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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
8C_335/2016
Urteil vom 23. August 2016
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Berger Götz.
Verfahrensbeteiligte
Unia Arbeitslosenkasse, Weltpoststrasse 20,
3015 Bern,
Beschwerdeführerin,
gegen
A.________,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosenentschädigung),
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 7. April 2016.
Sachverhalt:
A.
A.________ war für verschiedene Temporärorganisationen, so unter anderem für die B.________ AG, und zuletzt vom 2. Juni bis 29. September 2015 für das Senntum C.________ tätig. Am 27. Oktober 2015 stellte er Antrag auf Arbeitslosenentschädigung. Die Unia Arbeitslosenkasse verneinte einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung für die Zeit ab 7. Oktober 2015 mit der Begründung, er habe in der Rahmenfrist für die Beitragszeit vom 7. Oktober 2013 bis 6. Oktober 2015 mit einer Beitragsdauer von insgesamt 11,068 Monaten die Mindestbeitragszeit nicht erfüllt. Daran hielt sie auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 20. Januar 2016).
B.
In Gutheissung der dagegen geführten Beschwerde hob das Verwaltungsgericht des Kantons Bern den Einspracheentscheid vom 20. Januar 2016 auf und stellte fest, A.________ habe die Mindestbeitragszeit von zwölf Monaten erfüllt (Entscheid vom 7. April 2016).
C.
Die Arbeitslosenkasse erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der kantonale Gerichtsentscheid vom 7. April 2016 sei aufzuheben und der Einspracheentscheid vom 20. Januar 2016 sei zu bestätigen.
A.________ hat die Einladung zur Vernehmlassung bei der Post nicht abgeholt und sich in der Folge nicht geäussert. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
Erwägungen:
1.
1.1. Im angefochtenen Entscheid stellt die Vorinstanz fest, die Mindestbeitragszeit von zwölf Monaten sei erfüllt. Im Dispositiv wird keine Rückweisung an die Kasse vorgesehen. Über die weiteren Leistungsvoraussetzungen spricht sich das kantonale Gericht weder im Dispositiv noch in den Erwägungen aus. Da bei der vorinstanzlichen Bejahung der Mindestbeitragsdauer eine Prüfung der weiteren Voraussetzungen zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung durch die Verwaltung nicht unterbleiben kann, muss der kantonalgerichtliche Entscheid als Rückweisungsentscheid qualifiziert werden.
1.2. Beim Rückweisungsentscheid handelt es sich, da das Verfahren noch nicht abgeschlossen wird und die Rückweisung auch nicht einzig der Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient, um einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Die Zulässigkeit der Beschwerde setzt somit - alternativ - voraus, dass der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder dass die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).
1.3. Das kantonale Gericht stellt fest, dass der Beschwerdegegner die Mindestbeitragszeit erfülle. Es versteht sich von selbst, dass die Sache bei diesem Ergebnis an die Arbeitslosenkasse zurückgehen muss, damit diese die übrigen Anspruchsvoraussetzungen prüfe und eine allfällige Arbeitslosenentschädigung festlege (vgl. E. 1.1 hiervor). In den Erwägungen wird angegeben, dass die Beitragszeit insgesamt 12,886 Monate betrage. Die Differenz zur von der Kasse auf 11,068 Monate festgelegten Beitragszeit sei durch die nicht vollständige Berücksichtigung der Tätigkeit für die B.________ AG bedingt, was sich aus der entsprechenden Arbeitgeberbescheinigung vom 21. Oktober 2015 ergebe. Die Kasse ist demgegenüber der Ansicht, sie habe die tatsächliche Beitragszeit korrekt berechnet und es bestehe bereits wegen Nichterfüllung der Beitragszeit kein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Deshalb musste sie bis anhin die weiteren Anspruchsvoraussetzungen nicht prüfen. Nach der Rechtsprechung liegt bei einem Rückweisungsentscheid, welcher - wie vorliegend - der Verwaltung Vorgaben für den Erlass einer ihres Erachtens rechtswidrigen Verfügung macht, für diese ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG vor (BGE 133 V 477 E. 5.2 S. 483; Urteil 8C_682/2007 vom 30. Juli 2008 E. 1.2.2, nicht publ. in: BGE 134 V 392). Auf die Beschwerde der Arbeitslosenkasse ist demnach einzutreten.
2.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Trotzdem obliegt es dem Beschwerdeführer, sich in seiner Beschwerde sachbezogen mit den Darlegungen im angefochtenen Entscheid auseinanderzusetzen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389; siehe auch BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
3.
3.1. Wie das kantonale Gericht richtig dargelegt hat, setzt der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG unter anderem voraus, dass die versicherte Person die Beitragszeit erfüllt hat. Die Beitragszeit hat laut Art. 13 Abs. 1 AVIG erfüllt, wer innerhalb der dafür vorgesehenen zweijährigen Rahmenfrist (Art. 9 Abs. 1, 2 und 3 AVIG) während mindestens zwölf Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat. Bei der Ermittlung der Beitragszeit ist nach Art. 11 Abs. 1 AVIV als Beitragsmonat jeder volle Kalendermonat zu zählen, in welchem der Versicherte beitragspflichtig ist. Abs. 2 derselben Bestimmung sieht vor, dass Beitragszeiten, die nicht einen vollen Kalendermonat umfassen, zusammengezählt werden (Satz 1), wobei je dreissig Kalendertage als ein Beitragsmonat gelten (Satz 2). Da für die Ermittlung der Beitragszeit somit nicht die Beitragstage - also die Tage, an welchen die versicherte Person tatsächlich einer beitragspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist -, sondern die Kalendertage massgebend sind, müssen Erstere in Kalendertage umgerechnet werden, wozu praxisgemäss ein Umrechnungsfaktor von 1,4 verwendet wird (BGE 122 V 256 E. 2a S. 258 f. mit Hinweisen). Die Beitragszeit von Teilzeitbeschäftigten wird laut Art. 11 Abs. 4 AVIV nach den gleichen Regeln ermittelt wie bei Arbeitnehmern mit Vollzeitbeschäftigung (Satz 1).
3.2. Nach der Rechtsprechung ist für die Bestimmung der Beitragsmonate die formale Dauer des Arbeitsverhältnisses entscheidend. Erbringt die versicherte Person im Rahmen eines sich über mehrere Monate erstreckenden Arbeitsverhältnisses regelmässig oder unregelmässig eine Arbeitsleistung, so gilt jeder Kalendermonat, in dem Arbeit geleistet wird, als Beitragsmonat, während jene Kalendermonate innerhalb dieses Arbeitsverhältnisses ausser Betracht fallen, in denen die versicherte Person an gar keinem Tag gearbeitet hat (BGE 121 V 165 E. 2c/bb S. 170 mit Hinweis). Entscheidend für die Ermittlung der Anzahl Beitragsmonate ist somit, ob eine Arbeitsleistung, welche sich auf mehrere in zeitlichem Abstand voneinander erbrachte Einsätze verteilt, im Rahmen eines einzigen (Teilzeit-) Arbeitsverhältnisses oder von Einzeleinsätzen mit je neuem Arbeitsvertrag erbracht wurde (Urteile 8C_787/2010 vom 12. Januar 2011 E. 2.2, 8C_836/2008 vom 29. Januar 2009 E. 2.2 mit Hinweisen). Nicht entscheidend ist, ob die jeweils geleisteten Arbeitsstunden tatsächlich einen vollen Arbeitstag ausmachen (BGE 122 V 256 E. 4c/bb S. 263, 121 V 165 E. 2c/bb S. 170).
4.
4.1. Die Vorinstanz nimmt gestützt auf die Arbeitgeberbescheinigung der B.________ AG vom 21. Oktober 2015 an, der Versicherte sei vom 15. Juli bis 25. Oktober 2013 und vom 10. Februar bis 25. April 2014 für diese Gesellschaft tätig gewesen. Dabei seien fälschlicherweise die folgenden Tage bei der Berechnung der Beitragszeit ausser Acht gelassen worden: 7. Oktober 2013, 12. bis 22. Oktober 2013, 19. bis 24. Februar 2013 und 27. Februar bis 6. April 2014. Die Beitragszeit müsse deshalb im Vergleich zur Berechnung der Kasse um 1,818 Monate erhöht werden, woraus gesamthaft (mit den übrigen, unbestrittenen Arbeitseinsätzen für diverse Arbeitgeber) eine 12,886-monatige Beitragszeit resultiere. Folglich sei die Mindestbeitragszeit von zwölf Monaten erfüllt.
4.2. Bei der Vereinbarung zwischen dem Beschwerdegegner und der B.________ AG handelt es sich um einen Rahmenvertrag für Temporärarbeit. Während der Vertragsdauer bis 25. April 2014 kam es zu mehreren einzelnen Einsatzverträgen mit verschiedenen Betrieben. Die Beschwerdeführerin weist letztinstanzlich korrekt darauf hin, dass der Versicherte nach der Zusammenstellung der B.________ AG vom 21. Oktober 2015 - welche auch schon im Verwaltungsverfahren vorlag - Einsätze vom 15. bis 20. Juli 2013 für die D.________ AG, vom 31. Juli bis 13. September 2013 für die E.________ AG, am 23. Oktober 2013 für die F.________ AG, vom 24. bis 25. Oktober 2013 für die G.________ GmbH, vom 10. bis 18. Februar 2014 für die H.________ GmbH und vom 7. bis 25. April 2014 für die I.________ AG, verzeichnen kann. Für die zwischen diesen Temporärbeschäftigungen liegenden, von der Vorinstanz zusätzlich als Beitragszeit berücksichtigten Tage gemäss der Aufstellung in Erwägung 4.1 hiervor kann der Beschwerdegegner allerdings weder von der B.________ AG vermittelte Einsätze noch andere Beschäftigungen vorweisen. Das kantonale Gericht übersieht offensichtlich, dass nur die sich aus den einzelnen Einsatzverträgen ergebenden Arbeitseinsätze als Beitragszeit im Sinne von Art. 13 AVIG angerechnet werden können (E. 3.2 hiervor; vgl. auch Urteil 8C_787/2010 vom 12. Januar 2011 E. 3.1). Die ursprüngliche Berechnung der Kasse ist folglich korrekt, weshalb der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben ist.
5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdegegner die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, vom 7. April 2016 wird aufgehoben und der Einspracheentscheid der Unia Arbeitslosenkasse vom 20. Januar 2016 bestätigt.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und dem beco Berner Wirtschaft, Arbeitsvermittlung, Rechtsdienst, schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 23. August 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Maillard
Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz