BGer 4A_109/2016
 
BGer 4A_109/2016 vom 11.08.2016
{T 0/2}
4A_109/2016
 
Urteil vom 11. August 2016
 
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
Gerichtsschreiber Lüthi.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Hans Ulrich Grauer,
Beschwerdeführerin,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Lörli,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Arbeitsvertrag; fristlose Entlassung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Thurgau vom 15. Dezember 2015.
 
Sachverhalt:
 
A.
Die A.________ AG (Arbeitgeberin, Beklagte, Beschwerdeführerin) stellte B.________ (Arbeitnehmer, Kläger, Beschwerdegegner) mit Arbeitsvertrag vom 27. November 2009 per 1. Dezember 2009 als Chief Operating Officer (COO) an. Die Parteien vereinbarten unter anderem eine Wochenarbeitszeit von 50 Stunden, einen Bruttolohn von Fr. 12'000.--, einen Ferienanspruch von vier Wochen, eine Kündigungsfrist von sechs Monaten sowie eine Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitsklausel. Mit Schreiben vom 29. April 2011 kündigte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis ordentlich. Am 30. Mai 2011 kündigte die Arbeitgeberin fristlos. Gemäss Schreiben vom selben Tag erfolgte die Kündigung aufgrund der Vorfälle der letzten Tage; die Gründe dafür seien bereits mündlich dargelegt worden. Mit Schreiben vom 22. Juni 2011 bestritt der Arbeitnehmer die fristlose Kündigung, bot seine Arbeitskraft bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist an und machte verschiedene fällige Forderungen geltend.
 
B.
B.a. Nach erteilter Klagebewilligung beantragte der Kläger mit Klage beim Bezirksgericht Kreuzlingen, die Beklagte sei zu verpflichten, ihm verschiedene Beträge zuzüglich Zins zu bezahlen, die Bezahlung sämtlicher Sozialversicherungsabgaben und Quellensteuern zu belegen, korrigierte Lohnausweise auszustellen sowie Bestand, Umfang und Einzahlung der BVG-Versicherung nachzuweisen. Mit Entscheid vom 11. Dezember 2013 schützte das Bezirksgericht die Klage teilweise. Es verpflichtete die Beklagte, die Bezahlung sämtlicher Sozialversicherungsbeiträge und Quellensteuern zu belegen, korrigierte Lohnausweise auszustellen sowie die BVG-Einzahlungen nachzuweisen. Im Übrigen wies es die Klage ab.
Das Obergericht des Kantons Thurgau hiess mit Entscheid vom 16. Oktober 2014 die Berufung des Klägers gut, hob den Entscheid des Bezirksgerichts auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurück. Anders als das Bezirksgericht war es der Auffassung, der von der Beklagten geltend gemachte Grund für die fristlose Kündigung - eine E-Mail des Klägers vom 16. Mai 2011 an C.________ - sei kein wichtiger Grund im Sinn von Art. 337 Abs. 2 OR. Da die Beklagte in der Klageantwort aber noch einen zweiten Grund für die fristlose Entlassung (unerlaubtes Kopieren einer Festplatte) nachgeschoben habe, wies es die Streitsache zur neuen Entscheidung an das Bezirksgericht zurück.
B.b. Mit Entscheid vom 3. März 2015 schützte das Bezirksgericht die Klage wiederum teilweise, wobei es dem Kläger diesmal zusätzlich einen Geldbetrag zusprach.
Das Obergericht wies mit Entscheid vom 15. Dezember 2015 die von der Beklagten erhobene Berufung kostenfällig ab (Disp.-Ziff. 1). Es schützte die Klage wie das Bezirksgericht teilweise und verpflichtete die Beklagte, dem Kläger Fr. 80'038.85 brutto abzüglich nachweislich abgeführter Sozialversicherungsabzüge zu bezahlen (Disp.-Ziff. 2.a und b), innert 30 Tagen nach Rechtskraft des Urteils zu belegen, dass sämtliche Sozialversicherungsbeiträge und Quellensteuern auf dem geschuldeten Lohn bezahlt worden sind (Disp.-Ziff. 2.c), dem Kläger korrigierte Lohnausweise zuzustellen (Disp.-Ziff. 2.d) und ihm nachzuweisen, dass und in welcher Höhe Einzahlungen an die BVG-Vorsorgeversicherung geleistet worden sind (Disp.-Ziff. 2.e). Im Übrigen wies es die Klage ab (Disp.-Ziff. 2.f).
 
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben. In Abänderung von Ziffer 1.a und b (recte: 2.a und b) sei die Klage kostenfällig abzuweisen. Eventuell sei das Urteil aufzuheben und zur Neuentscheidung mit allfälliger Ergänzung des Beweisverfahrens an das Obergericht zurückzuweisen. Ihr Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung betreffend die in den Ziffern 2.c bis e auferlegten Verpflichtungen wurde mit Präsidialverfügung vom 14. März 2016 abgewiesen.
Der Beschwerdegegner trägt auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde an. Die Vorinstanz hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
 
Erwägungen:
 
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 141 III 395 E. 2.1 S. 397). Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG) und das Streitwerterfordernis (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG) ist erfüllt. Auf die Beschwerde in Zivilsachen ist - unter Vorbehalt einer genügenden Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) - einzutreten.
 
2.
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf die allgemeinen Begründungsanforderungen an eine Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) behandelt es aber grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind; es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f. mit Hinweisen). Unerlässlich ist im Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 sowie Art. 106 Abs. 2 BGG, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegen soll. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 140 III 86 E. 2 S. 89, 115 E. 2 S. 116). Erfüllt eine Beschwerde diese Anforderungen nicht, ist darauf nicht einzutreten.
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f. mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2 S. 117; 135 III 397 E. 1.5 S. 401). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 BGG).
Willkür liegt nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Der angefochtene Entscheid ist dabei nur aufzuheben, wenn er auch im Ergebnis und nicht nur in der Begründung verfassungswidrig ist (BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f.; 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; je mit Hinweisen).
Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2 S. 90 mit Hinweisen). Genügt die Kritik diesen Anforderungen nicht, können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18).
Die Beschwerdeführerin ergänzt verschiedentlich den Sachverhalt, ohne dabei die hiervor dargestellten Grundsätze zu beachten; so namentlich hinsichtlich der Bedeutung des Beschwerdegegners für ihren Betrieb, der Bedeutung von C.________ als Geschäftspartnerin und deren Reaktion auf die E-Mail vom 16. Mai 2011 sowie der Reaktion des Ehemanns. Diese Ausführungen sind unbeachtlich - das Bundesgericht stellt auf den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt ab.
 
3.
3.1. Betreffend den mit der fristlosen Kündigung geltend gemachten Kündigungsgrund, die E-Mail des Beschwerdegegners vom 16. Mai 2011 an C.________, ging die Vorinstanz nicht weiter auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin ein, sondern verwies diesbezüglich auf ihren Entscheid vom 16. Oktober 2014. Dort hatte sie festgestellt, der Beschwerdegegner habe C.________ (einer wichtigen Vertragspartnerin der Beschwerdeführerin in Brasilien) in der fraglichen E-Mail den Link auf einen Artikel geschickt, der in der elektronischen Ausgabe der "D.________" vom xxx erschienen sei; die E-Mail habe sodann den Schlusssatz "for all your work, please ensure all is on paper/contracted" enthalten. Bezüglich des Inhalts des Artikels verwies sie auf den Entscheid des Bezirksgerichts vom 11. Dezember 2013, worin dieses erwog, der Artikel trage den Titel "Der Mann, der E.________ betrog". Darin gehe es um F.F.________, den Vater des Präsidenten des Verwaltungsrates der Beschwerdeführerin, G.F.________. F.F.________ sei zu Zeiten der früheren Bundesrepublik Deutschland Galerist von E.________ gewesen. Im Artikel stehe, F.F.________ habe E.________ über Jahre hinweg Kunstwerke mit fragwürdigen Zuschreibungen vermittelt. Nach dem Tod von E.________ eingeholte Gutachten hätten gezeigt, dass es sich bei den meisten Bildern nicht um eigenhändige Originale, sondern um Kopien, Schüler- und Werkstattarbeiten handle. E.________ habe sich somit regelmässig übers Ohr hauen lassen, womit F.F.________ einen grossen Kunstmarktskandal ausgelöst habe.
Die Vorinstanz erwog, das Versenden des Links mit dem erwähnten Schlusssatz sei zwar "nicht gerade die feine Art", genüge aber nicht, um eine fristlose Entlassung zu begründen, zumal das Arbeitsverhältnis in diesem Zeitpunkt bereits gekündigt gewesen sei und deshalb ein strengerer Massstab gegolten habe. Die Verbindung des Schlusssatzes mit dem Link stelle keinen schwerwiegenden Vertrauensbruch dar. Der Artikel betreffe nur den Vater von G.F.________; dieser selber sei höchstens indirekt tangiert. Damit wäre allenfalls die "Familienehre" von G.F.________ verletzt, was arbeitsrechtlich - Extremfälle vorbehalten - aber nicht von Belang sei. Das Vorgehen des Beschwerdegegners sei nicht vergleichbar mit den Tatbeständen, welche die Praxis als wichtige Gründe für eine fristlose Entlassung zugelassen habe. Zudem sei der Hintergrund, vor dem sich der Vorfall abgespielt habe, vor Augen zu behalten: Die Parteien hätten sich schon seit längerer Zeit in einer Auseinandersetzung befunden, insbesondere über die Höhe des vereinbarten Lohnes und um konkrete Lohnzahlungen. Unter die Geheimhaltungsklausel von Ziffer 13.3 des Arbeitsvertrags falle der Artikel von vorneherein nicht.
3.2. Hinsichtlich des mit der Klageantwort nachgeschobenen Kündigungsgrundes, wonach der Beschwerdegegner eine Festplatte mit zahlreichen wichtigen Geschäftsdaten vom Pult von G.F.________ entwendet und kopiert habe, erwog die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid, dieses Nachschieben sei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht zulässig. Danach könne sich der Kündigende zwar in bestimmten Fällen auch auf Umstände stützen, die er anlässlich der fristlosen Kündigung nicht bekanntgegeben habe. Voraussetzung dafür sei zunächst, dass es sich dabei um Umstände handle, die vor der Kündigung eingetreten seien; weiter, dass die Gründe der kündigenden Partei im Zeitpunkt der Kündigung nicht bekannt gewesen seien und sie diese auch nicht hätte kennen können. Schliesslich müsse der nachgeschobene Grund von gleicher Art sein wie die andern Umstände, die Anlass zur fristlosen Kündigung gegeben hätten. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da der nachgeschobene Grund der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Kündigung Ende Mai 2011 bekannt gewesen sei. Zudem habe er keinen Zusammenhang mit der E-Mail vom 16. Mai 2011, gestützt auf welche die Beschwerdeführerin die fristlose Kündigung ausgesprochen habe. Daher könne offen bleiben, ob der Beschwerdegegner die Festplatte tatsächlich gestohlen und kopiert habe und ob dies für sich allein oder zusammen mit dem Vorwurf, die E-Mail an C.________ gesandt zu haben, einen wichtigen Grund für die fristlose Entlassung darstelle.
In einer Eventualbegründung ging die Vorinstanz sodann auf ihre eigene, weniger restriktive Rechtsprechung (Urteil vom 16. Januar 2003, in: RBOG 2003 Nr. 13 und in: JAR 2004 S. 568) ein, weil das Bezirksgericht seinen Entscheid darauf gestützt hatte: Danach sei ein Nachschieben bei grundsätzlicher Kenntnis des Grundes im Zeitpunkt der Kündigung zulässig, obwohl die Kündigung nicht damit begründet worden sei. Entscheidend sei bloss, dass die Kündigung auch hinsichtlich des nicht angegebenen Grundes rechtzeitig erfolgt sei. Selbst wenn man von dieser Rechtsprechung ausginge, wäre ein Nachschieben des Kündigungsgrundes des Datendiebstahls vorliegend ausgeschlossen. Denn mit dem Bezirksgericht sei die Beschwerdeführerin auf ihren Ausführungen in der Klageantwort zu behaften, wonach sie bei der Datensicherung, die ein bis zwei Tage nach dem 19. April 2011 durchgeführt worden sei, Kenntnis darüber erlangt haben will, dass der Beschwerdegegner die fragliche Festplatte kopiert habe. Die davon abweichende Darstellung des Sachverhalts durch die Beschwerdeführerin anlässlich der Hauptverhandlung könne gemäss Art. 229 Abs. 1 und 2 ZPO nicht berücksichtigt werden. Die Zeitspanne zwischen der Kenntnis des nachgeschobenen Grundes und der fristlosen Kündigung von mehr als einem Monat sei zu lang, um - auch nach der grosszügigeren (bisherigen) kantonalen Rechtsprechung - den nachgeschobenen Grund noch berücksichtigen zu können. Gleichzeitig stellte die Vorinstanz aber klar, ihre hier abgehandelte Rechtsprechung entspreche nicht der bundesgerichtlichen; sie sei bisher irrtümlich davon ausgegangen, das Bundesgericht habe diese Fallkonstellation noch nicht entschieden.
 
4.
4.1. Nach Art. 337 OR kann der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen jederzeit fristlos auflösen (Abs. 1). Als wichtiger Grund gilt jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf (Abs. 2). Über das Vorhandensein solcher Umstände entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen (Abs. 3 OR). Derartige Ermessensentscheide überprüft das Bundesgericht an sich frei. Es übt dabei aber Zurückhaltung und schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die hätten beachtet werden müssen. Es greift ausserdem in Ermessensentscheide ein, wenn sich diese als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (BGE 130 III 28 E. 4.1 S. 32, 213 E. 3.1 S. 220; 129 III 380 E. 2 S. 381 f.; je mit Hinweisen).
4.2. Nach der Rechtsprechung zu Art. 337 OR ist eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber nur bei besonders schweren Verfehlungen des Arbeitnehmers gerechtfertigt. Diese müssen einerseits objektiv geeignet sein, die für das Arbeitsverhältnis wesentliche Vertrauensgrundlage zu zerstören oder zumindest so tiefgreifend zu erschüttern, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Vertrags nicht mehr zuzumuten ist, und anderseits auch tatsächlich dazu geführt haben. Sind die Verfehlungen weniger schwerwiegend, müssen sie trotz Verwarnung wiederholt vorgekommen sein (BGE 130 III 28 E. 4.1 S. 31, 213 E. 3.1 S. 220 f.; 129 III 380 E. 2.1 S. 382 mit Hinweisen). Zu berücksichtigen ist sodann auch die verbleibende Zeit bis zur ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Urteil 4C.95/2004 vom 28. Juni 2004 E. 2). Ob die dem Arbeitnehmer vorgeworfene Pflichtverletzung die erforderliche Schwere erreicht, lässt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab (BGE 127 III 153 E. 1a S. 155; 116 II 145 E. 6a S. 150).
4.3. Als wichtiger Grund kommt nur ein Ereignis in Frage, das sich vor der fristlosen Kündigung abgespielt hat. Nachträglich kann sich der Kündigende darauf aber nur berufen, wenn ihm dieser Umstand im Zeitpunkt der Kündigung weder bekannt war noch bekannt sein konnte. Diesfalls ist zu fragen, ob dieser Umstand derart ist, dass er - wenn der Kündigende ihn gekannt hätte - zu einem Vertrauensbruch hätte führen können und damit zur fristlosen Kündigung berechtigt hätte. Insofern ist das Nachschieben von Kündigungsgründen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zulässig (BGE 127 III 310 E. 4a S. 314; 124 III 25 E. 3c S. 29 f.; 121 III 467 E. 5a S. 472 f.).
In der Lehre wird die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Teil so wiedergegeben, dass zusätzlich verlangt werde, der nachgeschobene Grund müsse ähnlich bzw. "von gleicher Art" sein wie der in der Kündigung genannte (STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, 7. Aufl. 2012, N. 19 zu Art. 337 OR; JÜRG BRÜHWILER, Einzelarbeitsvertrag, 3. Aufl. 2014, N. 14 zu Art. 337 OR; GABRIEL AUBERT, in: Commentaire romand, Code des obligations I, 2. Aufl. 2012, N. 14 zu Art. 337 OR; PORTMANN/RUDOLPH, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 6. Aufl. 2015, N. 10 zu Art. 337 OR; PORTMANN/STÖCKLI, Schweizerisches Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2013, S. 226 Rz. 772). Darauf bezieht sich denn auch die Vorinstanz. Diese Auffassung beruht wohl ursprünglich auf einer unzutreffenden Übersetzung von BGE 121 III 467 E. 5a S. 473 in der Praxis, wo die relevante Passage "[D]ès l'instant où l'art. 337 CO prescrit au juge (...) de tenir compte des règles de la bonne foi, ce serait méconnaître ces dispositions que d'ignorer l'existence d'un semblable motif" (Hervorhebung beigefügt) wie folgt wiedergegeben wird: "Ab dem Zeitpunkt, wo Art. 337 OR dem verantwortlichen Richter vorschrieb, bei der Entscheidung über die Gültigkeit der Gründe für eine fristlose Kündigung den Regeln des guten Glaubens Rechnung zu tragen, würde es bedeuten, die Vorschriften zu verkennen, wenn man die Existenz eines  ähnlichen Grundes nicht beachten würde" (Pra 1996 Nr. 207 S. 804; Hervorhebung beigefügt). Die korrekte Übersetzung lautet indessen: " (...) wenn man die Existenz eines  solchen Grundes nicht beachten würde"; gemeint also eines Grundes, der nach Treu und Glauben Grund für eine fristlose Kündigung hätte sein können, wenn der Kündigende ihn gekannt hätte (insofern zutreffend die Übersetzung von BGE 124 III 25 in Pra 1998 Nr. 54 S. 360). Soweit in derselben Passage sodann festgehalten ist, das Gericht prüfe den Vertrauensverlust aufgrund des nachgeschobenen Grundes "sur la base des motifs déjà allégués", wird auch damit nicht gesagt, der bei der Kündigung genannte und der nachgeschobene Grund müssten gleicher Art oder ähnlich sein. Missverständlich ist allerdings die Formulierung in BGE 127 III 310 E. 4a S. 314. Dort wird die Vorinstanz in dem Sinn zitiert, sie habe erkannt, der nachgeschobene Kündigungsgrund "était de même nature" wie der bei der Kündigung genannte, und am Schluss des Absatzes festgestellt, dem vorinstanzlichen Entscheid, in dem der nachgeschobene Grund zugelassen wurde, sei zuzustimmen, da er sich strikt an die bundesgerichtliche Rechtsprechung halte. Die eigene Rechtsprechung des Bundesgerichts wird jedoch gemäss und unter Hinweis auf die Formulierungen in BGE 124 III 25 E. 3c S. 29 f. und BGE 121 III 467 E. 5a und 5b S. 472 f. wiedergegeben. An letzteren ist festzuhalten. Entscheidend ist stets, ob aufgrund des bei der Kündigung genannten und des - allenfalls auch andersartigen - nicht bekannten, nachgeschobenen Grundes davon auszugehen ist, dass diese insgesamt einen hinreichenden Vertrauensverlust hätten bewirken können.
 
5.
Angesichts dieser Erwägungen stossen die Ausführungen der Beschwerdeführerin weitgehend ins Leere.
5.1. Betreffend den nachgeschobenen Grund wendet sie ein, die bundesgerichtliche Rechtsprechung stehe dessen Berücksichtigung nicht entgegen. Das Bundesgericht habe nur gesagt, dass bei fehlender Kenntnis und fehlendem Kennenkönnen ein Nachschieben möglich sei, nicht aber umgekehrt, dass dies Die Beschwerdeführerin bestreitet die Feststellung der Vorinstanz nicht, wonach sie im Zeitpunkt der fristlosen Kündigung Ende Mai 2011 vom nachgeschobenen Kündigungsgrund rund um die Festplatte Kenntnis gehabt hat. Ein Nachschieben war somit unzulässig. Soweit die Beschwerdeführerin das weitere von der Vorinstanz angewendete Kriterium - dass der nachgeschobene und der ursprünglich genannte Grund ähnlich sein müssen - kritisiert, vermag dies daher ungeachtet der erfolgten Präzisierung (E. 4.3 hiervor) am Ergebnis nichts zu ändern. Nicht einzugehen ist schliesslich auf die Ausführungen zur Eventualbegründung der Vorinstanz, die sich auf deren frühere, von den bundesgerichtlichen Präjudizien abweichende Rechtsprechung bezieht; namentlich die Frage, ob die Beschwerdeführerin auf ihrer Sachverhaltsdarstellung in der Klageantwort behaftet werden kann.
5.2. Somit wäre die fristlose Entlassung nur gerechtfertigt, wenn die E-Mail vom 16. Mai 2011 als Grund dafür genügen würde. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz sei zu kasuistisch vorgegangen; massgeblich sei aber stets, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Begleitumstände noch zumutbar gewesen sei oder nicht. Bei "diesem Abwägen" sei nicht massgebend, dass der Artikel eine öffentlich zugängliche Tatsache gewesen sei und "nur" den Vater des Verwaltungsratspräsidenten betroffen habe, sondern dass die E-Mail die Absicht des Beschwerdegegners zeige, seiner Arbeitgeberin zu schaden. Man habe daher klar davon ausgehen müssen, dass er solches oder ähnliches auch weiterhin tun würde, was eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gemacht habe.
Damit erschöpft sich die Beschwerde weitgehend in appellatorischer Kritik am angefochtenen Entscheid, ohne darzulegen, inwiefern die Vorinstanz ihr Ermessen missbraucht hätte. Von einem offensichtlich unbilligen und in stossender Weise ungerechten Entscheid (vgl. vorne E. 4.1) kann nicht die Rede sein. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, dass mit einer klaren Abmahnung die von der Beschwerdeführerin selber angeführte Wiederholungsgefahr nicht hätte gebannt werden können.
 
6.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3. Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. August 2016
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Kiss
Der Gerichtsschreiber: Lüthi