BGer 2C_18/2019
 
BGer 2C_18/2019 vom 09.01.2019
 
2C_18/2019
 
Urteil vom 9. Januar 2019
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Gerichtsschreiber Feller.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Advokatin Verena Gessler,
gegen
Staatssekretariat für Migration.
Gegenstand
Zustimmung zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung / Wiedererwägung,
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung VI, vom 16. November 2018 (F-5140/2018).
 
Erwägungen:
 
1.
A.________, 1968 geborene Staatsangehörige von Kosovo, reiste am 19. Dezember 2004 im Familiennachzug zu ihrem 14 Jahre jüngeren Ehemann, einem hier niedergelassenen Landsmann, den sie kurz zuvor im Kosovo geheiratet hatte, hierzulande ein. Gestützt auf die Ehe erhielt sie im Kanton Waadt eine Aufenthaltsbewilligung. Am 30. Januar 2008 wurde die Ehe in Kosovo geschieden. Der Kanton Basel-Stadt, wo sie seit 2005 (zunächst unangemeldet) einer Erwerbstätigkeit nachging, entsprach einem Gesuch vom 15. Mai 2008 um Kantonswechsel und verlängerte die Aufenthaltsbewilligung einmal bis zum 31. Dezember 2009.
Am 19. Januar 2010 verweigerte das Bundesamt für Migration (heute: Staatssekretariat für Migration, SEM) die Zustimmung zu einer weiteren Bewilligungsverlängerung, was das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht mit Urteil 2C_658/2011 vom 20. Januar 2012 bestätigten. Dabei wurde erkannt, dass die Voraussetzungen für ein Weiterbestehen des Bewilligungsanspruchs gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a oder lit. b und Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (ab 1. Januar 2019 Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration [Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG; SR 142.20]) nicht erfüllt waren; weder hatte die Ehegemeinschaft drei Jahre gedauert, noch waren die Kriterien für einen nachehelichen Härtefall erfüllt. Der mit der Bewilligungsverweigerung verbundenen Wegweisung leistete die Betroffene keine Folge. Am 7. Juni 2012 stellte sie ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG, worauf das Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt das SEM zur Wiedererwägung seiner Verfügung vom 19. Januar 2010 einlud. Letzteres trat mit Verfügung vom 19. Juli 2013 auf das Begehren nicht ein bzw. wies es ab, dies mangels qualifizierter Wiedererwägungsgründe. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit unangefochten gebliebenem Urteil vom 1. September 2014 ab. Nach weiteren Interventionen von A.________ bzw. des Ombudsmannes des Kantons Basel-Stadt beantragte das Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt für sie die vorläufige Aufnahme. Das SEM nahm die Sache als Wiedererwägungsgesuch entgegen und trat darauf nicht ein, was das Bundesverwaltungsgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 13. Februar 2018 bestätigte. Am 11. Mai 2018 schliesslich ersuchte die Betroffene das kantonale Migrationsamt um Erteilung einer Härtefallbewilligung nach Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG. Das Migrationsamt war bereit, dem Gesuch zu entsprechen, und unterbreitete die Sache dem SEM zur Zustimmung. Dieses behandelte die Sache als weiteres Wiedererwägungsgesuch in Bezug auf seine Verfügung vom 19. Januar 2010 und trat darauf nicht ein. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 16. November 2018 ab, soweit es darauf eintrat. Es bestätigte die Auffassung des SEM, dass die beantragte Regelung des Aufenthalts unter dem Aspekt von Wiedererwägungsgründen zu prüfen war und dass diesbezüglich erforderliche erhebliche Änderungen seit dem (massgeblichen) Zeitpunkt seines letzten rechtskräftigen Urteils (13. Februar 2018) nicht eingetreten seien.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 6. Januar (Postaufgabe 7. Januar) 2019 beantragt A.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei "insbesondere auch wegen Verletzung von Art. 8 EMRK" aufzuheben und die Beschwerde sei vollumfänglich gutzuheissen: Das SEM sei anzuweisen, auf das Gesuch des Kantons Basel-Stadt vom 1. Juni 2018 einzutreten und die Zustimmung zu erteilen.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden.
Mit dem vorliegenden instanzabschliessenden Urteil wird das Gesuch um eine prozessleitende Massnahme (Gewährung des prozeduralen Aufenthalts) gegenstandslos.
 
2.
2.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit bzw. die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gemäss Art. 29 Abs. 1 BGG von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 138 I 475 E. 1 S. 476; 138 III 46 E. 1, 471 E. 1 S. 475; 137 III 417 E. 1). Ist jedoch die Zulässigkeit eines Rechtsmittels zweifelhaft, beschlägt die der Beschwerde führenden Partei obliegende Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG grundsätzlich auch die Eintretensvoraussetzungen; die für deren Vorliegen massgeblichen Aspekte müssen diesfalls aufgezeigt werden (vgl. BGE 134 II 45 E. 2.2.3 S. 48; 133 II 249 E. 1.1 S. 251, 353 E. 1 S. 356, 400 E. 2 S. 404; s. auch BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47). Hängt die Zulässigkeit des Rechtsmittels vom Bestehen eines Rechtsanspruchs ab, ist ein potenzieller Anspruch in vertretbarer Weise geltend zu machen (BGE 139 I 330 E. 1.1 S. 332; 136 II 177 E. 1.1 S. 179; s. etwa auch Urteil 2C_133/2016 vom 9. Februar 2016 E. 2.2 mit weiteren Hinweisen).
2.2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. Nach dem Grundsatz der Einheit des Prozesses (vgl. BGE 138 II 501 E. 1.1 S. 503; 134 V 138 E. 3 S. 144; 134 II 192 E. 1.3 S. 195; 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.) ist sie, wenn sie gegen Sachentscheide unzulässig ist, auch ausgeschlossen gegen Entscheide verfahrensrechtlicher Natur (Nichteintretensentscheide oder Entscheide, die solche zum Gegenstand haben).
An einer bundesgesetzlichen Anspruchsnorm fehlt es vorliegend. Namentlich ergibt sich aus Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG, worauf sich das vorläufig letzte der Gesuche der Beschwerdeführerin stützt, kein Bewilligungsanspruch (BGE 137 II 345 E. 3.2.1 S. 348 e contrario). Einen Anspruch verschafft vorliegend auch nicht Art. 50 AIG: Dass kein nachehelicher Bewilligungstatbestand gegeben ist, ist im bundesgerichtlichen Urteil 2C_658/2011 vom 20. Januar 2012 abschliessend erkannt worden. (Behauptete) nachträgliche Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse vermöchten die Beurteilung der ausländerrechtlichen Folgen der Auflösung der Ehegemeinschaft nicht mehr zu beeinflussen. Ohnehin beruft sich die Beschwerdeführerin nicht anspruchsbegründend auf Art. 50 AIG.
2.3. Die Beschwerdeführerin nennt als einzige Anspruchsgrundlage Art. 8 EMRK, soweit dieser das Recht auf Achtung des Privatlebens gewährleistet. Um daraus einen Anspruch auf Bewilligungserteilung ableiten zu können, bedürfte es nach bisheriger Rechtsprechung besonders vertiefter, über eine normale Integration hinausgehender Bindungen gesellschaftlicher oder beruflicher Natur bzw. vertiefter sozialer Beziehungen zum ausserfamiliären bzw. ausserhäuslichen Bereich; in der Regel genügen hierfür eine lange Anwesenheit und die damit verbundenen Beziehungen noch nicht; erforderlich ist eine eigentliche Verwurzelung in die hiesigen Verhältnisse (BGE 130 II 281 E. 3.2 S. 286). Das Bundesgericht hat diese Rechtsprechung kürzlich umfassend dargestellt und präzisiert (Urteil 2C_105/2017 vom 8. Mai 2018, zur Publikation bestimmt, E. 3.5 - 3.9). Eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens kann die behördlich angeordnete Beendigung des Aufenthalts im Land dann darstellen, wenn sich eine Person rechtmässig während zehn Jahren hier aufgehalten hat, weil nach dieser Zeitspanne regelmässig eine gute Integration vorausgesetzt werden kann. Längere Landesanwesenheit ist mithin unter Umständen geeignet, unter dem Aspekt von Art. 8 EMRK einen den Weg zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten öffnenden Bewilligungsanspruch zu begründen, weil es dann zur Beendigung des Aufenthalts besonderer Gründe bedarf, was im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen ist (Urteil 2C_105/2017 E. 3.8 und 3.9). Voraussetzung für die Zulassung des Rechtsmittels ist indessen, dass sich die Frage eines Eingriffs in Art. 8 EMRK prima vista überhaupt stellen kann. Dies trifft nicht schon grundsätzlich bei einer Aufenthaltsdauer von zehn Jahren zu. Erforderlich ist vor allem, dass der Aufenthalt rechtmässig war, um überhaupt integrationsbegründend zu sein (Urteil 2C_105/2017 vom 8. Mai 2018 E. 3.9 letzter Absatz).
Die Beschwerdeführerin reiste Ende 2004 in die Schweiz ein. Sie erhielt eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei ihrem Ehemann, wobei diese Bewilligungsbedingung, wie sich im Nachhinein herausstellte, während weniger als drei Jahren eingehalten wurde. Eine letzte Bewilligungsverlängerung wurde bis Ende 2009 erwirkt, wobei die anfangs 2008 erfolge Scheidung den Behörden zunächst nicht bekannt war. Seit anfangs 2010 hält sich die Beschwerdeführerin bewilligungslos in der Schweiz auf, wobei die Bewilligungsverweigerung mit dem bundesgerichtlichen Urteil 2C_658/2011 vom 20. Januar 2012 definitiv wurde. In der Folge wurde zusätzlich zweimal darüber befunden, dass die Beschwerdeführerin keine Bewilligung beanspruchen könne und ausreisen müsse. Obschon auch diese Entscheidungen in Rechtskraft erwuchsen, traf die Beschwerdeführerin keine Anstalten, der Ausreiseaufforderung Folge zu leisten; vielmehr stellte sie kurz nach Eröffnung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Februar 2018 ein weiteres Gesuch um Bewilligungserteilung. Seit anfangs 2010 beruht die Anwesenheit der Beschwerdeführerin ausschliesslich auf - erfolglosen - Gesuchen um Neuregelung ihrer ausländerrechtlichen Situation, wobei die Anwesenheit (und das auch nur zeitweise) auf prekärer rein prozessualer Grundlage beruhte. Darauf lässt sich keine hinreichende, den Anspruch auf ausländerrechtliche Bewilligung nach Art. 8 EMRK begründende Integration, die der Beschwerdeführerin etwa in wirtschaftlicher Hinsicht schon aufgrund ihrer Sachverhaltsschilderungen in der Beschwerdeschrift fehlt, stützen.
2.4. Die Beschwerde erweist sich als nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG offensichtlich unzulässig (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG); es ist darauf mit Entscheid des Abteilungspräsidenten im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten.
2.5. Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung kann angesichts der Aussichtslosigkeit der Beschwerde nicht entsprochen werden (Art. 64 BGG).
Damit sind die bundesgerichtlichen Kosten (Art. 65 BGG) der Beschwerdeführerin als unterliegende Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG).
 
 Demnach erkennt der Präsident:
 
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung VI, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 9. Januar 2019
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Seiler
Der Gerichtsschreiber: Feller