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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2A.96/2003 /leb
Urteil vom 18. März 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Müller, Merkli,
Gerichtsschreiber Feller.
Parteien
A.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Jürg Lienhard, Pelzgasse 15, 5001 Aarau,
gegen
Migrationsamt des Kantons Aargau,
Bahnhofstrasse 86/88, Postfach, 5001 Aarau,
Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau, Bahnhofstrasse 70, Postfach, 5001 Aarau.
Gegenstand
Ausweisung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht des Kantons Aargau vom 17. Januar 2003.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der kroatische Staatsangehörige A.________, geboren am **. ** 1977, zog am 19. November 1980, im Alter von dreieinhalb Jahren, zu seinen Eltern in die Schweiz und erhielt im Rahmen des Familiennachzugs eine Aufenthaltsbewilligung. Seit 8. Januar 1990 hat er die Niederlassungsbewilligung. Im Alter von 13 Jahren beging er erste Ladendiebstähle. Seit 1992 konsumierte er Drogen; insbesondere im Zusammenhang damit beging er zahlreiche Vermögensdelikte. Im Frühjahr 1993 schickten ihn seine Eltern für ein Jahr nach Kroatien. Nach seiner Rückkehr absolvierte er eine zweijährige Schreineranlehre, die er im Sommer 1996 mit Erfolg abschloss. Ab Dezember 1995 bis März 2000 kam es regelmässig zu Strafbefehlen wegen Widerhandlungen gegen das Transportgesetz und das Strassenverkehrsgesetz, einmal wegen mehrfachen Betrugs und einmal wegen Hinderung einer Amtshandlung. Mit Urteil vom 13. Dezember 2000 verurteilte ihn das Bezirksgericht Aargau wegen qualifizierter und mehrfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, gewerbsmässigen Diebstahls, mehrfachen vollendeten und versuchten betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, Hehlerei, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfachen Hausfriedensbruchs, mehrfacher Widerhandlung gegen das Transportgesetz und Beschimpfung zu 3 ΒΌ Jahren Zuchthaus unter Aufschub des Strafvollzugs zugunsten einer stationären Massnahme; von einer Landesverweisung wurde abgesehen.
A.________ trat den Massnahmenvollzug am 20. Dezember 2000 an. Am 12. Februar 2001 wurde er in das Bezirksgefängnis Kulm versetzt. Das Bezirksgericht Aarau ordnete am 25. April 2001 die nachträgliche Vollstreckung seines Urteils vom 13. Dezember 2000 sowie zwei früherer Strafbefehle der Bezirksanwaltschaft Zürich an. Mit Verfügung des Departements des Innern des Kantons Aargau vom 28. September 2001 wurde A.________ per 22. Oktober 2001 bedingt aus dem Strafvollzug entlassen, unter Anordnung einer Schutzaufsicht während der Dauer der Probezeit von drei Monaten.
Nachdem anfangs 2002 ein Arztzeugnis die Drogenfreiheit von A.________ bestätigt hatte, liess er sich seit Frühjahr 2002 nicht mehr durch die Fachstelle für Suchtberatung und Prävention Aarau beraten. Im April 2002 wurde er wegen eines versuchten Raubs verzeigt. Wegen weiterer Delikte befand er sich sodann im Kanton Solothurn bis 12. Juni 2002 in Untersuchungshaft. Seit August 2002 weilt er wiederum in Untersuchungshaft wegen des Verdachts auf verschiedene in den Kantonen Aargau, Solothurn und Bern begangene Vermögens- bzw. Eigentumsdelikte.
Mit Verfügung vom 27. Juli 2001 wies die Fremdenpolizei (heute: Migrationsamt) des Kantons Aargau A.________ für unbestimmte Dauer aus der Schweiz aus. Die dagegen erhobene Einsprache blieb erfolglos. Am 17. Januar 2003 wies das Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde ab.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 13. März 2003 beantragt A.________, das Urteil des Rekursgerichts und die diesem zugrundeliegende Verfügung des Migrationsamtes vom 27. Juli 2001 aufzuheben und ihm in Verzicht auf die Ausweisung die Niederlassungsbewilligung C weiterhin zu gewähren. Er ersucht für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Es ist weder ein Schriftenwechsel angeordnet, noch sind die kantonalen Akten eingeholt worden.
2.
2.1 Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann der Ausländer aus der Schweiz unter anderem dann fremdenpolizeirechtlich ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Die Ausweisung soll nach Art. 11 Abs. 3 ANAG nur verfügt werden, wenn sie nach den gesamten Umständen angemessen erscheint. Für die Beurteilung der Angemessenheit erklärt Art. 16 Abs. 3 ANAV namentlich als wichtig die Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile.
Je länger ein Ausländer in der Schweiz gelebt hat, desto strengere Anforderungen sind an die Gründe der Ausweisung zu stellen. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Alter der Ausländer in die Schweiz gekommen ist. Ausgeschlossen ist eine Ausweisung jedoch nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung selbst bei Ausländern nicht, die hier geboren sind und ihr ganzes bisheriges Leben in der Schweiz verbracht haben. Sie kommt namentlich dann in Betracht, wenn der Ausländer besonders schwere Gewalt-, Sexual- oder Betäubungsmitteldelikte begangen und wenn er wiederholt delinquiert hat. Zurückhaltung drängt sich auch dann auf, wenn es sich beim Betroffenen zwar nicht um einen Ausländer der "zweiten Generation" handelt, aber doch um eine Person, die ausgesprochen lange hier gewohnt hat. Eine Ausweisung ist in einem solchen Fall grundsätzlich erst bei wiederholten Straftaten von einigem Gewicht angebracht; bei sehr langer Anwesenheit ist diese Massnahme in der Regel erst anzuordnen, wenn eine sich zusehends verschlechternde Situation vorliegt, d.h. wenn der Ausländer - statt sich zu bessern - mit der deliktischen Tätigkeit fortfährt oder sich gar zunehmend schwerere Straftaten zuschulden kommen lässt. Im Übrigen wird mit zunehmender Anwesenheitsdauer auch der sonst vorwiegend vom Strafrichter zu berücksichtigende Resozialisierungsgedanken für die fremdenpolizeirechtliche Beurteilung mit in Betracht zu ziehen sein (Vergleich der Aussichten auf Resozialisierung im In- oder im Ausland), wobei insbesondere auf den Grad der Integration in der Schweiz abzustellen ist. Entscheidend sind immer die gesamten Umstände des Einzelfalles (BGE 122 II 433 E. 2b und c S. 435 ff.; Urteil 2A.468/2000 vom 16. März 2001 E. 3b, mit Hinweisen).
2.2 Das Rekursgericht hat in seinem Urteil die vorstehend dargestellten, von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien vollständig und zutreffend wiedergegeben; es hat sich bei der Beurteilung des (gemäss Art. 105 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich) festgestellten Sachverhalts leiten lassen.
2.2.1 Der Beschwerdeführer ist erstmals im Alter von 13 Jahren mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Im Zeitraum Frühjahr 1992 bis Frühjahr 1993 beging er als Sechzehn- bis Siebzehnjähriger nicht weniger als 21 (kleinere) Eigentumsdelikte, dies im Zusammenhang mit seiner Betäubungsmittelabhängigkeit. Anschliessend befand er sich ein Jahr in Kroatien. Nach seiner Rückkehr wurde er weiterhin und kontinuierlich straffällig. Schliesslich wurde er am 13. Dezember 2000 unter anderem wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (In-Verkehrbringen von nicht mehr zu vernachlässigenden Mengen an Heroin und Kokain) verurteilt. Dem Bezirksgericht Aarau lagen bei seinem Urteil Akten für 57 Straftaten des Beschwerdeführers aus dem Zeitraum 1998 bis 2000 vor. Der Strafrichter erachtete das Verschulden des Beschwerdeführers als bedeutend, fällte er doch trotz der Annahme einer in mittlerem Grad verminderten Zurechnungsfähigkeit eine Freiheitsstrafe von über drei Jahren aus.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde zugunsten einer Massnahme aufgeschoben. Der Massnahmenvollzug scheiterte, und der Beschwerdeführer hatte die Freiheitsstrafe anzutreten. Nach der bedingten Entlassung schaffte er es für kurze Zeit, drogenfrei zu leben, entzog sich aber bald der fachlichen Betreuung, konsumierte wieder Drogen und delinquierte verschiedentlich, bis er im August 2002 in Untersuchungshaft genommen wurde.
Angesichts der Verurteilung vom 13. Dezember 2000 zu einer hohen Freiheitsstrafe und wegen des trotz bessernder Massnahme anhaltend deliktischen Verhaltens des Beschwerdeführers hat das Rekursgericht das öffentliche Interesse an der Ausweisung zu Recht als sehr gross bezeichnet.
2.2.2 Das Rekursgericht hat sich umfassend mit den persönlichen und familiären Verhältnissen des Beschwerdeführers, mit der Art von dessen bisheriger Anwesenheit in der Schweiz und mit seinem Bezug zur Heimat Kroatien befasst. Der Beschwerdeführer ist in der Schweiz letztlich bloss in sprachlicher Hinsicht integriert. Beruflich konnte er, wegen seiner Drogensucht, nicht Fuss fassen; diesbezüglich kann zu seinen Gunsten einzig erwähnt werden, dass er eine Anlehre absolviert und abgeschlossen hat. Unabdingbare Voraussetzung für eine weitergehende Integration wäre, dass der Beschwerdeführer sein Drogenproblem meistert. Seit mehreren Jahren sind aber sämtliche diesbezüglichen Bemühungen gescheitert; eine Besserung ist nicht absehbar; dass nach vielmonatiger Untersuchungshaft nun wieder die Möglichkeit einer Platzierung in einer Therapieinstitution ins Auge gefasst wird (dabei handelt es sich aber ohnehin um ein gemäss Art. 105 Abs. 2 OG unzulässiges Novum), vermag nach den bisherigen Erfahrungen mit dem immerhin nun sechsundzwanzigjährigen Beschwerdeführer zu keiner anderen Einschätzung zu führen. Es gibt sodann hinsichtlich der familiären Situation des Beschwerdeführers keinen Grund, nicht auf die Einschätzung der Vorinstanz abzustellen, wonach kaum Kontakte zu den Verwandten in der Schweiz (Eltern, Bruder) bestehen. Umgekehrt hat der Beschwerdeführer durchaus Beziehungen zu seinem Heimatland Kroatien, welche sich nicht darin erschöpfen, dass er 1993/1994 in Kroatien lebte (E. 3e/cc/aaa des angefochtenen Urteils). Gerade während des damaligen Aufenthalts hatte er übrigens das Drogenproblem offenbar im Griff. Die Vorinstanz hat jedenfalls nicht ohne Grund angenommen, dass der Beschwerdeführer durchaus Chancen auf Resozialisierung in seiner Heimat hat; soweit solche in der Schweiz bestehen sollten, hat sie der Beschwerdeführer in mehreren Anläufen nicht nutzen können. In Kroatien könnte auch die in der Schweiz absolvierte Anlehre für eine gewisse berufliche Integration fruchtbar gemacht werden.
2.2.3 Das Rekursgericht hat in seinem Urteil die für die Interessenabwägung massgeblichen Gesichtspunkte aufgeführt und zutreffend gewichtet. Seiner Schlussfolgerung, das öffentliche Interesse an einer Ausweisung des Beschwerdeführers überwiege dessen Interesse daran, in der Schweiz bleiben zu können, kann vorbehaltlos zugestimmt werden. Es kann hiefür auf E. 4 sowie auf die übrigen zutreffenden, sorgfältigen Erwägungen seines Urteils verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG).
2.3 Das angefochtene Urteil verletzt nach dem Gesagten Bundesrecht nicht. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet und im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG), ohne Schriftenwechsel oder andere Weiterungen (Einholen der kantonalen Akten), abzuweisen.
3.
Der Beschwerdeführer hat um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerde keine reellen Erfolgsaussichten hatte. Das Gesuch ist daher abzuweisen.
Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 OG), wobei bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr (Art. 153 Abs. 1 OG) seiner finanziellen Lage Rechnung zu tragen ist (Art. 153a Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsamt und dem Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. März 2003
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: