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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5A_326/2012
Urteil vom 26. Juli 2012
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter Marazzi, von Werdt,
Gerichtsschreiber V. Monn.
Verfahrensbeteiligte
X.________ (Ehefrau),
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Schroff,
Beschwerdeführerin,
gegen
Z.________ (Ehemann),
vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Epper,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Eheschutzmassnahmen,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 4. April 2012.
Sachverhalt:
A.
X.________ (geb. 1977) und Z.________ (1966) haben am 20. Juli 2007 geheiratet. Am 18. Mai 2009 gebar X.________ die gemeinsame Tochter Y.________. Bis zur Geburt des Kindes waren beide Eltern erwerbstätig. Danach gab Z.________ seine Erwerbstätigkeit auf und kümmerte sich um den Haushalt. X.________ blieb mit Ausnahme der Unterbrechungen infolge Mutterschaftsurlaub und Arbeitslosigkeit voll erwerbstätig; am 24. März 2011 kündigte sie jedoch ihre Arbeitsstelle als Abteilungsleiterin bei einer Spedition per Ende April 2011. Seither sind beide Parteien ohne Erwerb.
B.
Am 4. April 2011 gelangte Z.________ an das Bezirksgericht Frauenfeld und ersuchte zwecks Regelung des Getrenntlebens um Erlass von Eheschutzmassnahmen. Nachdem sie beim Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst A.________ ("KJPD") ein kinderpsychiatrisches Gutachten eingeholt hatte, stellte die Einzelrichterin des Bezirksgerichts mit Entscheid vom 20. Januar 2012 die Tochter Y.________ unter die Obhut des Vaters und wies diesem die eheliche Liegenschaft in B.________ zur Benutzung zu. Die Richterin verpflichtete X.________, die Liegenschaft bis spätestens Ende April 2012 zu verlassen, und räumte ihr ein Besuchsrecht an jedem zweiten Wochenende von Freitagabend, 18.00 Uhr, bis Sonntagabend, 18.00 Uhr ein; bei Wohnort im Ausland setzte sie das Besuchsrecht auf eine Woche im Monat fest, wobei diese Woche entweder am Stück oder verteilt auf zwei Zeiträume ausgeübt werden kann und in örtlicher Hinsicht teilweise im Raum Frauenfeld auszuüben ist. Überdies räumte sie X.________ ein Ferienrecht von vier Wochen ein. Schliesslich verurteilte die Einzelrichterin die Mutter, an den Unterhalt von Y.________ Fr. 800.-- pro Monat zuzüglich Kinderzulagen sowie an denjenigen ihres Ehemannes Fr. 1'470.-- zu bezahlen.
C.
Hierauf legte X.________ Berufung beim Obergericht des Kantons Thurgau ein. Sie beantragte, Y.________ unter ihre Obhut zu stellen und sie zu verpflichten, die eheliche Wohnung frühestens zwei Monate nach Eintritt der Rechtskraft des Berufungsurteils zu verlassen. Im Streitfall sei dem Vater ein Besuchsrecht von zwei Wochenenden pro Monat sowie ein Ferienrecht von drei Wochen pro Jahr einzuräumen. Weiter sei Z.________ zu verpflichten, monatlich Kinderalimente von Fr. 800.-- zuzüglich Kinderzulagen sowie ihr persönlich einen Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'900.-- zu bezahlen. Schliesslich sei höchstens die Hälfte des für das Gutachten in Rechnung gestellten Honorars zu vergüten. Das Obergericht erachtete die Berufung als unbegründet und bestätigte den angefochtenen Entscheid mit der Anordnung, dass X.________ die eheliche Wohnung bis spätestens Mitte Mai zu verlassen hat (Entscheid vom 4. April 2012).
D.
Mit Eingaben vom 4. und 23. Mai 2012 gelangt X.________ (fortan "Beschwerdeführerin") an das Bundesgericht. Sie verlangt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau aufzuheben, und hält an den vor Obergericht gestellten Anträgen (s. Bst. C) fest, abgesehen von der Abweichung, dass Z.________ (fortan "Beschwerdegegner") gemäss der zweiten Eingabe vom 23. Mai 2012 ein Ferienrecht von neu vier Wochen einzuräumen sei.
Mit Verfügung vom 30. Mai 2012 erkannte die Präsidentin der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu. Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, jedoch keine Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen:
1.
1.1 Die rechtzeitig (Art. 100 BGG) eingereichte Beschwerde richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG) über die Anordnung von Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft (Art. 172 ff. ZGB). Diese zivilrechtliche Streitigkeit (Art. 72 Abs. 1 BGG) betrifft zur Hauptsache die Zuteilung der elterlichen Obhut über das gemeinsame Kind. Sie ist somit nicht vermögensrechtlicher Natur. Daran ändert die damit verknüpfte Auseinandersetzung über Unterhaltsbeiträge nichts. Die Regelung der finanziellen Nebenfolgen der Obhutszuweisung ist notwendiger Bestandteil des Entscheides über die nicht vermögensrechtliche Streitigkeit (Urteil 5A_108/2007 vom 11. Mai 2007 E. 1.2).
1.2 Nach Art. 42 Abs. 1 BGG sind die Begehren zu begründen. Von vornherein nicht einzutreten ist auf das Begehren, maximal die Hälfte des für das Gutachten in Rechnung gestellten Honorars zu vergüten, denn die Beschwerde enthält hierzu keine Ausführungen.
1.3 Eheschutzentscheide unterstehen nach der Rechtsprechung der Vorschrift von Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5.1 und 5.2 S. 396 f.). Daher kann in der Beschwerde nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (s. dazu BGE 133 III 585 E. 4.1 S. 588). Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen prüft. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 396 E. 3.1 S. 399 f.). Wer sich auf eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) beruft, kann sich daher nicht darauf beschränken, die Rechtslage aus seiner Sicht darzulegen und den angefochtenen Entscheid als willkürlich zu bezeichnen. Vielmehr ist im Einzelnen aufzuzeigen, inwiefern das kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und der angefochtene Entscheid deshalb an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur dann als willkürlich auf, wenn er nicht bloss in der Begründung, sondern auch im Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder zutreffender scheint oder sogar vorzuziehen wäre, genügt nicht (BGE 134 II 124 E. 4.1 S. 133).
2.
In prozessualer Hinsicht macht die Beschwerdeführerin zunächst geltend, die Vorinstanz habe Art. 144 Abs. 1 ZGB verletzt, indem sie auf eine Anhörung der Kindseltern verzichtete. Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, dass die angerufene Vorschrift mit Wirkung seit 1. Januar 2011 aufgehoben wurde (s. Anhang 1 Ziff. II 3 der Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 [ZPO; SR 272]) und somit schon im Zeitpunkt, als der vorliegende Prozess angehoben wurde, gar nicht mehr in Kraft war. Anwendbar waren vielmehr die Vorschriften der ZPO. Auch diese schreibt dem Gericht vor, die Eltern persönlich anzuhören, falls Anordnungen über ein Kind zu treffen sind (Art. 297 Abs. 1 ZPO). Eine solche Anhörung hat am 26. Mai 2011 anlässlich der Eheschutzverhandlung vor der Einzelrichterin des Bezirksgerichts Frauenfeld stattgefunden. Im Rechtsmittelverfahren besteht kein Anspruch auf eine nochmalige Anhörung der Eltern; vielmehr steht es im Ermessen des Gerichts, eine Verhandlung durchzuführen oder aufgrund der Akten zu entscheiden (Art. 316 Abs. 1 ZPO). Dass die Vorinstanz bei der Ausübung dieses Ermessens in Willkür verfallen wäre, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. Soweit die Beschwerdeführerin dem Obergericht in diesem Zusammenhang eine Verletzung der Untersuchungsmaxime vorwirft, behauptet sie nicht einmal, dass es damit ein verfassungsmässiges Recht verletzt hätte. Darauf ist nicht einzutreten.
3.
Umstritten ist zur Hauptsache die elterliche Obhut über die gemeinsame Tochter Y.________. Dabei dreht sich der Streit in erster Linie um das Gutachten des KJPD vom 21. November 2011.
3.1 Das mit der "Regelung des Getrenntlebens" (Marginalie zu Art. 176 ZGB) befasste Eheschutzgericht trifft nach den Bestimmungen über die Wirkungen des Kindesverhältnisses die nötigen Massnahmen, wenn die Ehegatten unmündige Kinder haben (Art. 176 Abs. 3 ZGB). Für die Zuteilung der Obhut an einen Elternteil gelten grundsätzlich die gleichen Kriterien wie im Scheidungsfall. Nach der Rechtsprechung, die das Obergericht im angefochtenen Entscheid korrekt wiedergibt, hat das Wohl des Kindes Vorrang vor allen anderen Überlegungen, insbesondere vor den Wünschen der Eltern. Deren Erziehungsfähigkeit ist als Erstes zu klären. Ist sie bei beiden Elternteilen gegeben, sind vor allem Kleinkinder und grundschulpflichtige Kinder demjenigen Elternteil zuzuteilen, der die Möglichkeit hat und bereit ist, sie persönlich zu betreuen. Erfüllen beide Elternteile diese Voraussetzung ungefähr in gleicher Weise, kann die für eine harmonische Entfaltung notwendige Stabilität der örtlichen und familiären Verhältnisse ausschlaggebend sein. Unter Umständen kann die Möglichkeit der persönlichen Betreuung auch dahinter zurücktreten (Urteil 5C.212/ 2005 vom 25. Januar 2006 E. 4.2 und 4.4.1, in: FamPra.ch 2006 S. 753 ff.). Schliesslich ist - je nach Alter der Kinder - ihrem eindeutigen Wunsch Rechnung zu tragen. Diesen Kriterien lassen sich weitere Gesichtspunkte zuordnen, namentlich die Bereitschaft eines Elternteils, mit dem anderen in Kinderbelangen zusammenzuarbeiten, oder die Forderung, dass die Zuteilung der Obhut von einer persönlichen Bindung und echter Zuneigung getragen sein sollte (vgl. BGE 115 II 206 E. 4a S. 209; 115 II 317 E. 2 und 3 S. 319 ff.; 117 II 353 E. 3 S. 354 f.; 136 I 178 E. 5.3 S. 180 f.).
Bedient sich das Gericht trotzdem - wie hier - bereits im Eheschutzverfahren sachverständiger Personen, um sich das für die Entscheidung erforderliche Fachwissen zu verschaffen, so würdigt es die von diesen Fachpersonen angefertigten Gutachten grundsätzlich frei. Wie das Obergericht im angefochtenen Entscheid zutreffend ausführt, kann Willkür aber auch dann vorliegen, wenn das Sachgericht auf ein Gutachten abstellt, das sich als nicht schlüssig erweist, weil gewichtige, zuverlässig begründete Tatsachen oder Indizien die Überzeugungskraft des Gutachtens ernstlich erschüttern. Das Abstellen oder Abweichen von einem Gutachten muss sich auch im Ergebnis als willkürlich erweisen (vgl. dazu BGE 128 I 81 E. 2 S. 86).
3.2 Das Obergericht äussert sich zunächst zu den Einwänden gegen die Persönlichkeit des Beschwerdegegners, die im Zusammenhang mit seiner heftigen Reaktion auf die Ankündigung des Scheidungswillens im Frühling 2011 stehen. Es kommt zum Schluss, von einem Hinwegsehen der ersten Instanz über im Gutachten enthaltene Zweifel könne keine Rede sein. Die damalige Lebenskrise des Beschwerdegegners liege bereits ein Jahr zurück; dieser habe keine Veranlassung gegeben, trotz der schwierigen ehelichen Situation an seinen erzieherischen Fähigkeiten zu zweifeln. Weiter widerspricht das Obergericht der Behauptung, es gebe für Y.________ laut Gutachten zwischen den beiden Elternteilen keine eindeutige primäre Bezugsperson. Die Gutachter hätten nachvollziehbar begründet, dass der Beschwerdegegner die Hauptbezugs- und die primäre Bindungsperson sei. Die Erkenntnis, dass die Mutter gegenüber dem Vater eine leicht nachgeordnete Position habe, stehe mit den objektiven Beobachtungen der Gutachter im Einklang. Auch die Kritik, die Sachverständigen hätten ihre Untersuchung willkürlich auf den Zeitraum von der Geburt von Y.________ bis April 2011 eingeschränkt, weist das Obergericht zurück. Aus dem Gutachten gehe hervor, dass auch die aktuelle, für die Parteien offensichtlich sehr belastende Situation erfasst worden sei. Aus den Angaben der Beschwerdeführerin sei zu schliessen, dass der Beschwerdegegner sich auch häufiger mit Y.________ abgegeben habe, nachdem die Beschwerdeführerin im April 2011 arbeitslos geworden war. Sodann konstatiert das Obergericht, entgegen der Rüge der Beschwerdegegnerin sei auch das Erziehungs- und Versorgungsverhalten geprüft worden. Anhand von Interaktionsbeobachtungen, entwicklungsdiagnostischen Untersuchungen und Beschreibungen des Erziehungsverhaltens hätten die Gutachter hinsichtlich der Bindungstoleranz erkannt, dass sich beide Eltern gleich kompetent zeigen würden. Die gegenteiligen Behauptungen der Beschwerdeführer seien nicht geeignet, die auf objektiven Beobachtungen basierenden Feststellungen in Frage zu stellen. Da das Gutachten die Erziehungsfähigkeit beiden Parteien in gleicher Weise attestiere, bräuchten Y.________s Entwicklungschancen unter den verschiedenen Lebensbedingungen der Eltern nicht näher untersucht zu werden. Daher komme dem Kontinuitätskriterium bei der Zuteilungsfrage eine massgebende Bedeutung zu. In methodischer Hinsicht ist das Obergericht der Ansicht, auch wenn die Experten nicht getreu einer bestimmten Methode zur Standardisierung von Gutachten einen Katalog von rund einem Dutzend Fragen beantwortet hätten, tue dies der Schlüssigkeit und Glaubhaftigkeit des Gutachtens keinen Abbruch; dieses nehme Bezug auf die Anforderungen an die Eltern, prüfe deren Bindungs- und Erziehungsfähigkeit und beurteile die Beziehung des Kindes zu den Eltern und seiner Umgebung. Unbehelflich sei auch der Vorwurf, das Gutachten würde den Tagesablauf von Y.________ nicht schildern. Nachdem im Fall der bevorstehenden Trennung die Betreuungssituation ohnehin eine andere sein werde, komme diesem Umstand keine besondere Bedeutung zu. Gestützt auf all diese Erwägungen kommt das Obergericht zur Erkenntnis, das Gutachten des KJPD habe volle Beweiskraft; triftige Gründe für ein Abweichen von den Schlussfolgerungen der Gutachter würden fehlen.
3.3 Die Beschwerdeführerin rügt in verschiedener Hinsicht Willkür in der Sachverhaltsfeststellung und in der Rechtsanwendung. Sie wiederholt im Wesentlichen die Vorwürfe, zu denen sich bereits das Obergericht geäussert hat (E. 3.2), und wirft diesem "selektive Wahrnehmung" und "Feststellungslücken" vor. Das Gutachten sei "in sich widersprüchlich" und "inkohärent"; die für sie günstigen Passagen habe das Obergericht nicht berücksichtigt. Den Schluss, dass beide Elternteile weitgehend ausgeglichen seien, würden die gutachterlichen Erkenntnisse widerlegen. Abgesehen davon, dass schon das Kriterium der Erziehungsfähigkeit gegen die Obhutszuteilung an den Beschwerdegegner spreche und sich eine Prüfung des Kontinuitätskriteriums deshalb erübrige, setze sich das Obergericht auch über den "natürlichen Zuteilungsvorrang" der Mutter hinweg, der für vorschulpflichtige Kinder und für Mädchen bis ins vorpubertäre Alter gelte. Die Beschwerdeführerin vermisst im angefochtenen Entscheid insbesondere Feststellungen über die von den Gutachtern beschriebenen Charakterstrukturen der Kindeseltern. Aufgrund dieser Unterlassung fehle es hinsichtlich deren Eignung als Alleinerzieher an einer Risikoabwägung. Das Obergericht verkenne die Unsicherheiten, die mit der Zuteilung der alleinigen Obhut an den Beschwerdegegner verbunden wären. Ebenso beanstandet die Beschwerdeführerin, das Obergericht ignoriere die von ihr zitierten Literaturstellen und weigere sich, das Gutachten auf seine Übereinstimmung mit wissenschaftlich dokumentierten Kriterien hin zu untersuchen. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin fehlt dem angefochtenen Entscheid die "richterliche Distanz" zum Gutachten und die kritische Auseinandersetzung mit demselben; die Urteilsfällung komme einer Delegation des Richterentscheids an die Gutachter gleich.
3.4 Ob die geschilderten Einwendungen zutreffen, kann letztlich offenbleiben. Denn mit all ihren Ausführungen reiht die Beschwerdeführerin zwar etliche Gründe aneinander, weshalb das Obergericht das streitige Gutachten des KJPD falsch gewürdigt haben soll und die Obhut über Y.________ ihr zuzuteilen wäre. Um mit einer Willkürrüge vor Bundesgericht durchzudringen, genügt dies jedoch nicht. Darzutun ist auch und vor allem, weshalb der angefochtene Entscheid selbst, so wie ihn die kantonale Instanz gefällt hat, an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Dass sich das Abstellen auf das Gutachten als willkürlich erwiese, das Obergericht mithin triftige Gründe für ein Abweichen von der Expertenmeinung offensichtlich verkannt hätte, vermag die Beschwerdeführerin jedoch nicht aufzuzeigen: Die vorinstanzliche Beweiswürdigung lässt sich nicht mit einzelnen, aus dem Zusammenhang gerissenen Sachverständigenaussagen als verfassungswidrig ausweisen; hierzu müsste die Beschwerdeführerin vielmehr aufzeigen, dass das Obergericht die Kernaussagen des Gutachtens offensichtlich falsch gewichtet oder unhaltbare Schlüsse daraus gezogen hat. Dass der Beschwerdegegner seine Lebenskrise überwunden hat, bestreitet die Beschwerdeführerin nicht. Sodann wiederholt sie vor Bundesgericht zwar den Vorwurf, das Obergericht habe aktenwidrig festgestellt, dass die Gutachter nur die Zeit vor April 2011 berücksichtigt hätten. Mit der Erkenntnis des Obergerichts, wonach die Gutachter die Frage der primären Bezugsperson in erster Linie mit Y.________s objektivem Verhalten und nicht mit dem zeitlichen Aufwand der Parteien für die Betreuung begründet hätten, setzt sie sich jedoch nicht auseinander. Auch trifft es gerade nicht zu, dass sich aus der von der Beschwerdeführerin zitierten Rechtsprechung ein natürlicher Vorrang der Mutter ergäbe; vielmehr hat das Bundesgericht diese Frage in BGE 114 II 200 E. 3b S. 202 f. auch mit Bezug auf "ganz kleine" Kinder explizit offengelassen. An der Sache vorbei geht auch der Vorwurf, das Obergericht verletze die Untersuchungsmaxime, indem es das Gutachten nicht auf seine Konformität mit gewissen Entscheidungsrichtlinien und Gutachtenstandards überprüft habe. Die Untersuchungsmaxime besagt, dass der Richter von Amtes wegen den Sachverhalt abklären und alle Tatsachen berücksichtigen muss, die für eine Entscheidung im Kindeswohl von Bedeutung sein können (vgl. BGE 128 III 411 E. 3.2.1 S. 413). Ob ein Gutachten aber einer bestimmten wissenschaftlichen Methode gerecht wird, ist keine Frage der Einhaltung der Untersuchungsmaxime, sondern eine solche der richterlichen Beweiswürdigung.
3.5 Zusammengefasst hält der angefochtene Entscheid, soweit er die Frage der Obhut über das Kind Y.________ zum Gegenstand hat, vor der Verfassung stand. Dass eine Zuteilung der Obhut an die Beschwerdeführerin ebenso in Frage käme oder sogar die zutreffendere Lösung wäre, genügt für die Annahme von Willkür nicht (E. 1.3). Den weiteren Rügen, der angefochtene Entscheid verletze Art. 176, 133 und 273 ZGB, den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör sowie das Grundrecht auf Familie (Art. 14 BV) und den Anspruch der Kinder auf Förderung ihrer Entwicklung (Art. 11 Abs. 1 BV), kommt bei diesem Ergebnis keine selbständige Bedeutung mehr zu.
4.
Auch vor Bundesgericht greift die Beschwerdeführerin die Besuchsrechtsregelung an, die das Bezirksgericht getroffen und das Obergericht bestätigt hat. Ihre diesbezüglichen Vorbringen stossen jedoch ins Leere: Selbst wenn die Regelung des persönlichen Verkehrs "praxiswidrig" sein sollte - was hier offenbleiben kann -, folgt daraus nicht, dass sie "ungesetzlich" wäre, wie die Beschwerdeführerin dies behauptet. Abgesehen davon nennt die Beschwerdeführerin keine Gesetzesvorschrift, um diesen Vorwurf der Ungesetzlichkeit zu erhärten. Ebenso übersieht sie, dass allein aus der unrichtigen Anwendung einer Gesetzesvorschrift nicht zwingend eine Verfassungsverletzung folgt. Und obwohl sie die Besuchsrechtsregelung unabhängig von der Obhutsfrage gerügt haben will, stellt sie kein Begehren, wie der persönliche Verkehr zwischen ihr und Y.________ denn richtigerweise zu ordnen wäre. Stattdessen begnügt sie sich damit, ihre Sicht der Dinge darzulegen. Damit ist keine Verfassungswidrigkeit darzutun.
5.
Hinsichtlich der Unterhaltsregelung beharrt die Beschwerdeführerin weiterhin darauf, das dem Beschwerdegegner angerechnete hypothetische Einkommen von Fr. 800.-- sei "praxisfremd" und "unrealistisch"; falls Y.________ ihm zugeteilt würde, wäre ihm ein Einkommen von mindestens Fr. 2'000.-- zuzumuten. Hinsichtlich ihrer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beteuert die Beschwerdeführerin, im Falle einer Obhutszuteilung an den Beschwerdegegner könne ihr höchstens ein hypothetisches Einkommen von Fr. 4'500.-- angerechnet werden. Das angenommene Einkommen von Fr. 5'180.-- orientiere sich an ihrem letzten Erwerbseinkommen in C.________; in den Kantonen Thurgau und St. Gallen, wo die Löhne tiefer seien, lasse sich dieses Einkommen nicht erwirtschaften. Dass der angefochtene Entscheid ein verfassungsmässiges Recht verletzt, macht die Beschwerdeführerin jedoch gar nicht geltend, noch setzt sie sich mit den Erwägungen des Obergerichts auseinander. Mithin erweisen sich ihre Vorbringen von vornherein als unbehelflich.
6.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde in der Sache als unbegründet. Sie ist abzuweisen. Angesichts der Tatsache, dass das Bundesgericht der vorliegenden Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt hat, rechtfertigt es sich, der Beschwerdeführerin die Frist für den Auszug aus der ehelichen Wohnung zu verlängern. Abzuweisen ist jedoch das Begehren der Beschwerdeführerin, ihr eine Pflicht zum Verlassen der Wohnung "auf frühestens zwei Monate nach Erlass des begründeten Urteils" aufzuerlegen, bliebe es ihr diesfalls doch unbenommen, weiterhin und auf unbestimmte Zeit in der ehelichen Wohnung zu bleiben. Nachdem das Eheschutzverfahren nun schon seit über einem Jahr rechtshängig ist, hatte die Beschwerdeführerin genügend Zeit, sich mit dem Gedanken an den Auszug vertraut zu machen und entsprechende Vorkehren zu treffen, konnte sie sich doch keineswegs sicher sein, mit ihrer Beschwerde vor Bundesgericht durchzudringen. Deshalb setzt ihr das Bundesgericht eine letzte Frist bis zum 30. September 2012, vor deren Ablauf sie die eheliche Wohnung zu verlassen hat. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin als unterliegende Partei für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdegegner, der sich gegen die Erteilung der aufschiebenden Wirkung nicht gewehrt hat und sich zur Hauptsache nicht zu vernehmen hatte, ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
In Abänderung von Ziffer 1 des Entscheides des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 4. April 2012 wird die Beschwerdeführerin verpflichtet, die eheliche Wohnung in B.________ bis spätestens am 30. September 2012 zu verlassen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 26. Juli 2012
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Hohl
Der Gerichtsschreiber: V. Monn