BGer 8F_6/2013
 
BGer 8F_6/2013 vom 25.06.2013
{T 0/2}
8F_6/2013
 
Urteil vom 25. Juni 2013
 
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Batz.
 
Verfahrensbeteiligte
D.________,
vertreten durch K.________,
Gesuchstellerin,
gegen
IV-Stelle Bern, Scheibenstrasse 70, 3014 Bern,
Gesuchsgegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Wiederherstellung der Beschwerdefrist gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 19. Februar 2013 (Urteil des
Schweizerischen Bundesgerichts 8C_246/2013 vom 23. April 2013).
 
Sachverhalt:
Mit Urteil 8C_246/2013 vom 23. April 2013 ist das Bundesgericht auf eine Beschwerde, die D.________ gegen einen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 19. Februar 2013 (betreffend die Verfügung der IV-Stelle Bern vom 30. Juli 2012) erheben liess, mangels gültiger Einreichung des Rechtsmittels nicht eingetreten.
Nachdem der Vertreter der Versicherten dem Bundesgericht am 25. April 2013 (Poststempel) die seines Erachtens "verbesserte Beschwerde" zugestellt hatte, teilte ihm das Gericht am 6. Mai 2013 mit, dass die Eingabe vom 25. April 2013 erst nach Ablauf der Beschwerdefrist sowie nach der Urteilsfällung zugestellt worden sei und daher in diesem Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden könne.
Mit Eingaben vom 13. und 21. Mai 2013 (Poststempel) gelangt der Vertreter der Versicherten erneut an das Bundesgericht und ersucht (nach Rückfrage seitens des Gerichts betreffend Dossiereröffnung) um Wiederherstellung der Frist zur Beschwerdeeinreichung.
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
 
Erwägungen:
 
1.
Eine versäumte Frist kann gemäss Art. 50 Abs. 1 BGG wiederhergestellt werden, wenn der Gesuchsteller nachweist, dass er oder sein Vertreter durch einen anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten worden ist, fristgerecht zu handeln, sofern die Partei unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt. Laut Art. 50 Abs. 2 BGG kann die Wiederherstellung auch nach Eröffnung des Urteils bewilligt werden; wird sie bewilligt, so wird das Urteil aufgehoben.
 
2.
Die Gesuchstellerin lässt in ihrem Fristwiederherstellungsgesuch geltend machen, ihr Vertreter habe am 9. April 2013 von der Kanzlei des Bundesgerichts die falsche telefonische Auskunft erhalten, dass "zum Endzeitpunkt der Beschwerdefrist - 12. April 2013 - die Dauer der Gerichtsferien von 15 Tagen hinzugezählt werden könne", was bedeutet habe, "dass die Beschwerdefrist am 29. April 2013 ablaufe". Er habe daher in gutem Glauben die verbesserte Beschwerdeschrift am 25. April 2013 eingereicht, weshalb die Frist wiederherzustellen und auf die Beschwerde einzutreten sei.
Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Zwar verleiht der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben einer Person unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens namentlich in unrichtige Zusicherungen oder Auskünfte einer Behörde (BGE 131 V 472 E. 5 S. 480 und 131 II 627 E. 6.1 S. 636 f.; Urteile 2C_842/2009 vom 21. Mai 2010 und 1C_242/2007 vom 11. Juni 2008 E 3.3.1; je mit Hinweisen). Indessen kann als Folge des Vertrauensschutzes eine vom Gesetz abweichende Behandlung eines Rechtssuchenden und damit die Wiederherstellung einer Beschwerdefrist nur in Betracht fallen, wenn die Voraussetzungen des Vertrauensschutzes klar und eindeutig erfüllt sind, was hier nicht der Fall ist. Zudem gilt es auch zu berücksichtigen, dass der Vertreter der Gesuchstellerin - nach Einreichung seiner nicht rechtsgenüglichen Beschwerde vom 27. März 2013 - von der Bundesgerichtskanzlei am 8. April 2013 neben den Formerfordernissen von Rechtsmitteln hinsichtlich Begehren und Begründung ausdrücklich auf die nur innert der Beschwerdefrist (unter Hinweis auf deren Berechnung einschliesslich Regelung des Fristenstillstandes sowie nicht möglicher Erstreckbarkeit) noch bestehende Verbesserungsmöglichkeit der mangelhaften Eingabe hingewiesen wurde, weshalb vorliegend für eine Anwendung des Vertrauensschutzes kein Raum besteht.
Im Übrigen hat d ie Rechtsprechung erkannt, dass in Bezug auf mündliche und namentlich telefonische Zusicherungen und Auskünfte die blosse, unbelegte Behauptung einer telefonischen Auskunft oder Zusage nicht genügt, um einen Anspruch aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes zu begründen; praxisgemäss ist eine nicht schriftlich belegte telefonische Auskunft zum Beweis von vornherein kaum geeignet (vgl. Urteile 2C_842/2009 vom 21. Mai 2010 und 2C_728/2009 vom 15. März 2010 E. 3.2 mit Hinweisen). So verhält es sich auch im vorliegenden Fall, zumal die Ausführungen des Vertreters der Gesuchstellerin zum Fristenlauf in keiner Weise nachvollziehbar sind: Vorliegend hat vielmehr die nach der Eröffnung des vorinstanzlichen Entscheides vom 28. Februar 2013 am 1. März 2013 beginnende Frist unter Berücksichtigung des Fristenstillstandes vom 24. März bis und mit 7. April 2013- worauf im Schreiben des Bundesgerichts vom 8. April 2013 ausdrücklich hingewiesen wurde - (Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG) am 15. April 2013 geendet. Schon weil ein gemäss Gesuchstellerin vorzunehmendes "Hinzuzählen von 15 Tagen" zufolge "Gerichtsferien" nach diesem Datum im Widerspruch zum Zeitraum des schriftlich mitgeteilten Fristenstillstandes steht, kann die behauptete falsche Auskunft der Bundesgerichtskanzlei und damit der geltend gemachte Fristwiederherstellungsgrund hier nicht als nachgewiesen gelten. Da die Gesuchstellerin hiefür beweisbelastet ist (vgl. AMSTUTZ/ARNOLD, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 14 zu Art. 50 BGG mit Hinweisen), muss das Wiederherstellungsgesuch als unbegründet abgewiesen werden.
 
3.
Selbst wenn im Übrigen das Vorliegen eines Wiederherstellungsgrundes als erstellt erachtet würde, käme hier eine Fristwiederherstellung nicht in Betracht. Denn der Vertreter der Gesuchstellerin hat es jedenfalls - entgegen der in Art. 50 Abs. 1 in fine BGG statuierten Regelung - unterlassen, die versäumte Rechtshandlung innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses nachzuholen, d.h. hier die Einreichung einer rechtsgenüglichen Beschwerde vorzunehmen. Die dem Bundesgericht innerhalb der 30-tägigen Frist zugestellte einzige als Beschwerde in Betracht fallende Eingabe vom 25. April 2013 stellt - entgegen der Meinung des Vertreters der Gesuchstellerin (vgl. Gesuch vom 13. Mai 2013) - wie schon die Eingabe vom 27. März 2013 (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 8C_246/2013 vom 23. April 2013) wiederum kein gültiges, den gesetzlichen Anforderungen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) genügendes Rechtsmittel dar: Auch diese Eingabe enthält (abgesehen von einem fraglichen rechtsgenüglichen Begehren) namentlich keine in konkreter und hinreichend substanziierter Weise vorgenommene Auseinandersetzung mit den Erwägungen des angefochtenen vorinstanzlichen Entscheides - insbesondere bezüglich der gutachterlich attestierten Arbeitsfähigkeit sowie dem letztlich entscheidwesentlichen Einkommensvergleich, zu dem in der Eingabe mit keinem Wort Stellung genommen wird -, indem jedenfalls weder gerügt noch aufgezeigt wird, inwiefern das kantonale Gericht im Sinne von Art. 95 f. BGG Recht verletzt bzw. - soweit überhaupt beanstandet - den Sachverhalt gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG qualifiziert unrichtig oder als auf einer Rechtsverletzung beruhend festgestellt haben sollte.
Fehlt es somit auch an einer Nachholung der versäumten Rechtshandlung innert der vorgeschriebenen Frist, kann dem Wiederherstellungsgesuch auch aus diesem Grunde nicht stattgegeben werden. Das Gesuch ist auch insoweit abzuweisen.
 
4.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Gesuchstellerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Das Fristwiederherstellungsgesuch wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Gesuchstellerin auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 25. Juni 2013
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Leuzinger
Der Gerichtsschreiber: Batz