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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
6B_469/2015
Urteil vom 17. August 2015
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Gerichtsschreiberin Andres.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Hans Werner Meier,
Beschwerdeführer,
gegen
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
2. A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Ivo Harb,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Rechtzeitigkeit der Berufungserklärung; Verfahrenskosten,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 24. März 2015.
Erwägungen:
1.
Nach einer Auseinandersetzung zwischen A.________ und X.________ wurde gegen beide Kontrahenten je ein Strafverfahren eingeleitet, wobei sie sich im jeweils anderen Verfahren als Privatkläger konstituierten. Mit Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 12. November 2014 wurde A.________ vom Vorwurf der Tätlichkeiten freigesprochen. Dagegen meldete X.________ am 18. November 2014 Berufung an. Der begründete Entscheid ging seinem Rechtsvertreter am 3. Februar 2015 zu.
Mit Beschluss vom 24. März 2015 trat das Obergericht des Kantons Zürich auf die Berufung von X.________ nicht ein, da dieser innert Frist keine Berufungserklärung eingereicht hatte. Es auferlegte ihm die Gerichtsgebühr von Fr. 600.--.
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen im Hauptpunkt, der obergerichtliche Beschluss sei aufzuheben, und ihm seien keine Gerichtskosten für das obergerichtliche Verfahren aufzuerlegen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
2.
Anfechtungsobjekt bildet der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 24. März 2015 im Verfahren gegen den Beschwerdegegner (SU150018). Soweit sich der Beschwerdeführer zur Rechtzeitigkeit seiner Berufungserklärung im Verfahren gegen ihn selbst äussert (SB150063), ist darauf nicht einzutreten.
An der Sache vorbei geht der Einwand des Beschwerdeführers, obwohl er keine Berufungserklärung eingereicht habe, nehme die Vorinstanz an, er habe die Berufung verspätet erklärt. Die Vorinstanz trat auf die Berufung nicht ein, weil keine Berufungserklärung erfolgt war.
3.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die vorinstanzliche Kostenauflage. Er argumentiert, die Vorinstanz habe keinen Anlass gehabt, ein Berufungsverfahren zu eröffnen, da die blosse Berufungsanmeldung kein kostenpflichtiges Verfahren auslöse.
Die StPO sieht für die Einlegung der Berufung ein zweistufiges Verfahren vor. Nach Art. 399 Abs. 1 StPO ist die Berufung dem erstinstanzlichen Gericht innert 10 Tagen seit Eröffnung des Urteils schriftlich oder mündlich zu Protokoll anzumelden. Nach Ausfertigung des begründeten Urteils übermittelt das erstinstanzliche Gericht die Anmeldung zusammen mit den Akten dem Berufungsgericht (Art. 399 Abs. 2 StPO). Damit wird das Verfahren beim Berufungsgericht rechtshängig und die Verfahrensleitung geht vom erstinstanzlichen Gericht auf das Berufungsgericht über (vgl. LUZIUS EUGSTER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 1d zu Art. 399 StPO; MARLÈNE KISTLER VIANIN, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 9 zu Art. 399 StPO; Niklaus Schmid, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, § 92 Rz. 545). Die Partei, die Berufung angemeldet hat, reicht dem Berufungsgericht gemäss Art. 399 Abs. 3 StPO innert 20 Tagen seit Zustellung des begründeten Urteils eine schriftliche Berufungserklärung ein. Folgt innert Frist keine Berufungserklärung, tritt das Berufungsgericht in einem schriftlich begründeten Entscheid nicht auf die Berufung ein (Art. 403 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 StPO; Urteil 6B_968/2013 vom 19. Dezember 2013 E. 2.1 mit Hinweisen). Gemäss Art. 428 Abs. 1 StPO tragen die Parteien die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens. Als unterliegend gilt auch die Partei, auf deren Rechtsmittel nicht eingetreten wird oder die das Rechtsmittel zurückzieht.
Entgegen dem Einwand des Beschwerdeführers wäre das Verfahren nicht erst mit Zugang der Berufungserklärung bei der Vorinstanz hängig geworden, sondern wurde dies bereits mit Eingang der erstinstanzlichen Akten (vgl. Art. 399 Abs. 2 BGG). Es ist folglich nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz mittels Beschluss auf die Berufung des Beschwerdeführers nicht eintrat und diesem die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegte (vgl. Art. 403 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 sowie Art. 428 Abs. 1 StPO). Ob die Gebühr von Fr. 600.-- übersetzt ist, ist vorliegend nicht zu prüfen, da sich die Beschwerde lediglich gegen die Auferlegung der Kosten an sich und nicht gegen deren Höhe richtet.
4.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). Dem Beschwerdegegner ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihm im bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. August 2015
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Die Gerichtsschreiberin: Andres