BGer 5A_446/2015
 
BGer 5A_446/2015 vom 14.08.2015
{T 0/2}
5A_446/2015
 
Urteil vom 14. August 2015
 
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Schöbi, Bovey
Gerichtsschreiber V. Monn.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Leandro Perucchi,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Ausstand (Nachlass),
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Appenzell I.Rh., Kommission für allgemeine Beschwerden, vom 21. April 2015.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
B.
 
C.
 
D.
 
Erwägungen:
 
1.
 
2.
 
3.
3.1. Der Beschwerdeführer legt der Vorinstanz zur Last, sie verkenne das "Vorliegen eines besonders krassen Verfahrensfehlers" des Beschwerdegegners. Dieser habe in seinem Bescheid vom 24. September 2013 ohne entsprechenden Antrag und ohne dass die Voraussetzungen eines Parteiwechsels vorlagen verschiedene Personen als Kläger in das Verfahren eingeführt, die gar keine Klage eingereicht, ihn, den Beschwerdeführer, also als Erben anerkannt haben. Der Beschwerdeführer will nachgewiesen haben, dass dieser "Parteiwechsel" durch Abtretung von Erbanteilen bereits vor Rechtshängigkeit erfolgt war. Entsprechend sei der Parteiwechsel logisch ausgeschlossen und damit widerrechtlich gewesen. Im Beschwerdegegner hätten die Anwälte der Kläger aber einen "willfährigen Helfer" gefunden, um ihr Versehen bei der Klageeinreichung zu überspielen. Die schwere Amtspflichtverletzung des Beschwerdegegners wirke sich einseitig und erheblich zu seinen Lasten aus und genüge gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung für sich allein, den Anschein der Befangenheit zu begründen. Darüber hinaus wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz vor, in ihrer Begründung den erschwerenden Umstand zu unterdrücken, dass der Beschwerdegegner die Parteien auf der Klägerseite im Rubrum gestützt auf Akten auswechselte, die im fraglichen Bescheid vom 24. September 2013 rechtskräftig aus dem Recht gewiesen worden seien. Dieses Vorgehen lasse sich unter keinem Titel rechtfertigen und begründe für sich die unsachliche innere Einstellung des Beschwerdegegners.
3.2. In zutreffender Weise erinnert die Kommission für allgemeine Beschwerden zunächst an die strengen Voraussetzungen, unter denen nach der bundesgerichtlichen Praxis richterliche Rechtsfehler in materieller oder prozessualer Hinsicht ausnahmsweise den Anschein der Befangenheit begründen können. Demnach vermögen Verfahrensmassnahmen eines Richters als solche, seien sie richtig oder falsch, grundsätzlich keinen objektiven Verdacht der Befangenheit des Richters zu erregen, der sie verfügt hat (BGE 114 Ia 153 E. 3b/bb S. 158 mit Hinweis). Dasselbe gilt für einen allenfalls materiell falschen Entscheid (BGE 115 Ia 400 E. 3b S. 404). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz fällt nur dann in Betracht, wenn besonders krasse oder wiederholte Irrtümer vorliegen, die als schwere Verletzung der Richterpflichten bewertet werden müssen (BGE 116 Ia 135 E. 3a S. 138; 115 Ia 400 E. 3b S. 404). Ebenso gemahnt die Vorinstanz daran, dass Verfahrensverstösse im dafür vorgesehenen Rechtsmittelverfahren zu rügen sind und grundsätzlich nicht als Begründung für die Verletzung von Art. 30 Abs. 1 BV herangezogen werden können (BGE 114 Ia 153 E. 3b/bb S. 158 f. mit Hinweis; Urteil 5A_332/2010 vom 16. Juli 2010 E. 2). Was den konkreten Fall angeht, verweist die Kommission für allgemeine Beschwerde auf Art. 209 des innerrhodischen Gesetzes über die Zivilprozessordnung vom 24. April 1949 (aZPO/AI), der Art. 236 Abs. 1 ZPO entspreche. Demnach habe das Gericht das Endurteil zu fällen, sobald der Rechtsstreit zur Entscheidung reif ist. Die Aktivlegitimation sei im Zivilprozessrecht keine Prozessvoraussetzung, sondern eine Frage der materiell-rechtlichen Begründetheit des eingeklagten Anspruchs. Bei fehlender Aktivlegitimation werde deshalb die Klage abgewiesen. Entsprechend werde über die Sachlegitimation im Endentscheid befunden. Dieser Entscheid könne, sofern die Sachlegitimation falsch beurteilt würde, mit Rechtsmitteln angefochten werden. Mithin könne vorliegend nicht die Rede davon sein, dass durch das fehlerhafte Rubrum ein krasser Verfahrensfehler geschehen ist.
3.3. Mit dem Kern der vorinstanzlichen Erwägungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Dieser Kern besteht in der Überlegung, dass die vom Beschwerdeführer gerügte "Auswechslung" der Parteien eben gerade nicht formelle Aspekte der Streitigkeit betrifft, also kein 
 
4.
4.1. Einen weiteren Ausstandsgrund will der Beschwerdeführer in der Verfügung des Beschwerdegegners vom 16. Januar 2015 ausgemacht haben. Mit dieser Verfügung habe ihm der Beschwerdegegner für die Behandlung des Antrags, bezüglich des Austauschs der Parteien (vgl. E. 3) eine formelle Verfügung zu erlassen, einen Kostenvorschuss von Fr. 8'000.-- auferlegt. Dieses Vorgehen verletzt nach der Meinung des Beschwerdeführers "klar das Gebot der rechtsgleichen Behandlung der Parteien". Der Klägerseite, die anlässlich der Hauptverhandlung vom 24. September 2013 erstmals die Korrektur des Rubrums "infolge Erbteilsabtretungen" verlangt habe, sei für die Vornahme der Auswechslung nämlich nie ein Vorschuss auferlegt worden. Er hingegen, der Beschwerdeführer, solle einen Vorschuss dafür entrichten müssen, dass er vom Beschwerdegegner verlangt, die Gründe für die Auswechslungen auf der Klägerseite offenzulegen. Ausserdem sei die Korrektur einer falschen Parteibezeichnung, die er vom Beschwerdegegner verlangt habe, gar keine Prozesshandlung, weshalb es auch an einer Grundlage für eine Vorschusspflicht fehle. Indem der Beschwerdegegner in Verletzung dieser Grundsätze trotzdem einen Vorschuss von ihm verlange, benachteilige er ihn, den Beschwerdeführer, in krasser Weise, müsse doch er nun dafür zahlen, "dass zugunsten der anderen Verfahrensparteien zu Unrecht Namen im Rubrum ausgetauscht werden". Die sachlich nicht gerechtfertigte Auferlegung eines rechtsungleichen Kostenvorschusses begründe den Anschein der Befangenheit.
4.2. Die Kommission für allgemeine Beschwerden macht sich die Erwägungen des Kantonsgerichtspräsidenten zu eigen. Danach kann das Gericht gestützt auf Art. 89 Abs. 1 aZPO/AI für die amtlichen Kosten und Gebühren von der Partei, die eine Prozesshandlung anbegehrt, einen Kostenvorschuss verlangen. Gemäss der kantonalen Gebührenverordnung könne bei einem Streitwert von über 10 Mio. Franken für einen Präsidialentscheid des Bezirksgerichts eine Entscheidgebühr von bis zu Fr. 12'000.-- verlangt werden. Angesichts dessen erscheine der Kostenvorschuss nicht unhaltbar. Überdies erinnert die Vorinstanz daran, dass der Beschwerdeführer die Kostenvorschussverfügung beim Kantonsgericht angefochten hat. Ob es sich dabei um einen Verfahrensfehler handele, müsse deshalb offenbleiben. Selbst wenn ein Verfahrensfehler anzunehmen wäre, vermöchte dieser für sich allein aber nicht den Anschein der Befangenheit zu begründen.
4.3. Der These der "rechtsungleichen Behandlung" und damit dem angeblichen Ausstandsgrund (E. 4.1) ist von vornherein der Boden entzogen. Die Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV) ist nur dort verletzt, wo Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird (BGE 138 I 321 E. 3.2 S. 324). Zunächst übergeht der Beschwerdeführer, dass der im angefochtenen Entscheid zitierte Art. 89 Abs. 1 aZPO/AI es in das Ermessen des Richters stellt, für verlangte Prozesshandlungen einen Kostenvorschuss zu verlangen. Inwiefern sich die Verfügung des Beschwerdegegners vom 16. Januar 2015 trotzdem nicht mit dem Gleichheitsgebot verträgt, vermag der Beschwerdeführer nicht zu erklären. Vor allem aber verschweigt der Beschwerdeführer, dass sich der Beschwerdegegner in der erwähnten Verfügung nicht nur zum Antrag äussert, "das Rubrum mit den unrichtigen Parteibezeichnungen ... anzupassen" (Ziffer 5). Vielmehr behandelt die fragliche Verfügung auch noch vier weitere Verfahrens- und Beweisanträge des Beschwerdeführers. Inwiefern der Beschwerdegegner aber allein für den Erlass einer "formellen Verfügung" betreffend das Begehren Ziffer 5 einen Kostenvorschuss von Fr. 8'000.-- einverlangt hätte, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf und ist auch nicht ersichtlich. Mithin kann keineswegs als gesichert gelten, dass der Beschwerdegegner mit zwei im Sinne von Art. 8 Abs. 1 BV gleichartigen Situationen konfrontiert gewesen wäre.
 
5.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Appenzell I.Rh., Kommission für allgemeine Beschwerden, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. August 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: V. Monn