BGer 5P.90/2004
 
BGer 5P.90/2004 vom 26.05.2004
Tribunale federale
{T 0/2}
5P.90/2004 /rov
Urteil vom 26. Mai 2004
II. Zivilabteilung
Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Nordmann, Escher,
Gerichtsschreiber Schett.
Parteien
Z.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwalt Valentin Schumacher,
gegen
Y.________,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch
Rechtsanwalt Patrik Gruber,
Kantonsgericht Freiburg, I. Appellationshof,
Postfach 56, 1702 Freiburg.
Gegenstand
Art. 9 BV (Ehescheidung),
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, I. Appellationshof, vom
21. Januar 2004.
Sachverhalt:
A.
Y.________ und Z.________ heirateten am 27. Oktober 2001. Sie sind die Eltern der Tochter X.________, geboren am 30. November 2001.
B.
Am 23. Mai 2002 reichte Y.________ beim Bezirksgericht der Sense die Scheidungsklage ein, in welchem Verfahren der Gerichtspräsident durch das kantonale Jugendamt einen Bericht zur Frage des persönlichen Verkehrs von Z.________ zu seiner Tochter erstellen liess. Nach Anhörung der Parteien und der Zeugin W.________ erging am 27. Februar 2003 das Scheidungsurteil. Dabei wurde insbesondere die elterliche Sorge über die Tochter X.________ der Mutter übertragen und eine Erziehungsbeistandschaft angeordnet. Das Recht auf persönlichen Verkehr mit seinem Kinde wurde dem Vater entzogen. Dessen Kinderunterhaltsbeitrag wurde auf Fr. 500.-- pro Monat festgelegt und indexiert.
C.
Gegen dieses Urteil gelangte Z.________ an das Kantonsgericht Freiburg und verlangte die Abweisung der Scheidungsklage, subsidiär die Einräumung eines grosszügigen Besuchs- und Ferienrechts gegenüber der Tochter X.________. Mit Urteil vom 21. Januar 2004 wurde die Berufung abgewiesen, soweit darauf einzutreten war.
D.
Z.________ ist mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht gelangt. Er beantragt die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils. Zudem stellt er das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
In der gleichen Sache hat Z.________ zudem eine Berufung eingereicht.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Wird in der gleichen Sache sowohl eine Berufung als auch eine staatsrechtliche Beschwerde eingereicht, ist in der Regel zuerst über die staatsrechtliche Beschwerde zu befinden (Art. 57 Abs. 5 OG). Vorliegend besteht kein Anlass, von diesem Grundsatz abzuweichen
2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, das Kantonsgericht habe als Appellationshof in willkürlicher Anwendung kantonalen Verfahrensrechts die Wiedereröffnung des Beweisverfahrens abgelehnt.
2.1 Das Kantonsgericht führt im angefochtenen Urteil unter Hinweis auf seine Rechtsprechung aus, dass eine Ergänzung des Beweisverfahrens in der Berufung nur ausnahmsweise und in bestimmten Fällen vorzunehmen sei (FZR 1999, S. 43; Extraits 1987, S. 30). Der Beklagte habe nicht angegeben, für welche Tatsachen er mit welchen Beweismitteln Beweis führen wolle (Art. 294 Abs. 1 lit. c und Art. 158 Abs. 1 lit. e ZPO-FR). Es genüge nicht, am Ende einer mehrseitigen Darstellung die Beweismittel aufzulisten. Das Beweisverfahren werde daher nicht wieder eröffnet.
2.2 Nach Ansicht des Beschwerdeführers hätte das Kantonsgericht ihm die Berufungsschrift gestützt auf Art. 294 Abs. 3 ZPO-FR in Verbindung mit Art. 159 Abs. 2 ZPO-FR zur Verbesserung zurückschicken müssen, soweit es der Meinung war, dass er nicht rechtsgenüglich dargelegt habe, welche Tatsachen er mit welchen Beweismitteln nachweisen wollte (Art. 294 Abs. 2 lit. c ZPO-FR). Überdies habe er klar zum Ausdruck gebracht, welche Beweismittel er für welche Sachverhaltsmomente verlange.
2.3 Nach den massgeblichen Bestimmungen der Zivilprozessordnung des Kantons Freiburg hat die Berufungsschrift die Begründung der Rechtsbegehren, insbesondere die neuen Behauptungen und Beweisanträge zu enthalten (Art. 294 Abs. 2 lit. c ZPO-FR). Zudem ist Art. 159 Abs. 2 ZPO-FR sinngemäss anwendbar. Die letztgenannte Bestimmung bezieht sich auf die Einleitung des ordentlichen Verfahrens und ist mit 'Prüfung durch den Präsidenten' überschrieben. Demnach prüft der Gerichtspräsident endgültig, ob die Klageschrift den Anforderungen des Art. 158 ZPO-FR genügt und weist sie gegebenenfalls an die klagende Partei zurück mit der Aufforderung, sie innert zehn Tagen neu abzufassen. Diese erhält nun Gelegenheit, ihre Eingabe derart zu verbessern, dass sie den gesetzlichen Vorgaben genügt, beispielsweise eine fehlende Unterschrift anzubringen. Hingegen erlaubt ihr eine solche Notfrist keine inhaltlichen Änderungen oder Erweiterungen. Mit der bloss sinngemässen Anwendung von Art. 158 ZPO-FR im Berufungsverfahren wird zudem dem Umstand Rechnung getragen, dass bereits ein erstinstanzliches Urteil ergangen ist, um dessen Überprüfung es nun geht. Nach der Praxis des Kantonsgerichts findet eine Beweisergänzung im Berufungsverfahren nur ausnahmsweise statt, welche Auffassung vom Beschwerdeführer denn auch nicht kritisiert wird. Die genannte Zurückhaltung schränkt folgerichtig auch die Pflicht der Berufungsinstanz ein, den Parteien die Gelegenheit zur Nachbesserung einzuräumen. Zudem verlangt Art. 294 Abs. 2 ZPO-FR, dass in der Berufungsschrift klar dargelegt wird, inwieweit das Urteil in Frage gestellt wird und auf welche Belege im Dossier sich die Kritik stützt, andernfalls auf das Rechtsmittel nicht eingetreten wird. Der Verweis auf Art. 159 Abs. 2 ZPO-FR dient keinesfalls dazu, die Berufungsfrist zu verlängern, sondern erlaubt lediglich formale Ungenauigkeiten zu verbessern (Esseiva/Maillard, Code de procédure civil fribourgeois annoté, Art. 294, S. 251 ff. und Art. 159 S. 164, je mit Hinweisen auf die kantonale Rechtsprechung). Vor diesem Hintergrund ist dem Kantonsgericht keine Willkür vorzuwerfen, wenn es dem Beschwerdeführer die Berufungsschrift nicht zur gewünschten Verbesserung zurückgeschickt hat.
Gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. c ZPO-FR hat die Klageschrift insbesondere die genaue Angabe der Beweismittel für jede Tatsache zu enthalten. Ob dies der Fall ist, prüft der Gerichtspräsident bei Eingang der Klage bzw. das Kantonsgericht bei Erhalt der Berufung (Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 294 Abs. 3 ZPO-FR). Im vorliegenden Fall beantragte der Beklagte die Einvernahme von Zeugen, bot die Parteiaussagen an und hinterlegte eine Reihe von Belegen. Er führte diese Beweismittel je am Ende einer mehrseitigen Kritik am erstinstanzlichen Entscheid an, ohne sie den einzelnen Punkten zuzuordnen. Dass das Kantonsgericht diese Vorgehensweise als ungenügend beurteilte, ist angesichts des klaren Wortlautes von Art. 158 Abs. 1 lit. c ZPO-FR nicht willkürlich. So wie die Berufungsschrift im vorliegenden Verfahren vom Beschwerdeführer abgefasst worden ist, lässt sie keineswegs auf eine eindeutige Zuordnung der Beweisanträge schliessen. Damit erweist sich das angefochtene Urteil auch im Ergebnis als haltbar, soweit das Kantonsgericht das Beweisverfahren nicht wieder eröffnete.
3.
Im Weitern rügt der Beschwerdeführer, das Kantonsgericht habe in willkürlicher Anwendung von Art. 294 Abs. 2 lit. c ZPO-FR seine Berufungsbegründung im Scheidungspunkt als ungenügend beurteilt.
3.1 Das Kantonsgericht erachtet die Ausführungen des Beklagten zur Frage, ob der Klägerin zuzumuten sei, eine vierjährige Trennungszeit abzuwarten, weitgehend als blosse Schilderung der eigenen Sicht der Dinge ohne Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Urteilserwägungen der ersten Instanz. Überdies seien seine Behauptungen teilweise schlicht falsch.
3.2 Nach Ansicht des Beschwerdeführers hätte ihm das Kantonsgericht aufzeigen müssen, in welchen Punkten die Berufung ungenügend begründet war. Dies hat es denn auch getan, indem es im Anschluss an eine kurze Zusammenfassung der Vorbringen und unter Hinweis auf die Seitenzahl der Eingabe des Beklagten festhielt, eine derartige Begründung der Berufung sei ungenügend. Insoweit ist diese Rüge nicht nachvollziehbar.
Zudem - so der Beschwerdeführer - hätte das Kantonsgericht auf seine sämtlichen Vorbringen eingehen müssen, da er in seiner Berufung einlässlich dargelegt habe, weshalb die Feststellungen der ersten Instanz nicht glaubwürdig seien. Es sei daher willkürlich, ihm vorzuwerfen, seine Berufungsschrift genüge den Anforderungen von Art. 294 Abs. 2 lit. c ZPO-FR nicht. Aus seiner Kurzfassung der in der kantonalen Berufung erhobenen Rügen lässt sich indes nicht eine materielle Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen der ersten Instanz entnehmen, sondern vielmehr - wie das Kantonsgericht festhält - weitgehend nur die eigene Schilderung der Sicht der Dinge. Von Willkür bei der Auslegung des kantonalen Rechts kann daher keine Rede sein.
Im Weitern wirft der Beschwerdeführer dem Kantonsgericht vor, zu Unrecht auf seine Vorbringen nicht eingegangen zu sein, da diese sehr wohl Erwägungen der kantonalen Vorinstanz betroffen hätten. In der kantonalen Berufung führte der Beklagte aus, dass der alleinige Umstand der Straffälligkeit noch nicht zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Ehe führe. Zu einem solchen Schluss ist der Scheidungsrichter auch gar nicht gekommen. Die weiteren Ausführungen in der kantonalen Berufung betreffen den angeblichen Erlös aus den Drogengeschäften des Beklagten. Dazu äussert sich der Scheidungsrichter in keiner Weise. Damit ist es nicht willkürlich, wenn das Kantonsgericht im angefochtenen Urteil festhält, die Vorbringen des Beklagten beträfen Erwägungen, welche die erste Instanz nicht zum Scheidungspunkt gemacht habe.
Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, das Kantonsgericht habe sein Vorbringen, es sei ungewöhnlich, dass V.________ offenbar nicht bezeugen könnte, dass die Klägerin Opfer von Gewalt geworden sei, nicht berücksichtigt. Stattdessen habe es im angefochtenen Urteil bloss festgehalten, es sei falsch, dass V.________ nicht als Zeugin angerufen worden sei. Letzteres habe er in dieser Form auch nie behauptet. Wie das Kantonsgericht das Vorbringen in der kantonalen Berufung zu verstehen hatte und ob seine Antwort im angefochtenen Urteil nicht etwas gar knapp ausgefallen ist, kann letztlich offen bleiben. Der Beschwerdeführer legt nämlich nicht dar, inwieweit das Beweisergebnis durch eine Aussage der Zeugin V.________ in unhaltbarer Weise verfälscht worden ist. Insoweit ist auf die Rüge nicht einzutreten (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).
4.
Damit ist der staatsrechtlichen Beschwerde insgesamt kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG). Da sie zum vornherein aussichtslos war, ist sein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abzuweisen (Art. 152 Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg, I. Appellationshof, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 26. Mai 2004
Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: