BGer 8C_757/2014
 
BGer 8C_757/2014 vom 16.01.2015
{T 0/2}
8C_757/2014
 
Urteil vom 16. Januar 2015
 
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Jancar.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokatin Monica Armesto,
Beschwerdeführer,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung (Invalidenrente, Integritätsentschädigung),
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 17. Juli 2014.
 
Sachverhalt:
A. Der 1958 geborene A.________ betreibt als selbstständig Erwerbender die Firma B.________ GmbH und ist damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch unfallversichert. Am 8. Mai 2008 zog er sich ein Supinationstrauma mit einer Weber-A-Fraktur am linken oberen Sprunggelenk (OSG) zu. Am 6. Februar 2009 nahm Dr. med. C.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie FMH und Sportmedizin SGSM, eine fibulotalare Bandplastik links vor. Wegen anhaltenden Beschwerden führte Dr. med. C.________ am 8. März 2010 eine ambulante Kontroll-Arthroskopie durch, wobei ein Corpus liberum links unterhalb des Malleolus entfernt wurde. Am 18. August 2010 fiel der Versicherte von einer Bockleiter auf das linke Gesäss, worauf er einen Schmerz im linken Gesäss mit Ausstrahlungen in den linken Fuss verspürte; als Folge dieses Unfalls diagnostizierte Dr. med. C.________, Spezialarzt für Neurologie FMH, im Bericht vom 22. Dezember 2010 eine traumatische Diskushernie L5/S1 links mit radikulärer Symptomatik in L5 links. Im Spital D.________ erfolgte am 31. Oktober 2011 eine Dekompression L4/S1 und eine Revision der Bandscheibe L4/5 sowie L5/S1 und am 23. Oktober 2012 eine frustrane Diskographie L5/S1 sowie eine Diskographie L4/5. Die SUVA kam bezüglich beider Unfälle für die Heilbehandlung und das Taggeld auf. Mit Verfügung vom 21. Februar 2013 stellte sie die Leistungen für beide Unfälle per 28. Februar 2012 ein. Die Einsprache des Versicherten wies sie mit Entscheid vom 3. März 2014 ab.
B. Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 17. Juli 2014 ab.
C. Mit Beschwerde beantragt der Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei die SUVA zu verpflichten, ihm die gesetzlichen Leistungen betreffend den Unfall vom 8. Mai 2008 über den 28. Februar 2013 hinaus auszurichten, insbesondere den Anspruch auf Rentenleistungen und Integritätsentschädigung zu prüfen.
Die SUVA schliesst auf Beschwerdeabweisung. Das Bundesamt für Gesundheit und die Vorinstanz verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1. Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren beanstandeten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
2. Die Vorinstanz hat die Grundlagen über den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers erforderlichen natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 111) sowie den Wegfall unfallbedingter Ursachen eines Gesundheitsschadens bei Erreichen des Status quo sine vel ante (SVR 2011 UV Nr. 4 S. 12 E. 3.2 [8C_901/2009]) richtig dargelegt. Gleiches gilt betreffend den Untersuchungsgrundsatz (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG) und den Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V 218 E. 6 S. 221) sowie den Beweiswert von Arztberichten (BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229, 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 125 V 351). Darauf wird verwiesen.
3. Streitig und zu prüfen ist, ob die SUVA für die am 8. Mai 2008 erlittene Fussverletzung links über den 28. Februar 2013 hinaus leistungspflichtig ist. Betreffend den Unfall vom 18. August 2010 blieb der vorinstanzliche Entscheid unangefochten.
3.1. Die Vorinstanz hat im Wesentlichen erwogen, in den Berichten vom 31. Mai 2010 und 28. Juli 2010 habe Dr. med. C.________ jeweils eine Arbeitsfähigkeit von 75 % attestiert. Im erstgenannten Bericht habe er ausgeführt, das OSG sei stabil; subjektiv fühle sich der Versicherte besser, wenn auch nicht beschwerdefrei. In der Notiz vom 13. Februar 2013 habe der Kreisarzt Dr. med. E.________ ohne Untersuchung des Versicherten aufgrund der Aktenlage ohne weitere Begründung eine volle Arbeitsfähigkeit bejaht. Die letzte ärztliche Untersuchung, die sich mit der Fussverletzung auseinandergesetzt habe, habe am 28. Juli 2010 stattgefunden; damals sei eine 75%ige Arbeitsfähigkeit attestiert worden. Eine weitere Kontrolle, die im September 2010 vorgesehen gewesen sei, habe der Versicherte nicht wahrgenommen. Die medizinische Aktenlage zum Status des Sprunggelenks sei somit nicht besonders umfangreich. Dagegen könne jedoch festgestellt werden, dass ein Taggeldanspruch bereits mit der im letzten Bericht vom 28. Juli 2010 attestierten 75%igen Arbeitsfähigkeit entfallen würde (Art. 25 Abs. 3 UVV). Seit Juli 2010 habe der Versicherte nicht mehr über Beschwerden im Sprunggelenk geklagt; er habe vielmehr ein gelegentliches Kribbeln im Bein und vom Rücken in das Bein ausstrahlende Schmerzen geltend gemacht. Diese ausstrahlenden Beschwerden, die im Zusammenhang mit der Diskushernie stünden, würden denn auch in den medizinischen Akten erwähnt. Hinweise auf konkrete Beschwerden am Sprunggelenk oder auf eine Verschlechterung des Zustandes am linken Fuss seien den medizinischen Berichten seit 2010 nicht zu entnehmen. Es lägen auch keine neuen ärztliche Atteste vor, die diesbezüglich eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigen würden. Bei Fehlen konkreter Hinweise auf andauernde Beschwerden am linken Fussgelenk und einer fehlenden ärztlichen Untersuchung seit mehr als zweieinhalb Jahren habe die SUVA zu Recht auf die kreisärztlichen Einschätzungen vom 7. bzw. 13. Februar 2013 abgestellt, wonach bezüglich des Unfalls vom 8. Mai 2008 weder ein Integritätsschaden noch eine Arbeitsunfähigkeit bestünden.
3.2. Der Versicherte beruft sich unter anderem auf die Berichte des Spitals D.________ vom 9. März 2011 und 19. Januar 2012, welche die Rückenverletzung vom 18. August 2010 betrafen. Hierin wurden Beinschmerzen links bzw. Lumboischialgien links festgehalten, die bis in die Grosszehe links ausstrahlten. Der Versicherte macht geltend, die ärztliche Behandlung habe sich auf den wesentlich im Vordergrund stehenden Rückenschmerz und dessen Therapieresistenz konzentriert und nicht auf die damals eher im Hintergrund stehenden Restbeschwerden im linken Fuss, zumal eine Abgrenzung äussert schwierig erscheine. Auch habe er der SUVA gegenüber immer wieder erwähnt, dass er noch Beschwerden am linken Fuss habe.
Am 18. Januar 2013 teilte der Versicherte der SUVA mit, die Rückenproblematik habe im Vordergrund gestanden; er habe teilweise ein Kribbeln im linken Bein und die Beschwerden zögen vom Rücken in das linke Bein; ob Ursache dieser Beschwerden der Unfall im Jahre 2008 sei oder dies alles mit der Rückengeschichte zusammenhänge, könne er nicht sagen. In der Folge verneinten hinsichtlich des linken Fusses die Kreisärzte Dr. med. F.________ am 7. Februar 2013 einen Integritätsschaden und Dr. med. E.________ am 13. Februar 2013 eine Arbeitsunfähigkeit; sie haben den Versicherten indessen nicht untersucht und für ihre Standpunkte keinerlei Begründung geliefert, was der Versicherte zu Recht rügt. Zudem macht er geltend, die Kreisärzte hätten nicht über aktuelle Röntgenbilder des verletzten Fusses verfügt.
Aufgrund dieser Aktenlage bestehen zumindest geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der kreisärztlichen Beurteilungen vom 7. und 13. Februar 2013, weshalb darauf nicht abgestellt werden kann (BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229). Es ist nicht rechtsgenüglich geklärt, ob bezüglich des linken Fusses im Zeitpunkt der Leistungseinstellung per 28. Februar 2013 überwiegend wahrscheinlich noch unfallbedingte, zu einer Arbeitsunfähigkeit und/oder zu einem Integritätsschaden führende Beschwerden vorlagen. Selbst wenn - wie die Vorinstanz argumentierte - die am 28. Juli 2010 ärztlich attestierte, damals noch auf den Unfall vom 8. Mai 2008 zurückgeführte 25%ige Arbeitsunfähigkeit keinen Taggeldanspruch begründet (Art. 25 Abs. 3 UVV), hat es damit nicht sein Bewenden. Denn die SUVA hat - falls von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes mehr erwartet werden kann und allfällige Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung abgeschlossen sind - unter Einstellung von Heilbehandlung und Taggeld den Anspruch auf Invalidenrente und Integritätsentschädigung zu prüfen (Art. 19 Abs. 1 UVG; BGE 134 V 109 E. 4.1 S. 113).
Soweit die SUVA vernehmlassungsweise auf ihre Ausführungen in der vorinstanzlichen Rechtsschrift vom 16. Mai 2014 verweist, ist dies unzulässig (BGE 134 II 244; SVR 2010 UV Nr. 9 S. 35 E. 6 [8C_286/2009]; Urteil 8C_23/2014 vom 26. März 2014 E. 7). Unbehelflich ist bei derzeitigen Aktenstand ihr pauschaler Einwand, gegen die Beschwerdesymptomatik spreche, dass der Versicherte bis heute keine weitere ärztliche Behandlung für seine Fussbeschwerden in Anspruch genommen habe.
Nach dem Gesagten ist die Sache an die SUVA zurückzuweisen, damit sie eine medizinische Abklärung - in deren Rahmen der Versicherte persönlich zu untersuchen und deren Resultat schlüssig und nachvollziehbar zu begründen ist - veranlasse und gestützt hierauf über den Leistungsanspruch bezüglich der Fussproblematik links neu verfüge.
4. Die unterliegende SUVA trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 2 BGG; BGE 137 V 210 E. 7.1 S. 271).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 17. Juli 2014 und der Einspracheentscheid der SUVA vom 3. März 2014 werden betreffend den Unfall vom 8. Mai 2008 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die SUVA zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
4. Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, zurückgewiesen.
5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 16. Januar 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Leuzinger
Der Gerichtsschreiber: Jancar