BGer 5A_447/2015
 
BGer 5A_447/2015 vom 14.08.2015
{T 0/2}
5A_447/2015
 
Urteil vom 14. August 2015
 
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Schöbi, Bovey
Gerichtsschreiber V. Monn.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Leandro Perucchi,
Beschwerdeführer,
gegen
D.________,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Ausstand (Nachlass),
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Appenzell I.Rh., Kommission für allgemeine Beschwerden, vom 21. April 2015.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
B.
 
C.
 
D.
 
Erwägungen:
 
1.
 
2.
 
3.
Der Beschwerdeführer begründet das Ausstandsbegehren mit dem "besonderen Näheverhältnis", das er zwischen dem Beschwerdegegner und dem Bezirksgerichtspräsidenten B.________ ausgemacht haben will.
3.1. Die Vorinstanz hält zunächst fest, die Ausstandsgründe würden sich nach Art. 47 ZPO richten. Es gelte zu prüfen, ob der Beschwerdegegner in den Ausstand zu treten habe, weil er mit einer Partei - hier mit Bezirksgerichtspräsident B.________ im Verfahren betreffend dessen Ausstand - durch ein freundschaftliches Verhältnis im Sinne von Art. 47 Abs. 1 Bst. f ZPO verbunden sei. Gemäss der in BGE 139 I 121 E. 5.1 S. 125 veröffentlichten Rechtsprechung werde bei einem freundschaftlichem Verhältnis Voreingenommenheit eines Richters nur bei Vorliegen spezieller Umstände und mit Zurückhaltung angenommen. Erforderlich sei, dass die Intensität und die Qualität der beanstandeten Beziehung vom Mass des sozial Üblichen abweicht und bei objektiver Betrachtung geeignet ist, sich auf die Partei selbst und deren Prozess auszuwirken, und derart den Anschein der Befangenheit hervorzurufen vermag. Die Kommission für allgemeine Beschwerden zieht weiter in Erwägung, dass vertraglich begründete Bindungen die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigen können, wenn sie eigentliche Vertretungs- und Abhängigkeitsverhältnisse schaffen und den betroffenen Richter deshalb in ein besonderes Näheverhältnis zu einer Partei rücken, das eine unbefangene Beurteilung gerade in den Augen der Gegenpartei in Frage stellen muss. Damit vertragliche Beziehungen zu Zweifeln an der richterlichen Unabhängigkeit Anlass geben, müssten sie dauerhaft erscheinen oder ein spezifisches Näheverhältnis begründen. Bezüglich eines Auftragsverhältnisses habe das Bundesgericht im Falle eines als Richter amtierenden Anwalts entschieden, dass dieser als befangen erscheine, wenn zu einer Partei ein noch offenes Mandat bestehe oder er für eine Partei in dem Sinne mehrmals anwaltlich tätig geworden sei, dass zwischen ihnen eine Art Dauerbeziehung bestehe. Demgegenüber vermöge ein einzelnes abgeschlossenes Mandat jedenfalls im Normalfall den Anschein der Befangenheit nicht zu begründen.
Bezogen auf den konkreten Fall betont die Vorinstanz, der Beschwerdeführer begründe das freundschaftliche Verhältnis zwischen B.________ und dem Beschwerdegegner lediglich mit der Tatsache, dass dieser für jenen zwei Bauaufträge ausgeführt hat. Im Hinblick auf die erwähnte Rechtsprechung stellt sie fest, dass zwischen B.________ und dem Beschwerdegegner kein offener Auftrag bestehe. Allein die zwei Bauaufträge könnten keine Dauerbeziehung entstehen lassen, die den Anschein der Befangenheit begründen würde. Auch ein einmaliger ausserkantonaler und geografisch weiter entfernter Auftrag wie die Bauarbeiten im Kanton Tessin schaffe keine eigentlichen Vertretungs- und Abhängigkeitsverhältnisse. Ausser dem langen Anfahrtsweg nach Mergoscia/TI mache der Beschwerdeführer keine weiteren Anhaltspunkte geltend, die auf einen Freundschaftsdienst des Beschwerdegegners schliessen liessen. Zudem sei davon auszugehen, dass ein Richter im Teilamt zwischen seiner amtlichen Funktion und seiner privaten Berufstätigkeit zu unterscheiden wisse.
3.2. Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, dass ein erfolgreicher Geschäftsmann wie der Beschwerdegegner keine unrentablen Aufträge annimmt, sondern nur solche, die ihm einen Gewinn einbringen. Diese "Prämisse" werde im Falle des "Anbaus Parkplatz Mergoscia Tessin", den der Beschwerdegegner für B.________ ausgeführt habe, jedoch "unterwandert", denn ein solcher "Kleinstauftrag" könne für einen lokalen Bauunternehmer aus Appenzell Innerrhoden kaum rentabel sein, nicht zuletzt angesichts der "enormen Bindung von Ressourcen durch die langen und zeitraubenden Anfahrtswege". Die Annahme dieses Auftrags durch den Beschwerdegegner habe aus wirtschaftlicher Sicht "keinen Sinn" gemacht; dass damit ein ökonomischer Ertrag erzielt worden wäre, scheine "höchst unwahrscheinlich". Dasselbe gelte für B.________, denn die Auftragserteilung an den Beschwerdegegner habe ihn "sicherlich wesentlich mehr gekostet" als wenn er einen lokalen Bauunternehmer im Tessin beauftragt hätte. Mithin seien Auftraggeber und Auftragnehmer nur deshalb ins Geschäft gekommen, weil beide persönlich miteinander befreundet sind und den Auftrag mehr als Freundschaftsdienst denn "als ökonomische Angelegenheit" betrachteten. Daraus schliesst der Beschwerdeführer auf ein besonderes Näheverhältnis, aus dem sich der Anschein der Befangenheit des Beschwerdegegners ergebe.
3.3. Schon die Art und Weise, wie der Beschwerdeführer seine Standpunkte formuliert, lässt erkennen, dass sich seine Argumente in blossen Spekulationen und Mutmassungen erschöpfen. Mit der Erwägung, dass ein erfolgreicher Bauunternehmer wie der Beschwerdegegner kaum von der Auftragserteilung einer Privatperson abhängig sei, setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Der vorinstanzlichen Feststellung, dass nicht weiter belegt sei, ob der Anfahrtsweg ein Verlustgeschäft darstellte, hat er nichts als blosse Gegenbehauptungen entgegenzusetzen. Allein damit vermag der Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Entscheid nicht aufzukommen. Und selbst wenn sich der Beschwerdeführer vom Bauauftrag, den er für B.________ im Kanton Tessin ausgeführt hat, isoliert betrachtet keinen Gewinn sollte versprochen haben können, fallen verschiedene Gründe in Betracht, weshalb er den Auftrag trotzdem zu marktüblichen Konditionen übernehmen konnte. So macht der Beschwerdeführer beispielsweise nicht geltend, dass es dem Beschwerdegegner schlechthin unmöglich wäre, im Kanton Tessin andere grössere Bauarbeiten auszuführen. Entsprechend könnte der Beschwerdegegner im Zusammenhang mit so einem Auftrag auch die Arbeiten für B.________ in Mergoscia an die Hand genommen haben. Zu alledem geht die Kommission für allgemeine Beschwerden auch davon aus, dass der Beschwerdegegner als nebenamtlicher Richter seine richterlichen und beruflichen Tätigkeiten voneinander trennen kann. Inwiefern diese tatsächliche Erkenntnis im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, tut der Beschwerdeführer nicht dar. Stellt er von mehreren Begründungselementen des angefochtenen Entscheids aber nur einzelne in Frage und lässt er andere unangefochten stehen, so erweist sich der vorinstanzliche Entscheid insgesamt nicht als bundesrechtswidrig (vgl. BGE 133 III 221 E. 7 S. 228; 130 III 321 E. 6 S. 328).
 
4.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Appenzell I.Rh., Kommission für allgemeine Beschwerden, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. August 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: V. Monn