BGer 1P.638/2000
 
BGer 1P.638/2000 vom 13.02.2001
[AZA 0/2]
1P.638/2000/bie
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
**********************************
13. Februar 2001
Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger,
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung,
Bundesrichter Féraud, Ersatzrichterin Pont Veuthey und Gerichtsschreiber Forster.
---------
In Sachen
J.________, Muri, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Thomas Perler, Christoffelgasse 7, Postfach 6826, Bern,
gegen
Generalprokurator des Kantons Bern, Obergericht (1. Strafkammer) des Kantons Bern,
betreffend
Art. 32 Abs. 1 BV(Kostenauferlegung und Verweigerung der Parteientschädigung
nach Freispruch und Verfahrenseinstellung), hat sich ergeben:
A.-Mit Urteil vom 31. Mai 2000 sprach der Gerichtspräsident 13 des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen J.________ von der Anklage der Anmassung eines akademischen Titels (Art. 14a des bernischen Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch) frei. Diesbezüglich wurden weder Verfahrenskosten ausgeschieden, noch dem Freigesprochenen eine Parteientschädigung zugesprochen. Gleichzeitig verurteilte der Gerichtspräsident den Angeklagten wegen Widerhandlung gegen Art. 47 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 lit. a und c des bernischen Gesundheitsgesetzes (widerrechtliche Ausübung einer bewilligungspflichtigen Tätigkeit auf dem Gebiet des Gesundheitswesens und Abgabe bzw. Anwendung von Heilmitteln, begangen zwischen ca. 1980 und 4. Juni 1998) zu einer Busse von Fr. 1'500.-- und zur Übernahme der erstinstanzlichen Verfahrenskosten von Fr. 1'200.--.
B.-Gegen das erstinstanzliche Urteil erklärte J.________ am 8. Juni 2000 die Appellation. Mit Erkenntnis vom 1. September 2000 gab das Obergericht (1. Strafkammer) des Kantons Bern dem Strafverfahren betreffend Widerhandlung gegen das Gesundheitsgesetz wegen Eintritts der absoluten Strafverfolgungsverjährung keine weitere Folge. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten von Fr. 1'200.-- wurden J.________ auferlegt. Eine Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren wurde ihm verweigert.
C.-Gegen den Entscheid des Obergerichtes gelangte J.________ mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 9. Oktober 2000 an das Bundesgericht. Er rügt eine Verletzung der Bundesverfassung (Art. 9, Art. 27 und Art. 32 Abs. 1 BV) sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 6 Ziff. 2 und Art. 6 Ziff. 3 lit. a EMRK), und er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides.
Das Obergericht und der Generalprokurator des Kantons Bern beantragen mit Stellungnahmen vom 26. Oktober bzw.
14. November 2000 die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.-Der Beschwerdeführer wurde von den kantonalen Behörden der Widerhandlung gegen Art. 47 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 lit. a und c des bernischen Gesundheitsgesetzes vom 2. Dezember 1984 (GG/BE) angeklagt und erstinstanzlich verurteilt.
Das inkriminierte Verhalten (medizinische Berufsausübung bzw. Heilmittelabgabe ohne Bewilligung) habe gemäss Anklage bis zum 4. Juni 1998 gedauert. Da es sich beim Straftatbestand um eine Übertretung handelt, welche nach zwei Jahren absolut verjährt (Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 109 StGB), stellte das Obergericht am 1. September 2000 das Verfahren wegen Eintritts der Strafverfolgungsverjährung ein (Art. 309 Abs. 2 StrV/BE). Dennoch wurden dem Beschwerdeführer die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auferlegt und es wurde ihm eine Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren verweigert.
Der Beschwerdeführer rügt, in der Kostenauflage und Verweigerung der Parteientschädigung liege "schlichtweg ein strafrechtlich motivierter Vorwurf". Dieser widerspreche der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerten Unschuldsvermutung.
Ausserdem verletze der angefochtene Entscheid das Willkürverbot von Art. 9 BV und die in Art. 6 Ziff. 3 lit. a EMRK gewährleisteten Parteirechte.
