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Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess {T 7}
I 591/06
Urteil vom 15. Dezember 2006
III. Kammer
Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Seiler; Gerichtsschreiber Fessler
Parteien
R.________, 1956, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Christina Ammann, Bahnhofstrasse 12, 8610 Uster,
gegen
IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001 Aarau, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau
(Entscheid vom 25. April 2006)
Sachverhalt:
A.
Die 1956 geborene R.________ arbeitete ab 1. Januar 2000 teilzeitlich als Allrounderin-Verkäuferin im X.________ Shop in Y.________. Nach einem Ferienaufenthalt in Norwegen im Februar/März 2000 klagte sie über Beschwerden an der linken Schulter u.a. als Folge eines Beinahe-Sturzes nach Ausrutschen auf dem vereisten Boden und Festhalten mit dem linken Arm an der Türe eines Geländewagens. Am 19. Mai 2000 kündigte R.________ ihre Stelle im X.________ Shop. Am 31. Juli 2000 wurde sie unter der Diagnose einer SLAP-Läsion an der linken Schulter operiert. Es folgten zwei weitere Eingriffe am 20. Oktober 2000 und 27. Juni 2001. Am 12. April 2002 ersuchte R.________ die Invalidenversicherung u.a. um eine Rente. Nach Abklärungen lehnte die IV-Stelle des Kantons Aargau mit Verfügung vom 18. August 2003 das Leistungsbegehren ab. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 27. April 2005 fest.
B.
Die Beschwerde der R.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau unter Berücksichtigung der lite pendente eingereichten interdisziplinären (orthopädischen und psychiatrischen) Expertise der Unabhängigen medizinischen Gutachtenstelle (UMEG), Zürich, vom 28. März/31. Mai 2005 mit Entscheid vom 25. April 2006 ab.
C.
R.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Rechtsbegehren, es sei ihr rückwirkend ab 1. März 2001 aufgrund eines Invaliditätsgrades von mindestens 50 % eine Invalidenrente zuzusprechen und die IV-Stelle sei zu verpflichten, ihr die Kosten für das UMEG-Gutachten von Fr. 8'660.- zu ersetzen.
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Streitig ist der Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung. Nach Art. 132 Abs. 1 OG in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG (in Kraft seit 1. Juli 2006) kann das Eidgenössische Versicherungsgericht in Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen in Abweichung von den Art. 104 und 105 OG auch die Unangemessenheit des angefochtenen Entscheides beurteilen und ist an die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts nicht gebunden. Gemäss Art. 132 Abs. 2 OG gelten diese Abweichungen jedoch nicht im Streit um Leistungen der Invalidenversicherung. Nach Ziff. II lit. c des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 gilt indessen bisheriges Recht für die im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Änderung beim Eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen Beschwerden. Dies trifft auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu, sodass sich die Kognition noch nach Art. 132 Abs. 1 OG richtet.
2.
Das kantonale Gericht hat in Anwendung der gemischten Methode (vgl. dazu BGE 125 V 148 f. Erw. 2a-c sowie BGE 130 V 393 und Urteil E. vom 13. Dezember 2005 [I 156/04]) einen Invaliditätsgrad von 32 % (0,5 x 28 % + 0,5 x 35 %; vgl. zum Runden BGE 130 V 121) ermittelt, was keinen Anspruch auf eine Invalidenrente gibt (Art. 28 Abs. 1 IVG). Dabei entspricht 0,5 (50 %/100 %) dem zeitlichen Umfang gemessen an einem Normalarbeitspensum, in welchem die Versicherte ohne gesundheitliche Beeinträchtigung erwerbstätig wäre. 28 % beträgt die Einschränkung im erwerblichen Bereich, 35 % im Aufgabenbereich Haushalt. Den Invaliditätsgrad im erwerblichen Bereich im Besonderen ermittelte die Vorinstanz auf Grund eines Einkommensvergleichs (vgl. dazu BGE 128 V 30 Erw. 1). Dabei legte sie die trotz des Gesundheitsschadens zumutbare Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit entsprechend der Einschätzung im UMEG-Gutachten vom 31. Mai 2005 auf 40 % fest.
Von den Bemessungsfaktoren sind die gemischte Methode der Invaliditätsbemessung bei einem Anteil der Erwerbstätigkeit von 0,5, der frühest mögliche Rentenbeginn am 1. März 2001, sowie das Valideneinkommen von Fr. 22'149.- unbestritten. Es besteht kein Anlass zu einer näheren Prüfung von Amtes wegen (BGE 125 V 415 Erw. 1b und 417 oben, 110 V 53 Erw. 4a).
3.
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird hauptsächlich vorgebracht, auf das UMEG-Gutachten vom 31. Mai 2005 könne nicht abgestellt werden. Der Gesundheitszustand sei nach wie vor der gleiche wie vor den drei Operationen an der linken Schulter. Das am 2. Mai 2006 durchgeführte Arthro-MRI zeige gemäss Dr. med. L.________, Spezialarzt für Chirurgie FMH, eine Läsion des Labrums mit Ablösung (SLAP II-III), daneben eine Partialläsion der Sehne des Musculus subscapularis mit einem umschriebenen Defekt ventral. Die Operation vom 31. Juli 2000 - unter der Diagnose einer SLAP-Läsion mit teils arthroskopischer, teils offener Refixation des cranialen Labrums glenoidale links - habe somit keinen Erfolg gebracht. Es sei daher von einer Arbeitsfähigkeit von maximal 10 %-20 % auszugehen. Im Weitern trage eine Einschränkung im Aufgabenbereich Haushalt von 35 % den massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu wenig Rechnung. Insgesamt betrage der Invaliditätsgrad 67,5 % (0,5 x 85 % + 0,5 x 50 %).
Laut dem in diesem Verfahren eingereichten Schreiben des Dr. med. L.________ vom 7./16. Juni 2006 an die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin wurde bei der Operation vom 31. Juli 2000 der Knorpelring, welcher sonst fest mit dem knöchernen Anteil der Gelenkspfanne verwachsen ist, sich aber gelöst hatte und als Folge des damit verbundenen instabilen Ansatzes der Bizepssehne Schmerzen verursachen konnte, refixiert. Nach dem Befund des Arthro-MRI vom 2. Mai 2006 sei dieser Knorpelring offensichtlich nicht wieder angewachsen. Aus therapeutischer Sicht komme eine allerdings nur arthroskopische Refixation des Knorpelringes und der Verschluss des Defektes im Bereich der vorderen Gelenkkapsel durch einen ausgewiesenen und bereits angefragten Spezialisten in Betracht. Nach Dr. med. L.________ ist eine Arbeitsfähigkeit von 15 %-20 % in einer dem Leiden angepassten Tätigkeit realistisch.
4.
4.1 Das Arthro-MRI vom 2. Mai 2006 und die darauf gestützte Beurteilung des Dr. med. L.________ vom 7./16. Juni 2006 bestätigen die im Teil «Röntgenbefunde» des UMEG-Gutachtens vom 31. Mai 2005 erwähnte schnelle Arthroseentwicklung an der Schulter links resp. im linken Glenohumeralgelenk. Sie vermögen indessen an der Schlüssigkeit der Expertise für die Zeit bis zum den Prüfungszeitraum begrenzenden Einspracheentscheid vom 27. April 2005 (BGE 131 V 354 Erw. 2) nichts zu ändern. Dabei ist davon auszugehen, dass der orthopädische Gutachter der UMEG die schon im Arthro-MRI vom 3. April 2003 ersichtliche erneute Ablösung des vorderen Labrums in seine Zumutbarkeitsbeurteilung miteinbezog. Im Übrigen berücksichtigt eine Arbeitsfähigkeit von 40 % im erwerblichen Bereich auch die im psychiatrischen UMEG-Teilgutachten vom 28. März 2005 erwähnte rezidivierende depressive Störung.
Im Weitern trifft zwar zu, dass der orthopädische Gutachter der UMEG die Arbeitsfähigkeit im Haushalt auf gesamthaft 50 % bezifferte. Sämtliche schweren, Schulter und Rücken belastenden Tätigkeiten seien nicht oder nur zeitlich limitiert möglich. Indessen ist die gesundheitlich bedingte Einschränkung im Haushalt mittels eines Betätigungsvergleichs zu ermitteln. Die ärztliche Einschätzung der Arbeitsfähigkeit in diesem Bereich bildet nur, aber immerhin eine notwendige Grundlage hiefür (SVR 2006 IV Nr. 42 [I 156/04] S. 154 Erw. 6.2). Selbst wenn indessen mit der Beschwerdeführerin von einer Einschränkung im Aufgabenbereich Haushalt von 50 % ausgegangen wird, womit auch einer allfälligen Leistungsverminderung als Folge der erwerblichen Tätigkeit Rechnung getragen wird (SVR a.a.O.), ergibt sich bei im Übrigen unveränderten Bemessungsfaktoren ein nicht anspruchsbegründender Invaliditätsgrad von 39 % (0,5 x 28 % + 0,5 x 50 %).
4.2 Die vorinstanzlich bestätigte Verneinung eines Rentenanspruchs ist somit nicht zu beanstanden. Aufgrund der in diesem Verfahren eingereichten medizinischen Unterlagen ist indessen eine anspruchserhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit Erlass des Einspracheentscheides vom 27. April 2005 nicht auszuschliessen. Die Akten sind daher an die IV-Stelle zu überweisen, damit sie - ohne dass eine Neuanmeldung erforderlich wäre - die erforderlichen Abklärungen vornimmt und danach über die Anspruchsberechtigung der Beschwerdeführerin verfügt.
5.
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird die Übernahme der Kosten des von der Versicherten in Auftrag gegebenen interdisziplinären UMEG-Gutachtens vom 31. Mai 2005 beantragt. Diese betragen gemäss Honorarnote vom 9. Juni 2005 Fr. 8'660.-.
5.1 Nach der Rechtsprechung sind unter dem Titel Parteientschädigung auch die Kosten privat eingeholter Gutachten zu vergüten, soweit es für die Entscheidfindung unerlässlich war (BGE 115 V 62 und RKUV 2000 Nr. U 362 [U 360/98] S. 44 Erw. 3b, Nr. U 395 [U 160/98] S. 322 Erw. 7a), und zwar unter Umständen auch wenn die versicherte Person in der Sache unterliegt (RKUV 2005 Nr. U 547 [U 85/04] S. 221 Erw. 2.1 mit Hinweisen). Dieser Grundsatz ist für das Verwaltungsverfahren ausdrücklich in Art. 45 Abs. 1 ATSG festgehalten (Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, S. 456). Nach zutreffender Feststellung des kantonalen Gerichts konnte die Arbeitsfähigkeit einzig und erst aufgrund der Expertise des UMEG in zuverlässiger Weise festgelegt werden. Es besteht somit grundsätzlich ein Vergütungsanspruch.
5.2 Der Umfang der zu Lasten der Invalidenversicherung gehenden Kosten bestimmt sich nach allgemeinen auftragsrechtlichen Grundsätzen und wird bei Fehlen einer Vereinbarung oder Verkehrssitte gemäss Art. 394 Abs. 3 OR festgesetzt. Danach hat die Vergütung den geleisteten Diensten zu entsprechen, ihnen objektiv angemessen zu sein. Nach welchen Gesichtspunkten sie im Übrigen zu ermitteln und was bei ihrer Bemessung berücksichtigt werden darf, entscheidet sich nicht allgemein, sondern nach den Umständen des Einzelfalles, namentlich nach der Art und Dauer des Auftrages, der übernommenen Verantwortung sowie der beruflichen Tätigkeit und Stellung des Beauftragten. In sinngemässer Anwendung von Art. 161 OG (Moderationsverfahren) können bei der Festsetzung des Honorars die Schwierigkeiten und die Wichtigkeit der Streitsache, der Umfang der Arbeitsleistung und der Zeitaufwand berücksichtigt werden, insbesondere spezielle Anstrengungen, die der Klient vom Beauftragten verlangen durfte (RKUV 2000 Nr. U 362 S. 44 Erw. 3b, Nr. U 395 S. 323 Erw. 7c mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts; Urteil N. vom 14. März 2005 [U 85/04] Erw. 4.1).
Der gemäss Honorarnote vom 9. Juni 2005 für die Begutachtung in Rechnung gestellte Betrag von Fr. 8'660.- setzt sich wie folgt zusammen: Fr. 5'200.- Gutachten Dr. med. J.________, Fr. 210.- Röntgenbilder Dr. med. J.________, Fr. 2'800.- psychiatrisches Teilgutachten und Fr. 450.- UMEG allgemein. Diese Kostenaufstellung differenziert weder nach der Anzahl aufgewendeter Stunden noch nach den einzelnen Tätigkeiten (Untersuchung, Aktenstudium, Verfassen der Berichte etc.). Wird ein Stundenansatz von Fr. 250.- in Anschlag gebracht, ergibt sich ein zeitlicher Aufwand von insgesamt 32 Stunden. Dies erscheint viel zu hoch, auch wenn berücksichtigt wird, dass zwei Experten mitwirkten. Vielmehr ist von einem notwendigen Aufwand von insgesamt 20 Stunden auszugehen. Dies ergibt einen zu vergütenden Betrag von Fr. 5'660.-.
Damit obsiegt die Beschwerdeführerin im Nebenpunkt der Gutachtenskostenvergütung teilweise, was eine reduzierte Entschädigung für die anwaltliche Vertretung rechtfertigt; sie wird ermessensweise auf Fr. 1'000.- festgesetzt.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die IV-Stelle des Kantons Aargau wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin an die Kosten des UMEG-Gutachtens vom 31. Mai 2005 den Betrag von Fr. 5'660.- und eine Entschädigung an die Anwaltskosten von Fr. 1'000.- zu bezahlen.
4.
Die Akten werden an die IV-Stelle des Kantons Aargau überwiesen, damit sie im Sinne von Erw. 4.2 verfahre.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, der Ausgleichskasse des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 15. Dezember 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: