BGer C 214/2002
 
BGer C 214/2002 vom 23.04.2003
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
C 214/02
Urteil vom 23. April 2003
III. Kammer
Besetzung
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Kernen; Gerichtsschreiber Lanz
Parteien
Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn, Untere Sternengasse 2, 4500 Solothurn, Beschwerdeführer,
gegen
S.________, Beschwerdegegner
Vorinstanz
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn
(Entscheid vom 16. August 2002)
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 11. April 2002 stellte das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn (AWA) den 1967 geborenen S.________ für 31 Tage ab 2. März 2002 in der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosenentschädigung ein, da er durch sein Verhalten das Nichtzustandekommen einer durch das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum Solothurn (RAV) zugewiesenen Anstellung verschuldet habe.
B.
Die von S.________ hiegegen eingereichte Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 16. August 2002 in dem Sinne teilweise gut, dass es die Dauer der Einstellung auf 25 Tage reduzierte.
C.
Das AWA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Rechtsbegehren, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides sei die Verfügung vom 11. April 2002 zu bestätigen, eventuell sei die Sache zur weiteren Abklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn hat zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde Stellung genommen. S.________ und das Staatssekretariat für Wirtschaft haben sich nicht vernehmen lassen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Nach Art. 17 AVIG muss der Versicherte, der Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen will, mit Unterstützung des zuständigen Arbeitsamtes alles Zumutbare unternehmen, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder zu verkürzen (Abs. 1 Satz 1). Im Rahmen der derart umschriebenen Schadenminderungspflicht ist er insbesondere gehalten, eine vermittelte zumutbare Arbeit anzunehmen (Abs. 3 Satz 1; vgl. auch Art. 16 Abs. 1 AVIG).
Im angefochtenen Entscheid werden die massgeblichen Bestimmungen über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung bei Nichtbefolgen von Weisungen des Arbeitsamtes durch den Versicherten, namentlich durch Nichtannahme einer ihm zugewiesenen zumutbaren Arbeit (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG), und zur verschuldensabhängigen Dauer der Einstellung (Art. 30 Abs. 3 AVIG; Art. 45 Abs. 2 AVIV) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
Zu ergänzen ist, dass eine Ablehnung vermittelter zumutbarer Arbeit nicht nur dann vorliegt, wenn die versicherte Person eine Stelle ausdrücklich zurückweist, sondern auch, wenn sie eine nach den Umständen gebotene ausdrückliche Annahmeerklärung unterlässt. Sie hat bei den Verhandlungen mit künftigen Arbeitgeberinnen oder Arbeitgebern klar und eindeutig die Bereitschaft zum Vertragsabschluss zu bekunden, um die Beendigung der Arbeitslosigkeit nicht zu gefährden (ARV 1984 Nr. 14 S. 167). Der erwähnte Tatbestand der Ablehnung zumutbarer Arbeit ist nicht nur erfüllt, wenn die arbeitslose Person bei eigentlichen Vertragsverhandlungen eine nach den Umständen gebotene ausdrückliche Annahmeerklärung unterlässt, sondern auch dann, wenn sie sich trotz Zuweisung einer Stelle durch das Arbeitsamt gar nicht ernsthaft um die Aufnahme von Vertragsverhandlungen bemüht (ARV 1986 Nr. 5 S. 22).
2.
Es ist letztinstanzlich nicht mehr bestritten und steht nach den Akten fest, dass der Beschwerdeführer der Weisung des RAV vom 29. Januar 2002, sich für die von der Firma X.________ angebotene Stelle eines Maschinenzeichners CAD zu bewerben, ohne zureichende Begründung verspätet und erst nach Mahnung durch das RAV Folge geleistet und dadurch zum Nichtzustandekommen des Anstellungsverhältnisses beigetragen hat. Zu Recht erachten Verwaltung und Vorinstanz deswegen den Tatbestand des Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG (vgl. Erw. 1 hievor) als erfüllt, was eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung zur Folge hat. Streitig und zu prüfen ist einzig das Mass dieser Sanktion.
Das AWA erachtet eine Einstellung von 31 Tagen, am unteren Rahmen schweren Verschuldens (Art. 45 Abs. 2 lit. c AVIG), als angemessen und führt hiefür auch an, dass der Beschwerdeführer nach Angaben der Firma X.________ zerknitterte Bewerbungsunterlagen eingereicht habe und mit ungepflegtem Äusserem zum Vorstellungsgespräch erschienen sei. Das kantonale Gericht lässt offen, ob diese Vorhaltungen den Tatsachen entsprechen, und hält dem Versicherten zugute, dass er sich zumindest beworben habe, auch wenn dies verspätet erfolgt sei. Mit dieser Begründung reduziert es die von der Verwaltung verfügte Sanktion auf 25 Tage.
3.
Die Vorstellungen darüber, was unter einem (un-)gepflegten Äusseren zu verstehen ist, gehen naturgemäss auseinander. Im vorliegenden Fall kann aber nach Lage der Akten davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer seinem Erscheinungsbild für das Vorstellungsgespräch bei der Firma X.________ nicht die - von einem ernsthaft um eine Anstellung bemühten Bewerber minimal zu erwartende - nötige Beachtung geschenkt hat. Hiefür spricht auch der Umstand, dass die Beschreibung der Firma X.________ gemäss Schreiben vom 1. März 2002 und Aktennotiz vom 10. April 2002 im Einklang steht mit der Feststellung des persönlichen Beraters am RAV, wonach der Versicherte jeweils mit ungepflegt wirkendem Äusseren zu den Besprechungsterminen erscheine. Sodann hat der Beschwerdeführer nach der glaubwürdigen, von ihm vorinstanzlich nur pauschal bestrittenen Darstellung der Firma X.________ zerknitterte Bewerbungsunterlagen eingereicht. Dass dies ebenfalls ein ungünstiges Bild bei den Personalverantwortlichen eines Arbeitgebers vermittelt, bedarf keiner weiteren Erläuterung.
Nach dem Gesagten hat sich der Beschwerdeführer zwar letztlich um die zugewiesene Stelle beworben, dabei aber mit seinem Auftreten der potentiellen Arbeitgeberin in mehrfacher Hinsicht zum Vornherein Anlass zur Annahme gegeben, dass er nicht ernsthaft an einer Anstellung interessiert sei. Eine derartige desolate Bewerbung bildet, entgegen der Vorinstanz, keinen hinreichenden triftigen Grund für eine abweichende gerichtliche Ermessensausübung (Art. 132 OG; BGE 126 V 362 Erw. 5d mit Hinweis) in Bezug auf die Dauer der verfügten Einstellung von 31 Tagen.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 16. August 2002 aufgehoben.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 23. April 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: