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Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
K 10/00
Urteil vom 17. Februar 2003
IV. Kammer
Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Fessler
Parteien
SANKYO Pharma (Schweiz) AG, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Josef Scherrer, Falkenstrasse 14, 8008 Zürich,
gegen
Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20,
3003 Bern, Beschwerdegegner
Vorinstanz
Eidgenössische Rekurskommission für die Spezialitätenliste, Lausanne
(Entscheid vom 30. November 1999)
Sachverhalt:
A.
Am 14. November 1997 verfügte das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) die Streichung des Präparates HIRUDOID 40g/100g Ungt. und 40g/100g Gel von der Spezialitätenliste (SL) wegen Publikumswerbung mit dem zur gleichen Gamme gehörenden und unter dem gleichen Markennamen registrierten HIRUDOID forte (Salbe und Gel).
B.
Die von der SANKYO Pharma (Schweiz) AG hiegegen erhobene Beschwerde wies die Eidgenössische Rekurskommission für die Spezialitätenliste nach zweifachem Schriftenwechsel mit Entscheid vom 30. November 1999 ab.
C.
Die SANKYO Pharma (Schweiz) AG lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung von Entscheid und Verfügung sei HIRUDOID in der Spezialitätenliste zu belassen.
Das BSV beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
D.
Mit Verfügung vom 31. März 2000 hat der Präsident des Eidgenössischen Versicherungsgerichts der Verwaltungsgerichtsbeschwerde aufschiebende Wirkung erteilt.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Streitgegenstand bildet die Streichung des Präparates HIRUDOID (Ungt. und Gel) von der Spezialitätenliste wegen Publikumswerbung mit dem zur gleichen Gamme gehörenden und unter dem gleichen Markennamen registrierten, aber nicht in der Liste figurierenden HIRUDOID forte (Salbe und Gel).
2.
Bei Fragen im Zusammenhang mit der Spezialitätenliste geht es nicht um Versicherungsleistungen im Sinne von Art. 132 OG (vgl. BGE 122 V 136 Erw. 1 mit Hinweisen). Die Überprüfungsbefugnis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts in der hier zu beurteilenden Streitsache ist daher auf die Rüge der Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens eingeschränkt (Art. 104 lit. a OG); eine Prüfung der Angemessenheit des angefochtenen Entscheides findet nicht statt (Art. 104 lit. c Ziff. 3 OG). In tatsächlicher Hinsicht ist sodann zu beachten, dass die Eidgenössische Rekurskommission für die Spezialitätenliste eine richterliche Behörde im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG ist (vgl. Art. 71a-d VwVG und Art. 4 VRSK; ferner Botschaft vom 18. März 1991 betreffend die Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege [...], BBl 1991 II 465 ff., 479 f. Ziff. 224.1] sowie BGE 106 Ib 201 f. Erw. 1a). Das Eidgenössische Versicherungsgericht ist daher an die Feststellung des Sachverhalts durch die Rekurskommission gebunden, soweit dieser nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (in BGE 128 V 159 nicht publizierte Erw. 2 des Urteils K. AG vom 10. Juli 2002).
2.1 Gemäss Art. 25 KVG übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen (Abs. 1). Diese Leistungen umfassen unter anderem die ärztlich oder unter den vom Bundesrat bestimmten Voraussetzungen von Chiropraktoren oder Chiropraktorinnen verordneten Arzneimittel (Abs. 2 lit. b).
Die Leistungen nach Art. 25 KVG müssen laut Art. 32 Abs. 1 KVG wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein (Satz 1). Die Wirksamkeit muss nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein (Satz 2).
Die Vergütung der Leistungen erfolgt nach Tarifen oder Preisen. Diese werden in den vom Gesetz bestimmten Fällen von der zuständigen Behörde festgesetzt, welche darauf achtet, dass eine qualitativ hochstehende und zweckmässige gesundheitliche Versorgung zu möglichst günstigen Preisen erreicht wird (vgl. Art. 43 Abs. 1, 4 und 6 KVG).
2.2 Nach Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG (in Verbindung mit Art. 34 KVV und Art. 37e Abs. 1 KVV) erstellt das Bundesamt nach Anhören der Eidgenössischen Arzneimittelkommission und unter Berücksichtigung der Grundsätze nach Art. 32 Abs. 1 sowie Art. 43 Abs. 6 KVG eine Liste der pharmazeutischen Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel mit Preisen (Spezialitätenliste; Satz 1). Diese hat auch die mit den Originalpräparaten austauschbaren preisgünstigeren Generika zu enthalten (Satz 2).
2.2.1 Der Bundesrat hat in den Art. 64 ff. KVV, das Eidgenössische Departement des Innern in den Art. 30 ff. KLV gestützt auf Art. 96 KVG (vgl. BGE 126 III 39 oben) resp. Art. 65 Abs. 3 und Art. 75 KVV (formelle und materielle) Ausführungsbestimmungen im Zusammenhang mit der Spezialitätenliste erlassen. Zu erwähnen ist insbesondere Art. 65 Abs. 2 KVV. Danach ist Bedingung für die Aufnahme eines Arzneimittels in die Liste, dass es wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich ist. Nicht in die Spezialitätenliste aufgenommen werden laut Art. 65 Abs. 6 KVV pharmazeutische Spezialitäten, für welche Publikumswerbung betrieben wird. In der seit 1. Juli 2002 geltenden, auf den vorliegenden Fall nicht anwendbaren Fassung wird in Art. 65 Abs. 2 und 6 KVV von verwendungsfertigen Arzneimitteln gesprochen (AS 2002 2129 f.). Gemäss Art. 68 Abs. 1 lit. a KVV schliesslich wird ein in der Spezialitätenliste aufgeführtes Arzneimittel gestrichen, wenn es nicht mehr alle Aufnahmebedingungen erfüllt.
3.
In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass in der Zeitschrift «U.________», Ausgabe 3/96, ein Inserat erschien, in welchem unter der Überschrift 'Gesunde Venen, leichte Beine' HIRUDOID forte als schmerzlinderndes, entschwellendes und wohltuendes Mittel in Salben- oder Gel-Form angepriesen wurde. Darauf Bezug nehmend teilte das BSV am 11. Juni 1996 der SANKYO Pharma (Schweiz) AG mit, dass nach seiner seit 1991 bestehenden Praxis Präparate nicht in die Spezialitätenliste aufgenommen resp. daraus gestrichen werden, wenn für eine unter dem gleichen Markennamen registrierte Darreichungsform Publikumsreklame gemacht werde. Es sei daher auf jegliche Publikumswerbung mit HIRUDOID forte zu verzichten.
Am 17. Juni 1996 teilte die Firma dem Bundesamt mit, sie werde selbstverständlich auf jegliche weitere Publikumsreklame für HIRUDOID forte verzichten und nur noch (zulässige) Fachwerbung, d.h. Werbung an der Abgabestelle, realisieren. Im folgenden Jahr erschien in der Zeitschrift «A.________» (Heft 8/9) ein ganzseitiges Inserat, in welchem die Verwendung von HIRUDOID forte (Salbe und Gel) bei Schwellungen, oberflächlichen Venenentzündungen oder zur vorbeugenden Venenpflege empfohlen wird. Unter Hinweis auf diese Reklame sowie auf sein Schreiben vom 11. Juni 1996 teilte das BSV am 8. Oktober 1997 der SANKYO Pharma (Schweiz) AG die Einleitung des Streichungsverfahrens betreffend die in der Spezialitätenliste aufgeführten HIRUDOID-Präparate mit. Die Firma beantragte mit Schreiben vom 13. Oktober 1997, von der vorgesehenen Streichung abzusehen. Sie hätte mit Ausnahme des Inserates in der «A.________» überhaupt keine schriftliche Publikumswerbung gemacht. Dabei handle es sich um ein Versehen. Das Inserat sei ihr gratis offeriert worden. Es sei nicht mehr daran gedacht worden, dass Publikumsreklame für HIRUDOID forte nicht statthaft sei.
4.
4.1 Die Eidgenössische Rekurskommission für die Spezialitätenliste hat die vom Bundesamt verfügte Streichung von HIRUDOID (Ungt. und Salbe) von der Spezialitätenliste bestätigt. Die Vorinstanz hat im Wesentlichen erwogen, das Verbot von Publikumswerbung gemäss Art. 65 Abs. 6 KVV sei im Zusammenhang mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot zu sehen, welches auch im Bereich der Arzneimittel zu beachten sei. Diese Verordnungsbestimmung und das von ihr verfolgte Ziel einer kostendämpfenden Wirkung würden ausgehöhlt, wenn lediglich eine systematische und dauerhafte Werbung unzulässig wäre, eine bloss gelegentliche und unsystematische hingegen nicht. Abgesehen davon sei im konkreten Fall davon auszugehen, dass für das Präparat HIRUDOID forte ein umfassenderes Werbekonzept ausgearbeitet worden sei. Dieser Schluss ergebe sich daraus, dass das 1997 in der «A.________» erschienene Inserat völlig anders gestaltet sei als das im Jahr zuvor in der Zeitschrift «U.________» platzierte. Auf dieses Werbekonzept sei auch nach dem Schreiben des BSV vom 11. Juni 1996 nicht zurückgekommen worden.
Im Weitern sei nicht von Belang, dass lediglich für HIRUDOID forte geworben worden sei, welches Präparat nicht auf der Spezialitätenliste figuriere. Auch indirekte Werbung für eine besondere, nicht in die Liste aufgenommene Darreichungsform eines Arzneimittels der SL falle unter Art. 65 Abs. 6 KVV Entscheidend sei der Eindruck beim Zielpublikum der Werbung. Bei den in Frage stehenden Inseraten erscheine deutlich der Name HIRUDOID. Der Zusatz 'forte' allein sei sinngemäss von untergeordneter Bedeutung. Dabei handle es sich lediglich um eine vielerorts übliche Bezeichnung, um grundsätzlich analoge Präparate voneinander abzugrenzen. In diesem Zusammenhang könne entgegen der Vertriebsfirma nicht davon gesprochen werden, es fehle an einer genügenden gesetzlichen Grundlage für das Verbot (direkter oder) indirekter Publikumswerbung für Arzneimittel der Spezialitätenliste. Im Übrigen halte sich die Regelung gemäss Art. 65 Abs. 6 und Art. 68 Abs. 1 lit. a KVV im Rahmen des Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG und sei insbesondere nicht willkürlich. Sinngemäss könne sich daher auch nicht die Frage der von der Firma bestrittenen Verhältnismässigkeit der Streichung stellen.
4.2 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dagegen gehalten, für die Streichung einer kassenzulässigen Form eines Präparates, von dem andere Formen nicht in der Spezialitätenliste figurierten und für die Publikumswerbung betrieben werde, bestehe keine Rechtsgrundlage. Es müsse nicht davon ausgegangen werden, dass jemand, der eine Werbung für eine nicht kassenpflichtige Form eines Arzneimittels gesehen habe, sich an einen Arzt wende und die Verschreibung der kassenzulässigen Form verlange. Dies sei indessen Bedingung für die Vergütung des Medikamentes durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass am Verkaufspunkt (Apotheke oder Drogerie) darauf hingewiesen werde, bei Vorliegen eines Rezeptes werde HIRUDOID von der Krankenversicherung übernommen, dies u.a. deshalb nicht, weil die kassenzulässige und auch die nicht kassenzulässige Form in die IKS-Liste D eingeteilt seien und daher ohne Formalität abgegeben werden könnten.
Im Weitern wird geltend gemacht, das Inserat in der «A.________» stelle einen Ausrutscher dar. Nach der Beanstandung der Reklame in der Zeitschrift «U.________» durch das BSV im Juni 1996 seien alle für die «O.________» und die «A.________» vorgesehenen Inserate gestoppt worden. Seit 1955 figuriere HIRUDOID in der Spezialitätenliste. Bis heute sei lediglich zwei Mal 1996 und 1997 Werbung für dieses Arzneimittel betrieben worden. Gemessen an der Schwere des Verstosses seien im Lichte der ratio legis die wirtschaftlichen Folgen der Streichung von der Spezialitätenliste unverhältnismässig.
5.
5.1 In dem zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenen Urteil P. AG vom 14. Januar 2003 (K 68/01) hat sich das Eidgenössische Versicherungsgericht einlässlich zu Bedeutung und Tragweite des Publikumswerbeverbotes für Arzneimittel der Spezialitätenliste geäussert. Dabei hat das Gericht entschieden, dass Art. 65 Abs. 6 KVV über eine genügende gesetzliche Grundlage verfügt (Erw. 6.1.1 und 6.1.2). Im Weitern hat es festgestellt, dass dieser Verordnungsbestimmung auch nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (HMG) und der vom Bundesrat gestützt auf die Art. 31-33 HMG erlassene Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittelwerbung (AWV) am 1. Januar 2002 selbstständige Bedeutung zukommt. Das gilt im Besonderen für den gemeinsamen Anwendungsbereich von Art. 65 Abs. 6 KVV und Art. 32 Abs. 2 lit. a HMG. Diese Gesetzesbestimmung erklärt Publikumswerbung für Arzneimittel, die nur auf ärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen, für unzulässig (Erw. 6.2.1 und 6.2.2).
Zum Begriff der (unzulässigen) Publikumswerbung im krankenversicherungsrechtlichen Sinne sodann hat das Eidgenössische Versicherungsgericht Folgendes erwogen:
«6.3 Trotz des Charakters von Art. 65 Abs. 6 KVV als lex specialis im Verhältnis zu Art. 32 Abs. 2 lit. a HMG und den aufgezeigten Unterschieden in Bezug auf die Zielsetzungen liegt es nahe und erscheint auch sinnvoll, im Anwendungsbereich beider Regelungen vom selben heilmittelrechtlichen Begriff der Publikumswerbung auszugehen (...).
Art. 2 AWV umschreibt Publikumswerbung als Arzneimittelwerbung, welche sich an das Publikum richtet (lit. b). Arzneimittelwerbung umfasst alle Massnahmen zur Information, Marktbearbeitung und Schaffung von Anreizen, welche zum Ziel haben, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf, den Verbrauch oder die Anwendung von Arzneimitteln zu fördern (lit. a). Davon zu unterscheiden ist die nach Art. 31 Abs. 1 lit. a HMG auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich zulässige Fachwerbung. Darunter ist Arzneimittelwerbung zu verstehen, die sich an zur Verschreibung, Abgabe oder zur eigenverantwortlichen beruflichen Anwendung von Arzneimitteln berechtigte Fachpersonen richtet (lit. c). Überhaupt nicht als Werbung im Sinne der Heilmittelgesetzgebung gelten laut Art. 1 Abs. 2 lit. c AWV Informationen allgemeiner Art über die Gesundheit oder über Krankheiten, sofern sich diese weder direkt noch indirekt auf bestimmte Arzneimittel beziehen (ebenso Art. 1 Abs. 2 lit. c der Richtlinien der IKS vom 23. November 1995 über die Heilmittelwerbung; vgl. auch Art. 1 Ziff. 3 und 4 der Richtlinie 92/28). Im Weitern zählt Art. 15 AWV die Arten von Publikumswerbung auf. Es sind dies u.a. Anzeigen in Zeitungen, Zeitschriften und Büchern, Prospekte, Plakate, Rundbriefe usw. (lit. a) sowie Anpreisungen mittels audiovisueller Mittel und anderer Bild-, Ton- und Datenträger und Datenübermittlungssysteme, wie zum Beispiel im Internet (lit. c).
6.4
6.4.1 Eine Verletzung des Verbotes von Publikumswerbung gemäss Art. 65 Abs. 6 KVV hat die Nichtaufnahme in oder die Streichung des Arzneimittels von der Spezialitätenliste zur Folge. Andere, mildere Massnahmen sind nicht vorgesehen. Im Unterschied dazu kann unzulässige Werbung im heilmittelrechtlichen Kontext verschiedene verwaltungsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen, u.a. Beanstandung, vorübergehendes oder dauerndes Werbeverbot, Widerruf der Zulassung (vgl. Art. 66 Abs. 2 lit. a, b und g HMG). In dieser Ordnung kommt das verfassungsrechtliche Prinzip zum Ausdruck, wonach auf Gesetz beruhende und durch das öffentliche Interesse gerechtfertigte Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit verhältnismässig sein müssen (Art. 27 und 36 BV; BGE 128 I 94 f. Erw. 2a und b am Anfang]). Es besteht kein Grund, im Anwendungsbereich des Art. 65 Abs. 6 KVV nicht ebenfalls weniger weit gehende Massnahmen als die Nichtaufnahme in oder die Streichung des Arzneimittels von der Spezialitätenliste zuzulassen. Im Gegenteil erscheint eine Abstufung der Sanktionen nach Schwere, Dauer und Intensität der Verletzung des Verbotes von Publikumswerbung namentlich unter normzweckorientiertem Gesichtswinkel als angezeigt. Art. 65 Abs. 6 KVV will die Förderung der Nachfrage nach Arzneimitteln über das krankenversicherungsrechtlich notwendige Mass hinaus verhindern. Demgegenüber geht es beim heilmittelrechtlichen Verbot von Publikumswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel (Art. 32 Abs. 1 lit. a HMG) in erster Linie um den Schutz der Gesundheit. In diesem Zusammenhang darf im Übrigen nicht übersehen werden, dass von der Nichtaufnahme in oder der Streichung eines Arzneimittels von der Spezialitätenliste immer auch kranke Versicherte betroffen sind (vgl. Eugster a.a.O. S. 100 Fn 425).
6.4.2 Nach dem Vorstehenden kann grundsätzlich der Tatbestand des Art. 65 Abs. 6 KVV nicht schon als gegeben gelten und die Nichtaufnahme in oder die Streichung eines Arzneimittels von der Spezialitätenliste rechtfertigen, wenn für das betreffende Präparat lediglich einmal an das Publikum gerichtete Werbung betrieben wurde. Anders verhält es sich bei mehrmaliger öffentlicher Anpreisung des Medikamentes, zumal wenn dieses Verhalten bereits durch das Heilmittelinstitut beanstandet oder sogar vorübergehend oder dauernd verboten worden ist. Neben der Häufigkeit und allenfalls dem zeitlichen Rhythmus, mit welchem für das in Frage stehende Arzneimittel geworben wird oder worden ist, sowie der Art des oder der Werbeträger ist dessen oder deren geografische Reichweite von Bedeutung. Es macht einen Unterschied, ob beispielsweise Printmedien und Radio- oder Fernsehsender bloss lokalen oder regionalen Charakter haben, oder ob es sich dabei um landesweit oder sogar über die Grenzen hinaus bekannte und genutzte Einrichtungen handelt. Hingegen ist für die Unzulässigkeit von Publikumswerbung im Sinne von Art. 65 Abs. 6 KVV nicht erforderlich, dass die fraglichen Massnahmen auf einem eigentlichen Werbekonzept beruhen. Entscheidend ist nicht, welche Überlegungen hinter dem Publikumsauftritt der Hersteller- oder Vertriebsfirma stehen, sondern dieser selber. Umgekehrt kann es beweisrechtlich nicht genügen, einzig aufgrund von ein paar mehr oder weniger zufällig gefundenen oder ausgewählten Zeitungsinseraten einen Verstoss gegen das Verbot von Publikumswerbung zu bejahen.
6.4.3 (...).»
5.2 Im Lichte des Urteils P. AG vom 14. Januar 2003 können die unbestrittenermassen lediglich zwei 1996 und 1997 erschienenen Inserate nicht die Streichung von HIRUDOID Ungt. und Gel von der Spezialitätenliste zur Folge haben. Dies muss umso mehr gelten, als die Zeitschriften «U.________» und «A.________» nicht über einen notorisch grossen Bekanntheitsgrad verfügen. Daran ändert nichts, dass das erste Inserat vom Bundesamt beanstandet worden war, die Vertriebsfirma somit um die möglichen negativen Auswirkungen der Werbung für HIRUDOID forte auf die in der Spezialitätenliste figurierenden galenischen Formen Ungt. und Gel von HIRUDOID wissen musste. Es ist namentlich unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit zu berücksichtigen, dass es sich um ein einmaliges Fehlverhalten handelte, wobei aufgrund der glaubhaften Darstellung der Firma eine bewusste und gewollte Umgehung des Publikumswerbeverbotes ausgeschlossen werden kann. In diesem Zusammenhang ist auch in Anschlag zu bringen, dass nicht Reklame für ein Präparat der Spezialitätenliste betrieben wurde. Mit Blick darauf, dass die fraglichen Inserate 1996 und 1997, somit vor rund sechs und mehr Jahren erschienen sind und seither offenbar keine unzulässige Publikumswerbung mehr stattgefunden hat, ist auch von milderen Sanktionen, insbesondere der befristeten Streichung von HIRUDOID (Ungt. und Gel) von der Liste abzusehen.
Bei dieser Rechtslage kann offen bleiben, ob Art. 65 Abs. 6 KVV eine genügende gesetzliche Grundlage bildet für ein Verbot von Publikumswerbung mit nicht in der Spezialitätenliste aufgeführten Arzneimitteln, welche zur gleichen Gamme gehören und unter dem gleichen Markennamen registriert sind wie ein Listenpräparat.
5.3 Die vorinstanzlich bestätigte Streichung von HIRUDOID (Ungt. und Gel) von der Spezialitätenliste gestützt auf Art. 65 Abs. 6 KVV verletzt somit Bundesrecht.
6.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten grundsätzlich dem BSV aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 135 OG). Das BSV hat nach Gesetz und Rechtsprechung indessen keine Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 2 OG). Hingegen hat es der anwaltlich vertretenen SANKYO Pharma (Schweiz) AG eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 159 Abs. 1 bis 3 OG).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für die Spezialitätenliste vom 30. November 1999 und die Verfügung des Bundesamtes für Sozialversicherung vom 14. November 1997 aufgehoben.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der SANKYO Pharma (Schweiz) AG wird der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 8000.- rückerstattet.
4.
Das Bundesamt für Sozialversicherung hat der SANKYO Pharma (Schweiz) AG für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung (einschliesslich Mehrwertsteuer) von Fr. 4000.- zu bezahlen.
5.
Die Eidgenössische Rekurskommission für die Spezialitätenliste hat über eine Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden.
6.
Dieses Urteil wird den Parteien und der Eidgenössischen Rekurskommission für die Spezialitätenliste zugestellt.
Luzern, 17. Februar 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: