BGer 9C_401/2015
 
BGer 9C_401/2015 vom 30.06.2015
{T 0/2}
9C_401/2015
 
Urteil vom 30. Juni 2015
 
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Meyer, als Einzelrichter,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.
 
Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle Luzern,
Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdeführerin,
gegen
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Rainer Deecke,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Luzern
vom 27. April 2015.
 
Sachverhalt:
A. Im Rahmen einer Rentenrevision von Amtes wegen teilte die IV-Stelle Luzern A.________ am 24. November 2014 mit, zur Abklärung seines Leistungsanspruches sei eine psychiatrische Untersuchung bei Dr. med. B.________ notwendig. Damit war A.________ nicht einverstanden. Mit Zwischenverfügung vom 13. Februar 2015 hielt die IV-Stelle an der Notwendigkeit der externen medizinischen Abklärung beim gewählten Gutachter fest.
B. Die dagegen erhobene Beschwerde des A.________ hiess das Kantonsgericht Luzern mit Entscheid vom 27. April 2015 gut, hob die Verfügung vom 13. Februar 2015 auf und wies die Sache an die IV-Stelle zur Durchführung eines Einigungsversuches bezüglich der Person des Gutachters zurück (Ziffer 1 Dispositiv).
C. Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt die Aufhebung von Ziffer 1 Dispositiv des angefochtenen Entscheides, die materielle Prüfung der von A.________ gegen den Gutachter Dr. med. B.________ erhobenen Einwände und die Bestätigung der (Zwischen-) Verfügung vom 13. Februar 2015. Eventualiter sei die Sache zur materiellen Prüfung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Erwägungen:
1. Beim vorinstanzlichen Rückweisungsentscheid handelt es sich um einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG, gegen welchen die Beschwerde nur zulässig ist, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführt und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Die zweite Voraussetzung fällt ausser Betracht. Auf die Beschwerde kann daher nur eingetreten werden, wenn der kantonale Rückweisungsentscheid einen irreparablen Nachteil bewirkt, was u.a. zutrifft, wenn die Verwaltung gezwungen wäre, eine ihres Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen (vgl. BGE 133 V 477 E. 5.2 S. 483 ff.).
 
2.
2.1. Das kantonale Gericht erwog, der Versicherte habe die ins Auge gefasste medizinische Fachrichtung in Frage gestellt und damit einen zulässigen materiellen Einwand erhoben, welcher zu einem Einigungsversuch hätte führen müssen. Die IV-Stelle habe sich vor Erteilung des Begutachtungsauftrags mit den Vorbringen des Versicherten nicht auseinandergesetzt, dessen Partizipationsrechte nicht hinreichend beachtet und mit ihrem Vorgehen das konsensorientierte Vorgehen vereitelt. Daher sei die Sache ohne materielle Prüfung der Einwände zur Durchführung eines Einigungsversuchs an die IV-Stelle zurückzuweisen.
2.2. Die Beschwerdeführerin rügt im Wesentlichen, der vorinstanzliche Rückweisungsentscheid ohne vorgängige materielle Prüfung der Einwände bedeute eine Rechtsverweigerung und entspreche einem formalistischen Leerlauf, der gegen Art. 61 lit. a ATSG verstosse, da sie auch in einem Einigungsverfahren aus den bereits dargelegten Gründen an Gutachter Dr. med. B.________ festhalten werde. Die mit der Umsetzung des angefochtenen Entscheids verbundene Verfahrensverzögerung wie auch dessen voraussichtlich präjudizielle Wirkung bewirkten einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil.
3. Die IV-Stelle kann zur Durchführung eines Einigungsversuchs verpflichtet werden, wenn bei der Anordnung eines Gutachtens grundsätzlich ein konsensorientiertes Vorgehen angezeigt ist (vgl. hiezu BGE 139 V 349 E. 4.2 S. 353) und sofern gegen den gewählten Gutachter zulässige oder stichhaltige Einwände geltend gemacht werden (Urteile 9C_718/2013 vom 12. August 2014 E. 4, in: SVR 2015 IV Nr. 3 S. 5, und 9C_560/2013 vom 6. September 2013 E. 2.3). Ob der vorinstanzliche Rückweisungsentscheid verbunden mit der Verpflichtung, einen Einigungsversuch durchzuführen, zu Recht erging, ist in diesem Verfahren nicht zu prüfen. Selbst aus der Pflicht, im Rahmen der medizinischen Sachverhaltsabklärung eine bundesrechtliche Verfahrensvorschrift zu missachten, erwächst der Beschwerdeführerin kein nicht wieder gutzumachender Nachteil (BGE 140 V 507 E. 3.2.2 S. 512; vgl. auch Urteil 9C_260/2015 vom 13. Mai 2015 E. 2). Da keine Partei zu einer Einigung gezwungen werden kann, bliebe beim Scheitern eines Konsenses die von der IV-Stelle zu treffende Verfügung davon unbeeinflusst (BGE a.a.O.). Praxisgemäss gilt der mit einer Rückweisung verbundene Mehraufwand nicht als nicht wieder gutzumachender Nachteil (BGE 139 V 99 E. 2.4 S. 103; Urteil 8C_512/2013 vom 13. Januar 2014 E. 3). Auf die Beschwerde ist mangels Erfüllung der Eintretensvoraussetzungen nicht einzutreten.
4. Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 BGG zu erledigen. Dem Verfahrensausgang entsprechend werden die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 30. Juni 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Einzelrichter: Meyer
Die Gerichtsschreiberin: Bollinger Hammerle