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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1C_19/2011
Urteil vom 16. März 2011
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Raselli,
Gerichtsschreiber Haag.
Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Beat Rieder,
gegen
Ausführungskommission Baulandumlegung "Bahnhof Turtmann".
Gegenstand
Baulandumlegung,
Beschwerde gegen den Entscheid vom 25. November 2010 der Rekurskommission des Kantons Wallis für den Bereich Landwirtschaft und Landumlegungen.
Sachverhalt:
A.
X.________ ist Eigentümer des Grundstücks Nr. 1957 in der Gemeinde Turtmann. Dieses befindet sich im Perimeter der Baulandumlegung "Bahnhof Turtmann". X.________ anerkannte die von der Ausführungskommission der Baulandumlegung erstellte definitive Schlussabrechnung vom 17. Mai 2002 über Fr. 17'144.10 und bezahlte diesen Betrag am 8. Juli 2002.
Im Amtsblatt vom 19. September 2008 publizierte die Ausführungskommission eine neue "Schlussabrechnung und Kostenverteilung (Betreffnis)". Gleichzeitig verschickte sie ein Schreiben an alle betroffenen Grundeigentümer mit dem Titel "Öffentliche Auflage; Definitive Kostenverteilung". Die neue Abrechnung vom 19. September 2008 wies eine Restschuld von X.________ von Fr. 65'917.50 (inkl. Verzugszins) aus. Gegen diese Abrechnung erhob X.________ am 17. Oktober 2008 Einsprache mit der Begründung, die Kosten seien mit der Schlussabrechnung vom 17. Mai 2002 definitiv verlegt worden. Weitere Zahlungen seien nicht geschuldet. Die Ausführungskommission wies die Einsprache am 26. Mai 2009 ab.
Gegen diesen Entscheid gelangte X.________ am 26. Juni 2009 mit Beschwerde an die kantonale Rekurskommission für den Bereich Landwirtschaft und Landumlegungen. Die Rekurskommission wies die Beschwerde mit Entscheid vom 25. November 2010 ab.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 17. Januar 2010 beantragt X.________ im Wesentlichen, der Entscheid der Rekurskommission vom 25. November 2010 und die Abrechnung der Ausführungskommission vom 19. September 2008 seien aufzuheben. Er rügt die Verletzung der Art. 9, 26 und 29 BV sowie die willkürliche Anwendung von kantonalem Recht.
C.
Die Ausführungskommission und die Rekurskommission verzichten im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren auf eine Stellungnahme.
Erwägungen:
1.
Der angefochtene Entscheid betrifft die Verteilung der Kosten der Baulandumlegung auf die betroffenen Grundeigentümer. Es handelt sich dabei um eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG. Umstritten ist die Schlussabrechnung, welche das kantonale Verfahren abschliesst und somit einen Endentscheid darstellt (Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer ist als betroffener Grundeigentümer und Adressat des angefochtenen Entscheids zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG).
1.1 Nach Art. 86 Abs. 2 BGG setzen die Kantone als unmittelbare Vorinstanzen des Bundesgerichts, von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen, obere Gerichte ein. Nach Art. 50 des kantonalen Gesetzes vom 16. November 1989 über die Landumlegung und die Grenzregulierung (LGG/VS) können die Beschlüsse der Ausführungskommission mit Beschwerde an die kantonale Rekurskommission für den Bereich Landwirtschaft und Landumlegungen weitergezogen werden. Bei dieser Rekurskommission handelt es sich nach Art. 9 des kantonalen Gesetzes vom 8. Februar 2007 über die Landwirtschaft und die Entwicklung des ländlichen Raumes (Landwirtschaftsgesetz; GLER) um eine richterliche Behörde, die vom Grossen Rat des Kantons Wallis ernannt wird und als letzte kantonale Instanz entscheidet (Art. 104 GLER). Ihre Zuständigkeit erstreckt sich auf das ganze Kantonsgebiet. Da ihre Entscheide insbesondere bei keiner anderen kantonalen Instanz anfechtbar sind, erfüllt sie die Anforderungen an eine obere richterliche Behörde im Sinne von Art. 86 Abs. 2 BGG (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_346/2009 vom 6. November 2009 E. 4 mit Hinweisen).
1.2 Als Folge des im Beschwerdeverfahren geltenden Devolutiveffekts hat der Entscheid der Rekurskommission den bei ihm angefochtenen Entscheid der Ausführungskommission ersetzt. Der unterinstanzliche Entscheid ist inhaltlich notwendigerweise mitangefochten, wenn der Entscheid der obersten kantonalen Instanz mit Beschwerde ans Bundesgericht weitergezogen wird. Auf das Rechtsbegehren, der Entscheid der Ausführungskommission vom 19. September 2008 sei aufzuheben, ist daher nicht einzutreten (vgl. BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144).
1.3 Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, weshalb auf die Beschwerde unter Vorbehalt von E. 1.2 hiervor einzutreten ist.
2.
Der Beschwerdeführer macht zunächst Verstösse gegen das Willkürverbot und den Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV) sowie eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) geltend. Er sieht diese verfassungsmässigen Rechte dadurch verletzt, dass ihm zwischen 2001 und 2008 insgesamt acht definitive Schlussabrechnungen zugestellt worden seien, wovon er jene vom 17. Mai 2002 bezahlt habe. Danach habe er nicht mit zusätzlichen Forderungen rechnen müssen. Die neue Abrechnung vom 19. September 2008 entbehre jeder Grundlage. Zudem habe er im vorinstanzlichen Verfahren darauf hingewiesen, dass Fremdleitungen und weitere Beeinträchtigungen einen Minderwert seines Grundstücks bewirkten, der in der Abrechnung nicht berücksichtigt worden sei. Seine diesbezüglichen Beweisanträge seien in willkürlicher Weise nicht behandelt worden.
2.1 Die Differenz zwischen der vom Beschwerdeführer bezahlten Rechnung vom 17. Mai 2002 über Fr. 17'144.10 und der hier umstrittenen Rechnung über Fr. 65'917.50 ergibt sich im Wesentlichen aus einer Mehrzuteilung von 499 m² Land und einer Zinsbelastung in der Höhe von Fr. 22'718.--. Bereits am 22. März 2002 wurde dem Beschwerdeführer eine Mehrzuteilung von 499 m² Landfläche in Rechnung gestellt, welche der Beschwerdeführer jedoch nicht akzeptierte. Aus den Akten ergibt sich, dass diese Landfläche an die Burgerversammlung Turtmann übertragen werden sollte und diese Eigentumsübertragung in der Folge nicht zustande kam. Soweit die neue Abrechnung somit die Mehrzuteilung von 499 m² Land an den Beschwerdeführer berücksichtigt, geht sie über die mit der bezahlten Abrechnung vom 17. Mai 2002 abgegoltenen Leistungen hinaus. Es ist aufgrund des nachträglichen Verzichts auf die Landabtretung an die Burgerversammlung nicht zu beanstanden, wenn über die Landfläche von 499 m² eine neue Abrechnung erstellt wird. Die Absichten über die Landabtretung haben sich seit März 2002 offenbar geändert, was die Ergänzung der damaligen Schlussabrechnung rechtfertigt.
2.2 In tatsächlicher Hinsicht macht der Beschwerdeführer geltend, im nördlichen Teil seines Grundstücks sei ein grosser Rohrblock mit Leitungen für Strom, Wasser und Abwasser ohne seine Zustimmung verlegt worden. Der entsprechende Minderwert sei in keinem Stadium des Verfahrens berücksichtigt worden, und eine Entfernung der Leitungen sei aus Kostengründen nicht mehr möglich. Der Beschwerdeführer beanstandet, dass die Vorinstanzen die von ihm geltend gemachten Minderwerte (Fremdleitungen) nicht berücksichtigt hätten. Es sei zu Unrecht keine Expertise beigezogen worden. Zudem sei seinem Antrag auf Beizug der Akten des Baus der Nationalstrasse A9 und insbesondere des Leitungsbaus auf Parzelle Nr. 1597 (recte: Nr. 1957) nicht entsprochen worden, obwohl sich daraus ergeben hätte, dass die Baulandumlegung für den Minderwert wegen Erstellung eines Leitungsblocks Ausgleichszahlungen erhielt. Diese Entschädigung müsse im Rahmen der Schlussabrechnung zugunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt werden.
2.3 Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV ergibt sich insbesondere das Recht der Betroffenen, sich vor Erlass eines Entscheids zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 136 I 265 E. 3.2 S. 272; 135 II 286 E. 5.1 S. 293; je mit Hinweisen). Weiter folgt aus Art. 29 Abs. 2 BV die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei darf sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 136 I 229 E. 5.2 S. 236 mit Hinweisen).
2.4 Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Entscheid nicht. Mit dem Hinweis auf die Einsprachemöglichkeiten gegen die verschiedenen Unterlagen, welche dem Beschwerdeführer vor der Auflage der Schlussabrechnung zugestellt wurden, wird nicht begründet, warum auf die Expertise und den verlangten Aktenbeizug verzichtet wurde. Die Vorinstanz konnte nicht in vorweggenommener Beweiswürdigung davon ausgehen, dass ihre Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (vgl. BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f.; 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 131 I 153 E. 3 S. 157; je mit Hinweisen). Die vom Beschwerdeführer genannten Einschränkungen der Nutzung der Parzelle Nr. 1957 und deren Berücksichtigung im Rahmen der Schlussabrechnung und der bisher erfolgten Zahlungen sind in den Akten unzureichend dokumentiert. Die diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers erscheinen zumindest glaubhaft. Sie sind angesichts des schleppenden Fortschritts der Baulandumlegung und der grossen Anzahl der erstellten "definitiven Schlussabrechnungen" keineswegs verspätet. Zudem erscheinen sie geeignet, einen in der Schlussabrechnung zu berücksichtigenden Minderwert des Grundstücks zu begründen. Die Vorinstanz hat den Sachverhalt in Bezug auf die vom Beschwerdeführer genannten Faktoren, welche zu einer Reduktion seines Beitrags führen könnten, nicht erhoben und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
3.
Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen. Damit erübrigt sich die Prüfung der weiteren Rügen des Beschwerdeführers.
Bei diesem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Die Ausführungskommission hat dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid vom 25. November 2010 der Rekurskommission des Kantons Wallis für den Bereich Landwirtschaft und Landumlegungen aufgehoben. Die Angelegenheit wird zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Rekurskommission zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die Ausführungskommission Baulandumlegung "Bahnhof Turtmann" hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Ausführungskommission Baulandumlegung "Bahnhof Turtmann" und der Rekurskommission des Kantons Wallis für den Bereich Landwirtschaft und Landumlegungen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. März 2011
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Fonjallaz Haag