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Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
I 455/05
Urteil vom 16. Februar 2006
II. Kammer
Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Seiler; Gerichtsschreiber Fessler
Parteien
I.________, 1950, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Werner Bodenmann, Brühlgasse 39, 9000 St. Gallen,
gegen
IV-Stelle des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau, Weinfelden
(Entscheid vom 6. Mai 2005)
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügungen vom 16. Januar 2004 und Einspracheentscheid vom 3. August 2004 sprach die IV-Stelle des Kantons Thurgau I.________ für die Monate März bis Dezember 2000 eine halbe Rente und für Januar 2001 bis September 2002 eine ganze Rente samt Zusatzrente für die Ehefrau und eine Kinderrente zu. Für die Zeit danach verneinte sie einen Anspruch.
B.
Die Beschwerde des I.________ mit dem hauptsächlichen Antrag auf Zusprechung einer Invalidenrente basierend auf einem Invaliditätsgrad von mindestens 68 % ab 1. Oktober 2002 hiess die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 6. Mai 2005 in dem Sinne gut, dass sie Verfügung und Einspracheentscheid aufhob und die Sache gemäss den Erwägungen zu weiteren geeigneten Abklärungen und anschliessendem Erlass einer neuen Verfügung an die IV-Stelle zurückwies.
C.
I.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem sinngemässen Rechtsbegehren, der Entscheid vom 6. Mai 2005 sei aufzuheben und die Sache sei an die kantonale Rekurskommission zurückzuweisen, damit sie ein umfassendes Gutachten zur Feststellung des Grades der Erwerbsfähigkeit (recte: Arbeitsfähigkeit) einhole.
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Streitgegenstand bildet der Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung ab dem auf Grund der Akten frühest möglichen Leistungsbeginn 1. März 2000 (Art. 29 Abs. 2 IVG und Art. 48 Abs. 2 IVG in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung). In die Beurteilung ist somit auch die Zeit bis 30. September 2002 einzubeziehen, für welche die IV-Stelle den Anspruch auf eine halbe resp. ganze Rente bejahte (BGE 125 V 413 und BGE 131 V 164).
2.
Die kantonale Rekurskommission hat im Sinne der Vorbringen (Antrag und Begründung) in der Beschwerde die in erster Linie streitige Arbeitsfähigkeit für die Zeit ab 1. Oktober 2002 geprüft. In Würdigung der Akten ist die Vorinstanz zum Schluss gelangt, auf Grund der Beurteilung im Gutachten der Klinik X.________ vom 25. September 2002 sollten dem 55-jährigen Versicherten - auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt - z.B. Handlanger- und andere körperliche Tätigkeiten möglich sein, bei denen er nur leichte Arbeit mit der Möglichkeit zur Wechselbelastung verrichte. In Betracht fielen insbesondere Bedienungs- und Überwachungsfunktionen, sofern lange gehaltene Sitz- und Stehpositionen vermieden werden könnten. Dem Gutachten vom 25. September 2002 komme voller Beweiswert zu und zumindest damals habe eine 100%ige Arbeitsfähigkeit in einer adaptierten Tätigkeit bestanden. Auf Grund des ins Recht gelegten Berichts des Hausarztes Dr. med. A.________ vom 11. September 2004 sei indessen eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes als Folge eines Sturzes im November 2003 mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit nicht auszuschliessen. Insofern bestehe Abklärungsbedarf und sei die Sache nicht spruchreif.
3.
3.1 Die IV-Stelle legte der Invaliditätsbemessung bis Ende September 2002 die Einschätzung des Dr. med. A.________ im Arztbericht vom 3. September 2001 zu Grunde. Danach bestand eine Arbeitsunfähigkeit von 100 % (3. März bis 4. Juli 1999), 50 % (5. Juli 1999 bis 26. Oktober 2000) und 100 % (27. Oktober 2000 bis auf weiteres) im zuletzt ausgeübten Beruf als Strassenarbeiter. Eine dem Leiden angepasste Tätigkeit (rückenschonend, leicht, nicht sitzend und nicht zu lange stehend) erachtete der Hausarzt allenfalls zu 30 % bis 50 % als zumutbar, dies bei einer mindestens um 50 % verminderten Leistungsfähigkeit. Für die Zeit ab 1. Oktober 2002 stellte die IV-Stelle auf das Gutachten der Klinik X.________ vom 25. September 2002 ab. Danach war die Tätigkeit im Strassenbau nicht mehr zumutbar. Leidensangepasste Tätigkeiten konnten ganztags ohne verminderte Leistungsfähigkeit ausgeübt werden. Diese Einschätzung galt gemäss Schreiben der Klinik vom 6. Januar 2003 an die IV-Stelle ab Durchführung der Begutachtung im Sommer/Herbst 2002.
Die Vorinstanz hat sich zu den von der IV-Stelle angenommenen Arbeitsfähigkeiten, soweit den Zeitraum bis Ende September 2002 betreffend, nicht geäussert oder sie sogar ausdrücklich bestätigt. Die Feststellung, der Arztbericht des Dr. med. A.________ vom 3. September 2001 sei nicht geeignet, Zweifel an der Zuverlässigkeit des Gutachtens der Klinik X.________ vom 25. September 2002 zu wecken, gilt für die Zeit danach.
Im Arztbericht vom 22. März 2004 bezifferte im Übrigen Dr. med. A.________ die Arbeitsfähigkeit in den Leiden angepassten Tätigkeiten auf fünf bis sechs Stunden pro Tag bei verminderter Leistungsfähigkeit.
3.2 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird geltend gemacht, dass im Gutachten der Klinik X.________ vom 25. September 2002 die trotz des Rückenleidens noch zumutbare Arbeitsfähigkeit verschieden umschrieben wird. Unter Punkt C.3.1 wird festgehalten: «Eine leichte Arbeit mit Möglichkeit zu Wechselbelastung und gelegentlichen Gewichtsbelastungen bis maximal 10 kg beim Heben und Tragen ist zumutbar. Vermieden werden sollten Knie- und Hockestellungen, Arbeiten über Kopf sowie repetitive Rumpfrotationsbewegungen und lange gehaltene Sitz- und Stehpositionen. Für lange Gehstrecken ist der Versicherte nicht geeignet.» Die kantonale Rekurskommission hat mit Ausnahme der Einschränkung in Bezug auf die Gehstrecke auf diese Umschreibung abgestellt. Unter Punkt B.1 (Beeinträchtigungen [qualitativ und quantitativ] auf Grund der festgestellten Störungen) wird die Arbeitsfähigkeit wie folgt umschrieben: «Eingeschränkt ist das Heben und Tragen von Lasten zwischen 5 bis 10 kg schon bei wenigen Wiederholungen. Arbeiten in vornübergeneigter Position sowohl im Sitzen als auch im Stehen können nicht durchgeführt werden. Ebenfalls ist die Einnahme einer Knie- oder Hockestellung praktisch nicht möglich. Stark eingeschränkt ist die Fähigkeit für Arbeiten über Kopf, Rumpfrotation, wiederholte Kniebeugen sowie längeres Sitzen und Stehen. Die Gehstrecke ist schwer eingeschränkt, ebenso Treppen- und noch mehr Leitersteigen, dies auch bei ungenügendem Gleichgewicht». Die Umschreibungen der zumutbaren Arbeitsfähigkeit unter Punkt B.1 und C.3.1 weichen entgegen den Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht wesentlich voneinander ab. Darauf kann daher abgestellt werden.
3.3 Auf Grund der zahlreichen, teilweise erheblichen Einschränkungen des funktionellen Leistungsvermögens stellt sich die Frage der Verwertbarkeit der trotz des Gesundheitsschadens noch bestehenden Arbeitsfähigkeit. Die Annahme der Vorinstanz, auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt seien leichte Arbeiten mit der Möglichkeit zur Wechselbelastung, insbesondere Bedienungs- und Überwachungsfunktionen, sofern lange gehaltene Sitz- und Stehpositionen vermieden werden könnten, zu 100 % zumutbar, ist zu wenig differenziert. Insoweit ist die Sache nicht spruchreif.
Die IV-Stelle wird somit zusätzlich zur Frage einer allfälligen Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit November 2003 ergänzende berufsberaterische und arbeitsmarktliche Abklärungen vorzunehmen haben. Danach wird sie über den streitigen Rentenanspruch neu verfügen.
4.
Der Prozessausgang ist als teilweises Obsiegen des Beschwerdeführers zu werten. Er hat daher Anspruch auf eine entsprechend reduzierte Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 1 und 3 OG in Verbindung mit Art. 135 OG).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass der Entscheid der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau vom 6. Mai 2005, soweit er lediglich in Bezug auf die ab November 2003 geltend gemachte Verschlechterung des Gesundheitszustandes einen Abklärungsbedarf feststellt, und der Einspracheentscheid vom 3. August 2004 aufgehoben werden und die Sache an die IV-Stelle des Kantons Thurgau zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne von Erw. 3.3 verfahre.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die IV-Stelle des Kantons Thurgau hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung (einschliesslich Mehrwertsteuer) von Fr. 1800.- zu bezahlen.
4.
Die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau hat die Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses festzusetzen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau, der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 16. Februar 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: