BGer 2C_892/2012
 
BGer 2C_892/2012 vom 24.09.2012
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
2C_892/2012
2C_893/2012
Urteil vom 24. September 2012
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mathias Völker (2C_892/2012) bzw. Dr. Guido Hensch (2C_893/2012),
gegen
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Migrationsamt, Postfach, 8090 Zürich,
Regierungsrat des Kantons Zürich,
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich.
Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Kammer, vom 23. Juli 2012.
Erwägungen:
1.
X.________ (geb. 1974) stammt aus Senegal. Er durchlief in der Schweiz unter falscher Identität erfolglos ein Asylverfahren. Am 10. Januar 2003 heiratete er eine von den Philippinen stammende Schweizerin (geb. 1958), worauf ihm eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Gattin erteilt wurde. Zwischen 2000 und 2011 wurde X.________ wiederholt als Kleindealer ("Chügelischlücker") straffällig, wobei er (neben den entsprechenden Strafentscheiden) auch zweimal ausländerrechtlich verwarnt wurde (am 13. Januar 2006 sowie am 13. März 2007). Am 28. März 2008 lehnte die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich es ab, ihm die Niederlassungsbewilligung zu erteilen. Am 7. September 2009 verlängerte sie seine Aufenthaltsbewilligung nicht mehr, was das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 23. Juli 2012 kantonal letztinstanzlich bestätigte. In zwei, durch unterschiedliche Anwälte verfassten Eingaben vom 14. September (2C_893/2012) bzw. vom 17. September 2012 (2C_892/2012) beantragt X.________ vor Bundesgericht je, das entsprechende Urteil aufzuheben und ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren.
2.
2.1 Da die beiden Beschwerden sich auf denselben Sachverhalt beziehen und sich gegen das gleiche Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. Juli 2012 richten, rechtfertigt es sich, die Verfahren zu vereinigen.
2.2
2.2.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der Sachverhalt bzw. die beanstandete Beweiswürdigung klar und eindeutig mangelhaft erscheint (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3). Auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 136 II 101 E. 3 S. 104 f.). Der Beschwerdeführer muss zudem - jeweils in Auseinandersetzung mit der Begründung im angefochtenen Entscheid - dartun, inwiefern dieser Recht verletzt (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1-2.3).
2.2.2 Die vorliegenden Eingaben genügen diesen Anforderungen nur teilweise: Der Beschwerdeführer beschränkt sich im Wesentlichen darauf, die bereits vor der Vorinstanz erhobenen Einwände zu wiederholen und zu behaupten, die Nichtverlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung sei unverhältnismässig. Mit den Ausführungen im angefochtenen Entscheid hierzu setzt er sich nur am Rande auseinander (2C_893/2012). Hinsichtlich des Sachverhalts macht er zwar geltend, die Vorinstanz habe diesen insofern "offensichtlich" unvollständig festgestellt, als sie übersehen habe, dass seine Ehefrau in der Schweiz aus erster Ehe zwei Kinder habe (2C_892/2012); es kann indessen dahingestellt bleiben, ob die entsprechende Willkürrüge hinreichend begründet erhoben ist, da der entsprechende Umstand - wie zu zeigen sein wird - zu keiner von der Vorinstanz abweichenden Beurteilung Anlass gibt.
3.
3.1 Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer zwar nicht den Widerrufsgrund von Art. 62 lit. b AuG (SR 142.20) erfülle, da er nie zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. einer solchen von über einem Jahr verurteilt worden sei (BGE 135 II 377 E. 4.2; 137 II 297 E. 2), dass er aber in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen habe bzw. diese gefährde (Art. 63 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 51 Abs. 1 lit. b AuG). Das ist nicht zu beanstanden: Der Beschwerdeführer ist seit seiner Anwesenheit sowohl im Asylverfahren als auch danach als Gatte einer Schweizer Bürgerin immer wieder in der Drogenszene straffällig geworden. Insgesamt wurde er zwölfmal strafrechtlich erfasst. Am 25. März 2009 ist er - als bedeutendste Sanktion - zu acht Monaten Freiheitsentzug wegen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt worden, wobei das Bezirksgericht Zürich festgestellt hat, dass er mit Bezug auf seine Betäubungsmitteldelinquenz "praktisch unbelehrbar" sei. Die weiteren Strafen betrafen mehr oder weniger direkt jeweils ebenfalls seine Kleinhändleraktivitäten als Drogendealer ("Chügelischlücker").
3.2 Weder die strafrechtlichen Verurteilungen und der Strafvollzug noch die Beziehung zu seiner Frau oder die zwei ausländerrechtlichen Verwarnungen bzw. die Nichterteilung der Niederlassungsbewilligung vermochten ihn über die Jahre hinweg von seiner deliktischen Tätigkeit abzuhalten. Mit Verfügung des Amtes für Justizvollzugs vom 11. Juni 2009 wurde ihm aus diesem Grund auch die vorzeitige bedingte Entlassung aus dem (zweiten) Strafvollzug verwehrt. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung im Zusammenhang mit den Zwangsmassnahmen bewirkt - jedenfalls bei Heroin und Kokain - auch der Dealer eine erhebliche Gefährdung von Personen an Leib und Leben, der nur mit kleinen Mengen aber häufig bzw. wiederholt handelt (sog. "Ameisendealer" oder "Chügelischlücker"; BGE 125 II 369 E. 3b/bb S. 375 mit Hinweisen). Es besteht keine Veranlassung, dies im vorliegenden Zusammenhang anders zu sehen. Bei Drogenhandel verfolgt das Bundesgericht - in Übereinstimmung mit der in Europa vorherrschenden Rechtsauffassung - ausländerrechtlich eine strenge Praxis (vgl. BGE 129 II 215 E. 6 u. 7; 125 II 521 E. 4a/aa S. 527). Der Beschwerdeführer, der selbst nicht drogenabhängig ist und aus rein finanziellen Motiven gehandelt hat, musste - wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat - um die Gefährlichkeit des von ihm gehandelten Kokains wissen; er hat dennoch immer wieder in Kauf genommen, aufgrund des damit verbundenen Suchtpotenzials die Gesundheit von zahlreichen Menschen zu gefährden.
3.3 Die Nichtverlängerung und Wegweisung des Beschwerdeführers erscheint unter diesen Umständen - entgegen seiner Kritik - auch verhältnismässig: Er ist erst im Alter von 26 Jahren in die Schweiz gekommen. Zwar lebt er inzwischen seit rund zehn Jahren ordnungsgemäss bei seiner Gattin, doch hat er sich weder beruflich noch sozial hier zu integrieren vermocht. Mit den Verhältnissen in seinem Heimatland, wo seine weitere Familie lebt, ist er nach wie vor bestens vertraut. Er verfügt, gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 2 BGG), in Dakar über ein Haus. Seine Frau und er beabsichtigen, dort zu leben, sobald ihre finanzielle Situation dies erlaubt. Es kann somit nicht gesagt werden, dass eine Rückkehr nach Senegal als unzumutbar zu gelten hätte. Seine Gattin unterhält Beziehungen zur Schwiegerfamilie; sie hat sich auch schon ohne ihren Gatten ferienhalber bei dieser aufgehalten. Richtig ist zwar, dass sie in der Schweiz zwei Kinder aus erster Ehe hat, doch sind diese volljährig (geb. 1979 bzw. 1980); es ist nicht ersichtlich und wird nicht dargetan, dass und inwiefern ein über die üblichen familiären Beziehungen hinausgehendes Abhängigkeitsverhältnis bestehen könnte, das im Rahmen von Art. 8 EMRK zu berücksichtigen wäre (BGE 137 I 154 E. 3.4.2; 129 II 11 E. 2 S. 14; 120 Ib 257 ff.). Dass der Beschwerdeführer punktuell seine (Stief-)Enkelin hütet, genügt hierzu nicht.
3.4
3.4.1 Soweit der Beschwerdeführer beanstandet, dass er nicht mündlich angehört worden sei, verkennt er, dass grundsätzlich kein entsprechender verfassungsmässiger Anspruch besteht; besondere Umstände, die eine mündliche Anhörung geboten hätten, sind nicht ersichtlich (vgl. BGE 122 II 464 E. 4). Im Übrigen behauptet der Beschwerdeführer auch nicht, im kantonalen Verfahren hierum ersucht zu haben, ohne dass die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung auf die Anhörung hätte verzichten dürfen (vgl. BGE 130 II 425 E. 2.1 S. 428; 124 I 208 E. 4a S. 211). Warum das Abstellen auf die einschlägigen Akten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und gegen das Willkürverbot verstossen soll, wird nicht substanziiert und ist nicht nachvollziehbar. Dem Beschwerdeführer ist wiederholt Gelegenheit gegeben worden, sein Verhalten den Geboten der hiesigen Rechtsordnung anzupassen, weshalb es sich nicht rechtfertigt, ihn als mildere Massnahme noch einmal (nur) zu verwarnen. Gestützt auf die vorstehenden Erwägungen besteht umgekehrt auch keinerlei Anlass, ihm aus "prozessökonomischen Gründen" nicht nur die Aufenthaltsbewilligung (nicht) zu verlängern, sondern - wie er ebenfalls beantragt - die Niederlassungsbewilligung zu erteilen.
3.4.2 Es erscheint schliesslich auch nicht als verfassungswidrig, wenn die Vorinstanz davon ausgegangen ist, dass das Unterliegensrisiko deutlich höher gewesen sei als die Erfolgschancen und das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung aus diesem Grund abzuweisen sei. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts kostet (BGE 133 III 614 E. 5 S. 616 mit Hinweisen). Die Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht hatte entgegen der Kritik des Beschwerdeführers kaum ernsthafte Aussichten auf Erfolg.
4.
4.1 Die Beschwerden erweisen sich in allen Punkten als offensichtlich unbegründet und können deshalb ohne Weiterungen mit ergänzendem Hinweis auf die Begründung der Vorinstanz im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden. Der angefochtene Entscheid verletzt weder nationales noch internationales Recht (Art. 8 EMRK). Mit dem vorliegenden Urteil in der Sache selber werden die Gesuche um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
4.2 Da die beiden Beschwerden als zum Vornherein aussichtslos zu gelten hatten, sind die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerden 2C_892/2012 und 2C_893/2012 werden vereinigt.
2.
Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
3.
3.1 Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung werden abgewiesen.
3.2 Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. September 2012
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar