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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5D_130/2010
Urteil vom 17. Januar 2011
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt,
Gerichtsschreiber Bettler.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch lic. iur. Antonela Agatonovic,
Beschwerdeführerin,
gegen
Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Josef Schöbi,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Dienstbarkeit,
Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, I. Zivilkammer, vom 24. Juni 2010.
Sachverhalt:
A.
X.________ ist Eigentümerin des direkt an die A.________strasse angrenzenden Grundstücks Nr. 2538 in B.________. Zusammen mit ihrem Ehemann war sie zudem Miteigentümerin des dahinter liegenden und daran angrenzenden Grundstücks Nr. 5994 (früher Nr. 2539). Dieses veräusserten die Ehegatten mit Kaufvertrag vom 20. März 2003 an Y.________.
Die frühere Eigentümerin dieser beiden Grundstücke errichtete am 3. Februar 1964 insbesondere folgende Dienstbarkeit, die sie am 11. August 1964 in das Grundbuch eintragen liess und die noch heute besteht:
5. Fuss- und Fahrwegrecht z.L. Parz. Nr. 14/2538 und z.G. Parz. Nrn. 14/2539 (...).
Dieses Wegrecht sichert den Zugang von der A.________strasse über das Grundstück Nr. 2538 zur Garage auf dem Grundstück Nr. 5994 (früher Nr. 2539). Der Weg über das Grundstück Nr. 2538 ist von der A.________strasse her kommend auf der rechten Seite durch das Wohnhaus von X.________ und auf der linken Seite durch eine Böschung begrenzt. Im Jahr 2007 stellte X.________ entlang dieser Böschung drei Blumentröge und drei Blumentöpfe auf.
B.
Am 14. Januar 2009 gelangte Y.________ an das Kreisgericht Rheintal und verlangte, X.________ sei als Eigentümerin des dienstbarkeitsbelasteten Grundstücks Nr. 2538 zu verpflichten, das am 11. August 1964 in das Grundbuch eingetragene Wegrecht in einer für die Nutzung der Garage auf ihrem Grundstück (Nr. 5994) "ausreichenden Breite nach Massgabe des Beweisverfahrens zu gewähren". Das Kreisgericht wies die Klage mit Urteil vom 8. Juli 2009 ab.
C.
Auf Berufung von Y.________ hin verpflichtete das Kantonsgericht St. Gallen X.________ "die entlang des Fahrwegs aufgestellten Blumentöpfe und Blumentröge zu entfernen und den Fahrweg beziehungsweise die gesamte Grundfläche zwischen Hausmauer und Böschung künftig frei zu halten" (Urteil vom 24. Juni 2010).
D.
Dem Bundesgericht beantragt X.________ (nachfolgend Beschwerdeführerin) in ihrer subsidiären Verfassungsbeschwerde vom 1. Oktober 2010 die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen.
Es sind die Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Erwägungen:
1.
1.1 Der Entscheid einer letzten kantonalen Instanz über den Inhalt und Umfang einer Grunddienstbarkeit betrifft eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit.
1.2 Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens Fr. 30'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Das Kantonsgericht hat den Streitwert in der Rechtsmittelbelehrung mit Fr. 25'000.-- angegeben. Diese Bezifferung wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten und sie macht auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geltend (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG). Die Beschwerde ist damit - wie beantragt - als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegen zu nehmen (Art. 113 BGG).
1.3
1.3.1 Die Vertreterin der Beschwerdeführerin liess sich erst am 19. November 2010 in das Anwaltsregister des Kantons St. Gallen eintragen. Sie führt in der Beschwerde (vom 1. Oktober 2010) aus, sie sei im Besitz einer Bewilligung der Anwaltskammer des Kantons St. Gallen, die es ihr erlaube, die einer Rechtsanwältin vorbehaltenen Tätigkeiten auszuüben. Diese "Bewilligung" liegt der Beschwerde nicht bei.
1.3.2 In Zivilsachen können Parteien vor Bundesgericht nur von Anwälten und Anwältinnen vertreten werden, die nach dem Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) oder nach einem Staatsvertrag berechtigt sind, Parteien vor schweizerischen Gerichtsbehörden zu vertreten (Art. 40 Abs. 1 BGG).
Diese Bestimmung gilt auch im Anwendungsbereich der subsidiären Verfassungsbeschwerde gleich weit wie bei der Einheitsbeschwerde, das heisst in Zivil- und Strafsachen (BGE 134 III 520 E. 1.2 S. 522). Unter das Anwaltsmonopol gemäss Art. 40 BGG fallen grundsätzlich alle Verfahrenshandlungen, damit insbesondere auch das Einreichen von Rechtsschriften.
1.3.3 Vorliegend kann offen gelassen werden, ob die Voraussetzungen für die Vertretung gemäss Art. 40 Abs. 1 BGG gegeben sind (und allenfalls der Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 42 Abs. 5 BGG eine angemessene Frist zur Behebung dieses Mangels angesetzt werden müsste), da auf die Beschwerde aus anderen Gründen ohnehin nicht eingetreten werden kann (Urteil 5D_139/2007 vom 10. April 2008 E. 1.6, nicht publ. in: BGE 134 III 520).
1.4 Die Beschwerdeschrift muss ein Rechtsbegehren enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde an das Bundesgericht ist grundsätzlich ein reformatorisches Rechtsmittel (Art. 117 i.V.m. Art. 107 Abs. 2 BGG; BGE 136 V 131 E. 1.2 S. 135).
Aus der Beschwerdebegründung, die zur Interpretation der Rechtsbegehren beigezogen werden kann (BGE 136 V 131 E. 1.2 S. 136), ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Hauptbegehren die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides und die Abweisung der Klage verlangt. Dieses Begehren (neben dem eventualiter gestellten Rückweisungsantrag) ist in diesem Sinne zu interpretieren.
2.
2.1 Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann diese Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie auf einer Verletzung verfassungsmässiger Rechte beruht (Art. 118 i.V.m. Art. 116 BGG).
2.2 Für die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gilt das Rügeprinzip (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin muss angeben, welches verfassungsmässige Recht verletzt wurde und substanziiert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheides darlegen, worin die Verletzung besteht. Das Bundesgericht prüft nur ausdrücklich vorgebrachte, klar und detailliert erhobene sowie, soweit möglich, belegte Rügen. Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246).
2.3 Wird eine Verletzung des Willkürverbots - einschliesslich Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung - geltend gemacht, muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Willkürlich ist ein Entscheid nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst dann, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkür liegt nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheides, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist, was die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde aufzuzeigen hat (BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4 f.; 131 I 217 E. 2.1 S. 219).
3.
Das Kantonsgericht hat für die Ermittlung des Inhalts und Umfangs der fraglichen Dienstbarkeit die Auslegungsgrundsätze gemäss Art. 738 ZGB zutreffend wiedergegeben und gelangte insbesondere gestützt auf den Begründungsakt vom 3. Februar 1964 zum Ergebnis, dass die durch die Blumentröge und -töpfe verengte Breite des Zufahrtsweges (auf beiden Seiten bleibe eine freie Fläche von nur gerade 30 cm) für ein uneingeschränktes und gefahrenloses Befahren zu gering sei. Die Beschwerdeführerin habe deshalb diese Gegenstände, die sie im Übrigen erst nach dem Kauf der Liegenschaft und nach der Verbreiterung des fraglichen Weges "extra für die" Beschwerdegegnerin aufgestellt habe, wieder zu entfernen. Dies gelte umso mehr, als es bei der Gewichtung der Interessenlage zu berücksichtigen gelte, dass die Verengung des Weges durch die Blumentröge und -töpfe auf eine frühere Grenzstreitigkeit zwischen den Parteien zurückgehe und überwiegend schikanös erscheine (Ziff. II/4 des kantonsgerichtlichen Urteils).
4.
4.1 Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die kantonsgerichtliche Sachverhaltsfeststellung und rügt eine Verletzung des Willkürverbots.
4.2 Soweit sie in ihrer Beschwerde Beweisanträge stellt, ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, Beweise abzunehmen und Tatsachen festzustellen, über die sich das kantonale Sachgericht nicht ausgesprochen hat (BGE 136 III 209 E. 6.1 S. 214 f.). Die Beschwerdeführerin ist zudem auf Art. 117 i.V.m. Art. 102 Abs. 2 BGG zu verweisen, wenn sie den Beizug der vorinstanzlichen Akten verlangt. Auf diese Anträge ist nicht einzutreten.
4.3
4.3.1 Einerseits führt die Beschwerdeführerin eingangs ihrer Beschwerde auf, die kantonsgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen würden "(vorsorglich) sowohl im Einzelnen wie auch gesamthaft bestritten", soweit sie nicht mit der Sachdarstellung in ihrer Beschwerde übereinstimmten (Ziff. II/9 der Beschwerde).
4.3.2 Andererseits legt sie dar, das Kantonsgericht habe verkannt, dass sich im Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks durch die Beschwerdegegnerin im Jahr 2003 an der Stelle der heutigen Blumentröge und -töpfe eine begrünte Böschung befunden habe. Diese habe die Beschwerdeführerin entfernen lassen und an deren Stelle Blumentröge und -töpfe aufgestellt.
4.4 Bei der Rüge willkürlicher Sachverhaltsfeststellung genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder pauschal die vorinstanzliche Tatsachenfeststellung zu beanstanden. Es ist nicht Aufgabe des Bundesgerichts, selbst in den Akten nachzuforschen, ob sich allenfalls Indizien für eine Unrichtigkeit des vorinstanzlichen Sachverhalts ergeben. Die Beschwerdeführerin unterlässt es, die willkürliche Sachverhaltsfeststellung substanziiert darzulegen, zumal sie nicht auf die Aktenstellen hinweist, an denen sich ihre Vorbringen befinden sollen. Darauf ist nicht einzutreten (vgl. E. 2.2 f. oben).
5.
5.1 Die Beschwerdeführerin rügt zudem eine willkürliche Anwendung von Art. 738 ZGB. Einerseits habe das Kantonsgericht bei der Auslegung des Erwerbsgrundes Art. 18 OR angewendet, obwohl sich die heutigen Parteien gar nicht mehr auf diese Bestimmung berufen könnten, da dies nur im Verhältnis der ursprünglichen Vertragsparteien möglich sei. Zudem habe es das Kantonsgericht unterlassen, die Ausübung der Dienstbarkeit (Art. 738 Abs. 2 ZGB) bei der Auslegung zu berücksichtigen.
5.2 Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern sich die behauptete Verletzung auch auf den Ausgang des Verfahrens auswirken und welchen Einfluss die geforderte Berücksichtigung der Ausübung der Dienstbarkeit auf das Auslegungsergebnis haben soll (sofern im Übrigen überhaupt auf die Art der Ausübung abzustellen wäre: BGE 131 III 345 E. 1.1 S. 347). In Bezug auf das Ergebnis fehlt es an jeglicher Begründung, weshalb auf diese Rüge ebenfalls nicht eingetreten werden kann (vgl. E. 2.3 oben).
6.
Aus den dargelegten Gründen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Die Beschwerdeführerin wird demnach kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. Januar 2011
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
Hohl Bettler