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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
6B_1069/2014
Urteil vom 25. Februar 2015
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber Held.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Hensch,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Rechtswidriger Aufenthalt (Art. 115 Abs. 1 lit. b AuG),
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 4. September 2014.
Erwägungen:
1.
Der angolanische Staatsangehörige X.________ heiratete nach zwei abgewiesenen Asylgesuchen im Mai 1998 eine Schweizer Bürgerin, worauf ihm zunächst eine Aufenthaltsbewilligung und im September 2003 im Rahmen der erleichterten Einbürgerung das Schweizer Bürgerrecht erteilt wurde. Die Ehe wurde im Dezember 2007 geschieden und die erleichterte Einbürgerung im September 2008 für nichtig erklärt. Die dagegen von X.________ erhobenen Beschwerden hatten keinen Erfolg. Das Migrationsamt des Kantons Zürich widerrief am 18. Oktober 2012 die Niederlassungsbewilligung von X.________ und forderte diesen auf, die Schweiz bis spätestens 14. Januar 2013 zu verlassen. X.________ kam der unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Verfügung bis heute nicht nach.
Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte X.________ am 4. September 2014 im Berufungsverfahren wegen rechtswidrigen Aufenthalts im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. b AuG zu einer teilbedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 10.-.
2.
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils. Eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er bestreitet nicht, den objektiven und subjektiven Tatbestand von Art. 115 Abs. 1 lit. b AuG erfüllt zu haben, jedoch sei sein Aufenthalt in der Schweiz nach Entzug der Niederlassungsbewilligung bzw. nach Ablauf der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht rechtswidrig. Er "beruft sich auf den Rechtfertigungsgrund des Notstandes" und "macht - gestützt auf die EMRK - einen Aufenthaltstitel geltend". Er halte sich nun seit über 16 (recte 18) Jahren in der Schweiz auf und verfüge über keine Kontakte mehr zu seinem Heimatland. Die Nichtberücksichtigung der "letztendlich migrationsrechtlichen Komponenten des Verfahrens (...) negiere (...) die sich aus der EMRK ergebenden - ausgewiesenen und von der Schweiz zweiseitig anerkannten - Rechtsansprüche des Ausländers auf Aufenthalt".
3.
Der Beschwerdeführer setzt sich mit dem angefochtenen Entscheid nicht auseinander und legt zudem weder dar, dass der Entzug der Niederlassungsbewilligung nicht rechtmässig war, noch welche unmittelbare, nicht anders abwendbare Gefahr ihm bei einer Ausreise aus der Schweiz gedroht hätte. Seine persönlichen Motive (Lebenspartnerin, zwei Kinder, langjähriger Aufenthalt), weiterhin in der Schweiz verbleiben zu wollen, mögen zwar nachvollziehbar erscheinen, sind aber ungeeignet, eine Notstandslage im Sinn von Art. 17 StGB (vgl. hierzu: Urteil 6B_1056/2013 vom 20. August 2014 E. 5.1 mit Hinweisen) zu begründen.
Soweit der Beschwerdeführer sich indirekt gegen die verwaltungsrechtlichen Entscheide betreffend seiner Aufenthaltstitel wendet, verkennt er, dass die Vorinstanz wie auch das Bundesgericht an die gerichtlich beurteilte bzw. überprüfte und für rechtmässig befundene Nichtigerklärung des Schweizer Bürgerrechts gebunden sind und diese im Rahmen des vorliegenden strafrechtlichen Verfahrens nicht neu überprüft werden kann (BGE 129 IV 246 E. 2; Urteil 6B_1006/2008 vom 5. März 2009 E. 3.5.5.2). Der Beschwerdeführer hat den Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung und die Wegweisung durch das Migrationsamt des Kantons Zürich vom 18. Oktober 2013 gerichtlich nicht überprüfen, sondern unangefochten in Rechtskraft erwachsen lassen, weshalb diese im Strafverfahren auf offensichtliche Rechtsverletzungen und offensichtlichen Ermessensmissbrauch überprüft werden kann (vgl. BGE 129 IV 246 E. 2.1 f.; 124 IV 297 E. 4a; Urteil 6B_306/2014 vom 29. Januar 2015 E. 1.3). Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Umstände, die dem damals verfügenden Migrationsamt bereits bekannt waren, sind ungeeignet, eine (offensichtliche) Rechtsverletzung der Widerrufsverfügung aufzuzeigen. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Schweiz trotz Entzug der Niederlassungsbewilligung und nach Ablauf der Ausreisefrist erweist sich somit nicht nur als tatbestandsmässig, sondern auch als rechtswidrig im Sinn von Art. 115 Abs. 1 lit. b AuG. Der angefochtene Entscheid verletzt kein Bundesrecht.
4.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ist abzuweisen, da die Beschwerde von vornherein als aussichtslos erschien (Art. 64 Abs. 1 BGG; vgl. dazu BGE 138 III 217 E. 2.2.4). Seiner finanziellen Lage ist mit einer herabgesetzten Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 25. Februar 2015
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Der Gerichtsschreiber: Held