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Informationen zum Dokument  BGHSt 26, 104 - Vorsatz bezüglich Geringwertigkeit  Materielle Begründung
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Zitiert durch:
BVerfGE 133, 168 - Verständigungsgesetz

Zitiert selbst:

Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Rainer M. Christmann, A. Tschentscher  
BGHSt 26, 104 (104)Hat der Täter unter erschwerenden Umständen (§ 243 Abs. 1 StGB) mit der Ausführung eines Diebstahls begonnen, ohne dabei seinen Vorsatz auf die Entwendung geringwertiger Sachen beschränkt zu haben, hat er dann aber, weil er nichts sonst Mitnehmenswertes fand, nur eine geringwertige Sache weggenommen, so "bezieht sich die Tat" nicht im Sinne des § 243 Abs. 2 StGB auf eine geringwertige Sache. Der § 248 a StGB kann dann nicht eingreifen.  
StGB 1975 § 243 Abs. 2, § 248a  
4. Strafsenat  
 
Urteil
 
vom 3. April 1975 g.M.  
- 4 StR 62/75 -  
Landgericht Bochum  
 
Aus den Gründen:
 
In den Fällen 20, 21 und 23 haben der Angeklagte und seine Mittäter aus den Kraftwagen und im Fall 71 aus der Baubude, die (Kraftwagen und Baubude) sie in Diebstahlsabsicht erbroBGHSt 26, 104 (104)BGHSt 26, 104 (105)chen haben, zwar nur Sachen weggenommen, die als "geringwertig" anzusehen sein mögen. Es ist aber - wie für den Fall 71 ausdrücklich festgestellt ist - zweifelsfrei, daß der Angeklagte und seine Mittäter beim Erbrechen der Kraftwagen nicht auf solche geringwertigen Sachen ausgegangen sind, sondern im Gegenteil daran interessiert waren, möglichst viel Mitnehmenswertes an sich zu bringen. In diesen 4 Fällen haben sich daher "die Taten" des Angeklagten nicht auf geringwertige Sachen "bezogen", wie es in § 243 Abs. 2 StGB 1975 für den Ausschluß eines besonders schweren Falles vorgesehen ist.
1
In jedem der vier in Rede stehenden Fälle haben der Angeklagte und seine Mittäter die Diebstähle, die sie sonach unter erschwerenden Umständen versucht haben, tatsächlich beendet und vollendet. Durch das Vorliegen der erschwerenden Umstände des § 243 StGB wird der Tatbestand des Diebstahls gemäß § 242 StGB nicht geändert; der § 243 StGB enthält nur eine Strafzumessungsregel mit Regelbeispielen (BGHSt 23, 254 [256]; BGH NJW 1970, 2120). Ein Sondertatbestand (wie etwa nach § 370 Abs. 1 Nr. 5 StGB a.F.) steht hier nicht in Frage.
2
Ein einheitlicher vollendeter Diebstahl, bei welchem die Erschwerungsgründe des § 243 StGB auch nur in einem bestimmten Stadium der Ausführung zutreffen, kann nur einheitlich im ganzen entweder als vollendeter Diebstahl in einem besonders schweren Falle gemäß § 243 StGB oder als einfacher Diebstahl gemäß § 242 StGB angesehen werden (BGH, Urteil vom 17. August 1972 - 4 StR 328/72 -; vgl. auch Dreher, StGB 35. Aufl. § 243 Anm. 9). Handelt es sich um den besonders schweren Fall eines Diebstahls gemäß § 243 Abs. 1 StGB und ist insbesondere der § 243 Abs. 2 StGB n.F. nicht anzuwenden, weil sich die Tat (in ihrem Versuchsstadium) auf mehr als eine geringwertige Sache "bezieht", so kann auch der § 248a StGB 1975 nicht eingreifen, der den Diebstahl nur "in den Fällen des § 242", nicht aber in denen des § 243 Abs. 1 StGB betrifft (vgl. Dreher a.a.O. § 248a Anm. 2 und 3 B). Eine andere Beurteilung könnte in Frage kommen, wenn der Täter, nachdem er beim Beginn der Ausführung des Diebstahls einen der Erschwerungsgründe des § 243 StGB verwirklicht hat (z.B. eingebrochen ist), den ursprünglich allgeBGHSt 26, 104 (105)BGHSt 26, 104 (106)mein gefaßten und nicht auf geringwertige Sachen beschränkten Diebstahlsentschluß freiwillig fallenläßt und auf geringwertige Sachen beschränkt; ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben.
3
Nach allem trifft also auf die Fälle 20, 21, 23 und 71 weder die Vorschrift des § 243 Abs. 2 StGB 1975 noch diejenige des § 248a StGB 1975 zu. Der Angeklagte hat in diesen vier Fällen den Erschwerungsgrund des § 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt. Es kann den gesamten Umständen (der kriminellen Energie des Angeklagten, der Tathäufigkeit und raschen Tatfolge, der Höhe der erstrebten Beute, der Art der angerichteten Schäden usw.) nicht beanstandet werden, daß das Landgericht auch für diese vier Fälle das Vorliegen je eines "Regel"-Falles gemäß 5 243 StGB bejaht hat.BGHSt 26, 104 (106)
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