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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2A.5/2003 /dxc
Urteil vom 16. Januar 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Bundesrichter Hungerbühler,
Gerichtsschreiber Uebersax.
X.________, zzt. Inselspital U1, Freiburgstrasse, 3010 Bern,
Beschwerdeführer,
gegen
Migrationsdienst des Kantons Bern,
Eigerstrasse 73, 3011 Bern,
Haftgericht III Bern-Mittelland,
Amthaus, Hodlerstrasse 7, 3011 Bern.
Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b ANAG,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Haftgerichts III Bern-Mittelland vom 27. Dezember 2002.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Der angeblich aus Russland (Tschetschenien) stammende X.________, geb. 15. November 1975, reiste nach eigener Darstellung am 17. Juli 2002 illegal von Frankreich her in die Schweiz ein. Tags darauf stellte er ein Asylgesuch. Seit dem 7. August 2002 galt er als vermisst. Am 10. Oktober 2002 trat das Bundesamt für Flüchtlinge auf das Asylgesuch nicht ein und ordnete die Wegweisung an. Am 23. Dezember 2002 wurde X.________ polizeilich angehalten und festgenommen. Am Tag danach ordnete der Migrationsdienst des Kantons Bern die Rückführung von X.________ in seinen Heimatstaat oder, falls möglich, in einen Drittstaat an und verfügte Ausschaffungshaft. Am 27. Dezember 2002 prüfte und genehmigte der Haftrichter 8 am Haftgericht III Bern-Mittelland die Haft.
1.2 Mit handschriftlicher Eingabe in russischer Sprache, die von Amtes wegen übersetzt wurde, wendet sich X.________ an das Bundesgericht und macht unter anderem sinngemäss geltend, er sei bereits im September 2002 ausgereist, der Asylentscheid sei ihm gar nicht eröffnet worden, seine Familie halte sich in Belgien auf, wo ebenfalls ein Asylverfahren laufe, und er befinde sich im Hungerstreik. In der Folge hat der Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts ein Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eröffnet.
Der Haftrichter hat auf eine umfassende Vernehmlassung verzichtet und schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Der Migrationsdienst des Kantons Bern stellt denselben Antrag. Das Bundesamt für Flüchtlinge hat innert Frist keine Stellungnahme eingereicht. X.________ nahm die Gelegenheit nicht wahr, sich nochmals zur Sache zu äussern.
2.
Gegenstand des Entscheids des Haftrichters ist einzig die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Haftanordnung (vgl. Art. 13c Abs. 2 ANAG). Vor dem Bundesgericht stellt sich damit lediglich die Frage der Rechtmässigkeit der Haft (vgl. Art. 104 lit. a und c OG). Namentlich ist das Bundesgericht in keiner Weise (auch nicht als Beschwerdeinstanz) zuständig, Asylbegehren zu beurteilen (vgl. insbes. Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 2 OG). Auch den Wegweisungsentscheid kann es nur dann überprüfen, wenn er offensichtlich rechtswidrig ist (vgl. Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 OG sowie BGE 121 II 59 E. 2c). Genausowenig liegt der Vollzug der Wegweisung in der Zuständigkeit des Bundesgerichts.
Soweit der Beschwerdeführer sich zur Asylfrage äussert oder um Überführung nach Belgien ersucht, ist daher auf die Beschwerde nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer kann immerhin darauf hingewiesen werden, dass die schweizerischen Behörden die Möglichkeit einer Ausschaffung oder Rückführung nach Belgien oder allenfalls nach Deutschland, wo sich der Beschwerdeführer ebenfalls bereits aufgehalten hat, prüfen.
3.
3.1 Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen, wenn die Voraussetzungen von Art. 13b ANAG erfüllt sind. Danach ist erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt (vgl. BGE 121 II 59 E. 2 S. 61; 122 II 148 ff.), dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender Reisepapiere) noch nicht möglich, jedoch absehbar ist (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 2a S. 379). Zudem muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe bestehen (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381; 124 II 1 E. 1 S. 3). Nach Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG kann Ausschaffungshaft insbesondere verfügt werden, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass sich der Ausländer der Ausschaffung entziehen will (Gefahr des Untertauchens). Das trifft namentlich zu, wenn der Ausländer bereits einmal untergetaucht ist, behördlichen Anordnungen keine Folge leistet oder durch erkennbar unglaubwürdige und widersprüchliche Angaben die Vollzugsbemühungen der Behörden erschwert (BGE 125 II 369 E. 3b/aa S. 375). Schliesslich ist bei einem straffälligen Ausländer eher als bei einem unbescholtenen davon auszugehen, er werde in Zukunft behördliche Anordnungen missachten (BGE 122 II 49 E. 2a, 148 E. 2b/aa S. 152; 119 Ib 193 E. 2b S. 198).
3.2 Der Beschwerdeführer wurde aus der Schweiz weggewiesen. Die Eröffnung der Wegweisung im Haftverfahren bzw. zusammen mit der Haftanordnung hindert die Zulässigkeit der Haft nicht (vgl. BGE 128 II 103 E. 1.5 S. 107), zumal der Beschwerdeführer selbst zu verantworten hat, dass eine frühere Mitteilung nicht möglich war. Sodann behauptet der Beschwerdeführer zwar, die Schweiz bereits im September 2002 verlassen zu haben und erst im Dezember 2002 wieder eingereist zu sein; dabei kann offen bleiben, ob er dies vor Bundesgericht noch vorbringen kann, nachdem er das Argument vor dem Haftrichter offenbar nicht geltend gemacht hat. Aus den Akten ist nämlich ersichtlich, dass der Beschwerdeführer bereits anfangs September - und damit vor verfügter Wegweisung - die Grenze in die Schweiz überschritten hat, wobei unklar bleibt, ob er vorher im eigentlichen Sinne ausgereist war oder ob es sich lediglich um einen kurzen Grenzübertritt handelte. Überdies sind seine entsprechenden Aussagen widersprüchlich. Damit erweist sich die Wegweisung des Bundesamts für Flüchtlinge nicht als bereits vollzogen. Im Übrigen könnte der Ausschaffungsentscheid des Migrationsdienstes ohnehin als neuerliche Wegweisung gelten und damit eine Grundlage für die Ausschaffungshaft bilden.
3.3 Der Beschwerdeführer ist bereits einmal untergetaucht. Er hat sich mehrfach behördlichen Anordnungen, so etwa einer Ausgrenzungsverfügung des Kantons Basel-Stadt, widersetzt. Wiederholt hat er sich widersprüchlich und unglaubwürdig geäussert. So hat er einmal behauptet, aus Litauen zu stammen, und soll sich seine Familie nach der einen Aussage in Belgien, nach einer anderen in Usbekistan aufhalten. In Deutschland ist der Beschwerdeführer unter acht verschiedenen Identitäten aufgetreten. Bei dem beim Beschwerdeführer gefundenen Führerschein handelt es sich um eine Totalfälschung. Schliesslich wurde er in der Schweiz verschiedentlich straffällig, so unter anderem wegen Einbruch- und Ladendiebstahl. Damit erweist sich der Haftgrund der Untertauchensgefahr als offensichtlich gegeben.
3.4 Die Haft ist auch verhältnismässig. Insbesondere stellt der Hungerstreik eines Häftlings grundsätzlich keinen Haftentlassungsgrund dar (vgl. BGE 124 II 7 E. 3b). Freilich haben die Behörden die erforderlichen und gebotenen medizinischen Vorkehrungen zu treffen, was aber im vorliegenden Fall geschehen ist, nachdem der Beschwerdeführer in die dafür geeignete Station des Inselspitals Bern überführt worden ist.
4.
4.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
4.2 Angesichts der finanziellen Verhältnisse des an sich unterliegenden Beschwerdeführers wird praxisgemäss darauf verzichtet, Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren zu erheben.
4.3 Der Migrationsdienst des Kantons Bern wird ersucht, sicherzustellen, dass das vorliegende Urteil dem Beschwerdeführer übersetzt und verständlich gemacht wird.
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsdienst des Kantons Bern und dem Haftgericht III Bern-Mittelland sowie dem Bundesamt für Flüchtlinge schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. Januar 2003
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: