BGer 2A.47/2002
 
BGer 2A.47/2002 vom 23.05.2002
Tribunale federale
{T 0/2}
2A.47/2002 /zga
Urteil vom 23. Mai 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Müller, Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiberin Müller.
X.________, Beschwerdeführer,
gegen
Amt für Militär und Bevölkerungsschutz des Kantons Bern, Papiermühlestrasse 17, 3000 Bern 22,
Steuerrekurskommission des Kantons Bern,
Chutzenstrasse 68, 3007 Bern.
Wehrpflichtersatzabgabe pro 2000
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid
der Steuerrekurskommission des Kantons Bern vom 11. Dezember 2001)
Sachverhalt:
A.
Der 1964 geborene X.________ wurde am 5. September 1986 für dienstuntauglich erklärt und unterliegt der Wehrpflichtersatzabgabe. Gegen den durch das Amt für Militär und Bevölkerungsschutz des Kantons Bern (ABM) in Rechnung gestellten Wehrpflichtersatz für das Ersatzjahr 2000 erhob X.________ am 16. Mai 2001 Einsprache. Das Amt für Militär und Bevölkerungsschutz wies die Einsprache am 30. Mai 2001 ab. Die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde wies die Steuerrekurskommission des Kantons Bern am 11. Dezember 2001 ab.
B.
Dagegen hat X.________ am 19. Januar 2002 (Postaufgabe: 24. Januar 2001) beim Bundesgericht Beschwerde erhoben. Er beantragt sinngemäss, den angefochtenen Entscheid aufzuheben.
Das Amt für Militär und Bevölkerungsschutz sowie die Steuerrekurskommission des Kantons Bern beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Gegen die Entscheide der kantonalen Rekurskommissionen über die Veranlagung in Anwendung des Bundesgesetzes vom 12. Juni 1959 über den Wehrpflichtersatz (WPEG; früher: Bundesgesetz über den Militärpflichtersatz; SR 661) ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig (vgl. Art. 31 Abs. 3 WPEG). Ein Ausschlussgrund gemäss Art. 99 - 101 OG liegt nicht vor. Auf die Beschwerde ist daher als Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten.
2.
Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, es verstosse gegen das Rechtsgleichheitsgebot, dass nur Männer Wehrpflichtersatz zu leisten hätten.
2.1 Der Wehrpflichtersatz nach schweizerischem Recht ist Ausfluss der allgemeinen Wehrpflicht. Gemäss Art. 59 Abs. 1 BV ist jeder Schweizer verpflichtet, Militärdienst zu leisten; das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig (Art. 59 Abs. 2 BV). Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen (Art. 59 Abs. 3 BV). Dass nur Männer zum Wehrpflichtersatz herangezogen werden, ergibt sich damit direkt aus der Bundesverfassung.
Das Nähere wird, ebenso wie die Befreiung von der Ersatzpflicht, im Bundesgesetz über den Wehrpflichtersatz geregelt. Art. 1 WPEG wiederholt den schon in der Bundesverfassung angelegten Grundsatz; er bestimmt, dass die Schweizer Bürger, die ihre Wehrpflicht nicht oder nur teilweise durch persönliche Dienstleistung (Militär- oder Zivildienst) erfüllen, einen Ersatz in Geld zu leisten haben.
2.2 Schon bei der Auslegung von Art. 18 aBV wurde die Militärdienstpflicht ausschliesslich auf Männer bezogen. Wie das Bundesgericht festgehalten hat, war es nicht der Sinn des im Jahre 1981 neu in die Bundesverfassung eingefügten Art. 4 Abs. 2 über die Gleichberechtigung von Mann und Frau (heute Art. 8 Abs. 3 BV), die in Art. 18 aBV geregelte Wehrpflicht auf Schweizerinnen auszudehnen. Damit stand Art. 1 des Bundesgesetzes über den Militärpflichtersatz, der die Ersatzpflicht auf Männer beschränkte, mit Art. 4 Abs. 2 aBV nicht im Widerspruch, sondern war verfassungsmässig (Urteil vom 17. September 1991, ASA 60 566, E. 3, mit Hinweisen).
