BGer 9C_30/2007
 
BGer 9C_30/2007 vom 28.08.2007
Tribunale federale
{T 0/2}
9C_30/2007
Urteil vom 28. August 2007
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Kernen,
Gerichtsschreiber Fessler.
Parteien
C.________, 1944, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Urs Wüthrich, Zentralplatz 51, 2503 Biel,
gegen
IV-Stelle des Kantons Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 12. Januar 2007.
Sachverhalt:
A.
Die 1944 geborene C.________ meldete sich im März 2005 bei der Invalidenversicherung an und ersuchte um eine Rente. Nach Abklärung der gesundheitlichen, erwerblichen und hauswirtschaftlichen Verhältnisse lehnte die IV-Stelle Bern mit Verfügung vom 14. September 2005 das Leistungsbegehren ab, was sie mit Einspracheentscheid vom 2. Juni 2006 bestätigte.
B.
Die Beschwerde der C.________wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 12. Januar 2007 ab.
C.
C.________lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 12. Januar 2007 sei aufzuheben und es sei ihr rückwirkend seit wann rechtens eine Invalidenrente in gesetzlicher Höhe zu bezahlen; eventualiter sei die Sache an die zuständige Behörde zur Neubeurteilung zurückzuweisen.
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
2.
Das kantonale Gericht hat in Anwendung der gemischten Bemessungsmethode (vgl. dazu BGE 125 V 148 f. E. 2a-c sowie BGE 130 V 393 und SVR 2006 IV Nr. 42 S. 151 [I 156/04]) einen Invaliditätsgrad von 38 % (0,45 x 44,07 % + 0,55 x 33,8 %; zum Runden BGE 130 V 121) ermittelt, was keinen Rentenanspruch ergibt (Art. 28 Abs. 1 IVG).
2.1 Zum zeitlichen Umfang der im Gesundheitsfall neben der Besorgung des Zwei-Personen-Haushalts ausgeübten Erwerbstätigkeit hat das kantonale Gericht festgestellt, die Versicherte habe ihre Tätigkeit beim Dienst G.________ der Stadt X.________ 1994 aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben. Als Ersatz für diese Arbeit habe sie 1997 die ihrer Behinderung angepasste selbständige Erwerbstätigkeit als Näherin für das Heim M.________ aufgenommen. Ohne gesundheitliche Beeinträchtigung würde sie somit beim Dienst G.________ der Stadt X.________ und als Siedlungswartin in der Wohnbaugenossenschaft Y.________ tätig sein. Daraus ergebe sich ein Anteil der Erwerbstätigkeit von höchstens 45 %.
2.1.1 In welchem Ausmass eine im Aufgabenbereich Haushalt tätige versicherte Person (Art. 5 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 ATSG und Art. 27 IVV) ohne gesundheitliche Beeinträchtigung erwerbstätig wäre, ist Tatfrage, soweit sie auf Beweiswürdigung beruht (Urteil I 693/06 vom 20. Dezember 2006 E. 4.1). Wenn und soweit die diesbezüglichen Feststellungen des kantonalen Gerichts sich ausschliesslich auf die allgemeine Lebenserfahrung stützen oder auf arbeitsmarktlicher Empirie beruhen, geht es hingegen um Rechtsfragen (Urteil I 701/06 vom 5. Januar 2007 E. 3.2).
2.1.2 Die vorinstanzliche Annahme einer Teilerwerbstätigkeit im zeitlichen Umfang von maximal 45 % eines Normalarbeitspensums als Reinigungsangestellte und Siedlungswartin im Gesundheitsfall ist weder offensichtlich unrichtig noch das Ergebnis der Beweiswürdigung eines unvollständig festgestellten Sachverhalts. Daran ändert entgegen den Vorbringen in der Beschwerde nichts, dass das ausserhäusliche Arbeitspensum von 45 % die Arbeit als Näherin zu Hause ohne weiteres zugelassen hätte. Ebenfalls genügt der blosse Hinweis auf das Einkommen des Ehemannes von Fr. 4600.- netto im Januar 1997 nicht, um das vorinstanzlich festgesetzte hypothetische erwerbliche Arbeitspensum von 45 % als offensichtlich unrichtig erscheinen zu lassen. Abgesehen davon könnte sich fragen, weshalb die Beschwerdeführerin trotz der angeblich prekären finanziellen Verhältnisse und der bereits seit Längerem bestehenden gesundheitlichen Probleme, welche sich 1994 verschärften, nicht schon früher eine leichtere Tätigkeit in einem zeitlich grösseren Umfang aufgenommen hatte. Dass sie solche Stellen gesucht hätte, macht sie nicht geltend. Vielmehr gibt sie an, die selbständige Tätigkeit als Näherin für das Heim M.________ sei ihr von einer Bekannten angeboten worden. Es hat somit bei einem Anteil der Erwerbstätigkeit von 0,45 sein Bewenden zu haben.
2.2 Die vorinstanzliche Invaliditätsbemessung im erwerblichen Bereich wird im Grundsatz nicht beanstandet. Es besteht kein Anlass zu einer näheren Prüfung von Amtes wegen. Die geltend gemachte nachhaltige Veränderung der Einkommenssituation bei der selbständigen Nähtätigkeit seit Erlass des angefochtenen Entscheides betrifft im Übrigen einen ausserhalb des Prüfungszeitraums liegenden Umstand (BGE 131 V 353 E. 2 S. 354; SVR 2005 AHV Nr. 9 S. 31 E. 1.1.3 [H 53/04]) und hat daher in diesem Verfahren unberücksichtigt zu bleiben.
2.3 Mit Bezug auf die gesundheitlich bedingte Einschränkung im Haushalt werden wie schon im vorinstanzlichen Verfahren einzig die Bereiche «Ernährung», «Wohnungspflege» sowie «Wäsche und Kleiderpflege» beanstandet. Dazu hat das kantonale Gericht festgestellt, die IV-Stelle habe die behinderungsbedingte Einschränkung allenfalls zu tief (Ernährung: 20 %), sehr tief (Wohnungspflege: 35 %) resp. möglicherweise zu tief (Wäsche und Kleiderpflege: 15 %) angesetzt. Diese in Prozenten ausgedrückten Behinderungsgrade könnten jedoch höchstens auf 40 %, 70 % und 30 % verdoppelt werden. Daraus ergebe sich eine Einschränkung im Haushalt von maximal 33,8 %. Insgesamt resultiere ein nicht anspruchsbegründender Invaliditätsgrad von 38 % (0,45 x 44,07 % + 0,55 x 33,8 %).
Die Beschwerdeführerin bringt vor, es bestehe nach wie vor eine offensichtliche Diskrepanz zwischen der von der Vorinstanz verdoppelten Behinderungen in den Bereichen Ernährung, Wohnungspflege sowie Wäsche und Kleiderpflege einerseits und der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit im Haushalt durch Dr. med. A.________ anderseits. Dr. med. A.________ habe in seinem Bericht vom 11. April 2005 unmissverständlich festgehalten, dass die Versicherte aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme (Status nach Hüft-TP rechts Mai 2003 und zweimaliger Diskushernienoperation Juni und August 2003) den Haushalt praktisch nicht mehr selbständig führen könne. Dass die Behinderung im Rücken liege, habe namhafte Auswirkungen auf praktisch sämtliche Tätigkeiten. Zusätzlich behindernd wirke sich die Einschränkung in der Gehfähigkeit aus.
2.3.1 Das Ausmass der Behinderung in den einzelnen Bereichen des Haushalts ist eine Tatfrage (Urteil I 693/06 vom 20. Dezember 2006 E. 6.3). Die diesbezüglichen Feststellungen des kantonalen Gerichts sind somit lediglich unter eingeschränktem Blickwinkel überprüfbar (E. 1).
2.3.2 Es wird zu Recht nicht eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung gerügt. Insbesondere hat das kantonale Gericht auch den Bericht des Dr. med. A.________ vom 11. April 2005 in die Beurteilung miteinbezogen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die gesundheitlich bedingte Einschränkung im Haushalt grundsätzlich mittels Betätigungsvergleich zu ermitteln ist (BGE 104 V 135 E. 2a S. 136). Die ärztliche Einschätzung der Arbeitsfähigkeit in diesem Aufgabenbereich bildet nur, aber immerhin eine notwendige Grundlage hiefür und ist demzufolge von der Abklärungsperson zu berücksichtigen (Urteil I 850/05 vom 21. August 2006 E. 4.3). Darauf kann jedoch ebenso wie im erwerblichen Bereich lediglich in Ausnahmefällen direkt abgestellt werden (SVR 2006 IV Nr. 42 S. 151 E. 6.2 [I 156/04]; Urteil I 373/06 vom 28. Februar 2007 E. 4.3.2). Vor diesem Hintergrund kann die vorinstanzliche Feststellung, dass in den Bereichen «Ernährung», «Wohnungspflege» sowie «Wäsche und Kleiderpflege» im für die Versicherte günstigsten Fall eine Verdoppelung der Behinderungsgrade gemäss Abklärungsbericht Haushalt vom 9. September 2005 in Betracht falle, nicht als offensichtlich unrichtig bezeichnet werden.
Der angefochtene Entscheid ist somit rechtens.
3.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 28. August 2007
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: