BGer B 1/2005
 
BGer B 1/2005 vom 31.08.2005
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
B 1/05
Urteil vom 31. August 2005
IV. Kammer
Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiberin Durizzo
Parteien
T.________, 1967, Beschwerdeführer, vertreten durch den Procap Schweizerischer Invaliden-Verband, Froburgstrasse 4, 4600 Olten,
gegen
Pensionskasse der Bank X.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kurt C. Schweizer, Rotfluhstrasse 91, 8702 Zollikon
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
(Entscheid vom 15. November 2004)
Sachverhalt:
A.
T.________, geboren 1967, leidet seit März 1995 an einer paranoiden Schizophrenie. Nach einer ambulanten Behandlung bis Juni 1996 arbeitete er vom 1. September 1996 bis zum 31. Juli 1997 bei der Firma S.________. Nachdem er diese Stelle gekündigt hatte, reiste er für drei Monate zu Verwandten nach Italien. Am 19. Januar 1998 trat er eine Stelle als Wertschriften-Sachbearbeiter bei der Bank X.________ an und war bei deren Pensionskasse berufsvorsorgerechtlich versichert. Nach einem Gespräch mit seinem Vorgesetzten kündigte er die Stelle wegen Überforderung am 4. Februar 1998 und legte die Arbeit am 5. Februar 1998 nieder. Ab 6. Februar 1998 attestierte ihm Dr. med. B.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, eine 100 %ige Arbeitsunfähigkeit. Das Arbeitsverhältnis dauerte bis zum 22. Februar 1998. Mit Schreiben vom 7. Mai 2002, 15. Mai 2002 und 12. Juli 2002 teilte die Pensionskasse der Bank X.________ der Rechtsvertreterin von T.________ mit, dass kein Anspruch auf eine Invalidenrente bestehe, weil die Arbeitsunfähigkeit nicht während des Arbeitsverhältnisses entstanden sei.
B.
Am 15. Juli 2003 liess T.________ gegen die Pensionskasse klagen mit den Rechtsbegehren, es sei ihm spätestens ab 1. Februar 1999 aus Vorsorgeverhältnis eine Invalidenrente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 92 % - nebst Verzugszins von 5 % - gemäss den gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen auszurichten und er sei von der Beitragspflicht zu befreien. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die Klage mit Entscheid vom 15. November 2004 ab.
C.
T.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die vorinstanzlich gestellten Anträge erneuern.
Während die Pensionskasse der Bank X.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung unter Hinweis darauf, dass es sich um eine Frage der Beweiswürdigung handle.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Versicherungsbeginn (Art. 10 BVG in der bis Ende 2003 gültig gewesenen Fassung), den Anspruch auf Invalidenleistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge (Art. 23 und 24 Abs. 1 BVG) und insbesondere den Beginn des Anspruchs (Art. 26 Abs. 1 BVG) sowie die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 123 V 264 Erw. 1c, 120 V 117 f. Erw. 2c/aa) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
2.
2.1 Streitig und zu prüfen ist, ob auf Grund des rund elf Monate langen Arbeitsverhältnisses des Versicherten bei der Firma S.________ vom 1. September 1996 bis 31. Juli 1997 anzunehmen ist, er habe seine Arbeitsfähigkeit nach vorausgegangener krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit vom 24. März 1995 bis 28. Februar 1996 wieder erlangt und diese während des Arbeitsverhältnisses mit der Bank X.________ und der Berufsvorsorgeversicherung bei deren Pensionskasse im Frühjahr 1998 verloren.
2.2 Der Beschwerdeführer beruft sich darauf, der Beweis dafür sei durch die medizinischen Akten erbracht, denn eine ärztlich ausgewiesene Arbeitsunfähigkeit sei erstmals wieder am 6. Februar 1998, also während des bestehenden Arbeitsverhältnisses mit der Bank X.________, eingetreten.
2.3 Demgegenüber macht die Beschwerdegegnerin geltend, dass die Umstände, die zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der vormaligen Arbeitgeberin Firma S.________ geführt hätten, nicht geklärt seien und der Versicherte dazu widersprüchliche Aussagen mache. Die Kündigung habe er damit begründet, dass er definitiv in seine Heimat Italien zurückkehren wolle. Vor der Vorinstanz hingegen habe er angegeben, er habe dort einen Sprachaufenthalt absolvieren wollen. Die italienische Sprache beherrsche er jedoch nachweislich bestens, habe sie anlässlich seiner Bewerbung bei der Bank X.________ sogar als Muttersprache bezeichnet. Gemäss Bericht des Dr. med. B.________ schliesslich habe er beabsichtigt, in der Gerberei eines Onkels in Italien arbeiten zu wollen. Dort sei er jedoch lediglich acht Tage geblieben. Nicht nur aufgrund dieser Widersprüche, sondern auch gestützt auf die Arztberichte sei anzunehmen, dass der Beschwerdeführer permanent unter seiner im März 1995 diagnostizierten Krankheit gelitten und die Stelle bei der Firma S.________ aufgegeben habe, weil er nicht mehr in der Lage gewesen sei, seine Aufgabe zu erfüllen. Wenn Dr. med. B.________ also eine Arbeitsunfähigkeit ab 6. Februar 1998, nach Antritt des Arbeitsverhältnisses mit der Bank X.________, attestiere, sei damit eine vorangehende Arbeitsfähigkeit nicht belegt. Dass eine Arbeitsunfähigkeit nicht aktenkundig sei, liege darin begründet, dass kein Anlass zu einer entsprechenden Dokumentierung bestanden habe wegen des Aufenthalts in Italien mit reinem Feriencharakter und weil der Versicherte erst im Januar 1998 wieder eine Stelle angenommen habe.
3.
Die Vorinstanz geht davon aus, dass der Versicherte im Arbeitsverhältnis mit der Firma S.________ seine Arbeitsfähigkeit unter Beweis gestellt und seine Arbeit verrichtet habe. Ausdrücklich und zu Recht hält sie fest, der zeitliche Zusammenhang zur Arbeitsunfähigkeit vom 24. März 1995 bis 28. Februar 1996 sei durch dieses Arbeitsverhältnis unterbrochen worden. Des Weiteren führt sie aus, der Versicherte, der von seiner Krankheit nicht geheilt gewesen sei, habe seine Arbeitsfähigkeit nach seiner Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma S.________ nicht mehr unter Beweis gestellt. Er sei zu seinen Verwandten in Italien gereist und habe den Sommer 1997, zum Teil in Begleitung seiner Eltern, dort verbracht, ohne eine länger dauernde Arbeit anzunehmen. Nach über drei Monaten sei er in die Schweiz zurückgekehrt, ohne ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen. Er habe damit nicht dargelegt, dass er bei Antritt der Stelle bei der Bank X.________ im Januar 1998 arbeitsfähig gewesen sei. Der ihm obliegenden Beweislast, dass er seine Arbeitsfähigkeit während seines Arbeitsverhältnisses mit der Bank X.________ verloren habe, sei er damit nicht nachgekommen.
4.
Ebenso wie bei der Beantwortung der Frage, ob der zeitliche Zusammenhang zwischen vor dem Stellenantritt bestandener und danach erneut aufgetretener Arbeitsunfähigkeit unterbrochen worden ist (BGE 120 V 118 Erw. 2c/bb mit Hinweis; Urteil H. vom 21. November 2002, B 23/01, Erw. 3.2, Zusammenfassung publiziert in: SZS 2003 S. 509), sind auch bei der Prüfung der Frage, ob eine schliesslich zur Invalidität führende Arbeitsunfähigkeit während eines Vorsorgeverhältnisses eingetreten ist, sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. In diesem Sinne durfte die Vorinstanz die Umstände vor dem Stellenantritt des Beschwerdeführers bei der Bank X.________ in die Prüfung einbeziehen. Aus der Tatsache allein, dass der Versicherte nach der von ihm herbeigeführten Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Firma S.________ und dem Stellenantritt bei der Bank X.________ rund ein halbes Jahr später keiner geregelten Arbeit nachging, darf jedoch nicht ohne weiteres auf mangelnde Arbeitsfähigkeit geschlossen werden. Das Verhalten des Versicherten in dieser Zeit liegt nicht ausserhalb dessen, was man bei jungen Männern, namentlich wenn sie im Beruf die erhoffte Befriedigung nicht finden, oft beobachten kann. Beim Beschwerdeführer ist weiter zu berücksichtigen, dass er als Sohn eingewanderter Italiener sich durchaus darauf besinnen konnte, ob eine Berufsausübung in Italien ihm besser entsprechen würde. Dieser Umstand ist nicht unwesentlich im Hinblick auf weitere Gegebenheiten, auf die zurückzukommen sein wird.
5.
Von massgebender Bedeutung ist, ob die Arbeitsfähigkeit des Versicherten während des Vorsorgeverhältnisses verloren gegangen ist. Dies setzt, wie in dem von der Vorinstanz zitierten Urteil B. vom 4. Mai 2001 (B 94/00) betont wurde und es in jenem Fall zugetroffen hat, voraus, dass der Versicherte zu Beginn des Arbeitsverhältnisses arbeitsfähig war. Bei der Prüfung dieser Frage ist zu berücksichtigen, dass die Einarbeit in einen neuen Aufgabenbereich an den Arbeitnehmer allgemein erhöhte Anforderungen stellt. Ob er als arbeitsfähig anzusehen ist, hängt nicht so sehr von den Leistungen ab, die er während dieser Phase erbringt, sondern von der Art und Weise, wie er sein neues Arbeitsgebiet angeht. Arbeitsfähigkeit setzt die Fähigkeit voraus, mit solchen Anfangsschwierigkeiten, soweit zumutbar, zurecht zu kommen. Wer dagegen gesundheitlich einbricht, kann nicht als arbeitsfähig gelten. Davon ist der Fall zu unterscheiden, dass dem Arbeitnehmer die neue Stelle nicht gefällt, sie nicht seinen Vorstellungen entspricht oder er gar der Arbeit nicht gewachsen ist. Er bricht indessen nicht krankheitsbedingt in seiner Arbeitsfähigkeit ein.
6.
Der behandelnde Arzt Dr. med. B.________ hat den Beschwerdeführer vom 6. Februar 1998 an als arbeitsunfähig bezeichnet. Wenn der Psychiater in seinem Schreiben vom 2. Februar 2004 von einer "markanten Zäsur im Leben des Patienten" im Februar 1998 spricht, so drückt diese Aussage die Verschlechterung des Gesundheitszustandes ab diesem Zeitpunkt mit einhergehender Arbeitsunfähigkeit aus. Der Umkehrschluss, dass der Beschwerdeführer vor diesem Zeitpunkt in seinem Arbeitsverhältnis mit der Bank X.________ arbeitsfähig gewesen wäre, lässt sich daraus nicht ziehen. Vielmehr drängt sich der Schluss auf, dass er es nicht war. Er fühlte sich sehr rasch überfordert. So ergibt sich aus der von der Vorinstanz eingeholten Krankengeschichte, die Dr. med. B.________ erstellt hat, dass es schon in der ersten Arbeitswoche zu Problemen gekommen ist. Nach telefonischer Kontaktnahme des Versicherten sowie seines Bruders und des Vaters mit dem Arzt bestand dieser darauf, dass die Arbeit sofort wieder aufzunehmen sei. Bereits zehn Tage darauf kündigte der Beschwerdeführer sein Arbeitsverhältnis, nachdem er in einem Gespräch mit seinem Vorgesetzten über seine Überforderung berichtet hatte. Anhaltspunkte dafür, dass er den Anforderungen aus anderen Gründen denn wegen seiner Krankheit nicht gewachsen gewesen wäre, finden sich nicht in den Akten.
Wie bereits oben (Erw. 4) ausgeführt, vermag der Umstand, dass der Beschwerdeführer seit rund einem halben Jahr vor Stellenantritt bei der Bank X.________ keiner geregelten Arbeit nachging, für sich allein den Schluss auf eine bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses bestehende Arbeitsunfähigkeit nicht zu rechtfertigen. Im Zusammenhang aber mit seiner Krankheit und seiner Überforderung bei der Bank X.________ weist er in die gleiche Richtung. Damit ist die Arbeitsfähigkeit des Versicherten nicht während des Vorsorgeverhältnisses verloren gegangen, sondern fehlte schon bei Stellenantritt. Es besteht daher kein Anspruch auf Invalidenleistungen der Beschwerdegegnerin.
7.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Ein Anspruch auf Parteientschädigung besteht bei diesem Ausgang des Verfahrens nicht (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 Abs. 2 OG).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 31. August 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
i.V.