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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
2C_332/2013
Urteil vom 6. Dezember 2013
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Kneubühler,
Gerichtsschreiber Zähndler.
Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.________,
beide vertreten durch Fürsprecher Luigi R. Rossi,
Beschwerdeführerinnen,
gegen
Migrationsamt des Kantons St. Gallen,
St. Leonhard-Strasse 40, 9001 St. Gallen,
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen, Oberer Graben 32, 9000 St. Gallen.
Gegenstand
Erlöschen / Nichterteilung der Aufenthaltsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 12. März 2013.
Sachverhalt:
A.
A.A.________ (geb. 1983) stammt aus den Philippinen, wo sie am 9. Mai 2007 den Schweizer Bürger C.A.________ heiratete. In der Folge reiste sie am 23. August 2007 in die Schweiz ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung zwecks Verbleib beim Ehemann. Am 14. August 2009 gelangte sodann B.________ (geb. 2003) unter dem Titel des Familiennachzugs ebenfalls in die Schweiz; gegenüber dem Migrationsamt gab A.A.________ das Kind als ihre Tochter aus, doch handelt es sich in Wirklichkeit um ihre Nichte, das Kind ihrer Schwester. Offenbar ist eine Adoption B.________ geplant, wobei dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen ist.
B.
Im September 2010 reisten A.A.________ und ihre Nichte nach den Philippinen aus, wo sie für mehrere Monate verblieben. Grund für diesen Aufenthalt war angeblich die Absolvierung eines Ausbildungskurses als Krankenpflegerin. Nach Abschluss des Kurses kehrten A.A.________ und ihre Nichte im März / Anfang April 2011 für eine Woche in die Schweiz zurück. Anschliessend hielten sie sich wieder ausschliesslich auf den Philippinen auf.
Am 22. September 2011 stellte C.A.________ ein neues Gesuch um Familiennachzug, worauf das Migrationsamt des Kantons St. Gallen am 13. Oktober 2011 die Ermächtigung zur Ausstellung des Visums für A.A.________ und B.________ erteilte. Am 21. Dezember 2011 reisten die beiden erneut in die Schweiz ein.
Bereits am 30. Dezember 2011 teilte C.A.________ den St. Galler Behörden allerdings mit, er lebe ab sofort getrennt von seiner Frau und wolle sich scheiden lassen. Aufgrund dessen widerrief das Migrationsamt mit Verfügung vom 13. Februar 2012 die Ermächtigung zur Visumserteilung und verweigerte A.A.________ und B.________ die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung. Gegen diese Verfügung wehrten sich die beiden erfolglos beim Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen. Am 12. März 2013 wies auch das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen eine von ihnen erhobene Beschwerde ab.
C.
Mit Eingabe vom 16. April 2013 erheben A.A.________ (Beschwerdeführerin 1) und B.________ (Beschwerdeführerin 2) beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts. Sie beantragen dessen Aufhebung sowie (sinngemäss) die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung; ausserdem beantragen sie die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Das Sicherheits- und Justizdepartement sowie das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen und das Bundesamt für Migration beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Für das Eintreten genügt es, wenn der Betroffene in vertretbarer Weise dartut, dass potenziell ein Anspruch auf die Bewilligung besteht. Dies ist hier der Fall: Die Beschwerdeführerinnen berufen sich darauf, dass die Beziehung der Beschwerdeführerin 1 mit ihrem Schweizer Gatten mehr als drei Jahre angedauert habe, weshalb ihr nun ein selbständiger Anspruch auf Verlängerung resp. Erteilung der Aufenthaltsbewilligung zustehe. Aufgrund der engen Beziehung zu ihrer Tante komme auch der Beschwerdeführerin 2 ein Anwesenheitsrecht in der Schweiz zu. Ob diese Behauptungen zutreffen, bzw. ob die Voraussetzungen für eine Bewilligungserteilung tatsächlich erfüllt sind, bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179 f.).
1.2. Die Beschwerde wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von zwei durch die Entscheidung besonders berührten Personen mit einem schutzwürdigen Interesse an deren Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG) eingereicht. Sie richtet sich gegen einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG sowie Art. 90 BGG). Auf die Beschwerde kann daher unter dem Vorbehalt der nachstehenden Erwägung grundsätzlich eingetreten werden.
1.3. Die Beschwerdeführerinnen beantragen die (umfassende) Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils. Mit dessen Dispositivziffer 2, in welcher das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Verfahren vor Verwaltungsgericht abgewiesen wurde, setzen sie sich in ihrer Beschwerde indessen nicht auseinander. Sie beantragen zwar diese Rechtswohltat auch für das Verfahren vor dem Bundesgericht, legen jedoch nicht dar, inwiefern das Verwaltungsgericht durch die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege bundesrechtliche Ansprüche verletzt oder Bestimmungen des kantonalen Rechts willkürlich angewendet hätte (vgl. Art. 95 BGG). Diesbezüglich kommen sie ihrer Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG) nicht nach, weshalb auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten ist.
2.
2.1. Ausländische Ehegatten von Schweizer Bürgern haben unter Vorbehalt von Art. 51 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG; SR 142.20) Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit ihrem Partner zusammenwohnen (Art. 42 Abs. 1 AuG). Das Erfordernis des Zusammenwohnens besteht nicht, wenn für getrennte Wohnorte wichtige Gründe geltend gemacht werden und die Familiengemeinschaft weiter besteht (Art. 49 AuG). Der Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Art. 42 besteht sodann trotz Auflösens bzw. definitiven Scheiterns der Ehegemeinschaft fort, wenn diese mindestens drei Jahre gedauert und die betroffene ausländische Person sich hier erfolgreich integriert hat (Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG; BGE 136 II 113 E. 3.3.3 S. 119). Eine (relevante) Ehegemeinschaft liegt vor, solange die eheliche Beziehung tatsächlich gelebt wird und ein gegenseitiger Ehewille besteht. Dabei ist im Wesentlichen auf die Dauer der nach aussen wahrnehmbaren ehelichen Wohngemeinschaft abzustellen (BGE 137 II 345 E. 3.1.2 f. S. 347). Indes erlöscht eine bereits erteilte Kurzaufenthaltsbewilligung nach drei Monaten, eine Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligung nach sechs Monaten, wenn die Ausländerin oder der Ausländer die Schweiz verlässt, ohne sich abzumelden. Auf Gesuch hin kann die Niederlassungsbewilligung während vier Jahren aufrechterhalten werden (Art. 61 Abs. 2 AuG).
2.2. Wie bereits ausgeführt, beruft sich die Beschwerdeführerin 1 darauf, dass sie zwischen August 2007 und September 2010 in der Schweiz mit ihrem Ehegatten zusammengelebt habe. Da das eheliche Zusammenleben in der Schweiz somit mehr als drei Jahre angedauert habe, stehe ihr auch nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft ein eigenständiger Anspruch auf Verlängerung resp. Erteilung der Aufenthaltsbewilligung gem. Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG zu. Insbesondere erfülle sie auch die Voraussetzung der erfolgreichen Integration im Sinne dieser Bestimmung.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden: Zwar ist es möglich, dass die Beschwerdeführerin 1 durch die mehr als dreijährige Dauer der ehelichen Gemeinschaft in der Schweiz im September 2010 einen grundsätzlichen Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung erworben hatte. Indessen ist ihre Bewilligung gem. Art. 61 Abs. 2 AuG aufgrund ihrer länger als sechs Monate andauernden Auslandabwesenheit erloschen, was sie denn auch nicht bestreitet. Insgesamt dauerte die Abwesenheit der Beschwerdeführerin sogar rund 15 Monate an; kurze, ferienbedingte Aufenthalte in der Schweiz sind praxisgemäss unbeachtlich, da sie keine Integration des Ausländers zur Folge haben (Urteile 2C_1224/2012 vom 26. August 2013 E. 2.1; 2C_609/2011 vom 3. April 2012 E. 3.6).
Im vorliegenden Fall ist zudem festzuhalten, dass nicht nur der formelle Aufenthaltstitel erloschen ist, sondern dass aufgrund des langen Getrenntlebens der Beschwerdeführerin 1 von ihrem schweizerischen Gatten auch materiell nicht von einer ununterbrochen gelebten ehelichen Gemeinschaft ausgegangen werden kann: Während für die Zeit des behaupteten Ausbildungskurses (September 2010 bis März 2011) wichtige Gründe für getrennte Wohnsitze gem. Art. 49 AuG allenfalls vorstellbar wären, sind solche für die Zeit von April 2011 bis Dezember 2011 nicht ersichtlich, und es wurden auch keine diesbezüglichen Behauptungen aufgestellt. Aus diesem Grund würde die Erteilung einer neuen Aufenthaltsbewilligung a priori voraussetzen, dass es zu einer ernsthaften Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft der Beschwerdeführerin 1 mit ihrem in der Schweiz lebenden Gatten gekommen wäre. Davon kann hier allerdings keine Rede sein, verbrachte die Beschwerdeführerin 1 doch nach ihrer erneuten Einreise - im Anschluss an die rund 15-monatige Landesabwesenheit - gerade mal einige wenige Tage in der Wohnung ihres schweizerischen Ehemanns. Bei dieser Sachlage kann sich die Beschwerdeführerin von vornherein nicht auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG stützen; eine Prüfung der weiteren Bewilligungsvoraussetzungen, namentlich des Kriteriums der erfolgreichen Integration, erübrigt sich.
2.3. Die Beschwerdeführerin 2 macht zu Recht keine eigenständige Anwesenheitsberechtigung in der Schweiz geltend, sondern sie begründet ihr Begehren ausschliesslich mit dem behaupteten Anspruch der Beschwerdeführerin 1 auf eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz. Wie in der vorstehenden Erwägung ausgeführt, kommt der Beschwerdeführerin 1 jedoch kein Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu, weshalb die Beschwerdeführerin 2 als Konsequenz auch kein - allenfalls aus Art. 8 EMRK abgeleitetes - Anwesenheitsrecht beanspruchen kann. Auch ihre Beschwerde ist somit unbegründet.
3.
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Da die Beschwerde als aussichtslos zu bezeichnen ist, kann dem Gesuch der Beschwerdeführerinnen um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG e contrario). Die Beschwerdeführerinnen haben somit die Gerichtskosten unter solidarischer Haftbarkeit zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kreisgericht und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. Dezember 2013
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Zähndler