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Informationen zum Dokument  BGer 6F_2/2022  Materielle Begründung
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BGer 6F_2/2022 vom 11.03.2022
 
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6F_2/2022
 
 
Urteil vom 11. März 2022
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
 
Bundesrichter Muschietti,
 
Bundesrichter Hurni,
 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Gesuchsteller,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Leitender Oberstaatsanwalt, An der Aa 4, 6300 Zug,
 
Gesuchsgegnerin,
 
Obergericht des Kantons Zug, Strafabteilung, Kirchenstrasse 6, 6300 Zug.
 
Gegenstand
 
Fristwiederherstellungsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 12. November 2021 (6B_1070/2021),
 
 
Erwägungen:
 
1.
 
Das Bundesgericht trat am 12. November 2021 auf die am 14. September 2021 vom damaligen Rechtsvertreter von A.________ eingereichte Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zugs vom 13. Juli 2021 gestützt auf Art. 62 Abs. 3 und Art. 108 BGG nicht ein, weil der eingeforderte Kostenvorschuss auch innert angesetzter Nachfrist nicht geleistet worden war (Urteil 6B_1070/2021).
 
Mit Eingabe vom 11. Januar 2022 (Poststempel) ersucht A.________ um Wiederherstellung der versäumten Frist zur Leistung des ihm im vorangegangenen bundesgerichtlichen Verfahren auferlegten Kostenvorschusses und um Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens.
 
2.
 
Gemäss Art. 50 Abs. 1 BGG wird die Frist wiederhergestellt, wenn eine Partei oder ihr Vertreter durch einen anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten worden ist, fristgerecht zu handeln, sofern die Partei unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt. Ein unverschuldetes Hindernis im Sinne dieser Bestimmung kann nur angenommen werden, wenn die betroffene Partei an der Säumnis keinerlei Verschulden trifft bzw. ihr kein Vorwurf gemacht werden kann (vgl. BGE 143 I 284 E. 1.3; 112 V 255 E. 2a; Urteil 6B_774/2021 vom 3. November 2021 E. 1.2 mit Hinweis). Nach der Rechtsprechung kann die Wiederherstellung nur bei klarer Schuldlosigkeit gewährt werden. Jedes Verschulden einer Partei, ihres Vertreters oder beigezogener Hilfspersonen, so geringfügig es sein mag, schliesst die Wiederherstellung aus. Es gilt ein strenger Massstab (vgl. Urteile 6B_1367/2020 vom 9. Februar 2021 E. 3; 6B_318/2012 vom 21. Januar 2013 E. 1.2; je mit Hinweisen).
 
3.
 
Der Gesuchsteller hat den im Verfahren 6B_1070/2021 verlangten Kostenvorschuss nicht bezahlt und damit die versäumte Rechtshandlung nicht vorgenommen, auch wenn ihm genügend Zeit dazu zur Verfügung gestanden hat. Ob unter diesen Umständen mangels fristgerechter Nachholung der versäumten Rechtshandlung im Sinne von Art. 50 BGG auf das Fristwiederherstellungsgesuch überhaupt einzutreten ist, kann offen bleiben, weil dem Gesuch aus anderen Gründen kein Erfolg beschieden ist.
 
4.
 
Der Gesuchsteller bringt in der Sache im Wesentlichen vor, seit Monaten, trotz all seiner nachweisbaren Versuche, keinerlei Kontakt mit seinem damaligen Rechtsvertreter gehabt und folglich auch nichts von den Kostenvorschussverfügungen bzw. Zahlungsfristen für die Bezahlung des Kostenvorschusses gewusst zu haben. Weshalb die Kostenvorschussverfügungen an seinen Rechtsvertreter zugestellt worden seien und nicht an ihn selbst, sei zudem unverständlich, zumal es um Verfahrenshandlungen gehe, die er selbst vorzunehmen habe bzw. hätte vornehmen müssen. Folglich sei er unverschuldet davon abgehalten worden, fristgerecht zu handeln.
 
5.
 
Die im Gesuch vorgebrachten Einwendungen führen nicht zur Wiederherstellung der versäumten Frist für die Bezahlung des Kostenvorschusses. Der damalige Rechtsvertreter des heutigen Gesuchstellers reichte am 14. September 2021 Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 13. Juli 2021 ein. Der Beschwerde lag eine gültige Vollmacht bei. Aufgrund des Vertretungsverhältnisses wurden die Kostenvorschussverfügungen daher ordnungsgemäss an den damaligen Rechtsvertreter des Gesuchstellers und nicht an diesen selbst zugestellt (Art. 71 BGG i.V.m. Art.10 Abs. 1 BZP; Urteil 6B_873/2010 vom 16. Mai 2011 E. 1.2.1; siehe auch KATHRIN AMSTUTZ/PETER ARNOLD, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 12 zu Art. 44 BGG mit zahlreichen Hinweisen). Der damalige Rechtsvertreter nahm die mittels Gerichtsurkunden versandten Verfügungen fristauslösend in Empfang. Dass der Gesuchsteller nach seinen eigenen Angaben von den Verfügungen und Zahlungsfristen nichts gewusst und die Fristversäumnis folglich nicht persönlich verschuldet haben will, vermag ihn nicht zu entschuldigen und eine Wiederherstellung zu rechtfertigen, da er sich das Verhalten seines seinerzeitigen Rechtsvertreters einschliesslich allfälliger angeblicher Fehlleistungen uneingeschränkt wie sein eigenes anrechnen lassen muss (BGE 143 I 284 E. 1.3 mit zahlreichen Hinweisen; Urteil 6B_67/2018 vom 9. April 2018 E. 4). Die von der Rechtsprechung insoweit einzig anerkannte Ausnahme, die sich auf Fälle notwendiger Verteidigung im Strafverfahren bezieht (vgl. BGE 143 I 284 E. 2.2.3, Urteil 6B_1111/2017 vom 7. August 2018 E. 2), ist auf das bundesgerichtliche Verfahren nicht übertrag- und anwendbar (Urteil 6B_1079/2021 vom 22. November 2021 E. 2.3, zur Publikation vorgesehen, sowie Urteile 6B_1244/2020 vom 15. Dezember 2020 E. 2.2. und 6F_28/2020 vom 18. November 2020 E. 7). Folglich kann so oder anders nicht gesagt werden, dass der Gesuchsteller die Frist zur Leistung des Kostenvorschusses im Verfahren 6B_1070/2021 unverschuldeterweise verpasst hat.
 
6.
 
Das Fristwiederherstellungsgesuch ist mithin abzuweisen. Es bleibt damit beim Nichteintreten auf die Beschwerde gemäss Bundesgerichtsurteil vom 12. November 2021 (6B_1070/2021).
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Das Fristwiederherstellungsgesuch wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, Strafabteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 11. März 2022
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill
 
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