BGer 8C_758/2008
 
BGer 8C_758/2008 vom 24.04.2009
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
8C_758/2008
Urteil vom 24. April 2009
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Niquille,
Gerichtsschreiber Grünvogel.
Parteien
V.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Gabathuler,
gegen
Arbeitslosenkasse SYNA, Zentralverwaltung, Josefstrasse 59, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Arbeitslosenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Juli 2008.
Sachverhalt:
A.
Die 1965 geborene V.________ bezog seit November 2003 eine Arbeitslosenentschädigung auf der Basis einer vollen Erwerbsfähigkeit, als ihr die Invalidenversicherung bei einem Invaliditätsgrad von 92 % ab Juli 2004 eine ganze Rente ausrichtete. Darauf hin legte die Arbeitslosenkasse SYNA den Taggeldabrechnungen einen reduzierten versicherten Verdienst zu Grunde, was von V.________ beanstandet wurde. Darüber hinaus verfügte die Kasse am 4. Januar 2005 die Rückerstattung von zu viel ausbezahlter Arbeitslosenentschädigung in der Höhe von Fr. 4'923.-. Auf Einsprache hin reduzierte die Kasse mit Entscheid vom 9. August 2006 die Rückerstattungsforderung auf Fr. 2963.65 und legte den für die Taggeldabrechnungen massgebenden versicherten Verdienst ab 1. Juli 2004 auf Fr. 1'856.- fest.
B.
Dagegen liess V.________ beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Beschwerde führen. Das Gericht sistierte das Verfahren bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens der Invalidenversicherung. Diese legte den Invaliditätsgrad mit in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 26. März 2008 rückwirkend ab dem 1. April 2004 auf 62 % fest, passte die Leistungen indessen lediglich pro futuro per 1. Mai 2008 an. Das kantonale Gericht nahm das Verfahren wieder auf und änderte mit Entscheid vom 29. Juli 2008 den Einspracheentscheid vom 9. August 2006 in teilweiser Gutheissung der Beschwerde dahingehend ab, als die Rückforderung der von der Invalidenversicherung für den Zeitraum bis Ende Juni 2004 ausgerichteten Nachzahlung von Fr. 1056.- angepasst wurde; den versicherten Verdienst für die Taggeldabrechnungen ab 1. November 2004 legte das kantonale Gericht auf Fr. 520.- fest und schloss damit eine Nachzahlung von Arbeitslosenentschädigung aus.
C.
V.________ lässt dagegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, den Taggeldabrechnungen ab 1. November 2004 sei ein versicherter Verdienst von Fr. 2'469.30 zu Grunde zu legen, was zu einer Nachzahlung von Fr. 22.65 pro entschädigungsberechtigtem Tag führe.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerdeführerin stellt letztinstanzlich einzig noch die Höhe des für die Taggeldberechnung der Arbeitslosenversicherung massgebenden (Art. 22 AVIG) versicherten Verdienstes ab 1. November 2004 in Frage.
2.
Die Vorinstanz hat zutreffend dargelegt, dass sich der versicherte Verdienst von behinderten Personen gemäss Art. 40b AVIV nach der verbleibenden Erwerbsfähigkeit bestimmt. Diese entspricht dem Invaliditätsgrad der Invalidenversicherung. Da mit dieser Verordnungsbestimmung die Koordination mit der Eidgenössischen Invalidenversicherung bezweckt ist (BGE 132 V 357 E. 3.2.3 S. 359), ist dabei in aller Regel auf den von der IV-Stelle für den massgeblichen Zeitraum angenommenen bzw. festgelegten IV-Grad abzustellen (SVR 2007 AlV Nr. 22 S. 71 E. 5 mit Hinweisen [C 256/06]).
2.1 Wie vom kantonalen Gericht ebenso dargelegt, berechtigt ein erst nachträglich rechtskräftig festgelegter Invaliditätsgrad durch den Invalidenversicherer die Arbeitslosenversicherung überdies dazu, auf dem Wege der prozessualen Revision ursprünglich auf der Basis der, rückwirkend betrachtet, falschen Angaben der versicherten Person zur Arbeits- und Erwerbsfähigkeit zu viel ausbezahlte Taggeldleistungen zurückzufordern (BGE 133 V 530 E. 4 S. 533; 132 V 357 E. 3.1). Dabei beschränkt sich die Rückforderungssumme gemäss Art. 95 Abs. 1bis AVIG und in Abweichung von Art. 25 Abs. 1 ATSG auf die Höhe der von der Invalidenversicherung für denselben Zeitraum ausgerichteten Leistungen.
2.2 Der umgekehrte Fall des durch die Invalidenversicherung erst nachträglich festgestellten geringeren Grads an Erwerbsunfähigkeit als den Taggeldabrechnungen der Arbeitslosenkasse ursprünglich zu Grunde gelegt, stellt folgerichtig grundsätzlich ebenfalls einen Rückkommenstitel dar, wovon die Kasse im Einspracheentscheid vom 9. August 2006 denn auch ausgegangen ist. Dabei ist zu beachten, dass die Invalidenversicherung die von ihr auf der Basis des ursprünglich angenommenen IV-Grads ausgerichteten Rentenleistungen nur ausnahmsweise zurückfordern kann (Art. 88bis Abs. 2 AVIV); die Leistungen der Invalidenversicherung bleiben in den übrigen Fällen - wie vorliegend - auf der Grundlage der ursprünglich angenommenen erwerblichen Beeinträchtigung stehen.
