BGer 4A_568/2016
 
BGer 4A_568/2016 vom 10.11.2016
{T 0/2}
4A_568/2016
 
Urteil vom 10. November 2016
 
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiberin Reitze-Page.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokat Dr. Yves Waldmann,
Beschwerdeführerin,
gegen
Appellationsgericht Basel-Stadt,
Beschwerdegegner
B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Boris Grell,
C.________,
vertreten durch Advokat Johannes Vontobel.
Gegenstand
unentgeltliche Rechtspflege,
Beschwerde gegen die Verfügung des Präsidenten
des Appellationsgerichts Basel-Stadt,
vom 2. September 2016.
 
Sachverhalt:
 
A.
A.a. A.________ (Klägerin, Beschwerdeführerin) schloss am 27. Februar 2013 mit der damaligen Eigentümerin C.________ (Streitberufene) einen Mietvertrag betreffend eine 3,5-Zimmerwohnung im 1. OG der Liegenschaft an der Strasse U.________ in V.________. Gemäss Mietvertrag wurde das Verhältnis für eine befristete Dauer vom 1. Juni 2013 bis 30. September 2013 geschlossen.
Die Klägerin blieb mit dem Einverständnis der Streitberufenen auch nach dem 30. September 2013 im Mietobjekt.
A.b. Mit Kaufvertrag vom 13. Februar 2014 veräusserte die Streitberufene die Liegenschaft an die B.________ AG (Beklagte). Der Eigentumsübergang erfolgte per 28. Februar 2014.
Zwischen den Parteien ist umstritten, ob das Mietverhältnis auf die Beklagte übergegangen ist oder ob es spätestens am 27. Februar 2014 geendet hat.
 
B.
B.a. Am 24. September 2014 reichte die Klägerin beim Zivilgericht Basel-Stadt Klage gegen die Beklagte ein und beantragte insbesondere, die Beklagte sei zu verurteilen, ihr weiterhin Zugang zum Mietobjekt zu verschaffen, den Mietzins bis zum ungehinderten Bezug der Wohnung auf Null zu reduzieren, ihr die Gegenstände gemäss beiliegender Excel-Liste herauszugeben, eventualiter sie zur ersatzweisen Zahlung von Fr. Fr. 99'934.85 nebst Zins zu verpflichten.
Mit Entscheid vom 9. März 2016 wies das Zivilgericht Basel-Stadt die Klage ab, soweit es darauf eintrat und stellte fest, dass zwischen den Parteien kein Mietverhältnis besteht.
B.b. Gegen diesen Entscheid reichte die Klägerin beim Appellationsgericht Basel-Stadt Berufung ein und beantragte gleichzeitig die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Berufungsverfahren.
Mit Verfügung vom 2. September 2016 wies der Präsident des Appellationsgerichts Basel-Stadt das Gesuch der Klägerin um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Berufungsverfahren infolge Aussichtslosigkeit ab (Ziffer 2) und verpflichtete sie zur Leistung eines Kostenvorschusses in der Höhe von Fr. 6'500.-- (Ziffer 3) sowie einer Sicherheit für die Vertretungskosten der Beklagten in der Höhe von Fr. 7'000.-- und von Fr. 1'750.-- für die Vertretungskosten der Streitberufenen (Ziffer 4).
 
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Klägerin dem Bundesgericht, es seien die Ziffern 2, 3 und 4 der Verfügung des Appellationsgerichtes Basel-Stadt vom 2. September 2016 aufzuheben und es sei ihr für das Berufungsverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Eventualiter sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege nur teilweise zu gewähren. Gleichzeitig ersucht die Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.
Auf die Einholung einer Vernehmlassung wurde verzichtet.
 
Erwägungen:
 
1.
Angefochten ist ein Zwischenentscheid, mit dem die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wurde. Ein solcher Zwischenentscheid kann einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken (BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131). Nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens sind Zwischenentscheide mit dem in der Hauptsache zulässigen Rechtsmittel anzufechten (BGE 134 V 138 E. 3 S. 144). Da der Streitwert in der Hauptsache das erforderliche Streitwerterfordernis übersteigt, ist die Beschwerde in Zivilsachen, deren weitere Sachurteilsvoraussetzungen ebenfalls erfüllt sind, zulässig.
 
2.
Nach Art. 117 ZPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die für die Prozessführung erforderlichen Mittel verfügt (lit. a) und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (lit. b). Die vom Bundesgericht zum Begriff der Aussichtslosigkeit gemäss Art. 29 Abs. 3 BV entwickelte Praxis ist auch für die Auslegung von Art. 117 lit. b ZPO zu berücksichtigen (BGE 138 III 217 E. 2.2.4 S. 218). Als aussichtslos sind demnach Begehren anzusehen, bei welchen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich aufgrund einer vorläufigen und summarischen Prüfung der Prozessaussichten, wobei die Verhältnisse im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs massgebend sind (BGE 138 III 217 E. 2.2.4 S. 218 mit Hinweisen).
 
3.
3.1. Das Zivilgericht kam nach eingehender Prüfung der vorgebrachten Beweismittel zum Schluss, dass spätestens per Ende Februar 2014 zwischen der Beschwerdeführerin und der Streitberufenen kein Mietverhältnis mehr bestanden habe und folglich ein solches auch nicht auf die Beklagte habe übergehen können. Im Herbst 2013 sei mündlich vereinbart worden, dass die Beschwerdeführerin längstens bis zum Verkauf, allenfalls bis zum Beginn der Renovationsarbeiten durch die Streitberufene im Mietobjekt bleiben könne. Die Parteien hätten damit eine konkrete Vereinbarung über die Verlängerung des Mietverhältnisses getroffen und dieses sei somit nicht stillschweigend im Sinne von Art. 266 Abs. 2 OR fortgesetzt worden. Darüber hinaus sei erstellt, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt, als das Datum der Eigentumsübertragung festgestanden habe, zugesichert habe, dass sie die Liegenschaft im Zeitpunkt des Verkaufs verlassen werde; damit sei eine Aufhebungsvereinbarung geschlossen worden. Der mündliche Abschluss einer befristeten Verlängerung und einer Aufhebungsvereinbarung würden von der Streitberufenen und dem Zeugen D.________ bestätigt. Dem stünden nur die Behauptungen der Beschwerdeführerin entgegen, wonach eine stillschweigende Fortsetzung stattgefunden haben soll. Das Zivilgericht erachtete jedoch die Aussagen der Beschwerdeführerin als nicht glaubhaft, da diese verschiedentlich widersprüchliche Angaben gemacht habe.
So wies das Zivilgericht auch die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Schadenersatzforderung in der Höhe von Fr. 94'000.-- aufgrund mangelhafter Substanziierung ab: Die Beschwerdeführerin habe sich in ihrer Rechtsschrift mit einem pauschalen Verweis auf eine Excel-Liste begnügt, welche Gegenstände ihr angeblich - wegen der Räumung der Wohnung durch die Streitberufene bzw. die Beklagte - abhanden gekommen seien. Diese Liste beinhalte jedoch keine Angaben zum Alter, Zustand, Erwerbsart sowie zur Marke der abhanden gekommenen Gegenstände. Eine angemessene gerichtliche Beurteilung der Wertangaben sei somit ausgeschlossen, obwohl es der Beschwerdeführerin ohne weiteres möglich gewesen wäre, diesbezüglich Behauptungen aufzustellen und Zeugen anzurufen.
3.2. Die Vorinstanz erwog in ihrer Verfügung, dass das kantonale Rechtsmittel gestützt auf eine summarische Prüfung als aussichtslos erscheine, weshalb die Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Berufungsverfahren nicht erfüllt seien.
Sie stellte fest, das Zivilgericht habe die Aussagen der Parteien im Rahmen einer Parteibefragung erhoben; die Aussagen, die in einer Parteibefragung gewonnen würden, seien grundsätzlich voll beweistauglich. Die Aussagen der Streitberufenen zur Frage der Verlängerung des Mietvertrages über den 30. September 2013 seien klar und konsistent. Dass die Aussagen der Beschwerdeführerin demgegenüber nicht glaubhaft seien, werde von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung nicht bestritten. Angesichts dessen, erscheine die Annahme des Zivilgerichts korrekt, wonach nachgewiesen sei, dass im Herbst 2013 ausdrücklich eine befristete bzw. bedingte Verlängerung des Mietverhältnisses vereinbart worden sei. In dieser Situation erscheine die Aussicht als gering, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Auffassung durchdringe, wonach der Mietvertrag im Herbst 2013 stillschweigend fortgesetzt worden sei, weshalb offen gelassen werden könne, wie es um den Aufhebungsvertrag stehe.
Im Zusammenhang mit der Schadenersatzforderung stellte die Vorinstanz fest, die von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung neu vorgebrachten Behauptungen seien aufgrund von Art. 317 Abs. 1 ZPO unzulässig. Fehlende Aussichtslosigkeit könne nur in einem deutlich geringeren Umfang angenommen werden, wobei dieser Umfang auf ca. Fr. 5'000.-- zu schätzen sei. Das Schadenersatzbegehren erscheine somit als überwiegend aussichtslos.
3.3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, ihre Berufung hätte nicht von vornherein als aussichtslos bezeichnet werden dürfen, weshalb ihr die unentgeltliche Rechtspflege für das Berufungsverfahren hätte gewährt werden müssen.
3.3.1. Hinsichtlich dem Weiterbestand des Mietverhältnisses bringt sie vor, es habe entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht auf die Parteiaussage der Streitberufenen abgestellt werden dürfen. Es sei geradezu willkürlich, aus dem angeblichen Gespräch zwischen ihr und der Streitberufenen, welches keine Vereinbarung beinhalte und dessen Inhalt und Zeitpunkt nicht geklärt werden konnten, eine rechtsverbindliche Vereinbarung über die Verlängerung des Mietverhältnisses mit Resolutivbedingung als bewiesen zu erachten.
Damit vermag sie jedoch keine Willkür auszuweisen. Wie die Vorinstanz festgehalten hat, sind die Aussagen der Streitberufenen klar und konsistent. Die Streitberufene führte im erstinstanzlichen Verfahren aus: "Ich wollte zunächst renovieren lassen. Ich habe Kostenvoranschläge machen lassen, habe dann gemerkt, dass Renovation zu komplex ist und mein Vermögen übersteigt. Ich habe mich dann, noch bevor alle Mieter raus sind, entschieden, es zu verkaufen. Ich habe den Mietern nichts gesagt. Ausser Frau A.________. Sie hat halt gestürmt und gefragt. Ich habe gesagt, ja, sie könne drin bleiben bis es anfängt, bis es verkauft ist. (...) Sie hat mich gefragt, ob sie bleiben kann. Ich habe gesagt ja, aber nur bis das Haus verkauft sei. Es könne sein, dass sie dann ganz schnell gehen müsse, wenn das Haus verkauft ist. Sie hat gesagt, das sei kein Problem. Sie schaue nach einer Wohnung". Diesen Aussagen kann klar entnommen werden, dass die Streitberufene der Beschwerdeführerin zugestanden hat, nur bis zur Renovation bzw. bis zum Verkauf der Liegenschaft im Mietobjekt zu bleiben. Weshalb angenommen werden sollte, die Streitberufene habe sich dabei nicht klar ausgedrückt, ist nicht nachvollziehbar. Dass die Aussagen der Beschwerdeführerin demgegenüber - wonach sie über den Verkauf der Liegenschaft nicht informiert gewesen sei - nicht glaubhaft erscheinen würden, bestreitet die Beschwerdeführerin auch im bundesgerichtlichen Verfahren nicht; sie begnügt sich vielmehr damit pauschal zu behaupten, im vorinstanzlichen Verfahren nicht anerkannt zu haben, dass ihre eigenen Aussagen unglaubwürdig erscheinen würden. Sie unterlässt es dabei aber vollständig mit genügendem Aktenhinweis aufzuzeigen, wo sie in ihrer Berufungsschrift die zivilgerichtliche Einschätzung rechtsgenüglich bestritten hätte. Schliesslich vermag die Beschwerdeführerin auch mit ihrem weiteren Argument, wonach unklar sei, wann das angebliche Gespräch zwischen ihr und der Streitberufenen stattgefunden habe, nichts zu ihren Gunsten abzuleiten. Sie bringt vor, aufgrund der Aussagen des Zeugen D.________ sowie der Streitberufenen spreche einiges dafür, dass das angebliche Gespräch mit ihr erst im Februar 2014 stattgefunden habe, als bereits nach Art. 266 Abs. 2 OR ein unbefristetes Mietverhältnis zustandegekommen sei. Dabei unterlässt sie aber darzulegen, was sich denn aus diesen Aussagen ergeben sollte bzw. was deren Inhalt war.
3.3.2. In Bezug auf die geltend gemachte Schadenersatzforderung macht die Beschwerdeführerin geltend, aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte sich auf die Excel-Liste mit den abhanden gekommenen Wertgegenständen habe beziehen können, lasse sich mit der Substanziierungslast keine Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens im Berufungsverfahren begründen. Vielmehr hätte die Vorinstanz beachten sollen, dass die Beklagte, selbst wenn das Mietverhältnis Ende Februar 2014 beendet gewesen wäre, eine Aufbewahrungspflicht gehabt habe. Hinzu komme, dass weil die Beklagte ihre Wertgegenstände eigenhändig geräumt habe, sie gar keinen Zugang mehr gehabt habe zu Quittungen und sonstigen Belegen, weshalb sie ihre Liste nicht näher habe substanziieren können.
Mit diesen Vorbringen geht die Beschwerdeführerin an der Sache vorbei. Die Vorinstanz hielt das Schadenersatzbegehren für aussichtslos, weil die Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren neue Tatsachen vorgebracht habe, welche aufgrund von Art. 317 Abs. 1 ZPO unzulässig seien. Die Beschwerdeführerin setzt sich damit mit keinem Wort auseinander. Sie legt weder dar, dass es sich bei ihren Vorbringen in ihrer Berufungsschrift nicht um neue Tatsachen handeln würde, noch, dass die Voraussetzungen für das Vorbringen neuer Tatsachen gemäss Art. 317 Abs. 1 lit. b ZPO erfüllt gewesen wären. Ebenso wenig legt die Beschwerdeführerin dar, dass der nicht aussichtslose Teil ihres Begehrens höher zu werten gewesen wäre, weshalb ihr Schadenersatzbegehren entgegen der Ansicht der Vorinstanz als überwiegend erfolgreich hätte angesehen werden müssen. Eine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid findet nicht statt, weshalb die Rüge unbegründet ist.
3.4. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz keine Verletzung von Bundesrecht begangen, indem sie das Begehren um Feststellung eines unbefristeten Mietverhältnisses als aussichtslos und das Schadenersatzbegehren als überwiegend aussichtslos angesehen hat. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Berufungsverfahren wurde somit ohne Verletzung von Art. 117 ZPO sowie Art. 29 Abs. 3 BV abgewiesen.
 
4.
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet. Sie ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Sie erscheint insgesamt als von Vornherein aussichtslos, weshalb der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor Bundesgericht die unentgeltliche Prozessführung nicht gewährt werden kann (Art. 64 Abs. 1 BGG). Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird sie dafür kostenpflichtig. Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4. Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Appellationsgericht Basel-Stadt, der B.________ AG und C.________ schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 10. November 2016
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Kiss
Die Gerichtsschreiberin: Reitze-Page