BGer 2A.619/2005
 
BGer 2A.619/2005 vom 02.03.2006
Tribunale federale
{T 0/2}
2A.619/2005 /vje
Urteil vom 2. März 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich, c/o Obergericht, Postfach, 8023 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, Militärstrasse 36, Postfach, 8090 Zürich.
Gegenstand
Löschung im Anwaltsregister,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom
25. August 2005.
Sachverhalt:
A.
Rechtsanwalt X.________ (geb. 1956) ist im zürcherischen Anwaltsregister eingetragen. Er führt heute eine Anwaltskanzlei an der A.________strasse in B.________. Überdies war er Gesellschafter und Geschäftsführer der T.________ GmbH.
Mit Verfügung vom 26. August 2004 eröffnete der Konkursrichter des Bezirksgerichts Zürich über X.________ ohne vorgängige Betreibung den Konkurs. Ein hiegegen erhobener Rekurs beim Obergericht des Kantons Zürich blieb erfolglos.
B.
Am 13. Dezember 2004 teilte der Konkursrichter der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte im Kanton Zürich mit, dass er das Konkursverfahren über X.________ gleichentags mangels Aktiven eingestellt habe. Das mit der Durchführung des Konkurses beauftragte Konkursamt Zürich Altstadt berichtete der Aufsichtskommission am 5. Januar 2005 seinerseits über die Einstellung des Konkursverfahrens.
C.
Mit Verfügung vom 21. Januar 2005 setzte die Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte im Kanton Zürich X.________ Frist, sich zur Löschung im kantonalen Anwaltsregister zu äussern. Die Frist wurde auf Ersuchen des Anwalts mehrmals erstreckt. Mit Beschluss vom 12. Mai 2005 wies die Aufsichtskommission ein erneutes Fristerstreckungsgesuch (vom 15. April 2005) ab und trat auf zwei weitere (vom 22. April 2005 und vom 6. Mai 2005) nicht ein. Im gleichen Beschluss ordnete die Aufsichtskommission die Löschung von X.________ im kantonalen Anwaltsregister an.
Eine hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 25. August 2005 ab. Es erwog im Wesentlichen, gegen X.________ bestünden Verlustscheine, weshalb er die Voraussetzungen für den Eintrag im kantonalen Register nicht mehr erfülle.
D.
Mit Eingabe vom 14. Oktober 2005 führt Rechtsanwalt X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 25. August 2005 aufzuheben.
Die Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte im Kanton Zürich hat sich zur Sache nicht vernehmen lassen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Justiz hat sich vernehmen lassen, ohne einen konkreten Antrag zu stellen.
E.
Mit Verfügung vom 14. November 2005 hat der Abteilungspräsident der Beschwerde - antragsgemäss - aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Streitgegenstand bildet die Frage, ob der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für den Eintrag ins kantonale Anwaltsregister (noch) erfüllt. Diese Frage ist bundesrechtlich geregelt (Art. 6 ff. des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte [Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61]). Der angefochtene Entscheid stützt sich damit auf Bundesrecht (Art. 97 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG) und kann, da die Voraussetzungen gemäss Art. 98 ff. OG erfüllt sind, mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden (vgl. BGE 130 II 87 E. 1 S. 90). Der Beschwerdeführer ist hierzu legitimiert (Art. 103 lit. a OG). Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten.
1.2 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt, ist das Bundesgericht an die Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Entscheid gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG).
1.3 Das Bundesgericht wendet im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde das Bundesrecht von Amtes wegen an; es ist gemäss Art. 114 Abs. 1 OG an die von den Parteien vorgebrachten Begründungen nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen (BGE 128 II 145 E. 1.2.2 S. 150 f.; 127 II 264 E. 1b S. 268 mit Hinweisen).
2.
2.1 Gemäss Art. 8 Abs. 1 BGFA müssen Anwälte für den Eintrag ins kantonale Anwaltsregister verschiedene persönliche Voraussetzungen erfüllen; unter anderem "dürfen gegen sie keine Verlustscheine bestehen" (Art. 8 Abs. 1 lit. c BGFA).
Diese Regelung knüpft an das Bestehen von Verlustscheinen im Sinne des Bundesgesetzes vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG; SR 281.1) an, seien es solche aus der Betreibung auf Pfändung (Art. 89 ff. SchKG, hier insbesondere Art. 115 und Art. 149), oder solche aus der Betreibung auf Konkurs (Art. 159 ff. SchKG, hier insbesondere Art. 265). War bei der Betreibung auf Pfändung kein pfändbares Vermögen vorhanden, so bildet die Pfändungsurkunde den (definitiven) Verlustschein im Sinne des Artikels 149 (Art. 115 Abs. 1 SchKG, vgl. Kurt Amonn/Fridolin Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 7. Auflage 2003, § 22 Rz. 81). Art. 115 Abs. 2 SchKG bezeichnet für den Fall, dass in der Betreibung auf Pfändung "nach der Schätzung des Beamten nicht genügendes Vermögen vorhanden" war, die Pfändungsurkunde als "provisorischen Verlustschein" (vgl. Amonn/ Walther,a.a.O., § 22 Rz. 82).
2.2 Der Beschwerdeführer wendet ein, gegen ihn seien bislang keine definitiven Verlustscheine ausgestellt worden. Seiner Ansicht nach werden die provisorischen Verlustscheine nach Art. 115 Abs. 2 SchKG von Art. 8 Abs. 1 lit. c BGFA nicht erfasst; der Gesetzgeber sei bei dieser Regelung von Verlustscheinen nach Art. 115 Abs. 1 bzw. Art. 149 SchKG ausgegangen. Wenn das Verwaltungsgericht eine Pfändungsurkunde gemäss Art. 115 Abs. 2 SchKG einem (definitiven) Verlustschein gleichstelle, begehe es eine Rechtsverletzung (S. 3 der Beschwerdeschrift).
3.
3.1 Die Regelung von Art. 8 Abs. 1 lit. c BGFA will die Zahlungsfähigkeit des Anwalts sicherstellen. Die Klienten sollen ihm bedenkenlos finanzielle Mittel anvertrauen können und nicht befürchten müssen, dass der Anwalt diese Mittel wegen Zahlungsschwierigkeiten nicht zurückgeben kann (vgl. Ernst Staehelin/Christian Oetiker in: Fellmann/ Zindel [Hrsg], Kommentar zum Anwaltsgesetz, Zürich 2005, Rz. 23 zu Art. 8 BGFA). Die Eintragung ins kantonale Anwaltsregister muss unabhängig davon verweigert werden, ob es sich um einen provisorischen oder um einen definitiven Verlustschein handelt (Staehelin/ Oetiker, a.a.O, Rz. 25 zu Art. 8 BGFA). So war bereits in der Botschaft des Bundesrates vom 28. April 1999 zum Anwaltsgesetz - zur damals in Art. 7 des Gesetzesentwurfes vorgesehenen entsprechenden Regelung - ausdrücklich festgehalten, dass gegen Anwältinnen und Anwälte "weder provisorische noch definitive Verlustscheine bestehen" dürfen (BBl 1999 6013 ff., 6050). Dem wurde in den parlamentarischen Beratungen diskussionslos zugestimmt (vgl. AB 1999 S 1165 ff., AB 2000 N 38 ff.). Die Auffassung des Beschwerdeführers, der Gesetzgeber habe die provisorischen Verlustscheine beim Erlass von Art. 8 Abs. 1 lit. c BGFA nicht miterfassen wollen, erscheint damit unbegründet.
3.2 Nach den für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts (vgl. E. 1.2) sind gegen den Beschwerdeführer sowohl vor der Konkurseröffnung als auch nach der Einstellung des Konkursverfahrens zahlreiche Pfändungen durchgeführt worden, welche eine ungenügende Deckung erbracht hatten (S. 7 des angefochtenen Entscheides; vgl. auch den Auszug aus dem Betreibungsregister über die Periode vom 1. Januar 2003 bis zum 14. April 2005 sowie die Pfändungsurkunde des Betreibungsamtes Frauenfeld vom 20. April 2005). Damit liegen - ungetilgte (vgl. Staehelin/Oetiker, a.a.O., Rz. 27 zu Art. 8 BGFA) - Verlustscheine gegen den Beschwerdeführer vor. Dass es sich dabei um bloss provisorische im Sinne von Art. 115 Abs. 2 SchKG handelt, ändert nach dem Gesagten nichts daran, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzung von Art. 8 Abs. 1 lit. c BGFA nicht (mehr) erfüllt und deshalb aus dem kantonalen Anwaltsregister zu löschen ist (Art. 9 BGFA).
4.
Dies führt zur Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Parteientschädigungen sind keine geschuldet (Art. 159 Abs. 2 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte im Kanton Zürich und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (3. Abteilung, 3. Kammer) sowie dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 2. März 2006
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: