BGer 1C_606/2014
 
BGer 1C_606/2014 vom 11.05.2015
{T 0/2}
1C_606/2014
 
Urteil vom 11. Mai 2015
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Störi.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Armin Eugster,
gegen
B.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hubert Bühlmann,
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt Uznach,
Grynaustrasse 3, 8730 Uznach,
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt St. Gallen,
Schützengasse 1, 9001 St. Gallen.
Gegenstand
Ermächtigungsverfahren,
Beschwerde gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom 22. Oktober 2014.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
B.
 
C.
 
Erwägungen:
 
1.
 
2.
2.1. Eine einfache Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB begeht, wer vorsätzlich einen Menschen in anderer als schwerer im Sinne von Art. 122 StGB oder leichterer Weise im Sinne von Art. 126 StGB an Körper oder Gesundheit schädigt. Das Delikt wird auf Antrag verfolgt und mit Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet. Art. 123 StGB schützt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sowohl die körperliche Integrität als auch die psychische Gesundheit. Dabei gilt eine bloss vorübergehende, leichte Störung des Wohlbefindens nicht als Körperverletzung im Sinne dieser Bestimmung. Nimmt die psychische Beeinträchtigung indessen ein Ausmass an, das den Betroffenen über einen bestimmten Zeitraum erheblich leiden lässt, liegt eine einfache Körperverletzung vor (BGE 134 IV 189 E. 1.4).
2.1.1. Der Beschwerdeführer erlitt nach eigener Darstellung anfangs Februar 2014 einen Nervenzusammenbruch und wurde anschliessend vom Hausarzt krankgeschrieben. Seit dem 4. März 2014 befindet er sich in psychiatrischer Behandlung bei Dr. C.________. Dieser hält in seinem Zeugnis vom 25. Juni 2014 fest, nach einem jahrelangen Konflikt mit dem Rektor sei es zu einer Mobbingsituation gekommen, in welcher der Beschwerdeführer vom Schulleiter in demütigender Weise behandelt und seine Arbeit als Lehrer herabgewürdigt worden sei. Das habe zu einer depressiven Reaktion geführt, welche eine psychiatrische Behandlung erfordere. Diese sei aber nur begrenzt wirksam, solange der Konflikt nicht ohne persönliche Herabwürdigung gelöst werde.
2.1.2. Die Anklagekammer ist zum Schluss gekommen, dem Beschwerdeführer sei spätestens am 4. März 2014 die geltend gemachte Tat, deren angebliche Folgen und der mutmassliche Täter bekannt gewesen. Der Strafantrag vom 31. Juli 2014 sei damit nach Ablauf der dreimonatigen Antragsfrist, mithin verspätet gestellt worden. Der Beschwerdeführer hält dem im Wesentlichen entgegen, er habe erst mit dem Zeugnis von Dr. C.________ vom 25. Juni 2014 eine verlässliche Diagnose erhalten. Die Strafantragsfrist habe erst ab dem Zeitpunkt zu laufen begonnen, als er von der Diagnose Kenntnis erhalten habe, weshalb sein Strafantrag fristgerecht erfolgt sei.
2.1.3. Der Beschwerdeführer ist nach seiner plausiblen Darstellung seit dem Nervenzusammenbruch vom 4. Februar 2014 nicht mehr arbeitsfähig. Am 4. März 2014, als er sich in psychiatrische Behandlung begab, war er somit - aus seiner Sicht allein als Folge der vom Rektor gegen ihn geführten Mobbingkampagne - seit rund 4 Wochen in seiner psychischen Gesundheit so stark beeinträchtigt, dass er nicht mehr unterrichten konnte. Eine psychische Beeinträchtigung, die eine Arbeitsunfähigkeit von mehreren Wochen zur Folge hat, hat klarerweise Krankheitswert. Sie stellt nach dem erwähnten Entscheid des Bundesgerichts eine Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB dar, und zwar unabhängig davon, ob bereits eine genaue Diagnose der Krankheit vorliegt oder nicht. Die Anklagekammer hat kein Bundesrecht verletzt, indem sie davon ausging, dass dem Beschwerdeführer spätestens ab dem 4. März 2014 neben dem (für ihn schon lange feststehenden) Täter - dem Rektor - auch die Tat - die Körperverletzung in Form einer mehrwöchigen, psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeit - bekannt waren und dementsprechend die Strafantragsfrist (spätestens) ab diesem Datum zu laufen begann und am 31. Juli 2014 bereits abgelaufen war.
2.2. Des Amtsmissbrauchs im Sinne von Art. 312 StGB macht sich schuldig, wer als Beamter seine Amtsgewalt missbraucht, um sich oder einem anderen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einem anderen einen Nachteil zuzufügen. Dieses Delikt wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet.
2.2.1. Die Anklagekammer hält dazu fest, es würden konkrete Hinweise fehlen, dass der Rektor unter Missbrauch seiner Amtsgewalt die "berufliche Elimination" des Beschwerdeführers angestrebt habe. Zwar möge der Rektor in der Vergangenheit dienst- bzw. personalrechtliche Entscheide zum Nachteil des Beschwerdeführers getroffen haben; es gebe aber keine Hinweise darauf, dass er dies in unrechtmässiger Vorteils- oder Benachteiligungsabsicht im Sinne von Art. 312 StGB getan habe.
2.2.2. Hintergrund der Strafanzeige bildet ein seit Jahren bestehender arbeits- bzw. dienstrechtlicher Konflikt zwischen dem Beschwerdeführer und dem Beschwerdegegner.
2.2.3. Dieser arbeits- bzw. dienstrechtliche Konflikt zwischen dem Beschwerdeführer und dem Beschwerdegegner ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Zu prüfen ist einzig, ob ein Anfangsverdacht dafür besteht, dass sich der Beschwerdegegner bei diesem Konflikt nicht ausschliesslich von sachlichen Motiven leiten liess, sondern seine Amtsgewalt als Rektor missbrauchte, um den Beschwerdeführer zu benachteiligen. Entgegen der Auffassung der Anklagekammer liefert der Beschwerdeführer durchaus gewisse Hinweise dafür, dass seine Vorwürfe zutreffen könnten.
 
3.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. 
2. 
3. 
4. 
Lausanne, 11. Mai 2015
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Störi