2.-a) Gemäss Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK (s. auch Art. 14 Ziff. 2 UNO-Pakt II) wird bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet, dass jeder Rechtsunterworfene unschuldig ist. Ein analoges prozessuales Grundrecht hat die bundesgerichtliche Rechtsprechung auch schon aus Art. 4 der alten Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (aBV) abgeleitet (BGE 123 I 221 E. II/3f S. 238 f.; 120 Ia 31 E. 2b S. 35, 147 E. 3b S. 155, je mit Hinweisen).
aa) Nach der Praxis des Bundesgerichtes ist es mit dem verfassungsmässigen Grundsatz der Unschuldsvermutung nicht vereinbar, einem nicht verurteilten Angeschuldigten Verfahrenskosten aufzuerlegen oder ihm eine Parteientschädigung zu verweigern, gestützt auf den - direkten oder indirekten - Vorwurf, er habe sich strafbar gemacht bzw. es treffe ihn ein strafrechtliches Verschulden. Dagegen ist es zulässig, dem Betroffenen die Kosten dann zu überbinden, wenn er in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise (d.h. im Sinne einer analogen Anwendung der sich aus Art. 41 OR ergebenden Grundsätze) gegen eine geschriebene oder ungeschriebene Verhaltensnorm, die aus der gesamten schweizerischen Rechtsordnung stammen kann, klar verstossen und dadurch das Strafverfahren veranlasst oder dessen Durchführung erschwert hat (BGE 120 Ia 147 E. 3b S. 155; 119 Ia 332 E. 1b S. 334; 116 Ia 162 E. 2e S. 175; 115 Ia 309 E. 1a S. 310, je mit Hinweisen).
Widerrechtlich im Sinne von Art. 41 Abs. 1 OR ist ein Verhalten dann, wenn es gegen Normen verstösst, die direkt oder indirekt Schädigungen untersagen bzw. ein Schädigungen vermeidendes Verhalten vorschreiben (BGE 119 Ia 332 E. 1b S. 334). Wird eine Kostenauflage oder die Verweigerung einer Parteientschädigung wegen Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten, so prüft das Bundesgericht frei, ob sich aus dem Dispositiv oder aus den Erwägungen des Kostenentscheides ein direkter oder indirekter Vorwurf einer strafrechtlichen Schuld ableiten lässt (BGE 116 Ia 162 E. 2f S. 175; 115 Ia 309 E. 1b S. 310 f.; 112 Ia 371 E. 2b S. 374). Die Beweiswürdigung und die Anwendung des kantonalen Strafverfahrensrechtes durch die kantonalen Behörden prüft das Bundesgericht nur unter Willkürkognition (BGE 116 Ia 162 E. 2f S. 175 f.).
bb) Prozessuales Verschulden im "engeren" Sinne kann namentlich vorliegen, wenn der Angeschuldigte die Untersuchung durch wahrheitswidrige Angaben auf eine falsche Fährte führt oder das Verfahren erschwert oder verlängert, indem er z.B. nicht zu Verhandlungen erscheint. Soweit dadurch (zusätzliche) Kosten kausal verursacht werden, können diese dem Verursacher auferlegt werden. Das blosse Wahrnehmen verfahrensmässiger Rechte (etwa des Schweigerechtes des Angeschuldigten) genügt für eine Kostenauflage hingegen nicht. Vielmehr müsste der Angeschuldigte in einem solchen Fall ein hinterhältiges, gemeines oder krass wahrheitswidriges Benehmen an den Tag gelegt haben, das gegen prozessuale Verhaltensnormen klar verstösst (BGE 116 Ia 162 E. 2d/aa S. 172, E. 2d/bb S. 174 f., mit Hinweisen).
b) Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes vor, wenn der angefochtene kantonale Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 125 II 10 E. 3a S. 15, 129 E. 5b S. 134; 124 I 208 E. 4a S. 211; 124 IV 86 E. 2a S. 88, je mit Hinweisen).
3.- Das Obergericht stützt die Kostenauflage zunächst auf so genanntes "prozessuales Verschulden im engeren Sinne".
a) Laut angefochtenem Entscheid mute es "etwas eigenartig an, dass das vom Verteidiger am 27. März 2000 in Aussicht gestellte Rekusationsgesuch erst einen Monat später, nämlich am 25. April 2000 bei der Anklagekammer eingereicht" worden sei. "Dass sich der Verteidiger in einem Verfahren, das zu verjähren droht, einen Monat Zeit liess, um das Ausstandsgesuch zu stellen", lege "den Schluss nahe, dass dies zum Zweck der Verfahrensverzögerung" geschehen sei, "was gegen Treu und Glauben" verstosse "und somit widerrechtlich" sei. Der Hinweis der Verteidigung, "nicht das Rekusationsgesuch, sondern 'die unverständliche Verfahrenspassivität des Untersuchungsrichters' sei für den Zeitablauf im Verfahren kausal gewesen", könne "nicht gehört werden". "Durch das lange Zuwarten mit der Einreichung des Rekusationsgesuches nach Vorankündigung" habe sich "das Verfahren unnötigerweise verzögert". "Dass dies einem Verstoss gegen Treu und Glauben" entspreche, ergebe sich "von selbst". "Aus diesen Gründen" sei "ein prozessuales Verschulden des Angeschuldigten im engen Sinne zu bejahen" (angefochtener Entscheid, S. 5 f.
Ziff. 2).
b) Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
Dem Beschwerdeführer bzw. seinem Verteidiger wird prozessual lediglich vorgeworfen, sie hätten am 27. März 2000 ein Ausstandsbegehren "in Aussicht gestellt", dieses aber "erst einen Monat später, nämlich am 25. April 2000" eingereicht.
Es ist nicht ersichtlich und wird von den kantonalen Behörden nicht dargetan, inwiefern das Vorgehen der Verteidigung bei der Einreichung des Ausstandsgesuches den Prozessvorschriften widersprochen hätte. Ebensowenig wird behauptet, die kantonalen Behörden hätten den Verteidiger damals - angesichts der drohenden Verjährung - vergeblich zu besonderer Eile angehalten. Von Rechtsmissbrauch könnte allenfalls gesprochen werden, wenn es die Verteidigung mit systematischem prozessverschleppendem und trölerischem Verhalten darauf angelegt hätte, die Verjährung herbeizuführen. Zwar wurde im Urteil des Gerichtspräsidenten Bern-Laupen ausgeführt, der Verteidiger habe "in unüblicher und unwürdiger Weise alles daran gesetzt, die Bemühungen des urteilenden Gerichts, den Fall noch vor Eintritt der absoluten Verjährung mit einem Urteil abzuschliessen, zunichte zu machen".
Nach Intervention des Verteidigers vom 28. Juni 2000 zog der Gerichtspräsident diesen Vorwurf jedoch mit Schreiben vom 30. Juni 2000 "vorbehaltlos zurück". Die entsprechende Korrespondenz wurde den Strafakten einverleibt. Der ausdrücklich und "vorbehaltlos" zurückgenommene Vorwurf wurde im angefochtenen Entscheid nicht mehr erhoben.
c) Aber selbst wenn der Vorwurf aufrecht erhalten worden wäre und zudem begründet erschiene, könnte noch fraglich erscheinen, ob damit ein "hinterhältiges, gemeines oder krass wahrheitswidriges Benehmen" des Angeklagten im Sinne der Rechtsprechung (BGE 116 Ia 162 E. 2d/aa S. 172) vorläge.
Jedenfalls wäre es Sache der verfahrensleitenden Behörden, die geeigneten Massnahmen zu ergreifen (z.B. Ansetzen von Notfristen, Ermahnungen an die Parteien zur Eile, zügige Verfahrensleitung usw.), um eine rechtsmissbräuchliche Prozessverschleppung durch die Parteien zu unterbinden. Auch in der Erklärung der Appellation durch den Beschwerdeführer ist kein widerrechtliches Vorgehen ersichtlich.
d) Ein klarer Verstoss gegen prozessuale Verhaltensnormen wird von den kantonalen Behörden nicht dargetan.
Hinzu kommt schliesslich, dass im angefochtenen Entscheid auch kein Kausalzusammenhang zwischen dem angeblichen "widerrechtlichen Verhalten" des Verteidigers und den eingetretenen Kostenfolgen aufgezeigt wird. Zwar wird ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtes hingewiesen, wonach die Haftung des Angeklagten nach Freispruch oder Verfahrenseinstellung "nicht weitergehen" dürfe, "als der Kausalzusammenhang zwischen dem ihm vorgeworfenen fehlerhaften Verhalten und den Kosten verursachenden behördlichen Handlungen reicht" (angefochtener Entscheid, S. 5 Ziff. 1). In der Folge wird jedoch nicht dargelegt, inwiefern das angeblich rechtswidrige Verzögern des Rekusationsgesuches zu den "erstinstanzlichen Verfahrenskosten" in der Höhe von Fr. 1'200.-- geführt hätte und weshalb der Beschwerdeführer wegen des verzögerten Ausstandsbegehrens seine erstinstanzlichen Parteikosten (nach erstinstanzlichem Freispruch und zweitinstanzlicher Verfahrenseinstellung im verbleibenden Anklagepunkt) selber zu tragen hätte. Im angefochtenen Entscheid wird an anderer Stelle (S. 7 Ziff. 4) sogar eingeräumt, das Verzögern des Ausstandsbegehrens könne jedenfalls "nur" für "die Kosten des Rekusationsverfahrens" einen Kausalzusammenhang nach sich gezogen haben; aus dem vorgeworfenen "prozessualen Verschulden im engeren Sinne" könne "keine Verfahrenskostenauflage erfolgen".
e) Nach dem Gesagten ist der Vorwurf eines prozessualen Verschuldens nicht begründet. Eine darauf gestützte Auflage von Verfahrens- und Parteikosten nach Freispruch bzw. Verfahrenseinstellung hielte vor der Unschuldsvermutung von Art. 32 Abs. 1 BV nicht stand.
4.-a) Die Kostenauflage wird im angefochtenen Entscheid auch noch damit begründet, das Verhalten des Beschwerdeführers sei diesem "zwar nicht unter strafrechtlichen, jedoch unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten" vorwerfbar (angefochtener Entscheid, S. 6 Ziff. 3). Es sei "nicht ausgeschlossen, dem nicht verurteilten Angeschuldigten die Verfahrenskosten wegen eines Verhaltens aufzuerlegen, das in objektiver Hinsicht die Merkmale eines Straftatbestandes erfüllt" (Beschwerdeschrift, S. 4). Der Beschwerdeführer sei "in der Zeit von 1980 bis am 4. Juni 2000" (recte: 1998) "erwiesenermassen mit Methoden und Apparaturen der angewandten Biophysik und Bioenergetik therapeutisch und diagnostisch tätig" gewesen. Ausserdem habe er "Medikamente an seine Patienten abgegeben, ohne über eine Bewilligung zu verfügen". "Damit" habe er "gegen Art. 14 Abs. 1 lit. a und c des bernischen Gesundheitsgesetzes" verstossen, weshalb "ein prozessuales Verschulden im weiteren Sinne (...) ebenfalls zu bejahen" sei (angefochtener Entscheid, S. 6 Ziff. 3).
b) Zwar hat das Bundesgericht festgehalten, es sei nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dem nicht Verurteilten Verfahrenskosten wegen eines Verhaltens aufzuerlegen, das in objektiver Hinsicht die Merkmale eines Straftatbestandes erfüllt (BGE 116 Ia 162 E. 2d/bb S. 174). Die Kostenauflage wird jedoch an rechtsstaatliche Voraussetzungen geknüpft.
aa) Zunächst ist bei der Prüfung der Gründe für die Kostenauflage an einen nicht Verurteilten "stets auch darauf zu achten", dass die verfassungsmässigen Rechte des Betroffenen nicht beeinträchtigt werden (BGE 116 Ia 162 E. 2d/bb S. 174 mit Hinweisen). Zu denken ist insbesondere an die prozessualen Parteirechte des Betroffenen. Dieser wird durch die Kostenauflage wirtschaftlich in ähnlicher Weise beschwert wie durch das Ausfällen einer Geldstrafe.
Als sanktionsähnlich könnte die Kostenauflage gerade dann empfunden werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Busse als Strafe zur Diskussion stand. Jedenfalls steht dem Betroffenen auch im Verfahren, welches zur Einstellung mit Kostenauflage führt, ein Anspruch auf Wahrung des rechtlichen Gehörs zu. Bis zur rechtskräftigen Einstellung des Verfahrens im Appellationsverfahren stand der Angeklagte im Übrigen unter dem besonderen Schutz der verfassungsmässigen Verteidigungsrechte.
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes ist es mit der Unschuldsvermutung unvereinbar, dem nicht Verurteilten Kosten aufzuerlegen mit der (direkten oder indirekten) Begründung, er habe sich strafbar gemacht bzw.
es treffe ihn ein strafrechtliches Verschulden (BGE 116 Ia 162 E. 2e S. 175). Falls die Kostenauflage - wie im hier zu beurteilenden Fall - ausdrücklich auf den objektiven Tatbestand einer Strafnorm (und nicht auf rein zivil- oder verwaltungsrechtliche Vorschriften) gestützt wird, könnte besonderer Grund zur Befürchtung erweckt werden, die Kostenauflage enthalte einen (verdeckten) strafrechtlichen Schuldvorwurf.
Das Bundesgericht prüft jedenfalls frei, ob sich aus der Begründung des Kostenentscheides "direkt oder indirekt" der Vorwurf einer strafrechtlichen Schuld ergibt (BGE 116 Ia 162 E. 2d S. 171, E. 2f S. 175).
cc) Schliesslich wird die Kostenauflage auch noch durch den Vorbehalt eingeschränkt, dass es sich um einen "klaren" Verstoss gegen die fragliche Verhaltensnorm handeln müsste (BGE 119 Ia 332 E. 1b S. 334; 116 Ia 162 E. 2f S. 175).
Voraussetzung der Kostenauflage ist daher, dass sie sich in tatsächlicher Hinsicht auf "unbestrittene oder bereits klar nachgewiesene Umstände" stützt (BGE 112 Ia 371 E. 2a S. 374).
Die Beweiswürdigung der kantonalen Behörden prüft das Bundesgericht allerdings nur unter Willkürkognition (BGE 116 Ia 162 E. 2f S. 175).
c) Nachfolgend ist zu prüfen, ob die genannten Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt erscheinen.
5.-a) Wie sich aus den Akten ergibt, wurde das Appellationsverfahren nach Feststellung des Verjährungseintrittes (durch Verfügung des Obergerichtes vom 6. Juli 2000) auf die Frage der Verjährung und der daraus resultierenden Verfahrens- und Kostenerledigung beschränkt (vgl. angefochtener Entscheid, S. 2). Weder wurden zur hier streitigen Frage der Tatbestandsmässigkeit Beweise erhoben, noch wurde vor Obergericht zu Tat- und Rechtsfragen (schriftlich oder mündlich) kontradiktorisch plädiert. Der angeordnete Schriftenwechsel beschränkte sich auf die Frage der Folgen des Verjährungseintrittes.
Was die Frage der Tatbestandsmässigkeit (im Sinne von Art. 47 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 lit. a und c GG/BE) betrifft, begnügte sich das Obergericht mit einer summarischen rechtlichen Prüfung der im erstinstanzlichen Verfahren und im erstinstanzlichen Urteil vorgebrachten Argumente.
Rechtliche und tatsächliche Einwendungen des Verurteilten gegen die Annahme des subjektiven und objektiven Straftatbestandes durch den Gerichtspräsidenten Bern-Laupen hörte das Obergericht nicht. Der Beschwerdeführer bedauerte im Schriftenwechsel (betreffend Verfahrenseinstellung wegen Verjährung) denn auch ausdrücklich, dass er mangels Weiterführung des Appellations- und Beweisverfahrens keine Gelegenheit erhalte, die restlichen strafrechtlichen Anklagepunkte zu widerlegen.
b) Bei dieser Sachlage kann keine Rede davon sein, dass der Tatbestand von Art. 47 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 lit. a und c GG/BE "erwiesenermassen" erfüllt wäre (angefochtener Entscheid, S. 6 Ziff. 3). Diese Frage war vielmehr streitiger Gegenstand des hängigen Appellationsverfahrens, bevor dieses wegen absoluter Strafverfolgungsverjährung eingestellt wurde.
c) Die Kostenauflage gestützt auf den Vorwurf, der verjährte Straftatbestand sei erfüllt, würde bei der gegebenen Ausgangslage zum einen voraussetzen, dass über die Frage der Tatbestandsmässigkeit ein kontradiktorisches Verfahren durchgeführt worden wäre. Anders zu entscheiden hiesse, die Parteirechte des Angeklagten zu beschneiden. Überdies müsste der Straftatbestand unbestritten oder klar nachgewiesen erscheinen (BGE 119 Ia 332 E. 1b S. 334; 112 Ia 371 E. 2a S. 374).
d) Wie es sich mit der Wahrung der Parteirechte im vorliegenden Fall genau verhält, kann offen bleiben. Jedenfalls kann nicht die Rede davon sein, dass der Straftatbestand aufgrund der Akten unstreitig bzw. liquide erstellt wäre.
aa) Wie im erstinstanzlichen Strafurteil (Seite 4 oben) ausdrücklich festgehalten wurde, hat der Angeklagte den inkriminierten Sachverhalt "vollumfänglich bestritten".
Gegen die dennoch erfolgte Verurteilung wegen Widerhandlung gegen Art. 47 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 lit. a und c GG/BE und die angeordneten Kostenfolgen hat der Beschwerdeführer "die vollumfängliche Appellation" erklärt (angefochtener Entscheid, S. 1 Ziff. 2).
bb) Der Beschwerdeführer wendet gegen die Verurteilung (bzw. gegen die Annahme der Tatbestandsmässigkeit) insbesondere ein, es werde "aus den Strafakten gerade nicht ersichtlich, wen der Beschwerdeführer genau mit welchen Methoden behandelt oder wem er genau welche Medikamente hätte übergeben haben sollen". Aus dem Schreiben von Dr. med.
Z.________ ergebe sich nicht, dass die fraglichen Methoden ("bioenergetische Arbeit") unter die bewilligungspflichtigen Tätigkeiten von Art. 14 Abs. 1 lit. a und c GG/BE fallen würden. Im Gegenteil habe Dr. Z.________ ausdrücklich geäussert, "dass er sich als Schulmediziner zu den geschilderten Praktiken nicht genügend kompetent äussern könne".
Auch aus den Aussagen des Beschwerdeführers ergebe sich nicht, dass er selbst die Auffassung vertreten hätte, seine Tätigkeit falle unter Art. 14 Abs. 1 lit. a und c GG/BE. Entsprechendes gehe weder aus den Akten noch aus dem erstinstanzlichen Urteil hervor. Die Beurteilung dururch die Zeugin Dr. S.________ werde bestritten. Sie sei "als Apothekerin kaum in der Lage, sich zu ärztlicher Diagnostik oder Methodik zu äussern", zumal schon der anzeigende Arzt sich "die nötige Zurückhaltung" auferlegt habe. Die von der Zeugin S.________ genannten "Chemikalien" seien nach den unwiderlegten Aussagen des Beschwerdeführers von diesem "nicht zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken, sondern zu Messzwecken verwendet" worden. "Ausser dem Medikament 'Propecia'" werde von den Behörden "kein Medikament genannt, welches nachweislich der Bewilligungspflicht unterliegen würde". "Aus den Verfahrensakten" ergebe sich jedoch, "dass dieses Medikament allein für den Beschwerdeführer selbst bestimmt" gewesen sei. Es habe sich dementsprechend in dessen "Privatbüro" befunden und sei ihm "wegen eines Prostataleidens verschrieben worden" (Beschwerdeschrift, S. 3-7).
cc) Über die rechtlichen und tatsächlichen Fragen der objektiven und subjektiven Tatbestandsmässigkeit wurde vor Obergericht (angesichts des Verjährungseintrittes) nicht verhandelt. Im angefochtenen Entscheid finden sich denn auch keine selbständigen Erwägungen zur Frage der objektiven Tatbestandsmässigkeit und zu einer diesbezüglichen Beweiswürdigung.
Der angefochtene Entscheid beschränkt sich auf die lapidare Erwägung, gemäss Art. 47 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 lit. a und c GG/BE benötige derjenige, eine Berufsausübungsbewilligung, der "u.a. Krankheiten oder Störungen der körperlichen und seelischen Gesundheit feststellt und behandelt oder Heilmittel abgibt oder anwendet". Dies habe der Beschwerdeführer "zugegebenermassen auch getan" (angefochtener Entscheid, S. 7 Ziff. 3). Damit wird lediglich der objektive Gesetzestatbestand umschrieben und unzutreffend behauptet, dieser sei beweisrechtlich unbestritten.
dd) Die Auffassung, der objektive Straftatbestand sei unstreitig oder liquide erstellt, findet in den Akten keine Stütze.
e) Bei dieser Sachlage hält der angefochtene Entscheid vor der grundrechtlich geschützten Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK) nicht stand.
Es lässt sich den Erwägungen des Kostenentscheides nicht entnehmen, inwiefern der verjährte Straftatbestand offensichtlich erfüllt wäre und eine Kostenauflage an den nicht verurteilten Beschwerdeführer rechtfertigen würde.
Nach dem Gesagten braucht nicht zusätzlich geprüft zu werden, ob der angefochtene Entscheid den Parteirechten des Beschwerdeführers genügend Rechnung trägt und ob er sich auf ausreichende willkürfreie Tatsachenfeststellungen stützt.
6.-Daraus ergibt sich, dass die Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben ist.
Gerichtskosten sind praxisgemäss nicht zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG). Hingegen hat der Kanton Bern dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung zu entrichten (Art. 159 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.-Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, und der angefochtene Entscheid des Obergerichtes (1. Strafkammer) des Kantons Bern vom 1. September 2000 wird aufgehoben.
2.-Es werden keine Kosten erhoben.
3.-Der Kanton Bern hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu entrichten.
4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie dem Generalprokurator und dem Obergericht des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.
______________
Lausanne, 13. Februar 2001
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: