BGer 5A_845/2018
 
BGer 5A_845/2018 vom 13.03.2019
 
5A_845/2018
 
Verfügung vom 13. März 2019
 
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Escher, als Einzelrichterin,
Gerichtsschreiber Levante.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Raphael M. Schmid,
Beschwerdeführer,
gegen
Bezirksgericht Bülach.
Gegenstand
Provisorische Nachlassstundung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 3. September 2018 (PS180131).
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Am 9. Juli 2018 beantragte A.________ beim Bezirksgericht Bülach, es sei ihm als Schuldner die provisorische Nachlassstundung für vier Monate zu bewilligen und sein Rechtsvertreter als provisorischer Sachwalter einzusetzen. Dieses Begehren wies das Bezirksgericht als Nachlassgericht mit Urteil vom 11. Juli 2018 ab. Zur Begründung hielt es im Wesentlichen fest, dass der Gesuchsteller nach eigenen Angaben seinen Wohnsitz in der Schweiz aufgeben und nach Ungarn wegziehen wolle, auch wenn der genaue Zeitpunkt noch nicht bekannt sei. Damit sei die Voraussetzung, dass ein Wohnsitz des Gesuchstellers während des gesamten Nachlassverfahrens vorliege, nicht erfüllt.
1.2. Hiergegen erhob A.________ Beschwerde, welche das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 3. September 2018 abwies.
1.3. Gegen das obergerichtliche Urteil hat A.________ mit Eingabe vom 9. Oktober 2018 beim Bundesgericht "Verfassungsbeschwerde, evt. Beschwerde in Zivilsachen" erhoben. Der Beschwerdeführer beantragt im Wesentlichen die Gewährung der provisorischen Nachlassstundung und die amtswegige Ernennung eines Sachwalters. Weiter ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.
Das Obergericht und das Bezirksgericht haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
1.4. Das Bezirksgericht hat dem Bundesgericht die Verfügung vom 19. Dezember 2018 (Eingang 20. Dezember 2018) mitgeteilt, mit welcher A.________ die provisorische Nachlassstundung bis zum 28. Februar 2019 gewährt und als provisorischer Sachwalter Dr. B.________ bestellt wird.
Der Beschwerdeführer hat hierzu auf Einladung des Bundesgerichts hin Stellung genommen. In seiner Eingabe vom 1. Februar 2019 hält er an seiner Beschwerde bzw. den Rechtsbegehren gegen das obergerichtliche Urteil fest.
Das Bezirksgericht hat sich hierzu nicht vernehmen lassen und dem Bundesgericht die am 19. Februar 2019 angeordnete Verlängerung der provisorischen Nachlassstundung bis zum 28. März 2019 mitgeteilt. Mit unaufgeforderter Eingabe vom 12. März 2019 teilt der Beschwerdeführer den vom Sachwalter den Gläubigern vorgeschlagenen Nachlassvertrag mit.
 
2.
2.1. Das Obergericht hat erwogen, dass eine Fixierung der Zuständigkeit (am Nachlassort) im Fall, dass das Nachlassverfahren auf Gesuch des Schuldners oder Gläubigers eingeleitet werde, dadurch eintrete, dass das Nachlassgericht dem Schuldner eine der Konkursandrohung "funktional entsprechende Mitteilung" mache (Aufforderung zu einer möglichen Konkurseröffnung bzw. Konkurseröffnung bei Spruchreife) oder dem Schuldner die Einleitung des Bestätigungsverfahrens (Überweisung der Akten durch den Sachwalter an das Nachlassgerichts) zur Kenntnis gebracht werde. Dabei hat es auf die abweichende Ansicht in der Lehre (HUNKELER/WOHL, in: Schulthess Kommentar SchKG, 2017, N. 3 zu Art. 306) hingewiesen.
Im konkreten Fall sei eine derartige Mitteilung nicht erfolgt und demzufolge eine  perpetuatio fori noch nicht eingetreten. Infolge des unmittelbar feststehenden Wegzugs des Schuldners ins Ausland (per August 2018) könne das Nachlassverfahren ohnehin nicht zu Ende geführt werden und wäre eine Sanierung (i.e.S.) in der verbleibenden Zeit nicht möglich, weshalb die Erstinstanz zu Recht das Nachlassgesuch abgewiesen und den Konkurs ausnahmsweise nicht eröffnet habe.
Im Fall, dass der Beschwerdeführer nicht ins Ausland wegziehe, könne er immerhin - auf neuer, veränderter Tatsachengrundlage - ein neues Gesuch um Nachlassstundung stellen.
2.2. Mit Verfügung vom 19. Dezember 2018 hat das Bezirksgericht die - wie vom Beschwerdeführer vor Bundesgericht anbegehrte - provisorische Nachlassstundung angeordnet und einen Sachwalter bestellt. Der Verfügung lässt sich nichts zu einem Wegzug des Beschwerdeführers oder zur Zuständigkeitsfrage entnehmen; im Rubrum erscheint der Beschwerdeführer mit Adresse in der Schweiz. Laut Verfügung vom 19. Dezember 2018 stützt sich die vom Bezirksgericht gewährte Nachlassstundung und Bestellung eines Sachwalters auf die Eingabe vom 3. Dezember 2018 mit Ergänzungen und weiteren Beilagen. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 1. Februar 2019 ausführt, die "glaubhafte Darlegung der Verschiebung der Auswanderung" wäre bereits früher möglich gewesen, scheint er selber infolge veränderter Umstände an das Nachlassgericht gelangt zu sein. Der Beschwerdeführer hält jedenfalls weiter fest, dass nach Gewährung der provisorischen Nachlassstundung durch das Bezirksgericht "kein Prozessgegenstand mehr bestehe" bzw. "bezüglich der Eröffnung der Nachlassstundung mittlerweile Gegenstandslosigkeit vorliegen dürfte". Mit Blick auf die konkret eingetretene Sachlage ist ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse an der Streitsache zu verneinen und das bundesgerichtliche Verfahren infolge Gegenstandslosigkeit abzuschreiben (Art. 32 Abs. 2 BGG; Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP).
2.3. Erklärt das Bundesgericht einen Rechtsstreit als erledigt, entscheidet es mit summarischer Begründung über die Prozesskosten aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP). Bei der Beurteilung der Kosten- und Entschädigungsfolgen ist somit in erster Linie auf den mutmasslichen Ausgang des Prozesses abzustellen (BGE 125 V 373 E. 2a). Dabei geht es nicht darum, die Prozessaussichten im Einzelnen zu prüfen und dadurch weitere Umtriebe zu verursachen; ebenso wenig soll auf dem Weg über den Kostenentscheid ein materielles Urteil gefällt und unter Umständen der Entscheid in einer heiklen Rechtsfrage präjudiziert werden (u.a. Verfügung 2C_201/2008 vom 14. Juli 2008 E. 2.3).
2.4. Die Vorinstanz hat festgehalten, dass die internationale Zuständigkeit zur Eröffnung eines Sanierungsverfahrens nicht ausdrücklich geregelt ist; sie hat sich von den internen örtlichen Zuständigkeitsregeln leiten lassen (u.a. SCHNYDER, Internationales Insolvenzrecht [...], in: Gottwald (Hrsg.), Aktuelle Entwicklungen des europäischen und internationalen Zivilverfahrensrechts, 2002, S. 405). Eine Erörterung der Auffassung, welche das Obergericht im Fall der Verlegung des Wohnsitzes des Schuldners während der Nachlassstundung ins Ausland entwickelt hat, sowie der fehlenden 
2.5. Der mutmassliche Ausgang des Verfahrens lässt sich im konkreten Fall nicht ohne weiteres feststellen. Es rechtfertigt sich, von der Erhebung von Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren abzusehen und dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren (Art. 64 Abs. 1 bis 3, Art. 66 Abs. 1 BGG). Über eine Parteientschädigung ist nicht zu befinden.
 
Demnach verfügt die Einzelrichterin:
1. Das Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben.
2. Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.
3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4. Rechtsanwalt Raphael M. Schmid wird als unentgeltlicher Anwalt des Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'000.-- ausgerichtet.
5. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirksgericht Bülach und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. März 2019
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Einzelrichterin: Escher
Der Gerichtsschreiber: Levante