das Mitglied habe den Schaden durch mangelhafte Kontroll- und Sicherheitsmassnahmen grobfahrlässig ermöglicht. Die Parteien konnten sich nicht einigen.
B.
Mit Klage vom 4. April 2014 gelangte das Mitglied an das Handelsgericht St. Gallen mit dem Rechtsbegehren, die Genossenschaft sei zu verpflichten, ihm Fr. 1'000'000.-- nebst Zins zu 5 % seit dem 15. Mai 2003 (mittlerer Verfall) zu bezahlen. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage.
Mit Entscheid vom 18. Mai 2018 verpflichtete das Handelsgericht des Kantons St. Gallen die Beklagte, dem Kläger Fr. 1'000'000.-- zuzüglich Zins von 5 % ab 4. April 2014 zu bezahlen. Das Gericht liess zunächst die Frage offen, ob der Streit privatrechtlicher Natur ist, da nach dem massgebenden kantonalen Recht jedenfalls der Zivilrichter zuständig sei. Es liess letztlich offen, ob die Kontroll- und Sicherheitsmassnahmen des Klägers hinreichend gewesen seien, um eine grobfahrlässige Ermöglichung des Schadens im Sinne von Art. 11bis Abs. 3 der Statuten der Beklagten auszuschliessen. Es kam zum Schluss, dass der Schaden jedenfalls auch bei Durchsetzung der zumutbaren Kontrollen nicht hätte verhindert werden können.
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen stellte die Beklagte die Anträge, der Entscheid des Handelsgerichts des Kantons St. Gallen vom 15. Mai 2018 sei aufzuheben und die Klage sei abzuweisen, eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Nach einer Darstellung des Sachverhalts aus ihrer Sicht rügt die Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe den Sachverhalt willkürlich festgestellt, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt und die Grobfahrlässigkeit bezüglich des Kontrollsystems zu Unrecht verneint. Schliesslich rügt sie, das Handelsgericht habe den Kausalzusammenhang zwischen den Kontrollmassnahmen des Beschwerdegegners und dem eingetretenen Schaden zu Unrecht verneint.
Der Beschwerdegegner beantragt in der Antwort die Abweisung der Beschwerde. Das Handelsgericht St. Gallen schliesst in seiner Stellungnahme sinngemäss ebenfalls auf Abweisung der Beschwerde.
Die Parteien haben repliziert und dupliziert.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen, ob die Beschwerde in Zivilsachen zulässig ist.
1.1. Für die Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen kommt es nicht darauf an, ob eine gerichtliche Behörde der zivilrechtlichen Rechtspflege als Vorinstanz entschieden hat. Massgeblich ist vielmehr, welches Rechtsgebiet die Angelegenheit in der Sache regelt (vgl. BGE 138 I 274 E. 1.2 S. 276, 136 II 489 E. 2.3 S. 492 mit weiteren Hinweisen). Ob die Beschwerde in Zivil- oder in Strafsachen oder in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offensteht, entscheidet sich nach der rechtlichen Grundlage der Streitsache (vgl. BGE 136 II 489 E. 2.3 S. 492, BGE 138 II 134 E. 4.1; BGE 132 I 270 E. 4.3 S. 273; BGE 132 V 303 E. 4.4.2 S. 307; je mit Hinweisen).
1.2. Ob die vorliegende Angelegenheit öffentlich-rechtlicher oder privater Natur ist, hat die Vorinstanz offengelassen. Sie hat immerhin festgehalten, dass sich im vorliegenden Verfahren zwei öffentlich-rechtliche Körperschaften gegenüberstehen.
Gemäss Art. 14bis Abs. 1 VG/SG haben Behördemitglieder und Angestellte, die Geld oder Geldeswert verwahren oder verwalten, zur Deckung von Schadenersatz- und Rückgriffsansprüchen aus dem Verantwortlichkeitsgesetz angemessene Sicherheit zu leisten. Gemäss Art. 14ter Abs. 1 lit. a VG/SG kann die öffentlich-rechtliche Körperschaft oder Anstalt die Sicherheitsleistung insbesondere durch Beitritt zu einer Selbsthilfeorganisation öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten, die vom zuständigen Departement anerkannt ist und seiner Aufsicht untersteht, übernehmen. Der Beschwerdegegner hat die Sicherheitsleistung durch Beitritt zur Beschwerdeführerin übernommen. Die Statuten der Beschwerdeführerin als Selbsthilfeorganisation wurden - in Übereinstimmung mit Art. 3 der Verordnung des Kantons St. Gallen über die Sicherheitsleistung von Behördemitgliedern, Beamten und Angestellten (sGS 161.11) - vom Kanton St. Gallen genehmigt. Gemäss dieser Statuten steht die Beschwerdeführerin nur Mitgliedern offen, die - wenn sie nicht ohnehin öffentlich-rechtlich verfasst sind - überwiegend öffentliche Aufgaben erfüllen. Gleichzeitig beruft sie sich jedoch in Art. 1 ihrer Statuten ausschliesslich auf die privatrechtlichen Normen des OR (Art. 828 ff. OR), insbesondere ohne darauf hinzuweisen, sie sei eine öffentlichrechtliche Genossenschaft im Sinne von Art. 829 OR. Der statutarische Zweck der Genossenschaft besteht in der Erbringung von Sicherheitsleistungen nach Massgabe der kantonalen Gesetzgebung, also in der Absicherung rein finanzieller Risiken der Genossenschaftsmitglieder, die sich aus der Amtsausübung ihrer Organe oder Angestellten ergeben.
Wie diese Indizien (vgl. dazu FORSTMOSER, in Berner Kommentar, Das Obligationenrecht, Bd. VII, Die Genossenschaft, Systematischer Teil und Art. 828-838 OR, N 23 zu Art. 829 OR) in Anwendung der für die Abgrenzung von Privat- und öffentlichem Recht entwickelten Methoden (vgl. BGE 138 I 274 E. 1.2) zu würdigen sind, kann vorliegend offenbleiben. Da sowohl die Voraussetzungen der Beschwerde in Zivilsachen wie auch der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erfüllt sind, ist nicht darüber zu entscheiden, ob die vorliegende Streitsache öffentliches Recht oder Privatrecht beschlägt (vgl. BGE 138 I 167 E. 1.1; 133 I 300 E. 1.2). Die Beschwerde ist folglich - unter Vorbehalt einer hinreichenden Begründung (Art. 42 Abs. 2, 106 Abs. 2 BGG) - zulässig.
2.
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; vgl. dazu BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116, 137 III 580 E. 1.3; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen). Die Beschwerde ist dabei hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten. Unerlässlich ist im Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 BGG, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (vgl. BGE 140 III 86 E.2, 115 E. 2 S. 116). Die Begründung hat ferner in der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen (BGE 143 II 283 E. 1.2.3, 133 II 396 E. 3.2 S. 400 mit Hinweisen). Beruht der angefochtene Entscheid auf mehreren selbständigen Alternativbegründungen, so ist für jede einzelne darzutun, weshalb sie Recht verletzt (BGE 136 III 534 E. 2.2 S. 535 f.; 133 IV 119 E. 6.3 S. 120 f.; vgl. auch BGE 132 III 555 E. 3.2 S. 560).
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 16 E. 1.3.1, 135 III 397 E. 1.5). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern die gerügten Feststellungen offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (vgl. BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen.) Soweit die Beschwerdeführerin den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2 S. 90).
2.3. Die Beschwerdeführerin verfehlt in ihrer Rechtsschrift diese Anforderungen weitgehend. So kann auf ihre Beschwerde nicht eingetreten werden, soweit sie ihre Rügen auf einen Sachverhalt stützt, der von den Feststellungen der Vorinstanz abweicht, ohne dass sie diese Feststellungen gehörig rügt. Soweit die Beschwerdeführerin sodann in ihrer Rechtsschrift kritisiert, die Vorinstanz habe den Sachverhalt willkürlich festgestellt und ihr das rechtliche Gehör verweigert, indem sie die grobfahrlässige Umsetzung des "Vier-Augen-Prinzips" verneint habe, geht die Beschwerde ins Leere. Denn die Vorinstanz hat die Frage letztlich offen gelassen, ob die Umsetzung des "Vier-Augen-Prinzips" mangelhaft erfolgte. Sie hat vielmehr verneint, dass bei korrekter Kontrolle nach dem "Vier-Augen-Prinzip" das betrügerische Vorgehen des Angestellten des Beschwerdegegners hätte entdeckt werden können. Inwiefern unter diesen Umständen die Rügen der Beschwerdeführerin in Bezug auf die grobfahrlässige Umsetzung des "Vier-Augen-Prinzips" den Ausgang des Verfahrens zu beeinflussen vermöchten (Art. 97 BGG), ist der Beschwerde nicht zu entnehmen. Auf die Beschwerde kann grundsätzlich nur insoweit eingetreten werden, als die Beschwerdeführerin die Verneinung des Kausalzusammenhangs rügt.
3.
Die Vorinstanz hat verneint, dass der Beschwerdegegner seine Schädigung durch mangelhafte Kontrollmassnahmen grobfahrlässig ermöglicht hat. Sie hat dabei angenommen, dass der Schaden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in jedem Fall auch entstanden wäre, wenn der Vorgesetzte des Angestellten die ihm vorgelegten Meldezettel und Belege gehörig kontrolliert hätte. Sie ist dabei davon ausgegangen, dass die von der Finanzkontrolle des Beschwerdegegners im massgebenden Zeitpunkt verlangten Kontrollen so durchgeführt werden mussten, dass eine Originalrechnung von zwei Personen systematisch überprüft wurde (Vieraugenprinzip) und für Zahlungseingabe und Zahlungsfreigabe zwei verschiedene Personen zuständig waren (Funktionentrennung).
3.1. Die Beschwerdeführerin bringt nicht vor, damit seien die Anforderungen an gehörige Kontrollmassnahmen unzutreffend definiert worden und die vom Beschwerdegegner durch seine Finanzkontrolle aufgestellten internen Massnahmen seien als solche unzureichend gewesen. Sie beruft sich im Gegenteil selbst auf die Anforderungen, welche die Finanzkontrolle des Beschwerdegegners aufgestellt hatte und behauptet, diese seien im betroffenen Amt nicht gehörig umgesetzt worden. Sie kritisiert zwar die Ansicht der Vorinstanz, dass es angesichts der vorhandenen Risiken unter Berücksichtigung einer Kosten-Nutzen-Analyse zu weit führen würde, wenn zwei Personen stets dieselbe Arbeit machen müssten, um sich gegenseitig zu überwachen. Sie legt jedoch nicht dar, inwiefern die Vorinstanz Recht verletzt haben könnte, wenn sie für die Kontrolle nach dem "Vieraugenprinzip" als hinreichend anerkannte, dass eine zweite Person systematisch die Belege zu den Zahlungen kontrollierte.
3.2. Die Vorinstanz hat verneint, dass die Anzeichen, welche für die Erkennbarkeit der Fälschung angeblich bestanden, zur Aufdeckung des Betrugs führen konnten. Da der Angestellte für die Erstellung der gefälschten Meldeliste die offiziellen Formulare verwendete, sind nach den Feststellungen im angefochtenen Entscheid die Fälschungen aufgrund des äusseren Erscheinungsbildes nicht erkennbar gewesen. Nach den Feststellungen der Vorinstanz wiesen die vom Angestellten verwendeten Schulnamen sodann eine grosse Ähnlichkeit zu bestehenden oder vormaligen Berufsschulen auf und auch die Konten für die entsprechenden Schulen lauteten auf übliche Abkürzungen und waren unverdächtig. Für jede Buchung sei ein plausibler Beleg vorhanden gewesen, die Höhe der einzelnen Schulbeiträge sei unverdächtig gewesen und da den gefälschten Meldungen Wohnsitz-Bestätigungen der Schüler beilagen, bestand kein Anlass für eine Nachfrage. Der Gebrauch von Amtsstempeln unter Behörden sei seit Jahren nicht mehr gebräuchlich und würde ohnehin erst bei der Kontrolle angebracht. Die gefälschten Meldelisten hätten gleich ausgesehen wie die echten, die fehlende Unterschrift auf gewissen Meldezetteln sei nicht aufgefallen, weil der Eindruck erweckt worden sei, sie beträfen dieselben Schüler für verschiedene Semester und gehörten daher zusammen.
3.3. Die Beschwerdeführerin hält daran fest, die vom Angestellten gefälschten Belege seien schon bei bloss formeller Prüfung derart mangelhaft und unvollständig gewesen, dass einer zweiten, unabhängigen Person unweigerlich Zweifel über deren Echtheit aufgekommen wären. So habe auf den gefälschten Belegen durchgehend ein Originalstempel der Schule gefehlt, diese seien häufig nicht von der Schulleitung unterzeichnet gewesen und einzelne Belege seien gar als "Muster" bezeichnet. Die Feststellung der Vorinstanz zum Erscheinungsbild sei deshalb "nachweislich falsch". Sie wendet sich gegen die Feststellung, wonach nicht unterzeichnete Meldezettel im Zusammenhang ständen mit unterzeichneten und bringt vor, dass jeweils die erste, nicht die letzte Seite unterzeichnet gewesen sei. Hinzu komme, dass auf den gefälschten Belegen ungültige Telefonnummern angegeben seien und die frei erfundene Schulleiterin nicht existiert habe, die Daten der Meldelistenerstellung teilweise auf das Wochenende gefallen seien; bei materieller Prüfung z.B. durch eine einfache Google-Suche wäre nach den Vorbringen der Beschwerdeführerin sofort aufgefallen, dass weder die fiktive Weiterbildungsinstitution noch deren fiktive Schulleiterin existierten. Die von ihr im kantonalen Verfahren geltend gemachten formellen und materiellen Mängel seien von der Vorinstanz zu Unrecht für sich alleine und isoliert gewürdigt worden, während aufgrund der Vielzahl der Unstimmigkeiten auf den gefälschten Meldezetteln genügend Anhaltspunkte für Nachforschungen und Rückfragen an den Angestellten vorgelegen hätten.
3.4. Die weitgehend appellatorische Kritik der Beschwerdeführerin genügt den Anforderungen nicht, welche an Sachverhaltsrügen gestellt werden. So weist die Beschwerdeführerin nicht mit Aktenhinweisen nach, dass sie Unstimmigkeiten der gefälschten Meldezettel schon vor Vorinstanz prozesskonform behauptet hatte (vgl. oben E. 2.2). Soweit die Beschwerdeführerin sodann kritisiert, die Vorinstanz habe die unzähligen Mängel der gefälschten Meldezettel je einzeln gewürdigt, statt diese in ihrer Gesamtheit zu beurteilen, bezieht sie sich nicht auf die im angefochtenen Entscheid festgestellten Mängel, sondern auf die von ihr behaupteten. Eine willkürliche Beweiswürdigung rügt sie nicht und vermag sie mit ihrer appellatorischen Kritik nicht auszuweisen. Die Beschwerdeführerin wendet denn auch gegen die Feststellung im angefochtenen Entscheid nichts ein, wonach sie im kantonalen Verfahren konkret keine Massnahme benannt hat, welche dem Beschwerdegegner bzw. dessen für die Kontrolle zuständigen Angestellten bei der Kontrolle der Meldezettel im sog. Vier-Augen-Prinzip erlaubt hätte, den Betrug aufzudecken. Unverständlich ist schliesslich der Einwand der Beschwerdeführerin, sie selbst habe nicht über echte Meldezettel verfügt und daher diese nicht mit den gefälschten vergleichen können. Es ist weder im angefochtenen Entscheid festgestellt noch behauptet, dass die für die Grobfahrlässigkeit des Beschwerdegegners beweispflichtige Beschwerdeführerin ein entsprechendes Editionsbegehren gestellt hätte.
3.5. Die Beschwerdeführerin hält sodann daran fest, dass bei einer gehörigen Trennung der Funktionen im EDV-System dem Angestellten nicht möglich gewesen wäre, Stammdaten von fingierten Schulen und deren Kontoverbindungen zu erfassen. Er hätte vielmehr nach den Vorbringen in der Beschwerde bei gehöriger Organisation neue Weiterbildungsinstitutionen und neue Kontoverbindungen gegenüber einer anderen, verlässlichen Person rechtfertigen müssen. Die Beschwerdeführerin bezieht sich für diese nach ihrer Behauptung gesetzlich vorgeschriebenen Funktionentrennung darauf, dass diese von der IKS und der Finanzkontrolle schon im Jahre 2004 gefordert worden sei.
Im angefochtenen Entscheid hat die Vorinstanz die Ausführungen des Beschwerdegegners zitiert, wonach das "SAP-Berechtigungssystem" im Jahr 2004 auf das Vier-Augen-Prinzip und die Trennung der Funktionen "Buchen" und "Zahlungen freigeben" umgestellt worden sei, ohne dass ein weiteres Delinquieren des Angestellten verhindert werden konnte. Die Wurzel des Übels sei die problemlose Kontoeröffnung gewesen, habe doch der Angestellte ein Postkonto lautend auf die gebräuchliche Abkürzung einer real existierenden Schule eröffnen können und sei die Neuaufnahme oder Änderung einer Kontoverbindung von der Buchhaltung nur überprüft worden, wenn ein konkreter Grund dafür bestanden habe. Die Kontoangaben seien übernommen worden, weil diese plausibel und Mutationen an der Tagesordnung gewesen seien. Die Vorinstanz stellt fest, die Beklagte behaupte zwar pauschal, wenn eine personelle Trennung zwischen Erfassung von neuen Kontoverbindungen und Erfassung von Zahlungen bestanden hätte, wäre der Betrug nicht möglich gewesen. Sie habe jedoch nicht substanziiert dargelegt, aufgrund welcher Anhaltspunkte der Buchhaltung beim Erfassen der neuen Kontoverbindung die Fälschungen hätten auffallen müssen.
Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, sie habe vor Vorinstanz entgegen deren Feststellung Indizien angeführt, anhand derer die Buchhaltung Grund zur Überprüfung der Kontoverbindungen hätte haben müssen. Sie bestreitet auch die Bemerkung der Vorinstanz in der Vernehmlassung nicht, dass der Angestellte die Postkontos in den Jahren 1999 und 2003 eröffnete. Inwiefern unter diesen Umständen die Vorinstanz Recht verletzt haben könnte, wenn sie den der Beschwerdeführerin obliegenden Nachweis nicht als erbracht erachtete, dass der Betrug vom Beschwerdegegner grobfahrlässig ermöglicht wurde, ist weder dargetan noch ersichtlich.
4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Da die Parteien vom angefochtenen Entscheid wie Private betroffen sind, handeln sie nicht in ihrem amtlichen Wirkungskreis im Sinne von Art. 66 Abs. 4 und Art. 68 Abs. 3 BGG (GEISER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N 29 zu Art. 66 BGG). Angesichts dessen sind bei diesem Verfahrensausgang die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin zu auferlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat zudem dem anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner für das Verfahren vor Bundesgericht eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist,
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 15'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 17'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. Mai 2019
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Kiss
Der Gerichtsschreiber: Curchod