BGer 1C_106/2014
 
BGer 1C_106/2014 vom 08.04.2014
{T 1/2}
1C_106/2014
 
Urteil vom 8. April 2014
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Karlen,
Gerichtsschreiber Uebersax.
 
Verfahrensbeteiligte
Christoph  Zehntner,
Beschwerdeführer,
gegen
Regierung des Kantons Graubünden, Graues Haus, Reichsgasse 35, 7001 Chur.
Gegenstand
Eidgenössische Volksabstimmung vom 9. Februar 2014 i.S. Volksinitiative vom 14. Februar 2014 Gegen Masseneinwanderung,
Beschwerde gegen den Entscheid vom 25. Februar 2014 der Regierung des Kantons Graubünden.
 
Sachverhalt:
A. Am 9. Februar 2014 fand die eidgenössische Volksabstimmung über die Volksinitiative "Gegen Masseneinwanderung" zur Einführung des neuen Art. 121a BV statt (vgl. BBl 2013 8795). Die definitiven amtlichen Ergebnisse für den Kanton Graubünden wurden im Kantonsamtsblatt Nr. 7 vom 13. Februar 2014 veröffentlicht. Danach wurde die Volksinitiative im Kanton Graubünden mit 35'721 Ja-Stimmen gegenüber 34'889 Nein-Stimmen angenommen. Von den insgesamt eingelegten 71'838 Stimmzetteln waren 511 leer und 717 ungültig.
 
B.
B.a. Mit Eingabe vom 13. Februar 2014 erhob Christoph Zehntner Beschwerde gegen das Ergebnis im Kanton Graubünden und beantragte, die Abstimmung für ungültig zu erklären. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, die Abstimmung sei äusserst knapp ausgegangen; es gebe Hinweise dafür, dass dieses Resultat nicht rechtskonform zustande gekommen sei; die Schwierigkeiten bei der Ermittlung des korrekten Ergebnisses in St. Martin/GR seien dafür symptomatisch. Überdies seien grosse Teile der stimmberechtigten Bevölkerung offensichtlich überfordert und durch die demagogische, realitätsfremde Argumentation einiger Befürworter der Volksinitiative hochgradig verwirrt gewesen.
B.b. Mit Entscheid vom 25. Februar 2014 wies die Regierung des Kantons Graubünden die Abstimmungsbeschwerde ab.
C. Christoph Zehntner führt beim Bundesgericht Stimmrechtsbeschwerde mit dem Antrag, die Abstimmung zur Volksinitiative "Gegen Masseneinwanderung" vom 9. Februar 2014 für ungültig zu erklären.
D. Die Regierung des Kantons Graubünden schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Mit der Beschwerde nach Art. 82 lit. c BGG kann die Verletzung von politischen Rechten geltend gemacht werden. Von der Beschwerde werden sowohl eidgenössische als auch kantonale und kommunale Stimmrechtssachen erfasst (Art. 88 Abs. 1 BGG).
1.2. Nach Art. 77 Abs. 1 lit. b BPR kann bei der Kantonsregierung wegen Unregelmässigkeiten bei eidgenössischen Abstimmungen Beschwerde (Abstimmungsbeschwerde) geführt werden. Dagegen kann nach Art. 80 BPR gemäss den Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes Beschwerde beim Bundesgericht erhoben werden (vgl. BGE 136 II 132). Die Kantonsregierung ist Vorinstanz im Sinne von Art. 88 Abs. 1 lit. b BGG. Eine direkte Beschwerde an das Bundesgericht ist ausgeschlossen (BGE 137 II 177 E. 1.2 und 1.3 S. 178 ff.; vgl. auch BGE 138 I 61).
1.3. Das Beschwerderecht steht gemäss Art. 89 Abs. 3 BGG jeder Person zu, die in der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist. Der Beschwerdeführer ist in eidgenössischen Abstimmungen stimmberechtigt, wohnt jedoch ausserhalb des Kantons Graubünden. Wieweit er trotzdem beschwerdelegitimiert ist, kann offen bleiben.
1.4. Wird wie hier die Verletzung von Grundrechten geltend gemacht, prüft dies das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht behandelt nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 135 III 127 E. 1.6 S. 130; 133 II 249 E. 1.4 S. 254 f.).
2. Der Beschwerdeführer macht sinngemäss eine Verletzung der Abstimmungsfreiheit nach Art. 34 Abs. 2 BV geltend. Ob er das rechtsgültig rügt, erscheint fraglich, kann aber dahingestellt bleiben. Seine Ausführungen genügen so oder so nicht, um einen Verstoss gegen die Abstimmungsfreiheit nachzuweisen. Dass in der Kleingemeinde St. Martin zunächst die fünf Nein-Stimmen (die 38% aller dortigen Stimmen ausmachten) unberücksichtigt blieben, vermag nicht einen Mangel am gesamten Abstimmungsergebnis zu belegen. Ebenso wenig ist erstellt, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in massgeblicher Anzahl erheblich verwirrt und in ihrer Urteilskraft eingeschränkt gewesen wären, wie der Beschwerdeführer behauptet. Schliesslich sind auch die von den Initianten im Abstimmungskampf verwendeten Argumente, die der Beschwerdeführer als unlautere Propaganda bezeichnet, nicht als derart falsch oder irreführend zu beanstanden, dass dadurch die Abstimmungsfreiheit verletzt worden wäre, wie der Beschwerdeführer meint. Vereinfachungen und Übertreibungen gehören zur Politik und sind in Abstimmungskämpfen üblich und solange unproblematisch, als sie nicht auf eine unzulässige Beeinflussung des Stimmvolkes hinauslaufen. Überdies sind die entsprechenden Anforderungen gegenüber den Urhebern einer Initiative und den politischen Parteien deutlich weniger hoch als gegenüber den Behörden. Der Beschwerdeführer vermag bei weitem keine genügenden Anhaltspunkte zu liefern, dass der Volkswille bei der hier fraglichen Abstimmung verfälscht worden wäre.
3. Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 1000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Regierung des Kantons Graubünden und der Schweizerischen Bundeskanzlei schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. April 2014
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Uebersax