Die Verankerung der Freiwilligkeit des Militärdienstes für Frauen in der neuen Bundesverfassung (Art. 59 Abs. 2 BV) folgte dieser Auslegung von Art. 18 aBV und wurde in den Räten nicht diskutiert (Jörg Paul Müller, Grundrechte in der Schweiz, 3. Auflage Bern 1999, S. 460; SR 1998 [Separatdruck zur Reform der Bundesverfassung] S. 72 und NR 1998 [Separatdruck zur Reform der Bundesverfassung] S. 275 - 278).
Der Art. 59 BV über die allgemeine Wehrpflicht sowie die Ersatzpflicht und der Art. 8 Abs. 3 BV über gleiche Rechte von Mann und Frau stehen als Verfassungsnormen gleichrangig nebeneinander. Dass nur Männer zum Wehrpflichtersatz herangezogen werden, ist nach dem Gesagten verfassungskonform (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 17. September 1991, ASA 60 566, E. 3).
3.
3.1 Die vom Beschwerdeführer angerufene Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verkündet worden ist, wird im Einleitungssatz der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK; SR 0.101) erwähnt und hat in den beiden UNO-Menschenrechtspakten vom 16. Dezember 1966 Niederschlag gefunden (vgl. zur Entstehungsgeschichte Kälin/Malinverni/Nowak, die Schweiz und die UNO-Menschenrechtspakte, 2. Auflage 1997, S. 3 ff.), die beide für die Schweiz am 18. September 1992 in Kraft getreten sind: dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (SR 0.103.1) sowie dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (SR 0.103.2).
3.2 Gemäss dem für beide Pakte im Wesentlichen gleich lautenden Art. 3 verpflichten sich die Vertragsstaaten, die Gleichberechtigung von Mann und Frau "bei der Ausübung aller in diesem Pakt festgelegten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte" bzw. "bei der Ausübung aller in diesem Pakt festgelegten bürgerlichen und politischen Rechte" sicherzustellen.
Aus diesen Bestimmungen lässt sich nicht ableiten, dass die in Art. 59 BV bewusst angelegte Ungleichbehandlung von Mann und Frau bei der Wehrpflicht bzw. der sich daraus ergebenden Ersatzpflicht völkerrechtswidrig wäre.
Dasselbe gilt für das in Art. 14 EMRK verankerte Diskriminierungsverbot (vgl. Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage, Kehl/Strassburg/Arlington 1996, Rz 25 zu Art. 14 EMRK).
4.
4.1 Es hilft dem Beschwerdeführer nicht weiter, sich auf ein Urteil der Europäischen Union zu berufen, in welchem es offenbar um die Weigerung der deutschen Bundeswehr ging, eine Frau in der von ihr gewünschten Sparte des Militärs einzusetzen.
4.2 Der Beschwerdeführer vergleicht die Wehrpflichtersatzabgabe mit der Ersatzabgabe für das Nichtleisten von Feuerwehrdienst. Diese Argumentation stösst jedoch ins Leere, ist der Feuerwehrdienst doch nicht von der Bundesverfassung geregelt (vgl. BGE 123 I 56) und weist zudem einen vom Militärdienst klar zu unterscheidenden Charakter auf.
5.
Dass der Beschwerdeführer zum Wehrpflichtersatz herangezogen worden ist, verstösst nach dem Gesagten weder gegen die Bundesverfassung noch gegen Staatsvertragsrecht. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher abzuweisen. Es kommt das Verfahren gemäss Art. 36a OG zur Anwendung.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren gemäss Art. 36a OG:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Militär und Bevölkerungsschutz des Kantons Bern, der Steuerrekurskommission des Kantons Bern sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. Mai 2002
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin