Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_276/2010
Urteil vom 16. Juli 2010
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Faga.
Verfahrensbeteiligte
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Jean-Claude Cantieni,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, grobe Verkehrsregelverletzung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 15. Januar 2010.
Sachverhalt:
A.
Das Bezirksgericht Bülach sprach X.________ mit Urteil vom 5. Juni 2009 schuldig der Gewalt gegen Behörden und Beamte, der groben Verletzung der Verkehrsregeln durch Nichtbeachten der Weisungen der Polizei und Nichtbeherrschen des Fahrzeugs sowie der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln durch Parkieren auf dem Trottoir. Es verurteilte ihn zu einer unbedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 30.-- und auferlegte ihm eine Busse von Fr. 120.--. Ferner widerrief das Bezirksgericht den bedingten Vollzug einer Gefängnisstrafe von 3 Monaten sowie einer Geldstrafe von 5 Tagessätzen zu Fr. 50.-- aus den Jahren 2004 und 2007.
Die dagegen von X.________ erhobene Berufung hiess das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 15. Januar 2010 teilweise gut. Es sprach ihn vom Vorwurf der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln frei. Zudem schob es den Vollzug der Geldstrafe bei einer Probezeit von drei Jahren auf. Im Übrigen bestätigte das Obergericht den erstinstanzlichen Entscheid.
B.
X.________ führt Beschwerde ans Bundesgericht. Er beantragt im Wesentlichen, er sei von Schuld und Strafe freizusprechen, und es sei ihm eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 3'000.-- auszurichten. Zudem ersucht er sinngemäss um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.
C.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Erwägungen:
1.
Die Vorinstanz geht von folgendem Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer wurde am 19. Dezember 2007 von zwei Polizeibeamten kontrolliert, nachdem er sein Fahrzeug teilweise auf einem Trottoir parkiert hatte. Da er im Zusammenhang mit einer Busse im Fahndungsregister ausgeschrieben war, forderten ihn die Polizisten auf, sie auf den Polizeiposten zu begleiten. Daraufhin setzte sich der Beschwerdeführer ans Steuer seines Autos und fuhr weg. Nach einer kurzen Fahrstrecke wendete er sein Fahrzeug, fuhr zurück und wurde von der Polizei gestoppt. Als einer der Polizeibeamten im Begriff war, beim Fahrzeug des Beschwerdeführers die Beifahrertüre zu öffnen, fuhr dieser ein weiteres Mal davon. Dadurch zog sich der Polizeibeamte leichte Prellungen an der Hand und am Knie zu. Der andere Polizist musste sich mit einem Sprung zur Seite retten (angefochtenes Urteil S. 9 ff.).
2.
2.1 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Das setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dies bedingt aber, dass die Beschwerde wenigstens die minimalen Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt und auf sie eingetreten werden kann (vgl. BGE 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68 mit Hinweisen).
Wird die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) gerügt, gelten qualifizierte Anforderungen an die Begründung. Dies prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur, wenn eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und substanziiert begründet worden ist. Die Beschwerdeschrift muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68; 135 III 232 E. 1.2 S. 234; je mit Hinweisen).
2.2 Die Ausführungen des Beschwerdeführers, beispielsweise betreffend das Vorliegen eines Sachverhalts- respektive Rechtsirrtums (Beschwerde S. 12 f.) sowie die wiedergegebenen Statistiken (Beschwerde S. 6-11), gehen über weite Strecken an der Sache vorbei und betreffen nicht das Prozessthema. Sie sind nicht zu hören.
Ebenso wenig ist auf die Beschwerde einzutreten, soweit der Beschwerdeführer beantragt, es sei auf eine Strafe zu verzichten und das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich anzuweisen, ihm den entzogenen Führerausweis sowie Fr. 2'000.-- "zu erstatten" (Beschwerde S. 1). Eine entsprechende Begründung fehlt gänzlich (Art. 42 Abs. 2 BGG).
3.
3.1 Der Beschwerdeführer rügt sinngemäss eine unrichtige Beweiswürdigung durch das Obergericht.
3.2 Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 134 IV 36 E. 1.4.1 S. 39).
3.3 Der Beschwerdeführer setzt sich mit der vorinstanzlichen Beweiswürdigung nicht auseinander. Dass die Vorinstanz das Willkürverbot (Art. 9 BV) verletzt haben sollte, wird von ihm nicht einmal behauptet. Der Beschwerdeführer bringt beispielsweise vor, er sei, nachdem er sein Fahrzeug gewendet und kurz angehalten habe, weitergefahren, um seine Mitfahrerin auszuladen und den Polizeiposten aufzusuchen, respektive da ihm mit dem Tode gedroht worden sei (Beschwerde S. 2 f.). Die Vorinstanz hält dazu fest, die Polizeibeamten hätten das Fahrzeug nach dem Wendemanöver zu stoppen versucht. Dies habe der Beschwerdeführer erkannt. Er habe sich über diese Weisungen hinweggesetzt und sei, nachdem er kurz angehalten habe, auf das Polizeiauto und den Polizeibeamten zugefahren. Spätestens nach dem Wendemanöver könne ein Missverständnis ausgeschlossen werden. Eine Androhung von Waffengewalt habe die Zeugin nicht erwähnt. Auch habe der Beschwerdeführer nicht erklären können, weshalb er als Erster losgefahren sei, wenngleich er gemäss eigenen Angaben verstanden habe, dass er hinter den Polizisten herfahren müsse (angefochtenes Urteil S. 18 ff.). Diesen Erwägungen stellt der Beschwerdeführer einzig seine davon abweichende Auffassung gegenüber. Dies trifft auch auf dessen Schilderung zu, wonach er weder auf das Polizeiauto noch auf die Polizeibeamten zugefahren sei (Beschwerde S. 5). Seine Einwände erschöpfen sich in unzulässiger appellatorischer Kritik, die keine Willkür darzutun vermag (vgl. dazu BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4 f. mit Hinweisen). Die Beschwerde genügt den Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht.
4.
4.1 Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer sei betreffend die ihm zur Last gelegte erste Wegfahrt (vgl. Anklageschrift vom 18. September 2008, S. 3, 1. Abschnitt) erstinstanzlich vom Vorwurf der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Art. 285 Ziff. 1 StGB) und der groben Verkehrsregelverletzung (Art. 90 Ziff. 2 i.V.m. Art. 27 Abs. 1 und Art. 31 Abs. 1 SVG) freigesprochen worden. Ebenso liege betreffend die zweite Wegfahrt ein Freispruch vom Vorwurf der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte vor, soweit sich seine Handlungen gegen den Polizeibeamten A.________ gerichtet hätten.
Indem der Beschwerdeführer nach dem Wendemanöver plötzlich beschleunigt habe, habe er den Polizeibeamten A.________ leicht verletzt und sein Fahrzeug nicht beherrscht. Dadurch habe er eine fahrlässige grobe Verkehrsregelverletzung begangen (Art. 90 Ziff. 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG). Der Beschwerdeführer habe zudem den Tatbestand von Art. 285 Ziff. 1 StGB sowie Art. 90 Ziff. 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG erfüllt, indem er auf den Polizeibeamten B.________ zugefahren sei und sich dieser mit einem Sprung habe in Sicherheit bringen müssen. Endlich habe er die polizeilichen Weisungen missachtet und dadurch ebenfalls eine Verkehrsregel (Art. 90 Ziff. 2 i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG) grob verletzt (angefochtenes Urteil S. 21 f. mit Verweis auf den erstinstanzlichen Entscheid S. 15 ff.).
4.2 Aus der Beschwerde geht nicht hervor, welche Norm als verletzt gerügt wird. Zudem gehen die Rügen verschiedentlich an der Sache vorbei. Soweit der Beschwerdeführer beispielsweise vorbringt, er habe gegenüber dem Polizisten A.________ keine Gewalt angewendet (Beschwerde S. 5), verkennt er, dass er diesbezüglich der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte nicht schuldig erklärt wurde. Auch setzt sich der Beschwerdeführer mit den vorinstanzlichen Erwägungen nicht auseinander, weshalb seine Beschwerde den bundesrechtlichen Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht genügt. Auf die Beschwerde ist auch deshalb nicht einzutreten, da der Beschwerdeführer von einem abweichenden Sachverhalt ausgeht, indem er beispielsweise geltend macht, weder auf das Polizeiauto noch auf die Beamten zugefahren zu sein (Beschwerde S. 5). Inwiefern die Vorinstanz bei der von ihr festgestellten Sachlage Bundesrecht (Art. 285 Ziff. 1 StGB sowie Art. 90 Ziff. 2 i.V.m. Art. 27 Abs. 1 und Art. 31 Abs. 1 SVG) verletzt habe, legt der Beschwerdeführer nicht dar.
5.
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass der Vollzug einer Gefängnisstrafe "von damals die Familie hart treffen würde" (Beschwerde S. 13). Damit rügt er sinngemäss eine Verletzung von Art. 46 StGB. Mit den vorinstanzlichen Erwägungen (angefochtenes Urteil S. 26) setzt er sich nicht auseinander. Die Beschwerde genügt deshalb auch hier den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht. Im Übrigen sind Einschränkungen im sozialen und beruflichen Umfeld eine gesetzmässige Folge jeder freiheitsbeschränkenden Sanktion. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz, indem sie insbesondere den bedingten Vollzug einer Gefängnisstrafe von 3 Monaten aus dem Jahre 2004 widerruft, Bundesrecht verletzen sollte.
6.
Der Beschwerdeführer beantragt die Ausrichtung einer Entschädigung in der Höhe von Fr. 3'000.-- für die erlittene Untersuchungshaft. Ein solcher Anspruch steht ihm nicht zu. Der Beschuldigte ist für den auferlegten Freiheitsentzug grundsätzlich zu entschädigen. Die Entschädigung erfolgt in Geld, wenn ein Schuldbeweis nicht erbracht werden kann, und sonst durch Anrechnung auf die Strafe (Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Strafen und Massnahmen, 2. Aufl. 2006, § 6 N. 112). Letzteres ist hier der Fall. Die vom Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren ausgestandene Untersuchungshaft von zwei Tagen rechnet die Vorinstanz richtigerweise an die dreimonatige Gefängnisstrafe aus dem Jahre 2004 im Sinne von Art. 51 StGB an (vgl. BGE 133 IV 150 E. 5.1 S. 154 f.).
7.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist abzuweisen, da die Beschwerde von vornherein aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG e contrario).
Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Seinen angespannten finanziellen Verhältnissen ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. Juli 2010
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Favre Faga