2.3 Die Vorinstanz schloss gestützt daraus und aus dem eingangs von E. 2 hiervor erwähnten BGE 132 V 357, vorliegend sei an die im fraglichen Zeitraum (ab Juli 2004) effektiv bezogenen, auf der Basis einer Erwerbsunfähigkeit von 92 % beruhenden - einen versicherten Verdienst von Fr. 520.- ergebenden - Leistungen der Invalidenversicherung anzuknüpfen; nicht abzustellen sei dagegen auf jenen Invaliditätsgrad, der für diesen Zeitraum von der Invalidenversicherung nachträglich für eigentlich treffend bezeichnet wurde (62 %, einem versicherten Verdienst von Fr. 2'469.- entsprechend), ohne dass zugleich auch die entsprechenden Rentenleistungen rückwirkend angepasst worden wären bzw. hätten angepasst werden können.
2.4 Dieser Auffassung ist beizupflichten, zumal Art. 23 Abs. 1 AVIG als Ausgangsnorm von Art. 40b AVIV für die Bestimmung des versicherten Verdienstes den Lohn als massgebend erklärt, den die versicherte Person tatsächlich erzielt hat. Die gesetzeskonforme Interpretation von Art. 40b AVIV gebietet es, jenen Grad der Erwerbsunfähigkeit heranzuziehen, für welchen effektiv Invalidenleistungen geflossen sind.
3.
Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, dringt nicht durch.
3.1 Der von ihr angerufene BGE 133 V 524 E. 5.2 S. 527 äussert sich zwar auch zu Art. 40b AVIV, ohne indessen den dieser Bestimmung inhärenten Koordinationsgedanken neu zu definieren: Es wird lediglich festgehalten, bei der Festlegung der Erwerbsunfähigkeit im Sinne von Art. 40b AVIV sei selbst dann in aller Regel auf den von der IV-Stelle für den massgeblichen Zeitraum festgelegten IV-Grad abzustellen, wenn die Invalidenversicherung von einem, für eine Rentenberechtigung zu geringen Invaliditätsgrad von unter 40 % ausgeht, mithin keine eigentliche Koordination von Rentenleistung und Arbeitslosentaggeldern zur Diskussion stehe. Das Bundesgericht begründet dies im angesprochenen Urteil damit, über die Leistungskoordination zwischen Invaliden- und Arbeitslosenversicherer hinausgehend definiere Art. 40b AVIV in allgemeinerer Weise die Abgrenzung der Zuständigkeit der Arbeitslosenversicherung gegenüber anderen Versicherungsträgern nach Massgabe der Erwerbsfähigkeit, weshalb die Leistungspflicht der Arbeitslosenversicherung auf einen Umfang zu beschränken sei, welcher sich nach der verbleibenden Erwerbsfähigkeit richte. Nicht verworfen hat das Bundesgericht in diesem Entscheid dagegen die in BGE 132 V 524 E. 3.2.3 S. 359 erkannte, in SVR 2007 ALV Nr. 22 S. 71 E. 5 (C 256/06) verdeutlichte, grundlegende ratio legis von Art. 40b AVIV der Koordination zwischen Invaliden- und Arbeitslosenversicherung. Es hat diese Rechtsprechung lediglich für jene Fälle präzisiert, in welchen von der Invalidenversicherung keine Leistungen fliessen. Mehr kann aus BGE 133 V 524 entgegen der von der Beschwerdeführerin offenbar vertretenen Auffassung nicht abgeleitet werden.
3.2 Einzuräumen ist, dass die Beschwerdeführerin in concreto zwar leicht schlechter gestellt ist als wenn die Leistungen bereits von Beginn weg entsprechend dem nachträglich ermittelten Invaliditätsgrad von 62 % ausgerichtet worden wären: Die bisher tatsächlich ausgerichteten Taggelder (durchschnittlich Fr. 1484.80 pro Monat [1856 x 0.8]) ergeben zusammen mit der effektiv zur Auszahlung gelangten Invalidenrente von Fr. 1408.- im Monat ein Total von Fr. 2892.80. Dagegen kommt das auf der Basis eines Invaliditätsgrads von 62 % statt 92 %, wie ursprünglich angenommen, zu bestimmende Arbeitslosentaggeld bei einer Invalidenrente von Fr. 1056.- monatlich im Durchschnitt auf Fr. 1975.45 [2469.30 x 0.8] zu stehen, was einem Gesamtbetrag von monatlich Fr. 3031.45 entspricht.
Dies ist indessen genauso hinzunehmen wie der umgekehrte Fall des sich nachträglich als höher erweisenden Erwerbsunfähigkeitsgrads. Dort hat die versicherte Person nach der gesetzgeberischen Konzeption (ebenfalls) nicht mehr zurückzuerstatten als sie nachträglich von der Invalidenversicherung ausgerichtet erhält. Damit kann sie insgesamt besser gestellt sein, als wenn bereits von Beginn an das Taggeld und die Invalidenrente entsprechend den späteren Feststellungen zum Erwerbsunfähigkeitsgrad bestimmt worden wären.
4.
Insgesamt erweist sich damit die Beschwerde als unbegründet, weshalb die Beschwerdeführerin in Anwendung von Art. 65 Abs. 1 BGG kostenpflichtig wird.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Staatssekretariat für Wirtschaft und dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 24. April 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Ursprung Grünvogel