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Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess {T 7}
I 590/06
Urteil vom 17. Oktober 2006
IV. Kammer
Besetzung
Präsident Ursprung, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Schön; Gerichtsschreiber Wey
Parteien
R.________, 1943, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Dr. Charles Wick, Schwanengasse 8, 3011 Bern,
gegen
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
(Entscheid vom 16. Mai 2006)
Sachverhalt:
A.
Der 1943 geborene R.________ absolvierte eine Lehre als Werkzeugmechaniker. Seit Januar 1990 arbeitete er als Mikromechaniker/Laborassistent bei der Firma T.________ AG (seit 1997 der Firma X.________ AG zugehörig). Im Juni 2000 klagte der Versicherte erstmals über blickrichtungsabhängige Doppelbilder sowie Störungen beim Nahsehen und beim Einschätzen von Distanzen. Zwar normalisierten sich diese Beschwerden nach einigen Wochen spontan, traten jedoch im August 2000 mit stärkerer Intensität erneut auf. Als der Versicherte im Sommer 2002 von seinem Arbeitgeber informiert wurde, dass er aufgrund grösserer Umstrukturierungen per Ende 2002 entlassen werde, reagierte er hierauf (sowie allenfalls auch auf die somatische Erkrankung) mit einer depressiven Verstimmung. Seit Dezember 2002 geht er keiner Erwerbstätigkeit mehr nach.
Am 27. Oktober 2003 meldete sich R.________ zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle Bern veranlasste die notwendigen medizinischen Abklärungen. Mit Verfügungen vom 2. September 2005 und 7. Oktober 2005, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 22. Dezember 2005, sprach die IV-Stelle dem Versicherten auf der Basis eines Invaliditätsgrades von 61 % ab 1. Dezember 2003 eine halbe Rente und ab 1. Januar 2004 eine Dreiviertelsrente zu.
B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 16. Mai 2006 ab.
C.
R.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Zusprechung einer ganzen Invalidenrente mit Wirkung ab 1. Dezember 2003. Eventuell seien weitere medizinische Abklärungen vorzunehmen und es sei dem Beschwerdeführer eine Gleitsichtbrille abzugeben.
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Nach Art. 132 Abs. 1 OG in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG (in Kraft seit 1. Juli 2006) kann das Eidgenössische Versicherungsgericht in Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen in Abweichung von den Art. 104 und 105 OG auch die Unangemessenheit der angefochtenen Verfügung beurteilen und ist an die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts nicht gebunden. Gemäss Art. 132 Abs. 2 OG gelten diese Abweichungen nicht, wenn der angefochtene Entscheid Leistungen der Invalidenversicherung betrifft. Nach Ziff. II lit. c des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 ist indessen bisheriges Recht auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung beim Eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen Beschwerden anwendbar. Da die hier zu beurteilende Beschwerde am 1. Juli 2006 beim Eidgenössischen Versicherungsgericht hängig war, richtet sich dessen Kognition noch nach der bis Ende Juni 2006 gültigen Fassung von Art. 132 OG, die dem neuen Abs. 1 entspricht.
2.
Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf den Einspracheentscheid vom 22. Dezember 2005 die hier massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, namentlich diejenigen über den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG sowohl in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen wie auch in der seit 1. Januar 2004 geltenden Fassung), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003: Art. 1 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 16 ATSG; ab 1. Januar 2004: Art. 28 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 16 ATSG; BGE 130 V 348 Erw. 3.4, 128 V 30 Erw. 1, 104 V 136 Erw. 2a und b) sowie zur Beweiswürdigung und zum Beweiswert medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a, 122 V 160 Erw. 1c mit Hinweisen), richtig dargelegt. Hierauf wird verwiesen.
3.
Der Beschwerdeführer beantragt eine ganze Invalidenrente. Streitig und zu prüfen ist somit, ob die Vorinstanz zu Recht einen Invaliditätsgrad von 61 % angenommen und gestützt darauf eine halbe bzw. eine Dreiviertelsrente zugesprochen hat.
3.1 IV-Stelle und kantonales Gericht gelangten in Würdigung der gesamten Aktenlage zum zutreffenden Schluss, dass der Beschwerdeführer in einer leidensangepassten Tätigkeit 50 % arbeitsfähig ist. Dabei stellten sie insbesondere auf das augenärztliche Gutachten des Berner Inselspitals, Augenklinik und Augenpoliklinik, vom 19. Oktober 2004 und das Gutachten des Psychiaters Dr. C.________ vom 8. Juli 2005 ab. Die Ärzte des Inselspitals diagnostizierten "asthenopische Beschwerden mit Fusionsschwäche bei unkorrigierter Hyperopie und unterkorrigierter Presbyopie beidseits sowie unkorrigiertem Astigmatismus rechts". Weiter hielt das Gutachten fest, dass die augenärztliche Untersuchung insgesamt "einen altersentsprechenden, regelrechten ophthalmologischen Befund mit vollständiger Sehfunktion" präsentiere und die Prognose "als sehr gut" zu bezeichnen sei. Es bestehe somit aufgrund erfolgreicher medikamentöser Therapie aus ophthalmologischer Sicht keine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit. In psychiatrischer Hinsicht stellte Dr. C.________ fest, der Versicherte leide unter einer langdauernden mittelgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom (ICD-10 F 32.11) nach Sehstörung und Stellenverlust; er sei eine eigenwillige und wenig integrierte Persönlichkeit (ICD-10 F 60.8); ausserdem bestehe Verdacht auf ein Aufmerksamkeitsdefizit und ein Hyperaktivitätssyndrom in der Kindheit (ICD-10 F 90). Diese Diagnose bewirke eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit des Versicherten, was auch mit der Einschätzung des Psychiaters Dr. A.________ übereinstimme (Bericht vom 26. November 2003). An der dargelegten Betrachtungsweise ändern die Stellungnahmen des Hausarztes Dr. E.________ vom 10. November 2003 sowie vom 20. Oktober 2005 nichts, wonach von einer 80%igen Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei. Denn der Allgemeinpraktiker begründet die Abweichung mit invaliditätsfremden Faktoren: So beanstandet er das augenärztliche Gutachten damit, "die vorhandene altersbedingte Reduktion der Lern- und Anpassungsfähigkeit (mit Konsequenzen beim Realisieren der Restarbeitsfähigkeit)" bleibe unberücksichtigt.
3.2 Zu Recht unbestritten blieb das für die Bemessung des Invaliditätsgrades heranzuziehende Valideneinkommen. Hingegen beanstandet der Beschwerdeführer den von der Verwaltung mit Blick auf BGE 126 V 79 f. Erw. 5b/aa-cc vom statistischen Lohn vorgenommenen Abzug von 10 %. Da der für eine ganze Rente erforderliche Invaliditätsgrad von 662/3 bzw. 70 % selbst mit dem verlangten Abzug von 20 % nicht erreicht wird, kann diese Frage jedoch offen bleiben.
3.3 Nach dem Gesagten muss es mit der vorinstanzlich bestätigten Ablehnung einer ganzen Invalidenrente sein Bewenden haben. Wie das kantonale Gericht hinlänglich und richtig begründet hat, wären von den in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragten ergänzenden medizinischen Abklärungen keine relevanten neuen Erkenntnisse (namentlich keine mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit) zu erwarten, sodass auf weitere Beweismassnahmen verzichtet werden kann (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 124 V 94 Erw. 4b, 122 V 162 Erw. 1d).
4.
Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur Rechtsverhältnisse zu überprüfen bzw. zu beurteilen, zu denen die zuständige Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung den beschwerdeweise weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn und insoweit keine Verfügung ergangen ist (BGE 131 V 164 Erw. 2.1, 125 V 414 Erw. 1a, 119 Ib 36 Erw. 1b, je mit Hinweisen).
Über den vom Beschwerdeführer gestellten Eventualantrag, wonach ihm eine Gleitsichtbrille abzugeben sei, wurde von der Verwaltung bisher nicht verfügt. Insoweit ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Schweizerischen Baumeisterverbandes, Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 17. Oktober 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
i.V.