BGer 9C_474/2015
 
BGer 9C_474/2015 vom 19.08.2015
{T 0/2}
9C_474/2015
 
Urteil vom 19. August 2015
 
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner,
Gerichtsschreiber Furrer.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch B.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
Schweizerische Ausgleichskasse SAK, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid
des Bundesverwaltungsgerichts
vom 5. Juni 2015.
 
Sachverhalt:
A. Die 1947 geborene A.________ ist kosovarische Staatsangehörige und wohnt im Kosovo. Nachdem ihr am 22. Juli 1935 geborener Ehemann, ebenfalls kosovarischer Staatsangehöriger, am 13. Dezember 2013 verstorben war, meldete sie sich am 16. April 2014 bei der Schweizerischen Ausgleichskasse (nachfolgend: SAK) zum Bezug einer Hinterlassenenrente an. Mit Verfügung vom 14. November 2014 und Einspracheentscheid vom 26. Januar 2015 verneinte die SAK einen Leistungsanspruch, weil das zwischen der Schweiz und dem ehemaligen Jugoslawien abgeschlossene Sozialversicherungsabkommen ab 1. April 2010 im Verhältnis zum Kosovo nicht weiter angewendet werde, sie kosovarische Staatsangehörige sei und ihren Wohnsitz ausserhalb der Schweiz habe.
B. Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 5. Juni 2015 ab.
C. A.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei ihr eine Hinterlassenenrente auszurichten.
Mit Eingabe vom 11. August 2015 (Posteingang) ersucht A.________ um unentgeltliche Rechtspflege (im Sinne der Kostenbefreiung).
 
Erwägungen:
1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich eine Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG).
2. Gemäss Art. 18 AHVG haben Schweizer Bürger, Ausländer und Staatenlose Anspruch auf Alters- und Hinterlassenenrenten (Abs. 1). Ausländer sowie ihre Hinterlassenen ohne Schweizer Bürgerrecht sind nur rentenberechtigt, solange sie ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 13 ATSG) in der Schweiz haben. Dieses Erfordernis ist von jeder Person, für die eine Rente ausgerichtet wird, einzeln zu erfüllen. Vorbehalten bleiben die besonderen bundesrechtlichen Vorschriften über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Staatenlosen sowie abweichende zwischenstaatliche Vereinbarungen, insbesondere mit Staaten, deren Gesetzgebung den Schweizer Bürgern und ihren Hinterlassenen Vorteile bietet, die denjenigen dieses Gesetzes ungefähr gleichwertig sind (Abs. 2). Bei Personen, die mehrere sich ablösende Staatsangehörigkeiten besessen haben, ist für die Rentenberechtigung die Staatsangehörigkeit während des Rentenbezugs massgebend (Abs. 2bis ). Den Ausländern, die ihren Wohnsitz im Ausland haben und mit deren Heimatstaat keine zwischenstaatliche Vereinbarung besteht, sowie ihren Hinterlassenen können die gemäss den Artikeln 5, 6, 8, 10 oder 13 bezahlten Beiträge rückvergütet werden. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere das Ausmass der Rückvergütung (Abs. 3).
3. Das Bundesgericht hat in BGE 139 V 263 entschieden, dass das Abkommen vom 8. Juni 1962 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der ehemaligen (Sozialistischen) Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über Sozialversicherung (SR 0.831.109.818.1) ab 1. April 2010 nicht weiter auf kosovarische Staatsangehörige anzuwenden ist. In der Folge hat es sich mehrfach mit dem Anspruch auf Hinterlassenenrenten (v.a. Witwenrenten) kosovarischer Staatsangehöriger befasst. Es erkannte, wenn die Leistungsansprecherin und der verstorbene Ehegatte ausschliesslich Staatsbürger des Kosovos seien und der Todesfall (Eintritt des Versicherungsfalles) nach dem 31. März 2010 eingetreten sei - beides liegt hier nach verbindlicher und unbestritten gebliebener Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts vor -, sei das erwähnte Sozialversicherungsabkommen nicht mehr anwendbar. Habe die Leistungsansprecherin keinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz, was auch für die Beschwerdeführerin zutrifft, sei der Anspruch auf eine Hinterlassenenrente zu verneinen. Indes bleibe die Rückvergütung der Beiträge vorbehalten, wobei der Anspruch mit Ablauf von fünf Jahren seit dem Versicherungsfall verwirke. Darauf und auf den vorinstanzlichen Entscheid kann verwiesen werden (Urteile 9C_27/2013 und 9C_317/2013 vom 22. August 2013; 9C_140/2013 vom 31. Oktober 2013; 9C_557/2013 vom 7. Januar 2014).
Soweit die Beschwerdeführerin Art. 14 EMRK in Verbindung mit Art. 1 des Protokolls Nr. 12 zur EMRK vom 4. November 2000 sowie Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK vom 20. März 1952 anruft bzw. eine Verletzung des Diskriminierungsverbots und des Schutzes des Eigentums geltend macht, dringt sie nicht durch. Zum einen hat die Schweiz das erste Zusatzprotokoll zur EMRK nicht ratifiziert und das Protokoll Nr. 12 zur EMRK nicht unterzeichnet (zum Stand der Ratifikationen: <www.conventions.coe.int>). Zum anderen enthält Art. 14 EMRK kein allgemeines Gleichbehandlungsgebot. Vielmehr ist gemäss dem Wortlaut der Bestimmung das Diskriminierungsverbot stets bei Ungleichbehandlungen aufgrund eines verpönten Merkmals und in Zusammenhang mit einem anderen vom Konventionsstaat anerkannten Konventionsrecht anzuwenden (Urteil 8C_295/2008 vom 22. November 2008 E. 7 mit Hinweisen; JENS MEYER-LADEWIG, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 3. Aufl. 2011, N. 5 ff. zu Art. 14 EMRK). Welches andere (von der Schweiz anerkannte) Konventionsrecht in concreto betroffen sein soll, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Folglich ist darauf nicht weiter einzugehen.
4. Die Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 BGG - ohne Durchführung des Schriftenwechsels und unter Verweis auf den vorinstanzlichen Entscheid (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) - abgewiesen.
5. Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird umständehalber verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Damit ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Kostenbefreiung gegenstandslos.
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 19. August 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Glanzmann
Der Gerichtsschreiber: Furrer