Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2A.307/2005 /leb
Urteil vom 19. Mai 2005
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Amt für Migration des Kantons Luzern,
Hallwilerweg 7, 6002 Luzern,
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Obergrundstrasse 46, 6002 Luzern.
Gegenstand
Verlängerung der Ausschaffungshaft
(Art. 13b Abs. 2 ANAG),
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 26. April 2005.
Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:
1.
Der nach eigenen Angaben aus Russland stammende X.________ (geb. 1987) befindet sich seit dem 29. Januar 2005 in Ausschaffungshaft. Am 26./28. April 2005 genehmigte das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern eine Haftverlängerung um drei Monate bis zum 28. Juli 2005. X.________ beantragt vor Bundesgericht sinngemäss, den entsprechenden Entscheid aufzuheben und ihn aus der Haft zu entlassen.
2.
Seine Eingabe erweist sich - soweit sie überhaupt als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegenzunehmen ist und der Beschwerdeführer sich darin sachbezogen mit dem angefochtenen Entscheid auseinandersetzt (Art. 108 OG; BGE 118 Ib 134 ff.) - als offensichtlich unbegründet und kann ohne Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG erledigt werden:
2.1
2.1.1 Nach Art. 13b Abs. 1 lit. d ANAG (SR 142.20; in der Fassung des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 2003 über das Entlastungsprogramm 2003 [AS 2004 S. 1633 ff.]) kann ein erstinstanzlich weggewiesener Ausländer zur Sicherung des Vollzugs der Wegweisung in Ausschaffungshaft genommen werden, wenn das Bundesamt für Migration auf sein Asylgesuch in Anwendung von Art. 32 Abs. 2 lit. a-c oder Art. 33 AsylG (SR 142.31) nicht eingetreten ist. In diesem Fall besteht gestützt auf das im Asylverfahren festgestellte missbräuchliche Verhalten die gesetzliche Vermutung, dass sich der Betroffene (auch) dem Vollzug der Ausschaffung widersetzen bzw. einen solchen zu vereiteln oder zumindest zu erschweren versuchen wird (vgl. BGE 130 II 377 E. 3.2.2 S. 382). Eine Untertauchensgefahr im Sinne der bisherigen Rechtsprechung (vgl. BGE 129 I 139 E. 4.3.1; 130 II 56 E. 3.1 mit Hinweisen) ist dabei nicht erforderlich; der entsprechende Haftgrund ist selbständiger Natur, weshalb keine (nachträglichen) zusätzlichen Hinweise für eine Untertauchensgefahr oder für eine sonstige Vereitelungsabsicht erforderlich sind (BGE 130 II 488 ff.; Urteil 2A.436/2004 vom 6. August 2004, E. 2.3).
2.1.2 Das Bundesamt für Migration ist am 21. Januar 2005 auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers in Anwendung von Art. 32 Abs. 2 lit. c AsylG (schuldhafte grobe Verletzung der Mitwirkungspflicht) nicht eingetreten und hat ihn aus der Schweiz weggewiesen, womit der Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. d ANAG gegeben ist. Der Beschwerdeführer leistete der Vorladung für die Anhörung zu seinen Asylgründen keine Folge und verschwand aus der ihm zugewiesenen Unterkunft. Auch nach Abschluss des Asylverfahrens erklärte er wiederholt, nicht bereit zu sein, in seine Heimat zurückzukehren. Gestützt auf dieses Verhalten besteht bei ihm zudem Untertauchensgefahr im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG (SR 142.20; in der Fassung des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 2003 über das Entlastungsprogramm 2003; vgl. BGE 130 II 377 E. 3.3.3, 56 E. 3.1 S. 58). Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was den Haftgrund heute dahinfallen liesse und darauf hinweisen würde, dass er sich nunmehr für den Vollzug der Wegweisung freiwillig zur Verfügung halten wird.
2.2
2.2.1 Die Ausschaffungshaft soll in der Regel "höchstens drei Monate" dauern. Sie kann mit Zustimmung der richterlichen Behörde jedoch maximal um insgesamt sechs Monate verlängert werden, wenn dem Vollzug der Weg- oder Ausweisung besondere Hindernisse entgegenstehen (Art. 13b Abs. 2 ANAG). Hierunter fallen auch Probleme bei der Papierbeschaffung. Gerade wegen solcher Schwierigkeiten hat der Gesetzgeber die Haftdauer erheblich erhöht und die Möglichkeit der Haftverlängerung geschaffen (BBl 1994 I 305 ff. S. 316; BGE 130 II 56 E. 4.1.2 u. 4.1.3). Wie es sich mit der Durchführbarkeit des Wegweisungsvollzugs im Einzelnen verhält, bildet Gegenstand einer Prognose. Die Haft ist, weil unverhältnismässig, nur dann aufzuheben, wenn für die Undurchführbarkeit triftige Gründe sprechen oder praktisch feststeht, dass sich die Ausschaffung innert der gesetzlichen bzw. allenfalls einer dem Fall angemessenen kürzeren Frist kaum wird realisieren lassen (BGE 130 II 56 E. 4.1.3; 122 II 148 E. 3 S. 152 f.).
2.2.2 Dem ist hier nicht so: Der Beschwerdeführer verfügt über keine Reisepapiere; er hat ursprünglich erklärt, sich solche über seine Freundin in der Heimat beschaffen zu wollen. Nachdem er dies nicht getan hat, sind am 24. Februar 2005 bei den russischen Behörden die erforderlichen Abklärungen eingeleitet worden. Am 22. April 2005 hat das Bundesamt für Migration der Botschaft den Fall des Beschwerdeführers in Erinnerung gerufen. Erfahrungsgemäss dauert die Papierbeschaffung für Russland bei korrekten Identitätsangaben drei bis vier Monate. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers in absehbarer Zeit möglich sein wird, sollten seine Angaben zutreffen. Der Haftrichter hat die Ausschaffungshaft nur um drei, statt der beantragten fünf Monate verlängert und damit der Situation angemessen Rechnung getragen. Die Behörden haben sich seit der Anhaltung des Beschwerdeführers ihrerseits kontinuierlich darum bemüht, dessen Identität zu erstellen und die erforderlichen Papiere erhältlich zu machen (Art. 13b Abs. 3 ANAG; vgl. zum Beschleunigungsgebot: BGE 124 II 49 ff.); soweit es dabei zu Verzögerungen gekommen ist, hat der Beschwerdeführer sich diese gestützt auf sein widersprüchliches Verhalten (Papierbeschaffung über seine Freundin) selber zuzuschreiben.
2.3 Was der Beschwerdeführer weiter einwendet, überzeugt nicht: Soweit er geltend macht, er habe sich - abgesehen von einer Busse von Fr. 50.-- - nichts zu Schulden kommen lassen, übersieht er, dass die Ausschaffungshaft eine administrative Massnahme zur Sicherung des Vollzugs seiner Wegweisung und keine strafrechtliche Sanktion bildet. Der Beschwerdeführer kann die Haft verkürzen, indem er bei der Papierbeschaffung kooperiert; je schneller seine Papiere beschafft werden können bzw. er diese selber besorgt, desto eher kann die Ausschaffung vollzogen werden und desto kürzer fällt die Haft aus. Soweit der Beschwerdeführer erklärt, bei einer Haftentlassung bereit zu sein, in einen Drittstaat zu reisen, ist nicht ersichtlich, wie er dies ohne Papiere rechtmässig tun könnte. Die Asyl- und Wegweisungsfrage bildet ihrerseits nicht Gegenstand des Haftgenehmigungsverfahrens, weshalb auf den Antrag, die Asylfrage zu prüfen, nicht weiter einzugehen ist (vgl. BGE 128 II 193 E. 2; 125 II 217 E. 2 S. 220). Anhaltspunkte dafür, dass die Wegweisung offensichtlich unzulässig wäre und deshalb nicht mit einer Ausschaffungshaft sichergestellt werden könnte, bestehen nicht. Dem jugendlichen Alter und dem Gesundheitszustand des Beschwerdeführers (allfällige Suizidgefahr) ist im Rahmen des Haftvollzugs Rechnung zu tragen. Für alles Weitere kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid und in der erstmaligen Haftgenehmigung vom 2. Februar 2005 verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG).
3.
3.1 Dem Verfahrensausgang entsprechend würde der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG); es rechtfertigt sich indessen, praxisgemäss von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen (vgl. Art. 154 und Art. 153a OG; Urteil 2A.86/2001 vom 6. März 2001, E. 3).
3.2 Das Amt für Migration des Kantons Luzern wird ersucht, dafür besorgt zu sein, dass der vorliegende Entscheid dem Beschwerdeführer korrekt eröffnet und nötigenfalls verständlich gemacht wird.
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration und dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 19. Mai 2005
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: