BGer 1B_214/2015
 
BGer 1B_214/2015 vom 01.09.2015
{T 0/2}
1B_214/2015
 
Urteil vom 1. September 2015
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Uebersax.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Strafverfahren; Ausstand,
Beschwerde gegen den Beschluss vom 15. Mai 2015 des Kantonsgerichts Schwyz, Beschwerdekammer.
 
Sachverhalt:
 
A.
A.a. Mit Strafbefehl vom 21. November 2014 verurteilte die Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln A.________ wegen mehrfachen Verstosses gegen das Wettbewerbsrecht im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer des C.________ Ltd. zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen à Fr. 160.-- sowie zu einer Busse von Fr. 2'400.--. Auf Einsprache von A.________ hin hielt die Staatsanwaltschaft am Strafbefehl fest und überwies diesen als Anklageschrift an das Bezirksgericht Höfe. Der Vizepräsident dieses Gerichts, B.________, lud A.________ am 4. Dezember 2014 zur Hauptverhandlung vom 3. Februar 2015 vor. Den drei geschädigten Personen stellte er das Erscheinen frei. Den Parteien setzte er unter Hinweis darauf, dass das Gericht an der Hauptverhandlung keine eigenen Beweisabnahmen durchführen werde, eine zehntägige Frist zur Stellung von Beweisanträgen.
A.b. Am 19. Dezember 2014 nahm A.________ zur Anklage Stellung und beantragte die Einvernahme von 41 Kunden des C.________ Ltd. sowie der Geschädigten. Überdies verlangte er die Vorladung der Staatsanwaltschaft bzw. die persönliche Anwesenheit der federführenden Staatsanwältin an der Hauptverhandlung. Mit Verfügung vom 29. Dezember 2014 wies der Vizegerichtspräsident die Beweisanträge ab.
 
B.
 
C.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Beim angefochtenen Beschluss über den Ausstand des Bezirksgerichtsvizepräsidenten handelt es sich um einen selbständig anfechtbaren, kantonal letztinstanzlichen (vgl. Art. 59 Abs. 1 lit. b StPO) Zwischenentscheid des Kantonsgerichts, gegen den gemäss Art. 78 ff. in Verbindung mit Art. 92 BGG grundsätzlich die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht offen steht.
1.2. Mit der Beschwerde an das Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, die von den Beschwerdeführern geltend gemacht und begründet werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 106 Abs. 2 BGG).
 
2.
 
3.
3.1. Der Beschwerdeführer leitet den behaupteten Ausstandsgrund im Wesentlichen daraus ab, dass der verfahrensleitende Bezirksgerichtsvizepräsident die von ihm gestellten Beweisanträge abgelehnt und die Staatsanwältin von der Teilnahme an der Hauptverhandlung dispensiert habe. Nicht zuletzt dadurch habe der fragliche Bezirksrichter mit der Staatsanwaltschaft fraternisiert, womit der Grundsatz der Waffengleichheit verletzt sei und dem Beschwerdeführer ein faires Verfahren verwehrt bleibe.
3.2. Bei der fraglichen Verfügung über die Zulassung von beantragten Beweisen und über die Teilnahmepflicht der Staatsanwaltschaft an der Hauptverhandlung handelt es sich um prozessuale Entscheide der Verfahrensleitung, die vor der Hauptverhandlung ergangen sind. Darin liegt für sich allein kein Ausstandsgrund (vgl. BGE 131 I 113 E. 3.5 S. 117 f.). Der Beschwerdeführer kann überdies seine Gesuche in der Hauptverhandlung nochmals stellen bzw. das Strafurteil als solches anfechten, falls seinen Anträgen auch vom Gericht nicht stattgegeben werden sollte. Er kann dabei insbesondere das von ihm behauptete Missverhältnis zwischen der Zulassung von belastendem und entlastendem Beweismaterial geltend machen. Seine Verteidigungsrechte sind mithin nicht beeinträchtigt.
3.3. Streitgegenstand ist einzig das gegen den Bezirksgerichtsvizepräsidenten gerichtete Ausstandsbegehren. Ein Ausstand der Kantonsgerichtsvizepräsidentin steht hier nicht zur Diskussion. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern das Urteil des Kantonsgerichts in einem angeblich gleich gelagerten Fall eines Konkurrenzunternehmens sowie die damalige Beteiligung der heutigen Kantonsgerichtsvizepräsidentin als Gerichtsschreiberin an diesem Urteil Rückschlüsse auf den erforderlichen Ausstand des Bezirksgerichtsvizepräsidenten zulassen sollten. Ob die beiden Fälle vergleichbar sind oder nicht, kann hier offen bleiben. Es ist jedenfalls nicht widersprüchlich, im einen Streitfall in der Sache ein Strafdelikt zu verneinen, im anderen, dem vorliegenden, jedoch zu schliessen, ein Ausstandsgrund liege nicht vor. Die materiellrechtliche Frage der Strafbarkeit ist nicht identisch mit der prozessualen Frage der Ausstandspflicht, weshalb eine unterschiedliche Beurteilung möglich und unter Umständen sogar angezeigt ist.
3.4. Schliesslich bestehen auch keine sonstigen Anhaltspunkte für die behauptete Fraternalisierung des Bezirksgerichtsvizepräsidenten mit der Staatsanwaltschaft bzw. für die angebliche Befangenheit oder nur schon den Anschein einer solchen beim fraglichen Bezirksrichter. Insbesondere sind dessen Verfügungen inhaltlich neutral verfasst und enthalten nicht tendenziöse Bewertungen, wie der Beschwerdeführer im Verlauf des Verfahrens wiederholt behauptete. Auf das subjektive Empfinden einer Partei kommt es dabei nicht an, sondern der angebliche Ausstandsgrund muss objektiv begründet sein ( GRABENWARTER/ PABEL, a.a.O., § 24 N. 43, S. 408), was hier nicht zutrifft. Der Ausgang des Strafverfahrens erscheint weiterhin offen, was umso mehr gelten müsste, wenn der vorliegende Fall, wie der Beschwerdeführer selbst behauptet, tatsächlich mit dem angeblich gleich gelagerten Parallelfall vergleichbar wäre, in dem es offenbar zu einem Freispruch gekommen ist.
 
4.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. 
2. 
3. 
4. 
Lausanne, 1. September 2015
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Uebersax