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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 7}
U 446/06
Urteil vom 4. Juli 2007
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Schön,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.
Parteien
B.________, 1964, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Baur, Bahnhofstrasse 55, 8600 Dübendorf,
gegen
Zürich Versicherungs-Gesellschaft, Talackerstrasse 1, 8152 Opfikon, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 22. August 2006.
Sachverhalt:
A.
Die 1964 geborene B.________ war im Rahmen ihrer Anstellung als Arztsekretärin bei der Zürich Versicherungs-Gesellschaft (Zürich) obligatorisch gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Sie wurde am 3. April 2003 Opfer eines Auffahrunfalles. Zwei Stunden nach dem Ereignis traten Übelkeit und Kopfschmerzen auf. Der gleichentags aufgesuchte Dr. med. M.________, Spezialarzt für orthopädische Chirurgie FMH, diagnostizierte eine HWS-Distorsion. Die Zürich anerkannte ihre Leistungspflicht, kam für die Heilbehandlung auf und richtete Taggelder aus. Sie liess die Versicherte zudem durch Dr. med. P.________, Facharzt für innere Medizin, speziell Rheumatologie, (Bericht vom 2. Dezember 2003) sowie von Dr. med. S.________, Facharzt für Neurologie FMH, (Bericht vom 30. März 2004) untersuchen sowie durch die Neuropsychologin O.________ begutachten (Bericht vom 4. Juni 2004). Die Unfallversicherung lehnte mit Verfügung vom 17. August 2004 ihre weitere Leistungspflicht mit Wirkung vom 1. Juli 2004 ab, da die andauernden Beschwerden nicht mehr in einem adäquaten Kausalzusammenhang zum versicherten Ereignis ständen. Daran hielt sie auch auf Einsprache hin fest (Entscheid vom 17. Februar 2005).
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde der B.________, mit welcher unter Vorlage neuer medizinischer Akten weitere Versicherungsleistungen über den 1. Juli 2004 hinaus beantragt wurden, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 22. August 2006 ab.
C.
B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des kantonalen Entscheides seien die gesetzlichen Leistungen ab 1. Juli 2004 weiterhin zu erbringen.
Die Zürich schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf Vernehmlassung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz 75) und es wurde die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale Gerichtsentscheid am 22. August 2006 und somit vor dem 1. Januar 2007 erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
2.
Strittig ist der von der Beschwerdegegnerin verfügte und vorinstanzlich bestätigte Fallabschluss (Einstellung sämtlicher Leistungen aus dem Ereignis vom 3. April 2003) auf den 30. Juni 2004. Während die Zürich und das kantonale Gericht hinsichtlich der über den genannten Zeitpunkt hinaus von der Versicherten geklagten Beschwerden die Adäquanz des Kausalzusammenhanges mit dem Unfall verneinen, macht die Beschwerdeführerin geltend, der anhaltende Gesundheitsschaden sei somatischer Natur und stehe in einem natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang mit dem versicherten Ereignis. Die Beschwerdegegnerin sei daher weiterhin leistungspflichtig.
3.
Das kantonale Gericht hat die Rechtsgrundlagen der umstrittenen Leistungspflicht des Unfallversicherers (Art. 6 Abs. 1 UVG) und die Rechtsprechung zu dem für diese vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang im Allgemeinen (BGE 129 V 181 E. 3.1 mit Hinweisen) und bei Schleudertraumen der Halswirbelsäule (HWS) oder äquivalenten Verletzungsmechanismen im Besonderen (BGE 119 V 340 E. 2b/aa; RKUV 2000 Nr. U 359 S. 29) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Entsprechendes gilt für die von der Judikatur entwickelten allgemeinen Grundsätze zum Erfordernis des adäquaten Kausalzusammenhanges (BGE 125 V 461 E. 5a mit Hinweisen), insbesondere auch bei psychischen Unfallfolgen (BGE 115 V 133) und bei den Folgen eines Unfalles mit Schleudertrauma der HWS oder äquivalenten Verletzungen ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle (BGE 117 V 359 ff.; vgl. auch RKUV 2002 Nr. U 456 S. 437).
4.
Die Parteien sind sich insbesondere darin uneinig, ob sich die Beschwerdeführerin anlässlich der Auffahrkollision am 3. April 2003 eine traumatische Diskushernie an der Halswirbelsäule zugezogen hat, oder ob diese degenerativer Natur sei.
4.1 Es entspricht einer medizinischen Erfahrungstatsache im Bereich des Unfallversicherungsrechts, dass praktisch alle Diskushernien bei Vorliegen degenerativer Bandscheibenveränderungen entstehen und ein Unfallereignis nur ausnahmsweise, unter besonderen Voraussetzungen, als eigentliche Ursache in Betracht fällt. Als weitgehend unfallbedingt kann ein Bandscheibenvorfall betrachtet werden, wenn das Unfallereignis von besonderer Schwere und geeignet war, eine Schädigung der Bandscheibe herbeizuführen, und die Symptome der Diskushernie (vertebrales oder radikuläres Syndrom) unverzüglich und mit sofortiger Arbeitsunfähigkeit aufgetreten sind. Wird die Diskushernie durch den Unfall lediglich ausgelöst, nicht aber (weitgehend) verursacht, übernimmt die Unfallversicherung den durch das Unfallereignis ausgelösten Beschwerdeschub, spätere Rezidive dagegen nur, wenn eindeutige Brückensymptome gegeben sind (nicht veröffentlichte Urteile S. vom 28. Juli 2005 [U 2/03], H. vom 18. August 2000 [U 4/00], B. vom 7. Januar 2000 [U 131/99], S. vom 5. Januar 2000 [U 103/99], F. vom 27. Dezember 1999 [U 2/99], S. vom 4. Juni 1999 [U 193/98], R. vom 30. April 1999 [U 228/98], S. vom 22.Januar 1999 [U 69/98], S. vom 26. August 1996, [U 159/95], S. vom 7. April 1995 [U 238/94], und J. vom 10. Oktober 1994 [U 67/94], letzteres zusammengefasst in ZbJV 1996 S. 489 f.; vgl. auch Debrunner/Ramseier, Die Begutachtung von Rückenschäden, Bern 1990, S. 54 ff., insbesondere S. 56; Baur/Nigst, Versicherungsmedizin, 2. Aufl. Bern 1985, S. 162 ff.; Mollowitz, Der Unfallmann, 11. Aufl. Berlin 1993, S. 164 ff.). Insbesondere mit dem letztgenannten Kriterium werden auch jene Fälle aufgefangen, bei denen der Unfall neben weiteren Faktoren lediglich eine Teilursache für die im Anschluss an das Ereignis aufgetretenen Rückenbeschwerden darstellt. Vorausgesetzt ist indessen auch dort, dass die Symptome einer Diskushernie (vertebragenes oder radikuläres Syndrom) unmittelbar nach dem Unfall auftreten (RKUV 2000 Nr. U 379 S. 193 E. 2a mit Hinweis auf das Urteil S. vom 26. August 1996 [U 159/95]; vgl. auch Debrunner/Ramseier, a.a.O., S. 55 oben).
4.2 In den ersten Arztzeugnissen wird weder von einem vertebragenen, noch von einem radikulären Syndrom berichtet. Das ist angesichts des relativ leichten Unfalles nicht erstaunlich. Dr. med. M.________ hält in seinem Bericht vom 11. Mai 2003 ausdrücklich fest, Sensibilität und Reflexe seien unauffällig. Im Vordergrund standen Symptome wie Schwindel und Übelkeit (Bericht PD Dr. F.________, Spezialarzt FMH für Physikalische Medizin und Rehabilitation, speziell Rheumaerkrankungen, Zürich, vom 13. August 2003). Eine HWS-Funktionsaufnahme am Unfalltag (3. April 2003) zeigte normale Verhältnisse. Hingegen stellte ein MRI vom 11. September 2003 eine diskrete Protrusion C5/6 dar. Klinisch fanden sich aber keine Hinweise für eine radikuläre Symptomatik (Dr. med. P.________, Rheumatologie FMH, Zürich, Untersuchungsbericht vom 2. Dezember 2003). Im weiteren Verlauf war das Cervicalsyndrom deutlich regredient und die Sensibilität für alle Qualitäten nach wie vor unauffällig (Untersuchungsbericht Dr. S.________, Neurologie FMH, vom 30. März 2004). Die Beschwerdeführerin beruft sich insbesondere auf das Resultat einer funktionellen MRI-Aufnahme des Dr. med. E.________, vom 22. August 2005, womit dieser eine Diskushernie C5/6 mit Herniation/Osteophyten feststellte. In der Untersuchung vom September 2003 habe nur darum keine Diskusprotrusion gefunden werden können, weil die nötige Technik (funktionelles MRI) dafür fehlte. Diese Schlussfolgerung greift jedoch zu kurz. Dr. med. J.________, Leiterin der Neurochirurgischen Poliklinik des Universitätsspital X.________ berichtet am 23. Januar 2006, seit Mitte 2004 - also mehr als ein Jahr nach dem Unfall - leide die Patientin unter rezidivierenden Kribbelparästhesien im ersten Finger links, weniger häufig in den Fingern zwei und drei links und äusserst selten im fünften Finger. Seit dem Sommer 2005 hätten diese Beschwerden stark zugenommen. Das gelte auch für Nackenverspannungen sowie schmerzbedingte Beschwerden bei Rotationsbewegungen der Halswirbelsäule. Angesichts der gesamten Aktenlage, auch der Berichte der Dres. E.________ und J.________, ist es allerhöchstens möglich, aber nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der im August 2005 erhobene Befund bereits im April 2003 vorhanden war und durch den Auffahrunfall - mindestens teilweise - verursacht worden ist. Davon geht auch keiner der involvierten Ärzte aus. Die Tatsache, dass im August 2005 eine cervicale Diskushernie nachgewiesen werden konnte, beweist weder, dass diese im April 2003 schon da war, noch, dass sie unfallkausal ist. Vielmehr ist belegt, dass die durch die Diskushernie verursachten Beschwerden erst im Sommer 2004 und dann insbesondere ab Sommer 2005 auftraten. Sie können nicht dem Unfall vom 3. April 2003 zugeordnet werden. Ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht nicht. Dasselbe gilt auch für die ophthalmologischen Beschwerden. Dr. med. G.________, Augenarzt FMH, beurteilt die von der Patientin beschriebenen Sehstörungen als zentrale Sehstörungen. Er könne einen Zusammenhang mit der HWS-Distorsion weder bestätigen noch ausschliessen.
4.3 Damit verbleibt einzig die in der neuropsychologischen Untersuchung vom 13. Mai 2004 festgestellte ausgeprägte depressive Symptomatik als Folge, welche vom Unfall zumindest ausgelöst wurde und welche - mit ihren Auswirkungen auf das körperliche Befinden - die Arbeitsfähigkeit einschränkt. Mit der Vorinstanz ist dagegen die Adäquanz zwischen dem Ereignis und dieser spezifischen Folge zu verneinen. Im angefochtenen Entscheid sind die hiefür beizuziehenden Kriterien und deren einzelne Würdigung ausführlich und richtig wiedergegeben. Weitere Ausführungen dazu erübrigen sich, nachdem auch die Beschwerdeführerin selbst dazu keine weiteren Bemerkungen macht. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher abzuweisen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
Luzern, 4. Juli 2007
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: